Leider habe ich keine Rubrik Philosophie gefunden bei euch. Sollte ich die übersehen haben, dann verschiebt diesen Beitrag bitte in diesen Ordner.
Ich, so spricht er, heiße Krökel
und die Welt ist mir zum Ekel
alles ist mir einerlei
mit Verlaub, ich bin so frei!
(Wilhelm Busch)
Ist es das, was wir unter Philosophie verstehen? Mir geht es da eher um etwas anderes. Um Depressionen zum Beispiel. Da gibt es schon einiges, das man sich überlegen kann, wie man damit anders umgehen könnte. Nachdem ich das Folgende schon einige Male vorgelegt habe, vermute ich, daß es nicht ganz ausgeschlossen werden kann, daß der Eine oder Andere daraus einen Nutzen ziehen kann. Daher einfach einige
Beobachtungen:
Erleben
Das Wort Erleben ist ein Begriff, von dem wir alle eine Vorstellung haben. Nun stellen Sie sich doch bitte einmal vor, Sie wollten jemandem erklären, was Erleben ist. Vieleicht stellen Sie dann fest, daß die Sache Erleben etwas ganz anderes ist als der Begriff, denn jeder Erklärungsversuch, den Sie unternehmen, gründet sich logischerweise auf irgendeine Vorstellung, sie wissen aber, daß Erleben nun wirklich nichts mit irgendeiner Vorstellung zu tun hat. In diesem Falle (und auch in sehr vielen anderen Fällen) ist der Begriff etwas ganz grundsätzlich anderes, als die Sache selbst. Nehmen wir einmal an, Sie wollen in den Zustand des Erlebens kommen, und nehmen wir darüberhinaus an, sie haben die Vorstellung gewonnen, daß Ihnen dabei alle Vorstellungen im Wege sind. Was können Sie da tun ? Besonders dann, wenn Sie feststellen, daß Ihre Vorstellungen wichtig und unverzichtbar sind und Sie deshalb erkennen, daß dieselben nicht einfach vernichtet werden können ? Resignieren Sie dann, werden Sie dann depressiv ? Oder könnten Sie nicht einfach damit beginnen, ihre Vorstellungen zu erleben ?
Das Urteil
Wir alle, vor allem diejenigen von uns, die sich mit religiösen oder esoterischen Inhalten beschäftigen, sind von dem Wunsch beseelt, bessere Menschen zu werden. Jedoch muß man sich in diesem Fall davor hüten, neue, größere Probleme zu erzeugen. Denn jemand, der ein besserer Mensch werden will, ist logischerweise mit sich selbst nicht zufrieden, was bedeutet, daß er sich selbst zumindest teilweise ablehnt, so wie er ist.
Aufgrund eines Ideals hat er sich ein Urteil über sich selbst gebildet. Er hat sich selbst verurteilt.
Und man verurteilt sich selbst weiterhin und ständig. Wenn man zum Beispiel agressiv ist, verurteilt man sich dazu, ruhig zu bleiben und gleichzeitig aber auch dazu, unter seiner unterdrückten Agression zu leiden, usw, usf.
Dann kommt jemand und sagt: Lebe im Hier und Jetzt! Das bedeutet: Kämpfe nicht gegen dich selbst, sei wach, beobachte dich, stelle deine Urteile, die Probleme erzeugen, in Frage.
Aber man tut sich schwer damit. Denn man ist an eine gewisse Denkweise gewöhnt, die unbeirrt fortgesetzt wird. Die Unzufriedenheit mit den eigenen Urteilen führt nun dazu, daß wir unsere eigenen Urteile verurteilen. Man verurteilt sich allen Ernstes dafür, daß man sich ständig verurteilt! Ist das nicht absurd?
Kann man stattdessen nicht aufhören, über sich selbst zu urteilen?
Muß man sich distanzieren von sich selbst, um sich ein Urteil zu machen?
