Ich möchte hier ein sehr offenes Thema erstellen... und zwar wie der Titel schon sagt, zur Selbstverleugnung.
Ich habe dabei kein bestimmtes Anliegen, sondern möchte eine Diskussion starten. Über eure Meinungen zum Thema würde ich mich freuen.
Na dann
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Die Frage die mir zuerst zu diesem Thema in den Sinn kommt: Kann man sein Selbst überhaupt verleugnen? Was zur Frage überleitet - was ist das Selbst eigentlich? Im Grunde sind es all unsere Prägungen, die wir im Laufe unseres Lebens durch Erziehung, Vorbild oder Prägung aufsammeln. Damit kann Mensch aber nur im Rahmen seiner Prägungen handeln - er wird etwas nicht können, das er nie gelernt hat, und er wird einen bereits erlernten Weg immer wieder gehen. Das ist die Struktur unseres Gehirns, die primär darauf abzielt, das für uns lebenswichtige zu erlernen und erfolgreiche Taktiken immer wieder anzuwenden.
Wie erfolgreich kann man im Leben (im Privaten sowie im Beruf) sein, wenn man sein wahres Selbst verleugnet?
Alles was man sein kann, ist in einem angelegt. Das betrifft natürlich auch die "Selbstverleugnung" wie sie landläufig genannt wird, d.h. ein Handeln wider besseres Wissen, wider einer gewissen Logik (was halt außenstehende Beobachter so als logisch empfinden). Die Logik von Außenstehenden deckt sich aber in der Regel nicht mit den Programmierungen des einzelnen Individuums. Außenstehende können kontraproduktive Prägungen nur dann erkennen, wenn sie selber diese Prägungen nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß haben.
Wo sind dem Erfolg Grenzen gesetzt, wenn man nicht authentisch ist, oder ist man damit wohlmöglich erfolgreicher?
Hängt davon ab, woran man Erfolg mißt. Wenn es um das persönliche Gefühl von Erfolg geht, dann kann es um so größer sein, je authentischer man ist. Voraussetzung ist aber nicht nur authentisch zu sein, sondern das auch kommunizieren zu können und damit im Rahmen der Gesellschaft umgehen zu können. Denn sonst ist das persönliche Gefühl des Mißerfolgs vorprogrammiert.
Gemessen an den (unglücklichen) Werten unserer Gesellschaft ist man natürlich umso erfolgreicher, je stabiler man seine Maske aufhaben kann, und die gesellschaftlichen Vorgaben erfüllt.
Kann man ein glückliches Leben auf diese Weise führen, oder es sich zumindest vormachen? Wenn ja, wie lange?
Ja, gegebenenfalls ein ganzes Leben lang. Denn die persönliche Zufriedenheit hängt letztendlich nur vom erlernten Wertesystem ab.
Was führt eurer Meinung nach von der Selbstverleugnung zum wahren Selbst? Gibt es bestimmten Situationen, die euch "aufgeweckt" haben?
Im Grunde kann man immer dann aus der Selbstverleugnung kommen, wenn man lernt zwischen eigenen und fremden Werten (aufgesetzten) zu unterscheiden. Der nächste Schritt kann sein, sich selber und seine Bedürfnisse wieder spüren zu lernen, und seinen eigenen Weg zu gehen - wie immer der aussehen mag.
Ich persönlich habe diesbezüglich besondere Erfahrungen mit Menschen gemacht, die sich einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlten und dieses Gefühl der Zugehörigkeit durch bestes Wissen über die Materie und Verbreiten von Informationen (u.a. auch Lehren von Schülern) lebten und weitergeben wollten.
Nach kurzer Zeit stellte sich dann aber heraus, dass die augenscheinliche Leidenschaft an der Sache nur ein Imitieren, bzw. Kopieren fremder Glaubenssätze war und diese nichts eigenes beinhaltete, erst recht keine Leidenschaft, sondern den Anschein erweckte, höchstens dem Zwecke der Füllung innerer Leere oder Indentitätsgebung diente.
Dies war für mich besonders als Schülerin des jeweiligen Themas jedes Mal eine große Enttäuschung - wünschte ich mir doch, dass die lehrende Person ein Vorbild sein würde, zu der ich aufsehen, bzw. aus deren authentischen Erfahrungs- und Wissensschatz ich lernen könnte, was mir bei einer Kopie nicht möglich war, da jede tiefergehende Frage zumeist abgeblockt wurde, die die mangelnde Authetizität enttarnen hätte können.
Grundsätzlich ist die Zugehörigkeit zu einer Gruppe ein zutiefst menschliches Verlangen, da die Gruppe für alle Lebewesen Sicherheit bietet. Um in einer Gruppe akzeptiert zu werden, muß man sich aber an die Verhaltensweisen der Gruppe anpassen, das man sonst ausgeschlossen wird. Für diese Akzeptanz tun viele Menschen sehr viel - ob das nun ein Verein ist, ob es die Familie ist, ob der Freundeskreis mit bestimmten Verhaltensformen ist, ob es eine gewisse Kultur in der Firma ist.
Das was Du beschreibst ist das Thema vieler Menschen. Obrigkeitshörigkeit wird bei uns vom ersten Tag an geprägt ... den Eltern zu folgen, dem Lehrer nicht zu widersprechen und brav zu sein, dem Chef nicht zu widersprechen .... Je stärker diese Eigenschaft ausgeprägt ist, desto mehr wird man jemanden brauchen, der einem sagt, wie man zu leben hat. Das kann die Werbung sein, oder halt auch religiöse Formen, oder eben auch Gurus.
Ich selber mag keine Gurus (besonders keine selbsternannten). Für mich kann ein Mensch Lehrer (= Wissensvermittler) oder Mentor (= Vorleber) sein, oder ich übernehme und ziehe meine eigenen Schlüsse aus dem was ich sehr und erlebe.