Hallo Crowley
Bevor ich begann das Buch "
Runden und Rassen" von Gertrude W. van Pelt zu lesen, recherchierte ich ein wenig im Internet. Dabei stieß ich auf eine Seite von
pewid.ch, die sich mit der rassistischen Seite der Theosophie beschäftigt. Das soll zwar noch keine Aussage über das Buch von Gertrude van Pelt sein, aber ich fand die Information über die verschiedenen Ausrichtungen der Theosophie doch sehr interessant, weil es erstens aufzeigt, dass die Theosophie durchaus nicht so unschuldig ist, wie du sie versuchst darzustellen. Zweitens finde ich die Information auch deshalb interessant, weil sie die Verbindung zwischen der Theosophie und der Anthropologie aufzeigt, also zu den Anthropologen, die du als so harmlos hingestellt hast. In diesem Zusammenhang tritt übrigens auch das Thema "Tibet" wieder auf den Plan, bei dem wir beide bereits etliche kontroverse Diskussionen ausgetragen haben.
Nun aber zunächst einmal zum Text:
Zunächst war die Theosophie nicht rassistisch. Sie entwickelte sich aber um die Jahrhundertwende in zwei grundsätzlich verschiedene Richtungen: die esoterische, mutmaßlich pazifistisch eingestellte "Anthroposophie" Rudolf Steiners und die exoterische, rassistisch-imperialistische "Ariosophie", die zunächst in Frankreich, dann aber vor allem in Österreich-Ungarn und Deutschland keimte. Hier entstanden zahlreiche Sekten mit völkischer, pangermanischer und antisemitischer Tendenz. Sie bereicherten die religiöse Dimension des Nationalsozialismus und lieferten ihm eine Kosmologie und eine eigene Rechtfertigung für seine Rassenlehre."
Neben der rassenbiologischen "Begründung" des Antisemitismus führte die Mystifizierung der angeblichen "Herrenrasse" dazu, daß die Judenvernichtung von der deutschen Bevölkerung als glaubensgegeben hingenommen oder gar gefordert wurde. Durch die Erhebung des Nationalsozialismus in den Stand einer Religion mit Hitler als Heilsbringer erhielt der Holocaust den Anstrich einer inquisitorischen Maßnahme, die folglich gottgehorchend und somit ein probates Mittel für den Erhalt der deutschen Nation sein mußte. Im nationalsozialistischen Alltag nach der Machtergreifung war der okkulte Unterbau des Systems allerdings kaum noch sichtbar, da Hitler erkannt hatte, daß die Bevölkerung nicht mit sektiererischem Geheimwissen und magischen Formeln für den von ihm geplanten imperialistischen, antijüdischen Kreuzzug mobilisiert werden konnte.
Statt dessen einte er die "Volksmassen" unter dem scheinbar bedeutungsvollen Symbol des Hakenkreuzes. Er vereinfachte damit den Hintergrund der Bewegung und faßte dessen Mystik plakativ zusammen. Das Hakenkreuz wurde zum alles überragenden Symbol seiner völkischen Ersatzreligion. Nur ariosophischen Schwärmern wie Himmler, Heß oder Haushofer blieb es - mit Einschränkungen - gestattet, ihren obskuren Fantasien nachzugehen. Himmler etwa unterstand das "Amt für Ahnenerbe", eine parawissenschaftliche Gruppe "verkrachter Existenzen", die 1938/39 eine Expedition nach Tibet unternahm und dort den Ursprung der arischen Rasse aufspüren wollte, die aber ebenso beteiligt war an den "rassebiologischen" Menschenversuchen in den Konzentrationslagern.