Verlassen wir doch einfach dieses absurde Spiegelkabinett. Meinen sie nicht auch, daß wir auf der Suche nach uns selbst getrost das Licht im Spiegelkabinett ausmachen dürfen?
Für mich jedenfalls ergab sich daraus folgende Konsequenz:
Beobachte ihn genau,
ihn, den Beobachter,
welcher vorgibt dein Ich zu sein!
Und wisse,
alles was seine Arme tun,
stärkt nur ihn selbst.
Vermeide weitgehend
das Urteil
auch das Urteil zu verurteilen
denn vom Urteil nährt er sich,
ohne Urteil
ist er verschwunden.
Da lebte mal ein schlauer junger Mann, der meinte: Urteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden.
(Oder richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden, was wohl auf das selbe herauskommt)
Über das Urteilsvermögen:
Die Urteilsfähigkeit ist mit Sicherheit die wichtigste und herausragendste Fähigkeit des Menschen. Sie ist die Grundlage unseres Verstandes, genau wie das Bit die Grundlage des Computers ist. Jemand, der eine Situation klar und gut beurteilen kann, wird immer im Vorteil sein. Das bleibt völlig unbestritten. Diese Fähigkeit muß auch nach bestem Wissen weiterentwickelt, und den Erfordernissen der neuen Zeit angepasst werden.
Das Beurteilen von sich selbst, genauso wie das Beurteilen von anderen Menschen, mit denen man direkt in Beziehung steht, bringt aber Probleme mit sich. Das Wälzen von Problemen dieser Art führt letztlich dazu, daß das Urteilsvermögen darunter leidet, und man gerät leicht in mehr oder weniger große Verwirrung.
Wenn man sich also in diesem Bereich des Urteils enthält, wird das Urteilsvermögen größer, so paradox das auch scheinen mag.
Ich erwähne das nur, um nicht mißverstanden zu werden.
Du bist nicht dein Verstand!
Diese Aussage ist nicht etwa als Wunschvorstellung zu sehen, oder als erstrebenswertes Ziel, sondern sie ist eine Realität, die nun verstandesmäßig begriffen werden kann, wenn ich weiß, daß mein logisches Denkvermögen in Einzelfällen unklare oder gar falsche Ergebnisse bringt. Dann bin ich nicht nur der Denkende, sondern ich bin zuerst einmal derjenige, der mit seinem logischen Denkvermögen nicht hundertprozentig einverstanden ist (wobei aber klar ist, daß eine Ablehnung meines Denkens weitere paradoxe oder falsche Wirkungen hervorbringt). Wenn ich also in der Lage bin, sozusagen von außen mein Denken zu betrachten, dann kann ich nicht hundertprozentig identisch sein mit meinem Denken. Diese Betrachtung dürfte nun Beweis genug sein, für die Feststellung: Du bist nicht dein Verstand!
Wenn man Zeit hat, kann man seine Gedanken betrachten, so wie man einen Fluß betrachtet. Aufmerksam, interessiert, jederzeit bereit, etwas Neues zu lernen, und ohne in irgendeiner Weise Einfluß zu nehmen. Ganz wichtig: Die eigenen Reaktionen auf kommende Gedanken sind auch Gedanken. Diese gilt es zu entdecken. Ist eine Reaktion erst einmal entdeckt, dann ist man in die Lage versetzt, sie zum Fluß gehörig zu betrachten, und die Reaktion ist plötzlich keine Reaktion mehr.
Es ist auch möglich, Reaktionen auf eigene Reaktionen zu entdecken. Man kann unter Umständen erkennen, in welches Labyrinth sich der menschliche Geist begeben hat, ineinander verschachtelt, wie die russischen Puppen, die man öffnet, um wieder eine Puppe darin zu finden, die man öffnet, um wieder eine...
Fährt man fort, den Fluß der Gedanken urteilslos zu betrachten, so wird man zeitweise ohne Reaktion sein können, und zwar völlig mühelos. Der Verstand wird ruhig, und das bedeutet, der Verstand erzeugt keine Probleme. Man wird in die Lage versetzt, zeitweise völlig ohne jedes Problem leben zu dürfen. (Langweilig? Ach ja: Langeweile ist das Problem, das man sich macht, wenn man kein Problem hat.)
