Auch hier weichst du wieder aus.
Denn ich wollte nicht wissen, dass du dich mit deinen Aussagen oder deinen Handlungen definierst. Ich wollte wissen, WER es ist, der sich mit seinen Aussagen und Handlungen definiert. Erkennst du hier den Unterschied in der Fragestellung? Den hast du bist jetzt nicht erkannt, deswegen erzählst du mir alles, von dem du denkst, dass du es bist. Ich werde dir aufzeigen, dass nichts von dem, was du denkst zu sein, du bist. Versuche es bitte zu verstehen.
Anstelle einer Handlung nehme ich das Beispiel einer Überzeugung, nämlich der "Ich bin fröhlich".
Um zu dieser Überzeugung zu gelangen, bedarf es Folgendem:
1. Einem ICH, das zu einer solchen Überzeugung gelangt.
2. Einer Anschauung fröhlich zu sein.
3. Einer Instanz in deinem Inneren, die diese Verschiedenheiten von 1. und 2. bemerken kann.
Denn du bist NICHT die Anschauung fröhlich zu sein.
Denn wärst du mit der Anschauung identisch, gäbe es keinen Unterschied zwischen dir und der Anschauung, an dem du erkennen könntest, dass es dich PLUS der Anschauung gibt.
Als Erstes benötigst du das, was du eine "ich" nennst, um dich mit etwas identifizieren zu können.
Ein Ich entsteht erst dann, wenn es von etwas anderem GETRENNT ist, damit es erkennbar wird.
Hierzu ein Beispiel, was ich mit Trennung meine:
Ein Wassertropfen ist erst dann ein Wassertropfen, wenn er vom Rest des Wassers GETRENNT ist. Beides, der Tropfen und der Rest des Wassers mögen zwar aus derselben Substanz bestehen, in diesem Fall Wasser. Doch erst die TRENNUNG macht den Wassertropfen zu einem solchen und damit erkennbar.
Ähnlich ist es mit dem, was du dein Ich nennst.
Um erkennen zu können, dass es ein ICH gibt, muß du dieses ICH zunächst erschaffen. Dies ist ein durch und durch geistiger Vorgang, eine geistige Anschauung, die Überzeugung ein Ich zu haben. In dem Augenblick, in dem du diese Überzeugung erschaffst, trennt sich ein Teil deiner Aufmerksamkeit von dir ab, um diese Beobachtung machen zu können. So wie der Wassertropfen vom Rest des Wassers getrennt werden muß, um erkennbar zu sein, mußt du ein Etwas genannt Ich vom Rest deiner Aufmerksamkeit trennen, um es bemerken zu können.
Damit hast du zunächst ein Ich, aber noch nichts, mit dem sich dieses Ich identifizieren könnte. Allein hier ist bereits erkennbar, dass es KEIN Ich geben kann, welches für sich und losgelöst von allen Identifizierungsmöglichkeiten geben könnte. Es bedarf immer Beider. Ohne ein Ich gäbe es keine Anschauung "ich bin fröhlich", und ebenso wenig kann es eine lösgelöste Anschauung "fröhlich zu sein" geben, wenn es kein dazugehörendes Ich gäbe.
Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt:
Der Erschaffung einer Anschauung, von dem du denkst, dass du es bist. In diesem Fall der Anschauung fröhlich zu sein.
Denn zu dem selbst-erschaffenen Ich mußt du dir ein weiteres Etwas schaffen, was ebenfalls getrennt ist, um erkennbar zu sein. In diesem Fall die geistige Anschauung fröhlich zu sein. Sie ist nur dann erkennbar, wenn sie GETRENNT ist von allem Anderen. Wie es zu der Anschauung "fröhlich zu sein" im Gegensatz zu einer Anschauung "traurig zu sein" kommen kann, ist hier sekundär und nicht das Thema. Was ich hier schreibe gilt für alle Anschauungen.
Denn erst jetzt folgt das, was die Psychologen den Identifikationsvorgang nennen, sprich, du verbindest das selbst-erschaffene Ich mit der selbst-erschaffenen Anschauung. Ergebnis: Du sagst: "Ich bin fröhlich".
Auch diesen Identifikationsvorgang, man kann sagen das "Verschmelzen" des Ichs mit der Anschauung "fröhlich zu sein", kannst du nur dann bemerken, wenn du Aufmerksamkeit darauf richtest. Ohne Aufmerksamkeit darauf zu richten, wüßtest du weder etwas von einem Ich noch von dem, was du denkst, zu sein. Wenn du deine Aufmerksamkeit wieder abziehst, verschwindet für dich die Überzeugung "fröhlich zu sein", und du wirst dir mit deiner Aufmersamkeit eine andere Überzeugung erschaffen, vielleicht die "ich hab verstanden, was Werner hier schreibt", oder vielleicht "ich habe nicht verstanden."
Fazit:
Alles, von dem, was du denkst du sein, kannst nicht du sein!
Du bist NICHT das Ich, welches immer in den Vordergrund gerückt wird. Es wird nur deswegen in den Vordergrund gerückt, weil der ERLEBNISCHARAKTER des Ichs intensiver ist, als der BEOBACHTUNGSVORGANG ein Ich zu haben. Anders gesagt: Die Fröhlichkeit wird intensiver empfunden als das reine Bemerken der Fröhlichkeits-Anschauung. Warum das so ist, ist ein anderes Thema.
Du bist derjenige, der diese ständigen Wechsel von Anschauungen und Überzeugungen erschafft. Und zu jeder diese Anschauung gehört ein Ich. Dieser Vorgang passiert ständig, solange du Aufmerksamkeit ausübst. Deswegen hast du den Eindruck, du bist jeweils das, was du denkst zu sein.
Das was du vielleicht Seele nennst, oder wie auch immer, ist in Wirklichkeit die Fähigkeit Aufmerksamkeit auszuüben. Sie ist die höchste Fähigkeit die es geben kann. Damit erschaffst du dir die Inhalte deines Bewußtseins, sprich alle deine geistigen inneren Anschauungen, Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, Assoziationen, etc. von denen du denkst, dass du mit ihnen identisch bist. Doch um das alles bemerken zu können, ist die Aufmerksamkeit selbst von allem GETRENNT.
Du bist auch nicht dein Bewußtsein, wie viele Leute es immer bezeichnen, welche diese Vorgänge noch nicht ausreichend genug hinterfragt haben. Du bist stattdessen derjenige, der bemerkt, dass es solche Bewußtseinsinhalte gibt. Doch um das tun zu können mußt du GETRENNT sein von deinem Bewußtsein und seinen Inhalten. Bewußtsein kann verstanden werden als eine Art Aufbewahrungsbox für die Inhalte, die ich hier aufgezählt habe und für noch weitere Inhalte.
Es gibt eine unveränderliche Instanz in uns allen. Und diese Instanz ist nicht das sogenannte Ich, das lediglich seine Kleidung (Anschauungen) wechselt, damit es mal fröhlich, mal wütend, mal traurig sein kann. Diese Instanz BEMERKT all dieses Kommen und Gehen, die flüchtigen Ichs. Sie ist die UNGETRENNTE Instanz, die viele von uns Seele nennen. Doch der Begriff Seele ist mir zu schwammig. Er steht für die Gesamtheit aller psychischen Funktionen des Menschen.
Ich bin aber keine Gesamtheit.
Ich bin vielmehr derjenige, der eine Gesamtheit und alle Teile davon selbst-erschaffen hat, um sie bemerken zu können. Und damit befinde ich mich "hinter" der Gesamtheit.
So viel dazu. Ist hier jemand, der das nachvollziehen kann?