Sägespäne

„Was vor langer Zeit geschah, scheint jetzt zu geschehen.“

Scheint! Dieser Satz aus dem Kurs ist keineswegs ein Widerspruch zu dem, was Kim mir einst eingeflüstert hat. Die Quelle der Kraft ist immer vollkommen, auch wenn sich das Universum (scheinbar) erst ihrer Vollkommenheit nähert. Deshalb kann man durchaus ebenso sagen: Es ist nie etwas passiert.

Noch mal, wie ich weiter oben geschrieben habe: Der erste Endkampf war nur eine Vorbereitung. Erst der zweite dient zur Vollkommenheit. Das Ebenbild der Quelle. Hier das materielle. Dort das energetische. Meint man. So ist es aber nicht, denn es gibt keine zwei Welten. Die Quelle hat sich nur offenbart. Für einen Moment, der für uns wie Milliarden Jahrtausende scheint. Ein ganz kleiner Moment nur. Wann hat sie sich offenbart? Schon immer! Sie war schon immer vollkommen. Aber wir spielen noch den Film.

Das heißt, der Film ist längst fertig. Musste nicht einmal gedreht werden, weil er schon immer war. Die Quelle wurde nicht erschaffen. Und wir sind Teil der Quelle, auch wenn wir jetzt diesen unsinnigen Traum träumen. Scheinbar.

Es gibt eine schöne Geschichte über einen Mann, der im Wald Gott trifft, der ihn bittet, ihm aus dem nahe liegenden See Wasser zu holen. Der Mann geht zum See und trifft dort eine wunderschöne Frau. Er vergisst auf das Wasser holen, geht mit ihr, heiratet sie, hat Kinder und stirbt als alter Mann. Plötzlich findet er sich am See wieder, schöpft Wasser und bringt sie seinem Gott, als wären es nur wenige Minuten weg gewesen. Zumindest so ähnlich geht diese Hindu-Geschichte.

Müssen wir also erst sterben, um nach Hause zurück zu finden? Gotteserfahrung. Wie kommt man dazu? Meditieren. Sich einhüllen lassen von der Kraft. Ihre Wärme spüren. Ihre Ewigkeit. Ihre Unendlichkeit. Ihre Beständigkeit. Ihre Vollkommenheit. Ihre Reinheit. Ihre Unverwundbarkeit.

Ich denke eben, man muss direkt verrückt sein, um diesen Weg zu gehen. Um der Welt zu entsagen und nur mehr Gott zu sehen (zu sein – „in“ Ihm zu sein). Es gibt genug Yogis, die so leben und nur mehr aufs Aufwachen warten. Nur kann man so in unserer Welt nicht funktionieren. Man denke nur an Mirabai und ihre bedingungslose Liebe zu Krishna.

Don Juan sagte über eine seiner Schülerinnen, die hübsche Josefina, die Carlos einst als alte, zahnlose Frau so erschreckte, man könne sie nicht auf die Öffentlichkeit los lassen. Und sie selbst würde sich auch nicht mehr in der Welt der Durchschnittsmenschen zurecht finden.

In Wirklichkeit ist aber die Welt das Verrückte. Und jene, die sich darin zurecht finden. Karriere machen. Politik machen. Jene, die sich für Vergängliches abrackern und Schätze sammeln, die sie ohnehin nicht mit ins Grab nehmen können.

Es ist ja noch alles im Werden! Nicht wirklich, denn die Quelle ist immer vollkommen. Also wie die Illusion überwinden? Einfach verrückt werden? Nur mehr da sitzen und sich vom göttlichen Licht einlullen lassen?

Gütig sein! Sagt der Kurs. Einfach nur gütig sein und lächeln. Niederfallen, aufstehen, Krone richten, lächeln. Und endlich dieses sinnlose Grübeln lassen. Niemand bleibt zurück. Es kommt die Zeit, da sie (die Zeit) für immer endet und wir wieder in der wahren Heimat sind.

Manchmal erschrecke ich über meine Gedanken. Psychologen hätten wahrscheinlich ihre Freude mit mir. Realitätsfremd. Realitätsverlust. Aber noch nicht gefährlich für die Öffentlichkeit. Noch nicht! Manchmal erschrecke ich auch, wenn ich nicht mehr ent- oder unterscheiden kann. Der ist dafür und die ist dagegen. Und ich? Keine Ahnung! Es kümmert mich nicht. Zumindest meistens, denn ich kann mich schon noch sehr über Ungerechtigkeiten aufregen. Vor allem, wenn sie gegen Tiere sind. Menschen sind mir dann egal. Sie haben es verdient, denke ich. Dachte ich, denn es ist schon etwas besser geworden. Wahrscheinlich würde ich nicht wie eine Furie auf einen Menschen losgehen, der ein Tier quälte. Oder doch? Aber der Gedanke ist immer mehr da, dass alles nur ein Traum ist und wir gelassen und gütig durch das Leben gehen sollten, bis wir wirklich den wahren Ruf der Quelle hören und ihm endlich folgen können.

Ach, wir sind noch lange nicht so weit, aber wenigstens wissen wir, dass unsere Verrücktheit viel mehr das Wahre ist, als die Verrücktheiten der Welt, vor allem der Menschenwelt. Erst wenn wir zwischen diesen Verrücktheiten nicht mehr unterscheiden, sind wir vielleicht wieder einen Schritt weiter. Imaginär. Scheinbar. Traumwandlerisch.


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Wie gesagt, es tut sich einiges, aber es entzieht sich meines menschlichen Verstandes. Wir sind zu klein, Herz, - sagte schon Kim in seiner tiefsten Wahrheit, als er sich noch als Mensch wahrnahm.