Ganz davon abgesehen, daß man eine Reise antritt bis in die Tiefen der eigenen Psyche, welche, wie ich sehen durfte, nicht meine Psyche ist, sondern die Psyche aller Menschen.
Noch etwas: Der Skeptiker wird entgegenhalten, es handelt sich hier um einen kranken oder bewußtseinsgespaltenen Geist, der die Feststellung macht: Ich bin nicht mein Verstand! Dies ist zugleich richtig und auch falsch. Denn erstens: Ich habe noch kaum einen Menschen getroffen, der nicht zeitweilig von Angst oder Haß, von Ärger oder Depression gepeinigt wird. Die Menschen sind also fast alle nicht ganz gesund. Man ist also keineswegs abnorm, wenn man auch so ist. Und zweitens: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Heilung. Die Feststellung: Du bist nicht dein Verstand, ist heilsam, wenn man nicht den Fehler macht, seine Gedanken abzulehnen, verändern zu versuchen, oder zu unterdrücken.
Nichtaktion:
Es gibt also einen Bereich, in dem das Denken nicht richtig funktioniert. Nun könnte man fragen: Wir konnten doch bisher nichts dagegen tun, wieso sollte sich etwas ändern, wenn wir nichts dagegen zu tun versuchen?
Bisher waren wir weit davon entfernt, nichts dagegen tun. Es ist wohl eher so gewesen, daß wir nichts gegen das Dagegen Tun getan haben. Denn es hat sich gewohnheitsmäßig automatisiert.
Zum Beispiel unterdrücken wir unseren Ärger. Das ist eindeutig eine Aktion. Auch, wenn wir das für eine Nichtaktion halten.
Der Versuch, eine Nichtaktion einzuleiten, ist eine Aktion.-
Nichtaktion besteht nicht aus Disziplinlosigkeit, denn Disziplinlosigkeit besteht aus automatischen Aktionen.
Nichtaktion ist weder eine positive Aktion, noch eine negative Aktion, weder eine Über-Aktion, noch eine ausgleichende Aktion.
Nichtaktion besteht vor allem aus dem Erkennen von sinnlosen Aktionen.
Nichtaktion ist sehr radikal, aber nur sinnvoll im Bereich der Anomalie der Logik
Man mag einwenden: Aber der Mensch will doch nach Höherem streben. Es ist doch legitim, sich nicht mit Bestehendem zufriedenzugeben.
Das ist richtig.
Es soll nur davor gewarnt werden, in einer Sackgasse weiterzufahren.
Tantra und Yoga (oder vom Umgang mit der Macht)
Hinter dem Begriff Tantra verbirgt sich weit mehr als sexuelle Praktiken. Es steht vielmehr für eine ganze Philosophie. Es ist hier vor allem die Rede von Hingabe und Loslassenkönnen.
Yoga hingegen ist eine Technik zur Körperbeherrschung, welche zu Gesundheit und Wohlbefinden führen soll.
Sind diese beiden Begriffe unvereinbare Gegensätze ? Loslassen und Beherrschen ?
Weil ich meinen Körper als eine konkrete Sache betrachten kann, welche in materieller Form existiert, kann es wohl prinzipiell gelingen, durch ein Beherrschen, durch ein Machtausüben über mich selbst also, zu einer besseren Gesundheit oder größeren Fitness mich selbst zu verändern.
Ganz anders aber sieht die Sache aber aus, wenn wir versuchen, unsere Psyche zu verändern. Der Mensch lebt im Konflikt zwischen dem, was ist, und dem was sein soll. In psychischer Hinsicht führt dieser Konflikt zu Selbsthaß. Der Versuch, etwas gegen diesen Selbsthaß zu tun wird zur Selbstverleugnung. Aus dieser Selbstverleugnung ergeben sich Rachegelüste und Destruktivität. Deshalb wird im Tantra von Hingabe gesprochen.
