Sexualität - Ego und Liebe

Energeia

Sehr aktives Mitglied
Registriert
12. März 2006
Beiträge
3.307
Ort
Milchstraße
Hallo,

wenn wir mit anderen Menschen schlafen, dann besteht entweder mehr oder weniger seelische Verbundenheit zwischen den Partnern. Diese (Un)Verbundenheit zwischen den Partnern spiegelt die eigene seelische (Un)Verbundenheit wider.

Egosex beruht auf einer inneren Unverbundenheit eines Menschen. Egosex mag körperlich entspannend sein, aber hinterlässt im Innern eine tiefe Leere und Einsamkeit, die oft erst später wahrgenommen wird; Egosex entzieht auf Dauer Kraft, macht müde, abhängig, das Ego verletzlich. Durch „Kritik“, „Angst“, oder „Leistungsdenken/Perfektionismus“ – also fehlender Selbstliebe - spaltet sich das Bewusstsein, so dass die spirituelle Ganzheit und die energetische Einheit verloren geht; die Energie fließt dann nicht ganzheitlich umfassend, die Lust kann nicht intensiv genossen werden und der Liebesakt im gesamten Leib voll orgastisch sein.
Ausgangspunkt für den Ego-Sex ist die körperliche Erregung. Ego-Sex „funktioniert, wenn die Bedürfnisse und Erregungen der Partner ineinander greifen. Hierfür werden auf Dauer in einer Beziehung „Kicks“ notwendig, um das Erregungslevel zu halten. Man versucht diese Kicks z.B. durch außergewöhnliche Praktiken zu erreichen oder man kann außergewöhnliche Orte aufsuchen, um diesen zusätzlichen Kick zu erfahren. Ziel des Ego-Sex ist die befriedigende körperliche Erfahrung, nicht die seelische Begegnung. Die Befriedigung wird durch Intensität angestrebt, durch Spiel und Reizung oder durch impulsive Kraft. Ego-Sex kann sich durch Probleme einstellen, welche eine Beziehung belasten, und wird wiederum selbst durch diese belastet. Deshalb ist Ego-Sex befriedigender, wenn er nicht in einer Beziehung stattfindet oder am Anfang oder eventuell auch, wenn man sich von der Beziehung schon verabschiedet hat.

Ausgangspunkt der liebevollen, spirituellen Sexualität ist seelische Verbundenheit und ein offenes Herz. Wenn beispielsweise beide Menschen verliebt und/oder seelisch füreinander offen sind, ohne dass sich Ego-Probleme einstellen, können wir diese spirituelle Sexualität intensiv erfahren. Beide Partner sehen und fühlen in den Augen des Partners diese Verbundenheit, spüren die Nähe und Tiefe der Beziehung. Die Berührungen sind liebevoll, können zugleich sehr leidenschaftlich sein. Durch seelische, liebevolle Sexualität entsteht Nähe und Freude. Die Partnerschaft wird hierdurch gestärkt, da sich in der Sexualität die Liebe und Nähe expressiv lebendig zu zeigen vermag. Der Orgasmus wandelt sich dann tendenziell zu einem Ganzkörperorgasmus: statt einer begrenzten, genitalen Entladung entfaltet sich eher ein anhaltenderes, feines, wellenähnliches Pochen und Vibrieren, das sich über den Körper ausbreitet.

In Beziehungen können wir oft erleben, dass sich die Sexualität/Erotik wandelt. In den Phasen der Verliebtheit und der seelischen, liebevollen Offenheit besteht zwischen Menschen eine glückliche Verbindung. Die Sexualität ist, wenn keine inneren Probleme bei der Sexualität auftreten, ganzheitlich, liebevoll und tendenziell über den gesamten Leib orgastisch.
Je mehr diese Nähe – z.B. durch Affären mit einem Dritten oder persönliche Themen/Blockaden - verloren geht, desto mehr rückt der andere in die Rolle des Erregers und Stimulus, konzentriert sich die Lust vor allem und der Orgasmus lediglich auf das Becken.
Je mehr sich ein Partner in der Beziehung an derartigem EgoSex festhält, sich mit Bildern anregt, in außergewöhnlichen Praktiken und Leistungen die erregende Erfüllung sucht, desto mehr geht die Einheit und Ganzheit der Sexualität verloren und wird das zugrunde liegende Thema, das die Selbstliebe verhindert, verdrängt. In „partnerschaftlichen Beziehungen“ (Spezzano), in welchen beide Partner an den zugrunde liegenden Themen arbeiten, entwickelt sich folglich eine ganz andere Sexualität als in „unglücklichen Beziehungen“, in welchen beide Partner den anderen für ihre Gefühle (innere Spaltung) verantwortlich machen.
In Beziehungen, die auf Ego-Sex beruhen, wächst auf diese Weise der Ego-Konflikt von Tag zu Tag, führt immer mehr in die tote Zone oder Autoritätskonflikte hinein, wenn er nicht im Rahmen der Partnerschaft oder durch einen Partner gelöst wird, bis die Beziehung scheitert.

