Wunderschön beschrieben. Eine Frage dazu, obwohl vom eigentlichen Thema "Energiearbeit" abweichend.. doch auf welche Art und Weise kann ein Lehrer etwas bewirken, um Schüler aus diesem Anfangsstadium in die nächste Stufe zu bringen? Wenn sich beispielsweise Anfänger an schwierigen Positionen versuchen oder Schüler die nicht auf ihre eigene Ausrichtung achten und Positionen einzunehmen versuchen, welche sie vielleicht aus Zeitschriften kennen? Lieber Paschimottanasana mit Rundrücken nur um Füße greifen können.. Inwiefern kann ein guter Lehrer etwas dazu beitragen, um dieses Umdenken herbeizuführen, oder in welcher Form?
Antwort auf verschiedenen Ebenen:
Generell kann ein Yogalehrer z.B. die Stunde damit beginnen, dass er die Teilnehmenden auffordert, sich mit ihrer Yogahaltung zu verbinden, also eine liebevolle, verantwortungsvolle Haltung einzunehmen, so dass sie selbst klar wahrnehmen können, welche Positionen und Intensität zu ihnen heute, jetzt, zu ihnen passt.
In der Stunde kann er dann in den Stellungen immer wieder dazu auffordern, alle "Bilder" der Stellung loszulassen, sich nicht "in Bilder und Vorstellungen zu stecken", wie man das vielleicht oft im Funktionsmodus (Autopilot) am Tage unternimmt, sondern "wahrzunehmen", wie die STellung heute genau richtig ist, denn DAS ist Yoga: den eigenen inneren Raum zu spüren, wahrzunehmen, und nicht den Körper in Bilder zu pressen.
Er kann die Teilnehmer auch immer wieder in den Stellungen dazu auffordern, die Atmung fließen zu spüren - wenn die Teilnehmer sich in Stellungen pressen, dann fließt der Atem in der Regel nicht tief und ruhig.
Das wären alles erst einmal allgemeine und konrete Einstellungen.
Was nun beispielsweise Paschimottanasana angeht, so unterrichte ich in den ersten beiden Leveln niemals Paschimottanasana (im Sitzen), sondern ich beginne mit Vorwärtsbeugen im Stehen.
Das hat mehrere Vorteile und wird daher in klassischen Hatha-Yoga-Richtungen wie Ashtanga-Yoga oder Iyengar-Yoga mit Anfängern praktiziert.
Wenn ich im Stehen eine Vorwärtsbeuge ausrichte, dann kann ich wesentlich leichter mit dem Oberkörper und dem Unterkörper im Laufe der Stellung durch entspanntes Atmen einen 90 Grad Winkel (oder weniger) erreichen, da die Schwerkraft mitfhilft. Wenn Personen sitzen, dann müssen sich sich alleine aufgrund von körperlicher Anstrengung irgendwie noch vorne ziehen, arbeiten, etc. wenn sie noch nicht an die 90 Grad herankommen. Mann kann sich dann auch ein Kissen oder Platten unter das Gesäß legen, aber all das geht in die Richtung einer stehenden Vorwärtsbeuge und ist doch nur halb so effektiv.
Die 90 Grad ziele ich nicht an, weil es irgendwie eine besondere Leistung wäre, sondern einfach deshalb, da ab hier die Stellung bequem erfahren werden kann. Es ist dann auch ok, wenn der Rücken leicht rund wird, da sich dann die Lendenwirbelsäule natürlich beugen kann und nicht mehr erst nach hinten geht und mit einem "Knick" nach vorne gezerrt wird.
Hilfreich ist auch noch, nicht mit einer Vorwärtsbeuge mit geschlossenen Beinen (z.B. Pada hastasana, Uttanasana) zu beginnen, sondern mit gespreitzten Beinen: Prasarita Padottanasana.
Hier entwickelt sich auch wesentlich schneller das Gefühl, dass die Stellung wirklich erahren werden kann.
Der Yogalehrer kann also mit einfacheren Stellungen beginnen, die es den Teilnehmenden erleichtern, die Erfahrung zu machen, dass sie Stellungen als Ganze erfahren können. Das reicht als physische Anforderung aus und hier können dann die geistigen Haltungen ansetzen, denn auch diese einfacheren Stellungen können durchaus auch mit Bildern, Identifikationen verbunden werden.
Wenn der Lehrer sich an eine bestimmte Reihe klammert und den Teilnehmern die Stellungen nicht erleichtert, baut er große Hürden auf, die so nicht nötig sind. Dann kann er zwar noch an die Einstellung etc. appellieren, aber die Teilnehmenden brauchen dann viel Geduld, Achtsamkeit, innere Gelassenheit, die sie oftmals zu beginn noch nicht haben.
Wenn die innere Haltung, die Einstellung, etc. im Vordergrund stehen, dann ist auch von Anbeginn klar, dass leichtere Stellungen sinnvoll sein können, denn dann ist klar, dass es nicht darum geht, irgend etwas zu leisten.