Diese ist zwar ein etwas längerer Text. Aber er ist so wundervoll, dass ich gar nicht anders konnte, als ihn hier für euch reinzukopieren. Ihr werdet bestimmt verstehen.
Nichts hilft so leicht vorwärts zu kommen und die sexuelle Kraft in schöpferische Kraft unzuwandeln und als geistige Kraft auszustrahlen wie schöpferische Arbeit. Schaffen wir also etwas, was es auch sein mag. Dann brauchen wir uns nicht mehr darum zu kümmern, wie wir unsere Gedanken von der sinnlichen Lust "ablenken" sollen.
Der Künstler ist an der Arbeit gefesselt, ohne das kleinste persönliche Ichbewusstsein. Er ist so stark mit der Gegenwart verbunden, dass Vergangenheit und Zukunft in diese Gegenwart nicht eindringen können. Er schaltet sich unwillkürlich aus Zeit und Raum. Er lenkt die sexuelle Kraft automatisch und unwillkürlich in höhere Zentren, wo sie als schöpferisch-magische Kräfte wirken.
Wenn man irgendeine Kunst ausübt, soll man sich nicht darum kümmern, ob man ein anerkannter, berühmter Künstler wird oder nicht. Dieser Ehrgeiz stammt aus dem Egoismus, aus der Person, die eitel ist, gleichzeitig sich selbst misstraut und von aussen eine Bestätigung, eine Anerkennung erwartet.
Wir dürfen nicht darum arbeiten, um ein "Anerkannter" zu werden. Die Arbeit ist das Wichtigste, denn wir entwickeln uns mit ihr. Die Arbeit um der Arbeit, um der Entwicklung wegen, bringt den Menschen vorwärts. Das Allerwichtigste ist, dass wir die Arbeit, welche sie auch immer sei, mit voller Konzentration, mit voller Seele und vollem Interesse ausführen.
Der wahre Künstler arbeitet um der Arbeit willen. Er ist glücklich während er tätig ist. Für ihn ist die Arbeit selbst der höchste Lohn, weil er sich bei ihr in einem erhöhten, erleuchteten Zustand befindet. Für einen Menschen, der seine Arbeit mit voller Seele macht, ist es vollkommen gleichgültig, ob er ein grosses Talent besitzt oder nicht, denn alles ist relativ. Von dem Grad, auf dem man sich befindet, soll man versuchen höher zu kommen. Das ist das Wichtigste! Höher kommen!
Der grösste Künstler der Welt musste auch einmal von der untersten Stufe des Menschen- und Künstlertums anfangen. Verlieren wir also keine Zeit, und versuchen wir unsere Arbeit so vollkommen auszuführen, wie es mit äusserster Anstrengung und Konzentration möglich ist. So werden wir erfahren, dass Talente sich ungeahnt entwickeln können. Seien wir nicht mit minderwertiger oder mittelmässiger Arbeit zufrieden.
Versuchen wir sie noch vollkommener, noch gründlicher auszuführen, so dass wir die allerfeinsten Nuancen herausbringen können. Versuchen wir, unser Material vollkommen kennen zu lernen. Wir werden bemerken, dass unsere Konzentrationsfähigkeit keine Grenzen kennt.
Wenn man bisher schon mit äusserster Konzentration gearbeitet hat, entdeckt man am nächsten Tag, dass man sich noch intensiver konzentrieren kann, und man erfährt während der Arbeit neue Möglichkeiten, die am Vortag noch nicht zu bemerken waren.
Wir entdecken das Wesen der Arbeit und neue, noch tiefere Schichten, die wir bisher noch gar nicht sehen konnten, weil wir uns wieder um eine Stufe höher entwickelt haben und uns um eine Stufe stärker konzentrieren konnten. Es erschliessen sich uns neue weitere Welten, wovon wir früher, sowenig wie andere Menschen, keine Ahnung hatten.
Dabei lebten wir mitten drin, aber unsere Augen waren noch geschlossen, noch blind. Jetzt, während der Arbeit, bohren wir uns in die inneren Welten. Wir beginnen, Schriften grosser Menschen und Propheten, die wir bisher nicht richtig verstanden haben, die für uns rätselhaft waren, plötzlich mit grosser Klarheit zu verstehen.
Unsagbare Freude erfüllt uns, wir finden neue Brüder, neue Freude, die aus vergangenen Jahrhunderten, Jahrtausenden über Zeit und Raum zu uns sprechen, zu uns, weil wir sie verstehen, weil wir mit ihnen eins geworden sind!
(aus:
Sexuelle Kraft und Yoga)
Alles Liebe. Gerrit