Psychopharmaka gegen Trauer

silberstern schrieb:
Was haltet ihr davon:

Ein Arzt verschreibt seiner Patientin, die vor 6 Monaten ihren Mann verloren hat, mit dem Sie die letzten 35 Jahre verbracht hat, ein starkes Antidepressivum, ein Psychopharmakum mit erheblichen Nebenwirkungen.

Ist das normal?

Hallo silberstern,
um das beantworten zu können, müsste man genauer etwas zu den Begleitumständen wissen.

Ich lese heraus - zwischen den Zeilen - dass die Betroffene trotz der Zeitspanne von einem halben Jahr mit der Situation noch immer überfordert ist.

Wir wissen nicht, wie sich ihr Problem äußert. Ist sie Suizid gefährdet? Kann sie sich aufgrund ihrer anhaltenden Trauer nicht selbst versorgen?
Wir wissen auch nicht, ob sie Spaziergänge an der Sonne macht, wie sie sich ernährt, ob sie Kontakte pflegt und kommuniziert... Wir wissen GAR NICHTS!

Da spielen so viele Sachen mit hinein, dass ich alle hier geposteten Beiträge spekulativ empfinde.

Grade in einem Eso-Forum hätte ich erwartet, dass die User wissen, dass die Seele genau so ein Körperteil ist, wie jedes andere Organ auch. Darum bin ich immer wieder bestürzt, wenn Psychopharmaka dermaßen abgelehnt werden. Wenn ein Arm gebrochen ist, wird auch ein Gips akzeptiert! Wo ist da der Unterschied?
Und Panikmache wegen Abhängigkeit durch Medikamente oder Leichtsinn im Verordnen von Ärzten halte ich auch nicht angebracht.

Einzelfall genau anschauen und dann kann man kommentieren.

LG, Romaschka
 
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*J*D* schrieb:
...Sie sollte mal schauen, ob sie nicht auch ohne Medikamente auskommt bzw. auch mit sehr leichtem Johannisbeerextrakt zurechtkommt?
:kiss4:

Meinst du Johanniskraut?
Wenn jemand eine reaktive Depression hat, hilft selbst das hochdosierte Johanniskraut aus der Apotheke nicht mehr.

Ich kann das aus eigener Erfahrung sagen.

@all:
Bei solchen Fragen - für und wider Psychopharmaka - denke ich, dass Menschen, die selbst noch nie betroffen waren, sich darüber kein Urteil bilden können. Sehe ich genauso, wie wenn Männer sich zum Schwangerschaftsabbruch wertend äußern.
 
Romaschka schrieb:
Grade in einem Eso-Forum hätte ich erwartet, dass die User wissen, dass die Seele genau so ein Körperteil ist, wie jedes andere Organ auch.

Da bin ich anderer Meinung. Ist die Seele greifbar? Kann man sie anfassen und sehen wie "jeden anderen Körperteil?"

Der Mensch ist ein geistiges Wesen, der Körper und der Verstand nur die Notwendigkeit, um auf der Erde existieren zu können.

Die Seele mit Medikamenten wieder "hinbiegen" zu wollen, so wie man mit Pillen einen Kopfschmerz "in den Griff" bekommt, kann ich so nicht annehmen.
Wenn die Seele krankt hat das tiefer liegende Ursachen, die mit keinem Medikament "repariert" werden können. Vielmehr muss man dem Geist helfen, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren.

mfg, matrix
 
Elisabetha schrieb:
Gut, wir wissen also wies optimal wäre, aber wann würdest du zu Psychopillen greiffen?

Liebe Grüsse
Elisabetha

Nie!!! Ich sage dir auch warum: die einzige Lösung für Probleme jeder Art ist Kommunikation.
Du weißt sicher aus Eigenerfahrung, wie viel besser man sich nach einem guten Gespräch fühlt, und einfach mal die ganze negative Ladung ablassen konnte. Psychopharmaka (um den politisch korrekten Ausdruck zu verwenden)verhindern, dass man zu einer Verbesserung auf der geistigen Ebene gelangt, da sie sperren. Psychopharmaka wie Beruhigungsmittel, Antidepressiva, Schlafmittel und Medikamente wie Ritalin, die ja angeblich zu einer Verbesserung des Geisteszustandes führen sollen und fröhlicher, ruhiger und ausgeglichener machen sollen, sperren den Geist ein und verhindern somit eine Verbesserung von Zuständen, die Ladung kann nicht aufgelöst werden.
Menschen, die Psychopharmaka nehmen sind arm, denn sie sitzen in ihrem Problem fest, durch Kommunikation kann keine negative Ladung mehr aufgelöst werden.

lg, matrix
 
ich möchte mich romaschka anschliessen. erstens gibt es psychische krankheiten, die körperliche ursachen haben. zweitens, habt ihr schon mal einen psychotischen menschen gesehen? schaut mal jemanden in die augen, der einen raum voller teufel sieht!
oder jemand, der aufgrund einer schweren depression GAR nichts mehr machen kann. johanniskraut hiflt nur bis zu einem gewissen grad der schwere der erkrankung.
es gibt akutsituationen, wo man medikamente geben muss, um den menschen wieder ansprechbar, therapierbar zu machen. für eine weitergehende therapie bedarf es nämlich sehr, sehr viel kraft. und wollt ihr wirklich einen menschen tagelang in seinen wahnvorstellungen gefangen halten, nur weil ihr medikamente ablehnt? wahnvorstellungen, wo er sich entsetzlich ängstigt und für sich und andere gefährlich sein könnte? kommunikation ist in solchen situationen schlicht nicht möglich.

wenn eine therapie allerdings über einen längeren zeitraum ausschliesslich aus medikamenten besteht ist das abzulehnen.
 
silberstern schrieb:
Was haltet ihr davon:

Ein Arzt verschreibt seiner Patientin, die vor 6 Monaten ihren Mann verloren hat, mit dem Sie die letzten 35 Jahre verbracht hat, ein starkes Antidepressivum, ein Psychopharmakum mit erheblichen Nebenwirkungen.