Wie seht ihr dies?

Liebe Grüße,
Energeia
 
Werbung:
Nachtrag:
1. Der Beitrag zielt auf ein Spektrum von spiritueller Liebe und EgoSex. Die beiden Kategorien stellen quasi "Pole" dar - die Pole lassen sich auf das "Zwischen" dekonstruieren.
2. Aber selbst diese Pole können zusammenfallen - gerade im kreativen Spiel können beide verschwimmen.
3. Der Beitrag konstruiert und unternimmt es, in unserer Sprache Phänomene zu beschreiben, die wir in dieser Gesellschaft in der Gegenwart erleben können - ohne einen ontologischen, universalen Anspruch zu erheben. Es geht um die gesellschaftliche Gegenwart.
4. EgoSex kann genauso wie spirituelle Sexualität "heilend" sein, insofern ICH mich darin erfahren und erkennen kann - z.B. können Scham- und Schuld-Gefühle erfahren und angenommen werden. Die Gegenwart IST - ohne Wertung. Das Ausleben, Erfahren des gesamten Spektrums vermag - jenseits von Hell und Dunkel, Gut und Böse - je gegenwärtig existentiell stimmig sein.
5. Gerade das Erzwingen der spirituellen Sexualität kann die EgoSexualität zementieren: spirituelle Sehnsucht verkrampft.

... die Leiter kann weggeworfen werden, wenn über sie hinausgestiegen wird - frei.
 
...Fortsetzung und neuer möglicher Beschreibungsvorschlag:

Mit 2 Polen geht die Sichtbarkeit der eigentlichen Bewegung im Spektrum verloren. Adäquater ist es z.B. mit 3 Stufen (triadisch) zu konstruieren

1. Ego-Sex
Keine Verbundenheit, Normen/Prinzipien/Erwartungen wirken unmittelbar und blockieren. Sich-Verlieren im anderen (Co-Abhängigkeit) oder in eigenen Maßstäben.

2. Be-Freiung
Herstellung der Verbundenheit, indem Normen/Prinzipien/Erwartungen etc. aufgebrochen, überschritten, aufgelöst werden. Herstellung innerer Verbundenheit, Bei-Sich-Sein.

3. frei in die Nähe
Innere Verbundenheit weitet sich zur seelischen Verbundenheit und Nähe.
Weil ein Bei-Sich-Sein auf der vorigen Stufe möglich wird, kann sich nun dieses Bei-Sich-Sein ausweiten und vereinen.

Es ist folglich falsch, die „Techniken/Praktiken“, die ich weiter oben angesprochen habe, nur dem Ego-Sex zuzuordnen. Vielmehr können sie dazu dienen, genau von diesen internalisierten Mustern Abstand/Distanz zu gewinnen. Entscheidend ist hier alleine die „Bewusstheit“, wie diese Praktiken ausgeführt werden. (In der Praxis kann man beispielsweise auf der Ego-Ebene beginnen, dann dies bemerken, dann diese „Verklemmtheit auflösen, und dann die seelische Nähe herstellen.)

Von der ersten zur zweiten Stufe vollzieht sich ein Befreiungsprozess, insofern einschränkende Normen und die Co-Abhängigkeit vom Anderen (Es-dem-Anderen-Recht-machen) aufgelöst wird. Ein Bei-Sich-Sein, Selbstkontrolle, Selbstliebe wird möglich.

Von der zweiten zur dritten Stufe vollzieht sich eine relative Auflösung dieses Bei-Sich-Seins und der Selbstkontrolle. Das Ego hält hier nicht mehr - wie auf der ersten Stufe - am Anderen und Normen fest, sondern an sich selbst, an der Kontrolle, aus Angst, sich zu verlieren, aus Angst vor seelischer Nähe. Ursache für diese Angst kann z.b. sein: wieder so verletzt zu werden, wie man schon einmal verletzt wurde, als seelische Nähe in der Kindheit bestand. Der allgemeine Konflikt der zweiten Stufe besteht also darin, Kontrolle und Freiheit, welche die vorherige Bewegung von 1-2 ausmachen, loszulassen und sich einzulassen, in das große Meer.

Liebe Grüße :)
Energeia
 
Hallo Energeia,

danke für deine Ausführungen.

Zum Thema Ego meine ich, das Ego ist letztlich die Trennung von der Liebe, und das betrifft viele Bereiche, nicht nur den Sex. Das Ego kann man nicht „bekämpfen, man kann es nur mit Bewusstheit transformieren. Alle reden von der Liebe. Aber wie viele schaffen es tatsächlich in der Liebe zu sein? Mit Liebe meine ich einen Seinszustand, nicht bloß jetzt ein vorübergehendes hormonelles Glücksgefühl, welches die Natur für die Arterhaltung vorgesehen hat.