So sind Yoga und Tantra zwei gegensätzliche Handlungsweisen, welche beide in ihrem eigenem Bereich gültig sind. Verkehrte Handlung führt natürlich zu Problemen. So führt eine Hingabe im materiellen Bereich zu Lethargie, Disziplinlosigkeit, und unangebrachter Schicksalsgläubigkeit, während Machtausübung in diesem imaginären Bereich zu Agression und Rachegelüsten ausartet.
In diesem Sinne neigt der heutige Mensch dazu, Dinge zu verbinden, die nicht verbunden sind. Und außerdem, Dinge zu trennen, die nicht getrennt sind. Wir werden dafür ein Gefühl entwickeln müssen.
Könnte an diesen Dingen ein Körnchen Wahrheit sein?
freundliche Grüße
Ich, so spricht er, heiße Krökel
und die Welt ist mir zum Ekel
alles ist mir einerlei
mit Verlaub, ich bin so frei!
(Wilhelm Busch)
Ist es das, was wir unter Philosophie verstehen? Mir geht es da eher um etwas anderes. Um Depressionen zum Beispiel. Da gibt es schon einiges, das man sich überlegen kann, wie man damit anders umgehen könnte. Nachdem ich das Folgende schon einige Male vorgelegt habe, vermute ich, daß es nicht ganz ausgeschlossen werden kann, daß der Eine oder Andere daraus einen Nutzen ziehen kann. Daher einfach einige
Beobachtungen:
Erleben
Das Wort Erleben ist ein Begriff, von dem wir alle eine Vorstellung haben. Nun stellen Sie sich doch bitte einmal vor, Sie wollten jemandem erklären, was Erleben ist. Vieleicht stellen Sie dann fest, daß die Sache Erleben etwas ganz anderes ist als der Begriff, denn jeder Erklärungsversuch, den Sie unternehmen, gründet sich logischerweise auf irgendeine Vorstellung, sie wissen aber, daß Erleben nun wirklich nichts mit irgendeiner Vorstellung zu tun hat. In diesem Falle (und auch in sehr vielen anderen Fällen) ist der Begriff etwas ganz grundsätzlich anderes, als die Sache selbst. Nehmen wir einmal an, Sie wollen in den Zustand des Erlebens kommen, und nehmen wir darüberhinaus an, sie haben die Vorstellung gewonnen, daß Ihnen dabei alle Vorstellungen im Wege sind. Was können Sie da tun ? Besonders dann, wenn Sie feststellen, daß Ihre Vorstellungen wichtig und unverzichtbar sind und Sie deshalb erkennen, daß dieselben nicht einfach vernichtet werden können ? Resignieren Sie dann, werden Sie dann depressiv ? Oder könnten Sie nicht einfach damit beginnen, ihre Vorstellungen zu erleben ?
Das Urteil
Wir alle, vor allem diejenigen von uns, die sich mit religiösen oder esoterischen Inhalten beschäftigen, sind von dem Wunsch beseelt, bessere Menschen zu werden. Jedoch muß man sich in diesem Fall davor hüten, neue, größere Probleme zu erzeugen. Denn jemand, der ein besserer Mensch werden will, ist logischerweise mit sich selbst nicht zufrieden, was bedeutet, daß er sich selbst zumindest teilweise ablehnt, so wie er ist.
Aufgrund eines Ideals hat er sich ein Urteil über sich selbst gebildet. Er hat sich selbst verurteilt.
Und man verurteilt sich selbst weiterhin und ständig. Wenn man zum Beispiel agressiv ist, verurteilt man sich dazu, ruhig zu bleiben und gleichzeitig aber auch dazu, unter seiner unterdrückten Agression zu leiden, usw, usf.