Es gibt ein Video, das uns anzeigt, wie klein unsere Erde im Gegensatz zum Universum ist. Schon allein in unserer Galaxie ist der blaue Planet ein Winzling. Und wir Menschen sind ein kleiner Teil dieses Winzlings. Ein bösartiger Teil. Ein unheilbarer Bazillus. Ja, ich bleibe mir treu und schimpfe wieder einmal über meine eigene Spezies.

Sila, Pama und Arima sind bloß drei Wesenheiten, die von diesem kleinen Planeten, den wir selbst die Erde nennen, stammen. Es gibt noch viele andere Wesenheiten. Mehr als wir glauben möchten. Und sie sind nicht alle mit unseren Sinnen und schon gar nicht mit unserem Verstand zu erfassen. Das Universum, so denke ich nun mal, birgt Geheimnisse in sich, die unsere Gehirnwindungen krampfen lassen.

Sila ist durchaus menschlich, auch wenn sie ein Leuchtendes Wesen (Thygyrill, Kims und Marias Sohn auf der Leuchtenden Welt) in sich birgt, da die Leuchtende Welt die letzte Entwicklungsstufe der Menschheit ist. Der Feuerplanet mit seinen züngelnden Wesen. Könnte man sich durchaus vorstellen. Aber es ist kaum anzunehmen, dass die Erde einst eine Sonne wird. Eher ein erkalteter, einsamer Stern wie ihr Trabant. Erst das Geistige in ihr wird die Leuchtende Welt und ihre Wesen zum Vorschein bringen.

Und wenn nun, wie ich meinen ganz persönlichen (als würde das wen interessieren!) Glauben darlege, dieses Leben, dieses Universum den Film zu Perfektion, zur Vollkommenheit der Quelle der Kraft abspielt, haben wir bloß eine ganz kleine Nebenrolle.

Klar, das hier ist nichts anderes als Phantasie. Ein kleine Geschichte, die zu einer Art Tagebuch oder Morgengebet geworden ist, aber ich nehme sie manchmal doch auch ernst und sage mir, dass es durchaus so sein könnte. Trotz der vielen Widersprüche. Aber genau die müssen sein, denn würde sich alles verständlich erklären lassen, wäre es noch immer nur menschlich. Und wir sind nicht allein in diesem riesigen Ding, genannt Universum. Dessen bin ich mir fast sicher.

Ob es all das (das Leben, das Universum) gibt oder nicht, ob es bloß eine Idee, ein Gedanke, ein Traum ist, spielt keine Rolle. Wir stecken in diesem Film fest und müssen ihn bis zum bitteren Ende drehen. So gut wie es nun mal geht. Nicht alle sind gute Schauspieler. Wohl die wenigsten.

Jetzt fällt mir eben ein, dass es drei sind. Drei irdische Wesenheiten. Sila, Pama und Arima. Wie die Dreifaltigkeit. Wie die heilige Drei, angeblich die perfekte geometrische Zahl, da alles andere nur Wiederholungen sind. In der Vier stecken bereits zwei Dreiecke. So sei das zu verstehen, habe ich mir einst erklären lassen.

Auch die Sieben ist heilig, aber für Chinesen keine gute Zahl. Für sie zählt die Acht als Glückszahl. Sieben ist nur in unseren Breiten, vorwiegend bei den Christen, heilig. Wie auch die Zwölf. Zahlenmythologie. Auch eine interessante Sache, wenn man an sie glaubt. Kann man. Warum auch nicht?

Nicht alles Menschliche ist Humbug, wie etwa der strafende, eifersüchtige Gott Jahwe. Jaldabaoth ist auch so einer. Lässt sich alles bei Google nachlesen. Angeblich ist Jaldabaoth der Schöpfer der materiellen Welt. Der Chaosgott mit dem Löwenkopf.

Manchmal frage ich mich doch, wie Sila es tat, ob Arima nicht Freundschaft hält mit diesem Löwengott. Immerhin nennt er auch Luzifer, den Lichtbringer, seinen Freund und Bruder. Aber ich denke, das haben wir geklärt, denn die Entwicklung geht immer weiter weg von der Materie und nähert sich geistiger Natur. Das sieht man doch an der irdischen Entwicklung. Von der harten Erde bis zur Leuchtenden Welt. Und auch sie, die Leuchtende Welt, so schön das Leben auf (in?) ihr sein mag, ist bloß ein winziges Pünktchen im unendlich scheinenden Universum.


 
Widmen wir uns wieder einmal dem Kunstwerk „Canto della grotta“ von Alessandro Sicioldr. Es beeindruckt mich noch immer in seiner Einsamkeit und Kühle. Nein, vielleicht ist es sogar eine Wärme, eine kühle Wärme. Das Kunstwerk hat sich in meiner Phantasie weiter entwickelt. Aus den wenigen Felsen im Meer haben sich Behausungen entwickelt, ähnlich dem Turm, auf dem eine Figur platziert wurde. Die Behausungen haben imposante Bullaugen als Fenster, wobei die Bullaugen größer sind als die Behausungen. Die Behausungen selbst erscheinen klein, betritt man sie, findet man sich jedoch in Hallen wieder, wie man sie noch nie gesehen hat. Riesige Hallen, höher und breiter als in Schlössern und natürlich auch prunkvoller. In diesen Hallen werden Möbel hin und her geschoben. Immer wieder. Tagein. Tagaus. Und vielleicht, ja, sogar höchstwahrscheinlich auch nachts.

Die Bewohner haben nichts anderes zu tun. Was sie aber tun, tun sie gewissenhaft und sehr, sehr konzentriert. Es ist nämlich gar nicht so einfach, die Möbel in die entsprechenden Ecken zu schieben. Wir kennen dies als eine Art Spiel, das sich „Sokoban“ nennt. Da braucht es schon eine Menge Konzentration und es muss genau überlegt werden, bevor man das Möbelstück schiebt. Schon ein kleiner Fehler würde die Schieber (ich nannte sie ganz oben Menschenwesen) meilenweit zurück werfen. Wohin zurück, weiß niemand so genau, weil es bis jetzt noch keine Fehler gab.