Vielleicht wollen viele es auch nicht sehen, dass die Fortpflanzung und damit die Arterhaltung uns nicht ganz selbst überlassen ist. Ganz deutlich ist es bei den Tieren, wenn die Brunftzeit kommt, ist es wie eine fremde Macht, die Tiere müssen das einfach machen. Bei den Menschen ist es halt ein hormoneller Zwang unterschiedlicher Intensität, also wenn ich in meine Teenagerzeit oder Zwanzigerjahre zurückdenke habe ich sehr oft an Frauen gedacht und es hat sich nachträglich betrachtet auch etwas unfrei, also wie bei einem „Liebeszauber“ angefühlt, wenngleich auch das Erleben beim Sex sich intensiver angefühlt hat.

Also die Frage ist, wie man Sex in Liebe verwandelt, du hast es auch versucht zu beschreiben.
Ich glaube auch, dass es damit zusammenhängt, mehr Bewusstheit ins Leben zu bringen. Aber wenn ich an Bewusstheit denke, dann muss ich sagen, geht das auch nicht von heute auf morgen, sondern ist ein ständiges Üben und der Weg geht über die Transformation, also wenn man sich alle Gefühle und Gedanken, also auch die "Schattenseiten" mal ansieht (auch die, die man vieleicht nicht sagen würde und hinter einem Deckmantel der "Liebe" versteckt) aber sich nicht damit identifiziert, und dabei mit dem Herzen wahrnimmt. Man könnte auch sagen, in Liebe annimmt.

Liebe Grüße,
Tschü
 
Lieber Tschü,

vielen Dank für deinen wunderschönen Beitrag :)

tschü;2680233 schrieb:
Zum Thema Ego meine ich, das Ego ist letztlich die Trennung von der Liebe, und das betrifft viele Bereiche, nicht nur den Sex.
ja :)

Das Ego kann man nicht „bekämpfen, man kann es nur mit Bewusstheit transformieren. Alle reden von der Liebe. Aber wie viele schaffen es tatsächlich in der Liebe zu sein? Mit Liebe meine ich einen Seinszustand, nicht bloß jetzt ein vorübergehendes hormonelles Glücksgefühl, welches die Natur für die Arterhaltung vorgesehen hat.
ja, dies verweist auf die Frage deines nächsten Absatzes, wie Bewusstheitswerdung möglich ist.

Ich glaube auch, dass es damit zusammenhängt, mehr Bewusstheit ins Leben zu bringen. Aber wenn ich an Bewusstheit denke, dann muss ich sagen, geht das auch nicht von heute auf morgen, sondern ist ein ständiges Üben und der Weg geht über die Transformation, also wenn man sich alle Gefühle und Gedanken, also auch die "Schattenseiten" mal ansieht (auch die, die man vieleicht nicht sagen würde und hinter einem Deckmantel der "Liebe" versteckt) aber sich nicht damit identifiziert, und dabei mit dem Herzen wahrnimmt. Man könnte auch sagen, in Liebe annimmt.

ja, es ist ein tägliches Üben, ein langer Weg. In unserer gegenwärtigen Zivilisation wachsen wir noch mit so vielen Schattenseiten auf, die auf Scham, Schuld, Leistung,... ...beruhen, die uns körperleibseelisch blockieren.
Meine persönliche Erfahrung ist - und so findet man es z.B. auch bei Ken Wilber, aber auch vielen gegenwärtigen Psychotherapieformen - dass es (meist) nicht ausreicht, den Schatten des Egos zu "beobachten", "aufzudecken" - wie es etwa die klassischen psychoanalytischen Richtungen anvisierten -, sondern dass gerade der LEIB ein spirituelles Tor darstellt, welches weitergehende Transformation eröffnet. Wir können, wenn wir uns dem Leib in der Stille zuwenden, die kognitiven Landkarten sowie die Identifikation mit Worten, Symbolen, Unterscheidungen loslassen und in der Stille energetisch transformieren und Achtsamkeit schulen.

Alles Liebe :)
Energeia
 
Ich denke auch das Sex in eine spirituelle Beziehung kein Hauptthema in der Beziehung ist und man "es" ( wie auch immer) tut wenn Beiden es tief von innen spüren.

Liebe Grüsse Misja
 
Sexualität kommt, wenn alles andere stimmt, bzw. wenn man in einer Beziehung ist. Sexualität sollte aber nie alles sein, sondern ist nur ein Aspekt. Ich denke ein jeder hat seine Vorstellungen was auch richtig ist, aber ich finde, es sollte was besonderes sein, wenn man miteinander schläft und es es sollte nicht nur sein um niedere Bedürfnisse zu befriedigen.
lg
schlangenstab
 
1. Ego-Sex
Keine Verbundenheit, Normen/Prinzipien/Erwartungen wirken unmittelbar und blockieren. Sich-Verlieren im anderen (Co-Abhängigkeit) oder in eigenen Maßstäben.

Hallo Energeia,

nach mehrmaligen Lesens deines Themas weiss ich immer noch nicht was du uns oder dir selbst mitteilen möchtest, doch speziell zu deinem obigen Zitat würde ich mich freuen, wenn du diesen Punkt etwas näher erörtern würdest.

Vielen Dank und lieben Gruss, Autonom :)
 
Werbung:
Zurück
Oben