Der Konflikt der evangelischen Stände mit ihrem katholischen Landesherren, Kaiser Matthias, sowie dem von ihm 1617 durchgesetzten böhmischen König Ferdinand von Steiermark (1619 als Nachfolger Matthias' auch Kaiser) hatte sich immer mehr zugespitzt. Vordergründig ging es um die Verletzung der von Kaiser Rudolf II. im Majestätsbrief von 1609 zugestandenen Religionsfreiheit. Gleichzeitig stritten die Stände mit Matthias aber auch um die politische Macht in Böhmen (→ Böhmischer Ständeaufstand).
Knapp 200 Vertreter der protestantischen Stände unter der Führung von Heinrich Matthias von Thurn zogen am 23. Mai 1618 auf die Prager Burg und warfen nach einer improvisierten Gerichtsverhandlung die in der Hofkanzlei anwesenden kaiserlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata aus einem Fenster aus 17 Metern Höhe. Anschließend warfen sie noch den Schreiber Philip Fabricius hinterher.
Alle drei überlebten, weil sie so die Legende auf einen Misthaufen fielen, der sich unter dem Fenster angesammelt hatte. Der Misthaufen ist aber eine Erfindung späterer Zeiten. In den Erinnerungen der Beteiligten findet sich keine Erwähnung eines Mist- oder eines anderen den Sturz dämpfenden Haufens. Martinitz über den Sturz Slavatas:
Sie haben erst die Finger seiner Hand, mit der er sich festgehalten hat, bis aufs Blut zerschlagen und ihn durch das Fenster ohne Hut, im schwarzen samtenen Mantel hinab geworfen. Er ist auf die Erde gefallen, hat sich noch 8 Ellen tiefer als Martinitz in den Graben gewälzt und sich sehr mit dem Kopf in seinen schweren Mantel verwickelt.[1]
Slavata über seinen eigenen Sturz, von sich selbst in der dritten Person sprechend:
Graf Slavata hat sich an dem steinernen Gesims des untersten Fensters angestoßen und ist auf der Erde mit dem Kopf noch auf einen Stein gefallen.[1]
Der Fall Slavatas endete also unsanft, wenn auch durch ein Fenstersims etwas gebremst. Martinitz schreibt über den Fall des Sekretärs:
Haben letztlich noch den Herrn M. Phillip Fabricius, röm. kais. Rat und Kgr. Böhmens Sekretarius [...], in den Graben geworfen.[1]
Ursache des glimpflichen Ausganges dürfte die damalige Mode und das kühle Wetter gewesen sein. Alle Beteiligten trugen weite schwere Mäntel, die den Fall stark dämpften.[2] Hinzu kommt, dass die Fenster, aus denen die drei geworfen wurden, sehr klein waren und sie somit nicht mit Schwung nach draußen befördert werden konnten. Außerdem haben sich alle drei gewehrt und Martinitz hielt sich noch am Sims fest, als er bereits draußen hing. Zudem ist die Wand unterhalb des Fensters nicht gerade, sondern nach außen angeschrägt, so dass die drei wohl eher rutschten als fielen.[3]
Die böhmischen Ständevertreter waren verblüfft darüber, dass die drei den Sturz relativ unbeschadet überstanden hatten und schickten ihnen hastig einige Schüsse hinterher, die aber allesamt ihr Ziel verfehlten.
Unterschlupf und Schutz fanden die Statthalter anschließend bei der strengen Katholikin und Adeligen Polyxena von Lobkowicz. Der Schreiber Fabricius wurde später geadelt und erhielt den Namenszusatz von Hohenfall.
Dieses Defenestrieren war eine härtere Version des Werfens eines Fehdehandschuhs, eine Kriegserklärung an den Kaiser. Der Fenstersturz markierte den Beginn des Aufstands der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger und gilt als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648).