Die Gassen zwischen den Behausungen aus Stein und Fels sind eng. Fahrzeuge gibt es nicht. Nicht einmal Fahrräder oder Roller. Die schiebenden Menschenwesen verlassen ihre Behausungen ja nie, weil sie ständig mit Schieben beschäftigt sind. Es müsste nicht einmal Gassen geben. Das Meer hätte genügt.

Nun schiebt sich eine neue Gestalt in das Bild. Nicht in das Original von Sicioldr, sondern in mein Phantasiebild. Durch die engen Gassen wandert sie. Irgendwie habe ich Gandalf im Sinn. Nicht direkt Gandalf, denn der wird anderswo gebraucht, um Recht und Ordnung zu schaffen und vor allem die Hobbits und ihre Gefährten zu begleiten. Eine Gestalt wie Gandalf. Groß, mit langem Kapuzenmantel bekleidet, langes graues Haar und langen grauen Bart. Irgendwie eine Art Gottfigur, wie sich der kleine Michel den alten Mann auf dem Thron im Himmel vorstellt. Den kleinen Michel gibt es übrigens auch. Er kam auch irgendwie durch Zufall in das Bild. Der alte Mann kam von links und der kleine Michel von rechts. Irgendwo in der Mitte trafen sie sich an einer Gassenkreuzung.

Kopfsteinpflaster. So schön nostalgisch. Gibt es kaum mehr. In Altstädten sind sie noch vertreten. Genauso wie die engen Gassen und die Häuser mit Blumenkisten geschmückt. Im Sünden hängt auch oft die frisch duftende Wäsche zwischen den Gassen. Kinder spielen vor den Häusern und auf den Bänken vor den Häusern sitzen die alten Weiber und tratschen.

Eine derartige Idylle gibt es hier noch nicht. Vielleicht kommt sie noch. Jetzt ist es noch dunkel und etwas regnerisch, als sich der alte Mann (ergeht übrigens aufrecht wie ein junger) und der kleine Michel treffen. Der kleine Michel ist ein ganz gewöhnlicher Junge. Knappe sechs Jahre, durchschnittlich groß und das Gewicht stimmt auch, obwohl es nicht schaden würde, ein zwei Kilo weniger auf den noch jungen Knochen zu tragen. Der kleine Michel ist dunkel. Sieht aus wie ein kleiner Zigeunerjunge. Schmutziges, eingerissenes Hemd, schmutzige, eingerissene und viel zu kurze lange Hosen und barfuß. Das ist der alte Mann übrigens auch. Barfuß.

Ihre Wege kreuzen sich also. Aber es scheint, als würde der eine den anderen gar nicht wahrnehmen. Sie gehen aneinander vorbei, als wäre nichts gewesen, obwohl dies in diesem Bild ein Ereignis höchster Wichtigkeit ist.

Und manchmal frage ich mich, ob die Föten genau das so gewollt haben. Ich blicke zurück, als sie noch in der Urmutter dösten und sie nicken und meinen, ich sollte mich noch in Geduld üben. Genau das werde ich tun.


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Es ist nicht mehr Silas Welt, auch wenn es so scheint, als habe sie diese geschaffen. Ich erinnere mich an die Föten. Es waren mehr als ich gedacht hatte. Die Urmutter, dieses Ungetüm von Bauchfülle, trug Millionen von ihnen und ließ sie einen nach den anderen auf die Ursuppe los. Ein neues Universum sollte gegründet werden. Vorher war es eine neue Menschheit, da die alte alles zerstört hatte. Die Evolution brachte zum zweiten Mal die Bösartigkeit in Person hervor. Man weiß ja, wie wenige zum zweiten Mal übrig blieben. Gerade mal eine Hand voll. So viele wie man an einer Hand zählen kann. Sogar weniger.

Das neue Universum soll ein anderes werden. Ein ganz anderes. Aber es geht nicht anders, als dass wieder alles veränderlich ist. Veränderlich und vergänglich. Selbst wenn in den höheren Dimensionen die Engelwesen oder Ähnliches längere Lebensdauer haben als jene in den niederen Dimensionen. Nichts bleibt je wie es ist. Wie es war. Sobald man die Urmutter verlässt, ist man dem Tode geweiht. Auch wenn er besiegt wurde. Der Sieg war sehr zweifelhaft. Man weiß zwar inzwischen, was man verliert, wenn der Körper zurück gelassen wird. Aber immer noch gibt es Verluste.

Es ist ähnlich, wie wenn man aus einem Traum erwacht. Es mag ein schöner Traum gewesen sein, aber wenige Stunden nach dem Aufwachen, kümmert er mich nicht mehr. Vergeben. Vergessen. Jetzt ist es vielleicht so ähnlich. Im neuen Universum ist es ganz anders. Da weiß man Bescheid. Deshalb benimmt man sich auch sehr unsinnig und ist sich dieser Unsinnigkeit bewusst.

Sila mag eventuell die erste Erschafferin gewesen sein. Zusammen mit Pama und Arima. Es ist aber nur ein sehr kleiner Teil, über den die Drei wachen. Über andere weiß ich nichts. Es wird mir auch nichts zugeflüstert.

Es ist gar nicht so einfach, die bestimmten Teile aus der Ursuppe zu filtern. Das können nur sehr erhabene Wesen. Fast schon Gottheiten. Wenn nicht Gottheiten. Direkt aus der Quelle der Kraft ausgebrochen, um die letzten Wesen zu retten. Es muss sein. Erst wenn alle bereit sind, ist die perfekte Vollkommenheit erreicht. Sila, Pama und Arima sind derartige Gottheiten, auch wenn Arima, in seiner ewigen Bescheidenheit, nicht gerne hören mag.