Ist das normal?
Ich würde nicht sagen, daß das Psychopharmakum in diesem Falle gegen die Trauer verschrieben wird. Trauer ist ein natürlich ablaufender Prozeß, der je nach Quelle aus den Phasen Schock, Verleugnung, Verzweiflung, Wut/Agression, dem Annehmen und dem Loslassen besteht.
Wenn nun jemand in einer dieser Phasen "feststeckt", z.B. im Schock (häufig bei langen Partnerschaften und älteren Menschen), ist die weitere Lebensentwicklung so maßgeblich blockiert, daß Hilfe vonnöten ist. Ich denke schon, daß in Einzelfällen auch Psychopharmaka dazu führen können, daß sich die Trauer wieder in den Wnadlungsprozeß verwandelt, der sie eigentlich ist. Insgesamt habe ich selber erfahren, daß das Weinen das wirklich Wesentliche beim Trauern ist. Keine der Phasen kommt wirklich ohne das Weinen aus. Also: in den Arm nehmen und weinen lassen. Das ist heute leider etwas, das nicht mehr allen Menschen in ausreichendem Maße zur Verfügung steht.

Liebe Grüße, RegNiDoen
 
matrix84 schrieb:
Da bin ich anderer Meinung. Ist die Seele greifbar? Kann man sie anfassen und sehen wie "jeden anderen Körperteil?"

Der Mensch ist ein geistiges Wesen, der Körper und der Verstand nur die Notwendigkeit, um auf der Erde existieren zu können.

Die Seele mit Medikamenten wieder "hinbiegen" zu wollen, so wie man mit Pillen einen Kopfschmerz "in den Griff" bekommt, kann ich so nicht annehmen.
Wenn die Seele krankt hat das tiefer liegende Ursachen, die mit keinem Medikament "repariert" werden können. Vielmehr muss man dem Geist helfen, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren.

mfg, matrix

Hallo matrix,
natürlich ist die Seele nicht greifbar und nicht anfassbar, aber ein Körperteil ist sie dennoch. Das sehen neuerdings selbst endlich viele Schulmediziner ein.

Warum reagierst du so negativ? "Hinbiegen" ist deine Sichtweise. Ich denke an "gesunden lassen" oder "medikamentöse Hilfe zum Gesunden".

Wenn nach einem akuten Stresserleben über einen längeren Zeitraum - der hier ja beschrieben wurde, nicht verarbeitete Trauer seit 6 Monaten - der Serotoninhaushalt durcheinander ist oder gar absolute Defizite hat, kann man diese Depots u. U. nicht mit Sonne oder Vitaminen oder Kommunikation auffüllen.
Das ist Neurologie/Psychiatrie. Kannst ja mal nachlesen in Fachliteratur.

Der Geist ist ein Chemiewerk, dem mitunter eine Zutat fehlt, damit das "Gericht" eine gesunde "Mahlzeit" wird. Die fehlende Zutat ist manchmal ein Medikament. Hilft dir vielleicht diese Metapher, besser zu verstehen, was ich meine?

Den oben blau gekennzeichneten Satz von dir verstehe ich nicht. Wenn du magst, kannst du ihn gern nochmal erklären.

Liebe Grüße, Romaschka
 
Romaschka schrieb:
Wenn nach einem akuten Stresserleben über einen längeren Zeitraum - der hier ja beschrieben wurde, nicht verarbeitete Trauer seit 6 Monaten - der Serotoninhaushalt durcheinander ist oder gar absolute Defizite hat, kann man diese Depots u. U. nicht mit Sonne oder Vitaminen oder Kommunikation auffüllen.
Das ist Neurologie/Psychiatrie. Kannst ja mal nachlesen in Fachliteratur.
Hallo,

zu glauben eine Trauer mit einer durch Antidepressiva künstlich erzeugten Fröhlichkeit verarbeiten zu können ist schon ziemlich naiv. Ganz im Gegenteil. Die Trauer wird keineswegs dadurch bearbeitet, sondern rutscht auf noch tiefere Körperebenen. Die Hersteller des Antidepressiva haben auf der Verpackung ein Symbol vergessen: Das Totenkopfsymbol.

Grüsse
Lipolyse
 
Hallo Lipolyse,
es geht nicht um künstliche Fröhlichkeit!

Es geht um Nervenberuhigung, die ermöglicht, aus krankmachenden Gedankenspiralen herauszufinden, um seinen Weg wiederzufinden.

Ich verstehe es so, wie RegNiDoen es schon schrieb - das Medikament nicht GEGEN die Trauer, sondern um ein Zurückkehren auf einen gesunden Level zu ermöglichen. Trauerarbeit findet trotzdem statt.

Schade, dass das hier einige nicht verstehen können.

LG, Romaschka

PS: JEDES Medikament, auch jedes pflanzliche Präparat, kann bei Überdosierung zum Tod führen. Da das allgemein bekannt ist, ist der Totenkopf auf der Packung überflüssig. Stell dir mal einen Totenkopf auf einem kreislaufregulierenden Mittel vor... lächerlich!
 
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Hallo silberstern,
schön, dich zu sehen!

Magst mal ein wenig Licht in die Spekulationen bringen?
 
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