Der erfundene Charakter könnte daher ein Spiegelbild des 7.,8. und 9.Hauses des Autors sein, der sinnbildlich im 10.Haus dann das Licht der Öffentlichkeit erblickt?
Grandios gedacht, liebe Gabi. In meinem Fall stimmt das sogar extrem, obwohl es sich um zwei völlig unterschiedliche Geschichten handelt. Ich hab mir daraufhin noch die HS anderer befreundeter Autoren angeschaut und diese These ad hoc bestätigt bekommen. Also isses wohl eher der Alte Ego des Autors und daher sein Spiegelpunkthoroskop, das die Protagonisten handeln läßt.
Im Film (auch auf der Bühne
) wird dann innerhalb des gegebenen Zeitfensters inszeniert -- da muss sich der Regisseur mit Archetypen im Rahmen der Leistungsfähigkeit seines Rohmaterials (a.k.a. Schauspieler) bemühen, 350 Seiten Roman auf z.B. 90 Seiten/Minuten Film zu reduzieren.
Hallo hi2u,
ein Drehbuch hat nicht mehr soviele Seiten. Und jedenfalls in Deutschland isses so, dass sich der Regisseur an das Buch hält. Hier kommen jedoch noch einige Noten mehr dazu, die aus dem Zusammenspiel der Crew entstehen. Das ändert jedoch alles nix am Buch. Am Anfang war schlicht und ergreifend das Wort und die Idee.
Spannender wird es im Skript / Buch, wo der Autor keine Zeitnot bei der Darstellung seiner Proponenten hat und durchaus mit Reflexionen und Rückblicken arbeiten kann, die im Film üblicherweise nur zur Verwirrung des Publikums beitragen.
Diese Filme nennt man "Autorenfilme" und die laufen bekanntlich in Programmkinos, auf 3Sat und Arte
Wenn es um reines Schreiben geht, ist die Entwicklung ein Prozess, der genauso mit einem mitgeht wie das eigene Leben. Das geht Hand in Hand und ist nicht zu trennen. Daher würde ich mal behaupten, dass allein der Autor, der Punkt in seiner Radix, an der die Story beginnt, wichtig ist. Man lebt das mit, was der P. lebt. Das ist einfach nicht zu trennen. Und in dem Fall isses egal, ob es sich um Comics, um Schmachtromane, Krimis oder die neueste literarische Avantgardeform handelt (endverfilmt oder auch nicht).
Selbst unter Zeitnot muss der Autor eintauchen in eine andere Welt und die begleitet ihn grad unter Druck wohl noch vehementer. So gehetzt und aggressiv werden dann auch die Figuren rüberkommen.
Schrott kann jeder fix hinschmieren. Personen mit einer Null-Persönlichkeit erfinden auch Personen mit einer Null-Persönlichkeit. Bücher von denen und eventuell daraus entstandene Filme gibt es zuhauf und die sind so fix vergessen, wie sie auf der Bildfläche erschienen, bzw. haben nicht den Hauch einer Chance. Nach unlaublich vielen Jahren in engem Kontakt mit diesem Business, ob gewollt oder nicht, weiß ich wirklich wovon ich rede. Und das mitnichten nur perifär.
Da das Medium Film wie kein anderes Zeit zu dehnen oder zu verdichten in der Lage ist, gleichzeitig aber ständig unter Zeitdruck steht, halte ich nach wie vor die Suche nach dem Horoskop einer Rolle anhand des Films für wenig zielführend, außer man wäre auf Archetypen-Jagd, doch dann kann man auch Zuckersackerl-Astrologie betreiben.
Öhm! Das sehe ich durchaus anders. Jedenfalls was den Punkt "Zeitdruck" angeht. Für die Entwicklung einer guten Story spielt Zeit DIE Rolle und auch wieder nicht, denn das kann sich über Jahre/Jahrzehnte dehnen. Manchmal scheitert es bei der Umsetzung zum bewegten Bild einfach daran, dass man nirgends auf dieser Welt exakt den Typ Mensch findet, der das verkörpern kann, was da erdacht wurde. Und nehmen wir mal den Fall, man findet dann doch exakt den Typen...dann ist das eigentlich sowas wie eine Zwillingsseele des erdachten Charakters. Er deckelt die fiktive Person exakt. Das gibt es. Gab es. Immer wieder. Und das sind dann auch Werke, dir wirklich herausstechen aus dem ganzen Einheitsbrei.
Aber mal ehrlich: eigentlich ist die Frage nach dem Radix einer fiktiven Person völliger Blödsinn. Nicht, weil sie blödsinnig ist - ganz im Gegenteil.
Im Erdachten vermag mancher Schreiberling vielmehr eine Persönlichkeit zu skizzieren, als ihm dies im realen Leben möglich wäre; als es überhaupt möglich wäre, dies im real life zu tun - auch im Bezug auf die eigene Persönlichkeit. Also kommt dem, was gerry schrieb schon eher Bedeutung zu (und auch gleichzeitig dem, was Gabi so richtig feststellte): es kann sich nur um eine Verdichtung bestimmter eigener Anteile handeln. Sind die dann weniger komplex? KOMPLETT müssen sie aber trotzdem sein, denn auf einem Bein kann man bekanntlich nicht (von alleine) stehen. Insofern bin ich mir nachwievor sicher: es muss eine komplette Radix geben, auch wenn die sich nicht so ohne weiteres feststellen läßt.