Bis sich der alte Mann und der kleine Michel begegnen, geschah sehr viel. Energien nahmen Formen an, verloren sie wieder, nahmen neue an. Immer wieder, bis es endlich passte, um bewusstes Leben entstehen zu lassen. Die Föten waren noch formlos. Genauso formlos wie die Urmutter und die Quelle.

Hier gibt es nichts zu verzeihen. Keine Sünde, keine Sühne. Auch wenn es manchmal schrecklich erscheint. Aber das ist unser menschliches Urteil. Sag ja zu allem, ohne das Nein zu kennen. Schließe alles gütig in dir ein, wie die Quelle es tut.

Wie gesagt, die Begegnung zwischen dem alten Mann und dem kleinen Michel war von großer Bedeutung. Ein Ereignis von höchster Wichtigkeit. Es war die erste Begegnung von zwei Menschenwesen. Die Möbelschieber schieben nur Möbel und nehmen sich gegenseitig nicht wahr, weil in jeder Behausung nur ein Menschenwesen wohnt und keines davon seine Behausung je verlässt, da es ständig mit Möbelschieben beschäftigt ist. Aber hier in dieser dunklen, verregneten Gasse, fand eine Begegnung statt. Die erste, die wirklich allererste Begegnung zweier Menschenwesen im neuen Universum.

Was ist nur aus uns geworden? Die menschliche Energie vergeht nicht. Keine Energie vergeht. Nicht mal die eines Sandkorns. Auch Sandkörner drängen zur Perfektion. Das ist nun mal der Sinn der Evolution. Und wie wir angebliche Fehler machen, tut das die Evolution auch. Ich möchte nicht wissen, welche Wesen das Universum noch birgt, die wohl schlimmer als die menschliche Spezies sind. Und man sollte über die Möbelschieber nicht lachen, denn sie sind sich ihrer Sinnlosigkeit bewusst, während wir heutigen Menschen hochmütig unser sinnloses Tun noch ehren und mit allen möglichen Preisen ausstatten.

Da sitze ich doch lieber einfach nur da und labe meine geschlossenen Augen an herrlichen Landschaften und fühle mich umhüllt von einer bedingungslosen Sicherheit und Geborgenheit. Vielleicht wird das noch was mit den Gassen und Behausungen. Es laufen ja noch mehr Wesen in diesem kleinen Dorf herum. Nur haben sie sich noch nicht gezeigt. Es könnte auch sein, dass sie damit beschäftigt sind, Blumen zu züchten, um damit die Häuser der Möbelschieber zu schmücken. Aber es ist nun mal so, dass es zuerst nur Sand, Stein und Wasser gibt. Ach ja, und wieso sind die Menschenwesen da und keine Blumen, keine Tiere? Weil dies das neue Universum ist und die Blumen und Tiere genau wissen, dass sie jenen Wesen am besten für immer aus dem Weg gehen und schön brav zu Hause in der Quelle bleiben.


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Es ist nicht mehr Silas Welt, auch wenn es so scheint, als habe sie diese geschaffen. Ich erinnere mich an die Föten. Es waren mehr als ich gedacht hatte. Die Urmutter, dieses Ungetüm von Bauchfülle, trug Millionen von ihnen und ließ sie einen nach den anderen auf die Ursuppe los. Ein neues Universum sollte gegründet werden. Vorher war es eine neue Menschheit, da die alte alles zerstört hatte. Die Evolution brachte zum zweiten Mal die Bösartigkeit in Person hervor. Man weiß ja, wie wenige zum zweiten Mal übrig blieben. Gerade mal eine Hand voll. So viele wie man an einer Hand zählen kann. Sogar weniger.

Das neue Universum soll ein anderes werden. Ein ganz anderes. Aber es geht nicht anders, als dass wieder alles veränderlich ist. Veränderlich und vergänglich. Selbst wenn in den höheren Dimensionen die Engelwesen oder Ähnliches längere Lebensdauer haben als jene in den niederen Dimensionen. Nichts bleibt je wie es ist. Wie es war. Sobald man die Urmutter verlässt, ist man dem Tode geweiht. Auch wenn er besiegt wurde. Der Sieg war sehr zweifelhaft. Man weiß zwar inzwischen, was man verliert, wenn der Körper zurück gelassen wird. Aber immer noch gibt es Verluste.

Es ist ähnlich, wie wenn man aus einem Traum erwacht. Es mag ein schöner Traum gewesen sein, aber wenige Stunden nach dem Aufwachen, kümmert er mich nicht mehr. Vergeben. Vergessen. Jetzt ist es vielleicht so ähnlich. Im neuen Universum ist es ganz anders. Da weiß man Bescheid. Deshalb benimmt man sich auch sehr unsinnig und ist sich dieser Unsinnigkeit bewusst.

Sila mag eventuell die erste Erschafferin gewesen sein. Zusammen mit Pama und Arima. Es ist aber nur ein sehr kleiner Teil, über den die Drei wachen. Über andere weiß ich nichts. Es wird mir auch nichts zugeflüstert.

Es ist gar nicht so einfach, die bestimmten Teile aus der Ursuppe zu filtern. Das können nur sehr erhabene Wesen. Fast schon Gottheiten. Wenn nicht Gottheiten. Direkt aus der Quelle der Kraft ausgebrochen, um die letzten Wesen zu retten. Es muss sein. Erst wenn alle bereit sind, ist die perfekte Vollkommenheit erreicht. Sila, Pama und Arima sind derartige Gottheiten, auch wenn Arima, in seiner ewigen Bescheidenheit, nicht gerne hören mag.

Bis sich der alte Mann und der kleine Michel begegnen, geschah sehr viel. Energien nahmen Formen an, verloren sie wieder, nahmen neue an. Immer wieder, bis es endlich passte, um bewusstes Leben entstehen zu lassen. Die Föten waren noch formlos. Genauso formlos wie die Urmutter und die Quelle.

