Schizophrenie und Meditation

[opti]

Hallo fckw

Die Meditation selber sehe ich nicht als schädlich an. Wenn man aber versucht, die Grundlagen der Meditation zu missachten, damit meine ich die Enthaltsamkeit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Meditation, und dann noch versucht, sich meditativ Gewalt anzutun, indem man z.B. versucht mit aller Gewalt ins Nichts vorzudringen, dann gibt man natürlich irgendwann resigniert die ganze Meditiererei auf oder man ist sogar irgendwann reif für das Spiritual Emergency Network.

 

[tomsy]

zu meditieren soll ein wunsch aus dem herzen sein!

 

[fckw]

Grundsätzlich: Ja, spirituelles Wachstum geht nie ganz völlig ohne Krisen. Der Mensch ist einfach nicht in der Lage zu wachsen, ohne dass er dabei alte Muster aufgeben muss, und das erscheint oft sehr bedrohlich. Denn zu Beginn weiss er ja noch gar nicht, was da Neues auf ihn zukommt, sondern lediglich, was er an Sicherheiten abgeben muss. Üblicherweise geschieht Wachstum langsam, schrittweise. Aber manchmal kann das völlig überwältigend kommen.

Der Hauptunterschied zwischen spirituellem Wachstum und Psychosen ist nach Grof zweierlei:
1) Der (regressive) Psychotiker empfindet die Welt als ihm feindlich gesinnt. Er lehnt Hilfe von aussen ab. Ganz typisch ist Verfolgungswahn, der Glaube, jemand wolle einen vergiften oder umbringen. Der sich in in einer Phase akuten spirituellen Wachstums Befindende erkennt hingegen, dass er nicht Herr der Lage ist, und ist grundsätzlich offen gegenüber äusserer Hilfe, auch wenn er womöglich nicht in der Lage ist, diesen Wunsch konkret zu formulieren und sein Denken und Empfinden qualitativ verschoben ist. Er weiss quasi, dass etwas seltsames mit ihm passiert, kann aber nicht genau sagen, was das ist, und was er dagegen tun kann, während der Psychotiker den Vowurf von sich weist, und behauptet, es sei nicht er, der etwas verschroben sei, sondern die Welt sei Schuld! Verfolgungswahn ist eher untypisch für spirituelle Krisensituationen.
2) Der Psychotiker ist nach der Psychose nicht psychisch gesünder als vor der Psychose. Nach einer akuten Phase spirituellem Wachstums fühlt sich die Person hingegen - so krass die Erlebnisse auch gewesen sein mögen und sobald diese Erlebnisse einigermassen psychisch verarbeitet sind - psychisch gesünder, stabiler, ganzer. Es ist sozusagen etwas in ihm durch die Krise geheilt worden.

Es gibt aber auch Phänomene, die in beiden vorkommen. Der Psychotiker und der spirituell Wachsende können beide Stimmen hören. Der Psychotiker hat aber eine Tendenz, dass diese Stimmen ihn verhöhnen, ihn auslachen und ihn quälen oder ihn anleiten, üble Dinge zu begehen. Der spirituell Wachsende kann auch Stimmen hören, aber es fehlt eher die "böse Qualität" der Stimmen. Darüberhinaus sind ganz viele Erscheinungen in einer spirituellen Wachstumskrise möglich: Sehen von Lichtern, Hören von sphärischen Klängen, Konfrontation mit furchterregenden oder liebevollen archetypischen Wesen und Gottheiten, Erleben von Hitzegefühlen im Körper ("Kundalini-Feuer") usw.
Gemeinsam ist beiden eine nach aussen konstatierbare Verwirrung, Ziellosigkeit oder Apathie usw.
Darüberhinaus treten in Phasen spirituellen Wachstums nicht selten äusserst merkwürdige Begebenheiten und "Zufälle" auf, C.G.Jung führte dazu den Begriff der "Synchronizitäten" ein. Auch das ist heutzutage vielen Psychiatern entweder nicht bekannt, oder sie lehnen es ab.

Dennoch bleibt eine Unterscheidung schwierig und die Grenzen können fliessend sein.

Du kannst ja deinem Psychiater mal einfach den Katalog zur Unterscheidung von spirituellen Krisensituationen und Psychosen geben. Ein grosses Problem ist das Weltbild. Herkömmliche Psychologie kennt im Grunde kein "Überbewusstsein" und rechnet Bewusstsein einem einzelnen Körper (bzw. dem Gehirn) zu. Da gibt es dann nur das Unbewusste und das Bewusste, statt das Unterbewusste, das Bewusste und das Überbewusste. Die Transpersonale Psychologie oder auch die Integrale Psychologie nach Ken Wilber rechnet Bewusstsein nicht einem einzelnen Menschen zu. Dadurch können viele Effekte erklärt werden. Wenn man sich daran gewöhnt hat, dass es überbewusste Bereiche gibt, zu denen der Mensch in Ausnahmesituationen Zugang hat, dann gibt es plötzlich eine Unmenge an Erscheinungen, die dem herkömmlichen Weltbild völlig widersprechen, die aber durch das neue Paradigma elegant erklärbar sind. Aber dieses Paradigma unterscheidet sich so sehr vom herkömmlichen Weltbild, wie das heliozentrische vom terrazentrischen Weltbild.