Dann kommt jemand und sagt: Lebe im Hier und Jetzt! Das bedeutet: Kämpfe nicht gegen dich selbst, sei wach, beobachte dich, stelle deine Urteile, die Probleme erzeugen, in Frage.
Aber man tut sich schwer damit. Denn man ist an eine gewisse Denkweise gewöhnt, die unbeirrt fortgesetzt wird. Die Unzufriedenheit mit den eigenen Urteilen führt nun dazu, daß wir unsere eigenen Urteile verurteilen. Man verurteilt sich allen Ernstes dafür, daß man sich ständig verurteilt! Ist das nicht absurd?
Kann man stattdessen nicht aufhören, über sich selbst zu urteilen?
Muß man sich distanzieren von sich selbst, um sich ein Urteil zu machen?
Verlassen wir doch einfach dieses absurde Spiegelkabinett. Meinen sie nicht auch, daß wir auf der Suche nach uns selbst getrost das Licht im Spiegelkabinett ausmachen dürfen?
Für mich jedenfalls ergab sich daraus folgende Konsequenz:
Beobachte ihn genau,
ihn, den Beobachter,
welcher vorgibt dein Ich zu sein!
Und wisse,
alles was seine Arme tun,
stärkt nur ihn selbst.
Vermeide weitgehend
das Urteil
auch das Urteil zu verurteilen
denn vom Urteil nährt er sich,
ohne Urteil
ist er verschwunden.
Da lebte mal ein schlauer junger Mann, der meinte: Urteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden.
(Oder richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden, was wohl auf das selbe herauskommt)
Über das Urteilsvermögen:
Die Urteilsfähigkeit ist mit Sicherheit die wichtigste und herausragendste Fähigkeit des Menschen. Sie ist die Grundlage unseres Verstandes, genau wie das Bit die Grundlage des Computers ist. Jemand, der eine Situation klar und gut beurteilen kann, wird immer im Vorteil sein. Das bleibt völlig unbestritten. Diese Fähigkeit muß auch nach bestem Wissen weiterentwickelt, und den Erfordernissen der neuen Zeit angepasst werden.
Das Beurteilen von sich selbst, genauso wie das Beurteilen von anderen Menschen, mit denen man direkt in Beziehung steht, bringt aber Probleme mit sich. Das Wälzen von Problemen dieser Art führt letztlich dazu, daß das Urteilsvermögen darunter leidet, und man gerät leicht in mehr oder weniger große Verwirrung.
Wenn man sich also in diesem Bereich des Urteils enthält, wird das Urteilsvermögen größer, so paradox das auch scheinen mag.
Ich erwähne das nur, um nicht mißverstanden zu werden.
Du bist nicht dein Verstand!
Diese Aussage ist nicht etwa als Wunschvorstellung zu sehen, oder als erstrebenswertes Ziel, sondern sie ist eine Realität, die nun verstandesmäßig begriffen werden kann, wenn ich weiß, daß mein logisches Denkvermögen in Einzelfällen unklare oder gar falsche Ergebnisse bringt. Dann bin ich nicht nur der Denkende, sondern ich bin zuerst einmal derjenige, der mit seinem logischen Denkvermögen nicht hundertprozentig einverstanden ist (wobei aber klar ist, daß eine Ablehnung meines Denkens weitere paradoxe oder falsche Wirkungen hervorbringt). Wenn ich also in der Lage bin, sozusagen von außen mein Denken zu betrachten, dann kann ich nicht hundertprozentig identisch sein mit meinem Denken. Diese Betrachtung dürfte nun Beweis genug sein, für die Feststellung: Du bist nicht dein Verstand!
Wenn man Zeit hat, kann man seine Gedanken betrachten, so wie man einen Fluß betrachtet. Aufmerksam, interessiert, jederzeit bereit, etwas Neues zu lernen, und ohne in irgendeiner Weise Einfluß zu nehmen. Ganz wichtig: Die eigenen Reaktionen auf kommende Gedanken sind auch Gedanken. Diese gilt es zu entdecken. Ist eine Reaktion erst einmal entdeckt, dann ist man in die Lage versetzt, sie zum Fluß gehörig zu betrachten, und die Reaktion ist plötzlich keine Reaktion mehr.