Hier gibt es nichts zu verzeihen. Keine Sünde, keine Sühne. Auch wenn es manchmal schrecklich erscheint. Aber das ist unser menschliches Urteil. Sag ja zu allem, ohne das Nein zu kennen. Schließe alles gütig in dir ein, wie die Quelle es tut.

Wie gesagt, die Begegnung zwischen dem alten Mann und dem kleinen Michel war von großer Bedeutung. Ein Ereignis von höchster Wichtigkeit. Es war die erste Begegnung von zwei Menschenwesen. Die Möbelschieber schieben nur Möbel und nehmen sich gegenseitig nicht wahr, weil in jeder Behausung nur ein Menschenwesen wohnt und keines davon seine Behausung je verlässt, da es ständig mit Möbelschieben beschäftigt ist. Aber hier in dieser dunklen, verregneten Gasse, fand eine Begegnung statt. Die erste, die wirklich allererste Begegnung zweier Menschenwesen im neuen Universum.

Was ist nur aus uns geworden? Die menschliche Energie vergeht nicht. Keine Energie vergeht. Nicht mal die eines Sandkorns. Auch Sandkörner drängen zur Perfektion. Das ist nun mal der Sinn der Evolution. Und wie wir angebliche Fehler machen, tut das die Evolution auch. Ich möchte nicht wissen, welche Wesen das Universum noch birgt, die wohl schlimmer als die menschliche Spezies sind. Und man sollte über die Möbelschieber nicht lachen, denn sie sind sich ihrer Sinnlosigkeit bewusst, während wir heutigen Menschen hochmütig unser sinnloses Tun noch ehren und mit allen möglichen Preisen ausstatten.

Da sitze ich doch lieber einfach nur da und labe meine geschlossenen Augen an herrlichen Landschaften und fühle mich umhüllt von einer bedingungslosen Sicherheit und Geborgenheit. Vielleicht wird das noch was mit den Gassen und Behausungen. Es laufen ja noch mehr Wesen in diesem kleinen Dorf herum. Nur haben sie sich noch nicht gezeigt. Es könnte auch sein, dass sie damit beschäftigt sind, Blumen zu züchten, um damit die Häuser der Möbelschieber zu schmücken. Aber es ist nun mal so, dass es zuerst nur Sand, Stein und Wasser gibt. Ach ja, und wieso sind die Menschenwesen da und keine Blumen, keine Tiere? Weil dies das neue Universum ist und die Blumen und Tiere genau wissen, dass sie jenen Wesen am besten für immer aus dem Weg gehen und schön brav zu Hause in der Quelle bleiben.


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Welch' schöne Erinnerung........:)
 
Der Sinn des Lebens besteht aus der Sinnlosigkeit unseres Tuns. Wenn man das einmal erkannt hat, bewusst in sich aufgenommen hat, sich der Glaube daran in Wissen umgewandelt hat, ist Loslassen eine Kleinigkeit. - sagt sich der alte Mann und geht weiter seines Weges.

Man darf jetzt nicht glauben, dass die Drei(ein)faltigkeit tatsächlich menschlich ist. Das neue Universum hat mit Menschen gar nichts mehr im Sinn. Auch wenn sie, Sila, Pama und Arima Aspekte eines menschlichen Energiebandes sind und vielleicht sogar bereits das Energieband selbst.

Im letzte Universum, aus dem ich eben schreibe (ganz am Rande einer kleinen (?) Galaxie, von einem kleinen, blauen Planeten), war die höchste Entwicklungsstufe der Menschheit das Leuchtende Wesen. Wie sich das alles entwickelt hat, ist mir ein Rätsel. Die Erde wurde ganz sicher kein Feuerplanet. Sie wurde eher feinstofflich. Beziehungsweise wird sie ganz sicher kein Feuerplanet, auch wenn es in nächster Zeit ziemlich oft und ziemlich viel auf und in ihr brennen wird. Sie wird feinstofflicher. Von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe. Und mit ihr alles, was auf und in ihr gedeiht.

Das kann Millionen von Jahren dauern. Es kann aber auch von heute auf morgen passieren. Abends gehen wir zu Bett, haben den Kopf voller Sorgen, was denn noch Furchtbares im Laufe dieses beschissenen Lebens auf uns zukommen mag, schlafen ganz, ganz schwer ein und fallen schließlich doch in den gerechten Tiefschlaf. Morgens wachen wir auf und liegen weich und sanft auf einem warmen, samtigen Boden, fühlen uns so leicht wie noch nie, reiben uns die Augen und fassen fast in unseren Kopf dabei, weil alles so leicht und schmerzfrei nachgibt. Wir blicken uns um und starren fassungslos in eine Landschaft, die nicht unbedingt das Bild des Paradieses ist, aber ungemein beeindruckt. Farben vom strahlenden Gelb bis zum Feuerrot und die Farben schließlich sanft ins Violett bis zum ganz Dunkel am Horizont erscheinen. Felsen ragen aus dem weichen Boden, die, wenn man sie berührt, sanfte Klänge, Sphärenmusik, von sich geben. Alles wirkt friedlich und liebevoll. Und die Wesen um einen herum, leuchten wie weißes Licht und sind schön wie Engel. Sie müssen nicht sprechen. Sie fühlen die anderen. Lügen sind zwecklos. Was hier regiert ist die bedingungslose Liebe und eine Liebe zwischen Partnern, wie es sie auf der alten Erde nur selten, wenn überhaupt, gab. Die Leuchtende Welt, die Vorstufe zum Paradies – so hat Kim immer gesagt.