 

[annara]

Psychosen sind auch immer ein LösungsVERSUCH

Schizophrenie kann eine sehr intensive spirituelle Suche sein
Abgrenzung und Ich-Findung wären Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung

 

[Ch'an]

Psychosen sind auch immer ein LösungsVERSUCH

Schizophrenie kann eine sehr intensive spirituelle Suche sein
Abgrenzung und Ich-Findung wären Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung

Guten Abend,
So sehe ich das auch. Ich hoffe Kyro liest das.

zu den diversen Beiträgen:
Ich sehe nicht ein, was z.B. an Za-Zen- welches gegenstandslose Meditation bedeutet, ohne streben nach Nutzen und Gewinn- gefährlich sein sollte. Es geht dabei zwar um die Auflösung des illusorischen Ich's, doch auf natürliche und unforcierte (unbewusste) Weise. Das (nicht angestrebte) Resultat davon ist dann das Erscheinen des wahren, ursprünglichen Ich's.

Ich zitiere aus den Aufzeichnungen meines Roshi's:
"Erwachen heisst nicht mehr und nicht weniger als eine Verfassung vollkommener, absoluter geistiger und bewusstseinsmässiger Gesundheit. Das bedeutet, das alles, was nicht zum Bereich des Absoluten u. Vollkommenen gehört, alles was einteilt, kategorisiert, zerstückelt, in Begriffe fasst, unterscheidet, entgegensetzt, dualisiert und trennt, alles was zum Raumzeitlichen gehört und mit dem menschlichen Denken in Verbindung steht, als krankhafter Zustand bezeichnet werden kann.
Das Erwachen ist also ein Zustand, bei dem die Gegebenheiten von Raum und Zeit keinen Einfluss mehr haben, hinfällig geworden, überwunden sind. Es ist die Rückkehr zum Normalzustand des Geistes, den Dogen mit "Hishiryo" bezeichnet. Es ist das kosmische Bewusstsein, das absolute Denken, das über alle Grenzen hinausgeht."

Was sollte an diesem Bewusstsein gefährlich sein? Höchstens das Loslassen des Bekannten, das eigentlich einem Sterben gleichkommt, kann Angst machen. Und vielleicht ist dies der Grund, warum nicht allzuviele an dieser Erfahrung teilhaben.

Herzgruss Ch'an

 

[fckw]

@Ch'an:
Frag mal deinen Roshi danach, was die "Zen-Krankheit" ist. Und dann überleg dir, wie ein Psychotiker, der sonst schon genug psychische Probleme hat, damit umgeht.

 

[Ch'an]

@Ch'an:
Frag mal deinen Roshi danach, was die "Zen-Krankheit" ist. Und dann überleg dir, wie ein Psychotiker, der sonst schon genug psychische Probleme hat, damit umgeht.

Der Roshi ist verstorben. Kannst du mir sagen was die "Zenkrankheit" ist oder was man sich darunter vorstellen soll?

Gruss Ch'an

 

[Saraswati]

Kannst du mir sagen was die "Zenkrankheit" ist oder was man sich darunter vorstellen soll?

Dazu haben wir einen alten Thread, kann ihn dir mal raussuchen...

 

[Saraswati]

So, bitte sehr:

Zenkrankheit

 

[Ch'an]

So, bitte sehr:

Zenkrankheit

Vielen Dank, Kalihan!
Jetzt weiss ich was gemeint ist. Doch bis zum heutigen Tag habe ich noch nie einen "Zenisten" getroffen, der ohne Schlaf und ohne Essen, also Tag und Nacht Zazen praktiziert. Aber vielleicht sollte ich dies mal versuchen?

Alles was masslos ausgeübt wird, muss krank machen. Stell dir vor, Kalihan, du übst Tag und Nacht, ohne unterlass das Geigenspiel. Völlig unmöglich, ohne Schaden zu nehmen.

Auch Niemand kommentiert im obigen thread richtig: "Wer Erleuchtung gezielt und willentlich anstrebt, wird wahrscheinlich in einem noch grösseren Zwiespalt (Frustzustand) enden.
Also immer gelassen bleiben und nichts bestimmtes erwarten. Vor allem mal jede Vorstellung von Erleuchtung ablegen...."

Das gilt auch für Kyro, will er mit Meditation etwas willentlich erreichen, d.h. seine ihm von den Aerzten diagnostizierte Krankheit kurieren, sollte er Meditation lieber bleiben lassen.
Setzt er sich in Zazen hin, ohne etwas erreichen zu wollen, ohne eine Vorstellung von Krankheit aufrecht zu erhalten, kann er sich möglicherweise selbst heilen. So wie Hakuin.

Herzgruss Ch'an

Noch was Kalihan :
"Die Kampfkunst und die Musik sind zwar sehr verschiedene Dinge, aber sie beruhen beide auf dem gleichen Prinzip, dem Streben nach der höchsten Vollkommenheit."