Ich persönlich sehe es nicht einmal als Ziel an, erleuchtet zu sein. Das ist für mich nicht wünschenswert. Mein Leben ist ein ewiger Lauf, bei dem ich mich immer selbst zu überholen versuche - ich will mich entwickeln, in jeder Hinsicht immer besser werden, immer mehr verstehen von dieser Welt. Um einen sehr jungen, sehr talentierten deutschen Rapper zu zitieren: "Abwärts? - Gern doch. Stillstand? Bloß nicht!".
Eine Erleuchtung bedeutet, dass man dieses Wettrennen mit (nicht gegen) dem Leben aufgegeben hat. Damit drückt man aus: Ich habe alle fundamentalen Regeln der Welt verstanden und weiß Bescheid. Alles, was ich jetzt noch nicht weiß, kann ich mühelos in mein Weltbild einfügen, da mein Weltbild exakt der Welt entspricht - ich habe ein Weltbild, das absolut wahr ist.
Somit verlernt man aber, sich zu wundern - über all die interessanten und schönen und rätselhaften Dinge auf dieser Welt. Erleuchtung? Das wär nix für mich.
Nüchtern gesehen glaube ich, dass das Problem bei "Erleuchteten" wieder der begrenzte Horizont ist. Man weiß zu wenig über seine Umwelt und man unterschätzt die geistige Kompetenz seiner Mitmenschen. So kommt es zu derartigen Geisteshaltungen. Wie arrogant muss man sein, wenn man glaubt man habe selbst als einziger (oder als einer von wenigen) die absolute Wahrheit gefunden, und alle Menschen rund um einen herum - Menschen die teilweise eine viel bessere Ausbildung, viel mehr Lebenserfahrung, viel mehr Leid und Glück gesehen haben - tappen alle für ihr Leben im Dunkeln? Nein, also wirklich nicht ...
So etwas wie Erleuchtung ist ganz einfach nicht existent, weil es so etwas wie absolute Wahrheit nicht gibt. Und wer glaubt, er verfüge über die absolute Wahrheit oder habe auch nur ansatzweise ihre Wesenheit erkannt, der sollte sich in Psychotherapie begeben, weil dann hat man zuviel vom gesunden Menschenverstand hergegeben. Leute, die glauben, die absolute Wahrheit gefunden zu haben, kommen fast immer aus den Ecken der Extremisten und Fundamentalisten.