Ich bin in einer Kultur aufgewachsen, in der der Angreifer immer der Böse ist und das Opfer völlig unschuldig.
Alle Menschen in meiner Umgebung empfinden folgendes als richtig :
der Attentäter muß verurteilt werden und dem Opfer gehört unser Mitleid unsere Unterstüzung.
Kommt ein Mensch wirklich total zufällig in solch eine Opferrolle ?
Liegt es nicht einfach nur an der Schwäche des Betroffenen?
An seiner unterentwickelten Durchsetzungskraft?
An seiner Unfähigkeit sich einer dominanten Persönlichkeit zu wiedersetzen?
Der Masochist benötigt den Sadisten und umgekehrt, wie dieser es ihm ermöglicht, sich in seiner Unart auszuleben.
Auch jede Erpressung benötigt zwei Beteiligte, den Erpresser und den, der sich erpressen läßt. Beide sind an ihrem Zustandekommen beteiligt und beide tragen die gleiche Schuld daran ( auch wenn die meisten Menschen dies nicht wahrhaben wollen ).
Beide haben nicht Maß gehalten:
der Erpresser in seiner verlangenden und der Erpresste in seiner gebenden Natur.
Keiner ist besser und keiner hat das Recht den anderen zu beschuldigen, solange er nicht selbst das Seine tut.
Auch ich habe mich schon erpressen und ausnützen lassen.
Ich sah mich selbst als ein beklagenswertes, aber moralisch höherstehendes Opfer - aber das war (ist) nicht die Wahrheit !
Meine Schwäche kam von meiner Angst vor Strafe. Ich habe schon in meiner Kindheit erfahren, daß mir meine Eltern die Zuwendung entzogen haben, wenn ich nicht "brav" war, sondern eigenständig handelte.
Inzwischen habe ich erkannt, daß jeder von uns die Aufgabe hat, sein Leben zu leben, seine persönlichen Anlagen zu entfalten und sich zu verwirklichen.
Jedes Opfer, daß aus Schwäche gebracht wird, das nicht aus Überzeugung und dem inneren Gesetz entstanden ist und damit gar kein Opfer ist, ist nicht nur wertlos, sondern sogar schädlich.
Es verdirbt mit seiner inneren Unwahrheit den Gebenden, wie den Nehmenden.
Starke Menschen können sich schützen, sie lassen sich weder erpressen noch ausbeuten. Sie geben und helfen völlig freiwillig!
Euch allen wünsche ich diese Stärke.