Nun aber zu dem Buch Runden und Rassen. Ich hätte eigentlich erwartet, das man einen Hinweis erhält, dass es bereits von Helena Petrovna Blavatsky ein Buch mit dem gleichen Titel gibt: "Runden und Rassen. Die Urgeschichte der Menschheit : Nach der Geheimlehre von Helena Petrovna Blavatsky". Aber darauf könnte man später etwas intensiver eingehen. Beim ersten Überfliegen des Buches "Runden und Rassen" von Gertrude W. van Pelt ist mir allerdings aufgefallen, dass die Autorin offensichtlich eine vollkommen unkritische Haltung gegenüber H. Blavatsky einnimmt, was ihr Buch nicht gerade überzeugender macht. Aber das ist nur mein erster Eindruck. Darum möchte ich noch kein endgültiges Urteil abgeben. Dazu ist es noch zu früh.
Aber zuvor noch ein Hinweis auf Helena Blavatsky (HB) und rassistischen Tendenzen von Ideologen besonders im deutschsprachigen Raum, die sich auf Helena Blavatsky, der Begründerin der Theosophie, berufen, den ich bei
wikipedia.org fand, der die Umstrittenheit von HB aufzeigt. Und dann stellt man sich schon die Frage, wie es kommt, dass sich diese Herrschaften auf HB berufen. Mir scheint der Grund für die Sympathy für HB, ist in der Rassenlehre HB zu finden. Man müßte also einmal genauer ansehen, wie diese Rassenlehre ausgesehen hat.
Blavatskys Werk wurde bis heute in unterschiedlichster, nicht immer angemessenen Weise rezipiert. Die Fehlinterpretationen fanden vor allem im deutschen Sprachraum statt: Guido von List und seine Lehre der Ariosophie, dessen Schüler, der antisemitische Rassenideologe Jörg Lanz von Liebenfels und der österreichische Neofaschist Wilhelm Landig beriefen sich ausdrücklich auf Blavatsky.
In jeweils anderen gedanklichen Kontexten umgedeutete Bruchstücke ihrer Gedankenwelt tauchen auch in Heinrich Himmlers Forschungsgemeinschaft Ahnenerbe auf. Wörter wie Arier - ein nicht von den Theosophen geprägter Begriff - wurden dazu aus ihrem Zusammenhang gerissen und in rassenverhetzende Theorien eingearbeitet. Begriffe wie Wurzelrasse sind allerdings Nicht-Theosophen in ihrer Glaubwürdigkeit nur schwer zu vermitteln und stehen im Widerspruch zu den heutigen Erkenntnissen der Natur- und Sprachwissenschaft.
Ihre okkulte Wissenschaft benutzen bis zum heutigen Tag Apologeten einer nationalsozialistischen Rassenideologie als Rechtfertigungsgrundlage - obwohl Blavatsky in ihrer Geheimlehre rassenverhetzendes Gedankengut ausdrücklich als Anmaßung bezeichnete und die von ihr gegründete Theosophische Gesellschaft als das erste von drei Hauptzielen eine Bruderschaft unter den Menschen, ohne Unterscheidung von Rasse, Farbe, Religion oder sozialer Stellung angibt.
Andererseits kategorisiert Blavatsky in ihrer Rassenlehre ausdrücklich die Menschheit in höhere intellektuelle Rassen und niedere Rassen wie die Australneger. Dieser problematische Aspekt wird von den meisten Anhängern ihrer Lehre konsequent ausgeblendet.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert war Madame Blavatzky weltberühmt, eine der schillerndsten Figuren des europäischen und US-amerikanischen Geisteslebens und nicht ohne Einfluss auf viele von den christlichen Religionen nicht länger überzeugten Sinnsucher ihrer Zeit. Auch war sie eine der ersten, die das Augenmerk Europas auf asiatische Philosophien lenkte und "salonfähig" machte. Auf viele Zeitgenossen übte sie eine charismatische Wirkung aus. Der irische Dichter George Bernard Shaw, dessen Freundin Annie Besant seit Mitte der 1880er Jahre unter Blavatzkys Einfluss geraten war, nannte sie allerdings eine der vollendetsten Hochstaplerinnen der Menschheitsgeschichte. Sein ebenso berühmter Kollege William Butler Yeats hingegen schätzte sie sehr.
Alles Liebe. Gerrit