Also für mich haben Religiosität und Selbstreflexion überhaupt nichts miteinander zu tun, ganz im Gegenteil, sie widersprechen sich. Religiosität hat ihre Quelle in Angst vor der Umwelt, vor Ereignissen die nicht beeinflussbar und nicht erklärbar sind. Dazu gehört natürlich auch - wenn auch nicht federführend - der Tod ... denn der Tod war für Naturvölker immer etwas natürliches, und wurde erst durch die Vermischung zwischen Religion und Herrschertum (altes Ägypten, Pharao = Gottkönig; Mittelalter, Verquickung zwischen weltlicher Führung und Religion) pervertiert. Religion richtet sich also nach Aussen und ist angstbasiert.
Währenddessen Selbstreflexion sich rein um die eigene Person dreht, sich selbst zu hinterfragen und zu verändern. Selbstreflexion ist daher eine Funktion des Lebens, in seiner eigenen Persönlichkeit zu wachsen und sich zu erweitern. Sie erfordert Mut, um auch heikle Themen anzugehen ... und hat mit dem Tod nicht mehr zu tun, als mit jedem anderen Thema, wo man sich selber reflektieren kann.
Dazwischen gibt es eine gewisse Grauzone, da historisch Religionen auch einen gewissen philosophischen Anteil haben (Nachdenken über die Weltsicht). Je nach Religion ist dieser geringer (Christentum) oder höher (Buddhismus).
Religion und Tod haben für mich keinen direkten Zusammenhang. Je mehr ich an irdischen Gütern habe, je weniger ich meine Lebensziele nicht erreichen kann, desto schwerer werde ich mir mit dem Tod tun. Hier bietet die spirituell-religiöse Linie natürlich teilweise philosophische Wege an. Real ist aber, dass wir erst nach dem Tod wissen werden, welches dieser Modelle zum Tragen kommt.
Und hier kommt natürlich die Intelligenz ins Spiel. Sofern man Intelligenz nicht mit Ego verwechselt, ermöglicht die Intelligenz (sprich: Bildung) eine neutralere Sicht auf die Religion und den Tod. Ich würde es aber nicht als Abhängigkeit von Intelligenz sehen, ob Ego vorhanden ist, oder ob man durch Werte an das Erdenleben gebunden ist, und dadurch Angst vor dem Tod entwickelt.