Wie durch ein Wunder weiß das der alte Mann noch. Irgendwie hat es ein Energiepunkt seines Energiebandes ins neue Universum mit herüber genommen. So scheint es. Aber so ist es nun mal mit unserem Begreifen der Zeit. Wir erkennen sie nur linear, aber nie im Ganzen, weil wir selbst noch im linearen Denken fest stecken. Der alte Mann erkennt mehr und hat mitgenommen, was er braucht. Oder vielmehr, die Quelle hat ihm mitgegeben, was er braucht, was in diesem Fall ein- und dasselbe ist. Das heißt nicht, dass der alte Mann die Quelle selbst ist (aber doch ein Aspekt ihres Seins!) - es heißt viel mehr, er und die Quelle liegen auf ein und derselben Wellenlänge, um es mal so locker zu beschreiben.

Der alte Mann hockt sich auf ein niedriges Mauersims, das einen kleinen, aber hohen Turm umzäunt. Er muss sich ausrasten. Bewegungen im neuen Universum sind sehr ermüdend. Das stellt auch der kleine Michel fest und hockt sich zu ihm. Irgendwie haben sich ihre Wege abermals gekreuzt und nun sind sie endlich zusammen gekommen. Es erinnert irgendwie an das Bild oben vom alten Gandalf und dem Hobbit Frodo. Der kleine Michel sieht aber abgerissener aus, viel dunkler und sein schwarzes Lockenhaar reicht bis über den Schultern Der alte Mann sieht noch geheimnisvoller aus als Gandalf. Er hat keine so große Nase und kein so ausgeprägtes Gesicht. Seine Gesichtszüge sind feinsinnig und wirken jung, eigentlich alterslos. So habe mich mir Kim, wenn er äußerlich gealtert wäre, immer vorgestellt. Schon alt und vielleicht auch tiefe Falten im schönen Gesicht, die aber der Ausstrahlung, die aus ihm kommt, nichts anhaben können. Das Haar ist fast weiß, dicht und reicht bis über die Hüften. Es fällt wie ein Wasserfall aus der dunkelgrauen Kapuze. Seine Augen strahlen. Die Farbe ist irgendwie unbestimmt. Graublau. Vielleicht auch blaugrün. Ein paar hellbraune Punkte in der Iris. Manchmal auch gelbe. Seine Augen scheinen alle möglichen Augenfarben aufgenommen zu haben, während die Augen des kleinen Michel fast schwarz sind.

Ich mache mir nun mal dieses Bild, auch wenn es massenhaft verfälscht ist. Im neuen Universum wird es wahrscheinlich keine menschlichen Gestalten mehr geben. Die Föten haben sich lange überlegt, ob sie überhaupt eine Form annehmen. Es ist nun mal schwierig mit äußeren Formen. Sie brauchen unnötige Energie, die man besser nützen könnte. Nahrung muss dann auch noch sein. Auch wenn man feinstofflich ist wie die Leuchtenden Wesen. Wenigstens brauchen Leuchtende Wesen nur Wasser aus der einzige Quelle ihrer Leuchtenden Welt, das mittels eines gigantischen Wasserfall in einen gigantischen See stürzt. Der Wasserfall musste sein und auch die Harmonie, wie Leuchtende Welt rund um den See hocken und das herrlichen Farbenspiel das fallenden Wassers beobachten. Auch daran erinnert sich der alte Mann und erzählt dem kleinen Michel allerlei Geschichten, bis sie wieder langsam durch die dunklen, nassen Gassen schleichen. Diesmal gehen sie nebeneinander. Schweigend. Abwartend. Und doch gleichmütig und gütig.


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Wir sind Sternenstaub, sagt der alte Mann, als er und der kleine Michel wieder mal eine Pause einlegen. Sie haben das Dorf verlassen und wanderten auf einem ebenen Feldweg entlang, bis sie am Rand eine Bank stehen sahen, auf der sie nun rasten.

Aus Sternenstaub entstanden, meint der kleine Michel. Aber man kann schon sagen, dass wir Sternenstaub sind. Wir haben alles in uns, was wir einst waren.

Und die Erinnerungen? Leben wir denn noch immer von Erinnerungen? Von Raum und Zeit?

Jene Wesen dort im Dorf haben alles zurück gelassen. Sie lächeln ohne Lippen, ohne Mund. Sie lächeln! Kannst du dir das vorstellen, alter Mann?

Kaum zu glauben, dass sie einst Föten waren, die hin und her überlegten, ob sie überhaupt eine Form annehmen sollen. Jetzt haben sie es doch getan.

Aber wie, alter Mann! Diesen Trick hätte man ihnen niemals zugetraut. Sie haben eine Form angenommen und sind trotzdem formlos. Man sieht sie nicht. Man nimmt sie nicht einmal wahr. Trotzdem weiß man, dass sie da sind und ihre Möbel ständig hin und her schieben.

Man müsste jetzt wissen, was die Möbel bedeuten.

Wozu, alter Mann? Alles ist bedeutungslos. Weder die Möbel bedeuten etwas, noch die Möbelschieber. Das wissen sie. Und das ist schon enorm. Sie wissen, dass sie genauso bedeutungslos sind wie leblose Dinge, die man hin und her schieben kann. Sie wissen, dass auch sie hin und her geschoben werden, weil sie sich selbst schieben. Wir haben noch viel zu lernen, alter Mann.

Ich lerne nichts mehr. Von mir aus können mir alle den Buckel runter rutschen.

Wenn du einen hättest, alter Mann. Wir sind nicht viel anders als die Möbelschieber. Wir scheinen zwar eine Form zu haben, sind aber auch formlos. Nur setzt sich das bei uns noch nicht richtig durch. Du und ich, ich glaube, wir tun uns noch schwer mit dem Loslassen.

Vielleicht gibt es das Dorf jetzt gar nicht mehr, seit wir es verlassen haben. Vielleicht sind wir es, die sich das Dorf und ihre Wesen nur eingebildet haben. Vielleicht gibt es nicht einmal diesen Weg hier und die Gegend links und rechts, die mir irgendwie öde erscheint. Der Weg ist okay. Ein ganz normaler Kiesweg, der gar nicht in diese öde Mondlandschaft passt. Vielleicht gibt es gar nichts. Dann gibt es auch nichts loszulassen.

Bist du etwa Solipsist geworden, alter Mann? Es mag ja sein, dass da draußen wirklich nichts existiert. Aber was ist mit mir? Ich weiß, dass ich existiere. Du weißt, dass du existierst. Also sind wir schon zwei, die existieren und nicht nur du als einziges Ich.

Du siehst das zu eng, kleiner Michel. Und frage mich jetzt nicht, woher ich deinen Namen weiß, obwohl nicht einmal du selbst ihn weißt. Wir können nicht wissen, was ist, solange wir wahrnehmen. Es spielt keine Rolle, wo Wahrnehmung statt findet, ob innen oder außen. Wahrnehmung ist stets zweifelhaft. Gewissheit gibt es keine.

Dann müssen wir uns an die Möbelschieber wenden und sie fragen, wie sie ihre formlose Form ohne Wahrnehmung behalten können. Erinnere dich, was ich sagte, alter Mann. Man nimmt sie nicht einmal wahr und weiß dennoch, dass sie da sind. Wir haben wir das gemacht?

Das macht keinen Sinn, auch wenn alles sinnlos ist.

Wir stecken mächtig in der Klemme, alter Mann. Wenn alles so ist, muss es gleichzeitig auch anders sein. Was macht es denn für einen Unterschied, wenn man sagt, alles ist bedeutungslos? Es würde keinen Unterschied machen, wenn man sagt, alles hat Bedeutung.

Und wenn ich sage, nur ich existiere, macht es auch keinen Unterschied, da das Draußen noch immer da ist, selbst wenn ich es leugne. Durch leugnen löst sich nichts auf.

Und nun?

Nun lass uns weiterwandern und abwarten, was noch alles auf uns zukommt.


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Sie glauben, Sie säßen hier und läsen dieses Buch. In Wirklichkeit könnten Sie genauso gut ein vom Körper getrenntes Gehirn sein, das irgendwo in einem Laboratorium in einer Retorte voll Nährflüssigkeit schwimmt. Das Gehirn ist an Elektroden angeschlossen, und ein wahnsinniger Wissenschaftler füttert es mit einem ständigen Strom elektrischer Impulse, so dass die Erfahrung, dieses Buch zu lesen, perfekt getäuscht wird!

Wenn sie umblättern, fühlt sich die Buchseite wie eine Buchseite an, weil die Elektroden Ihr Gehirn mit genau den gleichen Nervenimpulsen füttern, wie dies echte Finger getan hätten, die eine Seite berühren. Aber die Seiten sind ebenso eine Illusion wie die Finger. Halten Sie das Buch näher ans Gesicht, sieht es größer aus; halten Sie es mit ausgestreckten Armen von sich weg, sieht es kleiner aus. Eine dreidimensionale Perspektive kann erzeugt werden, wenn der Wissenschaftler die Spannung der Elektroden am Stumpf des Nervs vorsichtig ausgleicht.

Schreibt William Poundstone in dem Buch „Im Labyrinth des Denkens“. Aber wer sagt uns, dass es nicht so sein könnte? Wahrnehmung kann täuschen. Das ist nichts Neues. Was, wenn sie immer täuscht?

Im Kurs steht, dass Wahrnehmung ein fortwährender Prozess des Annehmens und Zurückweisens, Ordnen und Neuordnens, des Wechselns und Veränderns. Bewertung ist ein wesentlicher Bestandteil der Wahrnehmung, weil Urteile nötig sind, um auswählen zu können.

Und dann wäre da noch Zhuangzi, der träumte, er sei ein Schmetterling. Dann wachte er auf und fragte sich, ob er nicht vielleicht ein Schmetterling sei, der träumte, ein Mensch zu sein.

Was sagte einst Kim? Es gibt nur eine Welt. Und sie kann wahrgenommen werden. Das ist alles. Die Welt ist, laut Kim, keine Illusion. Sie ist die Quelle selbst als Materie. Die Quelle hat sich sichtbar, sozusagen wahrnehmbar gemacht. Und wir sind Teile in oder von ihr. Alles ist göttlich. Alles ist Gott, auch das Körperliche und keineswegs verwerflich, wie uns manche Dogmen weismachen wollen.

Wir dürfen aber nie vergessen, dass wir uns noch in der Entwicklung befinden. Wir sind nicht die Quelle selbst in ihrer Vollkommenheit, in ihrer Perfektion. Das muss einfach immer wieder wiederholt werden. Die Quelle selbst macht keine Entwicklung durch. Sie war schon immer, was sie war, ist und auch sein wird.

Deshalb war es für mich so schwer zu verstehen, wenn Kim sagte, ich sei nur ein Aspekt der Ganzheit meines Selbst. Hier nenne ich es Energieband oder Energiestrang, der mittels Montagepunkt Teil für Teil wahrgenommen wird, bis er schließlich als Ganzes erkannt wird. Wie bereits erwähnt, ist mir bis jetzt nur der menschliche Teil des Bandes vollkommen bewusst. Alles andere liegt noch immer wortwörtlich im Dunkeln. Die gefiederte Schlange, wie Don Juan es nannte, fliegt noch lange nicht brennend in die Unendlichkeit. Ebenso muss ich ständig hinzufügen, dass all das immer nur eine Beschreibung von etwas Unbeschreiblichem ist.

Die Ganzheit meines Selbst ist also bereits vollkommen. Genauso wie die Quelle der Kraft, da sie und unendliche viele andere die Quelle ausmachen, sozusagen ihre Aspekte sind. Es wäre also ein Hypersprung (oder Quantensprung?) für mich, die Ganzheit meines Selbst wahrzunehmen. Und tödlich, weil dieser Körper nicht dafür geschaffen ist. Er kann annähernd erfassen, was möglich wäre, aber gewiss ist er sich niemals. Wunder geschehen nun mal leise und im Verborgenen. Und nichts geht jemals verloren. Hat Kim auch gesagt.

Sagt ebenso der alte Mann und der kleine Michel pflichtet ihm bei, als sie wieder einmal eine Rast einlegen, diesmal am Rande eines Kraters und in einen dunklen Abgrund blicken.


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Das dunkle, verregnete Dorf mit den engen Gassen. Zuerst aber ein Bild voll Einsamkeit, Trostlosigkeit, trotz der Vogelwesen. Das Werden birgt keine Schönheit. Evolution ist Unvollkommenheit. Vielleicht kommt Licht in das Dorf und die Menschenwesen verlassen ihre Bauten, um sie zu verschönern, zu schmücken, um Blumen und Bäume zu pflanzen und vielleicht lassen sie auch einmal Tiere in ihre Nähe. Vielleicht.

Die Mondlandschaft mit ihren tiefen Kratern. Öd und scheinbar leer. Daran wird sich wohl nichts ändern, denn Pama ist eine Minimalistin.

Der alte Mann und der kleine Michel sitzen noch immer an Rand eines Kraters und blicken ergriffen in die Tiefe. Dort unten werden Welten gemacht. Von Wesen, die man besser nicht sehen sollte. Mir fallen dazu nur die Orks (aus der Feder des genialen J.R.R. Tolkien) ein. Sie sind an Hässlichkeit nicht zu überbieten. Manchmal fliegt ein Feuerfunke aus dem Krater und erhellt die Mondlandschaft ein wenig. Der alte Mann und der kleine Michel haben keine Angst, dass eines dieser schrecklichen Wesen nach oben kommen kann. Sie sind viel zu tief im Inneren. Man kann sie kaum hören, wie sie Dinge schmieden, die man auch besser nicht zu Gesicht bekommt. Irrsinnige Qualen, Krankheiten, Morde, Angst, Hass, Tod und vieles mehr wird da unten gebraut, um die Lebewesen erneut zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Sie bauen Welten, die es schon längst nicht mehr gibt, Welten, deren schrecklichste Evolutionsstufen längst vorbei sind. Und doch dürfen sie nie in Vergessenheit geraten, um nicht erneut in ihre Fallen zu tappen.

Manchmal sind Erinnerungen wichtig, um aufzuzeigen, wie grausam Menschen sein können. Gib ihnen Macht und sie lassen ihre Masken fallen. Es war und ist noch immer. Heute. Jetzt. Wie viele Menschen werden noch immer unterdrückt, gefoltert und getötet, nur weil einer oder mehrere Macht über sie haben. Zu den irrsinnigen Qualen, Krankheiten, Morde, Angst, Hass und Tod muss auch die Macht hinzugefügt werden. Natürlich noch vieles andere.

Will Gott das? - fragen sich so viele. Warum lässt Gott das zu? - fragen sich noch mehr. Gott lässt es nicht zu. Gott ist vollkommen. Gott, die Quelle der Kraft, war, ist und wird immer vollkommen sein. Es liegt an uns zu entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen. Den langen, um die gesamte Evolutionsspanne zu erleben, oder den kurzen, direkten Weg zur Quelle, in der wir ja bereits sind. Das ist die Freiheit, die uns gegeben wird und die wir dämlicherweise immer wieder annehmen.

Es sagt sich alles so leicht, aber wenn man sich gerade den Ellenbogen schmerzhaft an einem Eck gestoßen hat, fällt einem ein Fluch leichter als ein heiliges Gebet oder ein Mantra. Und woher soll ich wissen, dass es überhaupt zwei und wahrscheinlich mehrere Wege gibt, die in den so genannten Himmel führen? Es ist nicht das Ziel (das wir ohnehin nicht wirklich kennen) ,es ist der Weg. Der Weg sollte voller Freude sein.

Meiner Ansicht nach, wie ich schon mehrmals erwähnt habe, benehmen sich die Menschen wie Verrückte. Rackern sich ab, hamstern, wo es nur geht und das mit dem leisen Hintergedanken, dass eh alles umsonst ist, weil eh alle mal ins Gras beißen und nicht einmal wissen, wann sie ins Gras beißen. Wäre es nicht intelligenter (man preist doch so sehr die menschliche Intelligenz), das Leben zu genießen, die Natur zu erhalten und nett zueinander sein? Selbst wenn dieses Leben nur kurz sein soll, ist es doch erstrebenswerter einen Tag voller Freude zu erleben, anstatt 80 Jahre im Dunkeln zu verbringen.

Der alte Mann und der kleine Michel blicken noch immer hinab in sie schwarze Tiefe und beginnen die Feuerfunken zu zählen, die nach oben kommen, noch kurz aufleuchten und schließlich verglühen.

Man soll ja nichts damit entzünden, sonst kommen sie wieder, die apokalyptischen Reiter auf ihren Feuerrossen.

Hast du sie je gesehen, alter Mann?

Einmal, als ich noch ganz jung war, als ich die hinteren und unteren Punkte des Energiebandes zum leuchten brachte. Da kamen sie und machten alles nieder. Kleine Kinder, Babys flogen zerstückelt durch die Luft und die Mütter schrien, was ihnen nichts half. Die Männer starben zuerst. Die Mütter nahmen sie mit, um sie zu Tode zu vergewaltigen.

Hör auf, alter Mann. So etwas darf nie wieder geschehen.

Schau nach unten. Dort wird wieder geschmiedet. Es liegt an den Welten, die noch immer erschaffen werden sollten. Aber vielleicht haben wir Glück, wenn wir weiter gehen und kommen in einen Garten, der sehr an das Paradies erinnert. Wenn, dann haben wir eine Chance.

Eine Chance wozu?

Zur Vollkommenheit, kleiner Michel. Zur Vollkommenheit.


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