Es ist auch möglich, Reaktionen auf eigene Reaktionen zu entdecken. Man kann unter Umständen erkennen, in welches Labyrinth sich der menschliche Geist begeben hat, ineinander verschachtelt, wie die russischen Puppen, die man öffnet, um wieder eine Puppe darin zu finden, die man öffnet, um wieder eine...
Fährt man fort, den Fluß der Gedanken urteilslos zu betrachten, so wird man zeitweise ohne Reaktion sein können, und zwar völlig mühelos. Der Verstand wird ruhig, und das bedeutet, der Verstand erzeugt keine Probleme. Man wird in die Lage versetzt, zeitweise völlig ohne jedes Problem leben zu dürfen. (Langweilig? Ach ja: Langeweile ist das Problem, das man sich macht, wenn man kein Problem hat.)
Ganz davon abgesehen, daß man eine Reise antritt bis in die Tiefen der eigenen Psyche, welche, wie ich sehen durfte, nicht meine Psyche ist, sondern die Psyche aller Menschen.
Noch etwas: Der Skeptiker wird entgegenhalten, es handelt sich hier um einen kranken oder bewußtseinsgespaltenen Geist, der die Feststellung macht: Ich bin nicht mein Verstand! Dies ist zugleich richtig und auch falsch. Denn erstens: Ich habe noch kaum einen Menschen getroffen, der nicht zeitweilig von Angst oder Haß, von Ärger oder Depression gepeinigt wird. Die Menschen sind also fast alle nicht ganz gesund. Man ist also keineswegs abnorm, wenn man auch so ist. Und zweitens: Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Heilung. Die Feststellung: Du bist nicht dein Verstand, ist heilsam, wenn man nicht den Fehler macht, seine Gedanken abzulehnen, verändern zu versuchen, oder zu unterdrücken.
Nichtaktion:
Es gibt also einen Bereich, in dem das Denken nicht richtig funktioniert. Nun könnte man fragen: Wir konnten doch bisher nichts dagegen tun, wieso sollte sich etwas ändern, wenn wir nichts dagegen zu tun versuchen?
Bisher waren wir weit davon entfernt, nichts dagegen tun. Es ist wohl eher so gewesen, daß wir nichts gegen das Dagegen Tun getan haben. Denn es hat sich gewohnheitsmäßig automatisiert.
Zum Beispiel unterdrücken wir unseren Ärger. Das ist eindeutig eine Aktion. Auch, wenn wir das für eine Nichtaktion halten.
Der Versuch, eine Nichtaktion einzuleiten, ist eine Aktion.-
Nichtaktion besteht nicht aus Disziplinlosigkeit, denn Disziplinlosigkeit besteht aus automatischen Aktionen.
Nichtaktion ist weder eine positive Aktion, noch eine negative Aktion, weder eine Über-Aktion, noch eine ausgleichende Aktion.
Nichtaktion besteht vor allem aus dem Erkennen von sinnlosen Aktionen.
Nichtaktion ist sehr radikal, aber nur sinnvoll im Bereich der Anomalie der Logik
Man mag einwenden: Aber der Mensch will doch nach Höherem streben. Es ist doch legitim, sich nicht mit Bestehendem zufriedenzugeben.
Das ist richtig.
Es soll nur davor gewarnt werden, in einer Sackgasse weiterzufahren.
Tantra und Yoga (oder vom Umgang mit der Macht)
Hinter dem Begriff Tantra verbirgt sich weit mehr als sexuelle Praktiken. Es steht vielmehr für eine ganze Philosophie. Es ist hier vor allem die Rede von Hingabe und Loslassenkönnen.
Yoga hingegen ist eine Technik zur Körperbeherrschung, welche zu Gesundheit und Wohlbefinden führen soll.
Sind diese beiden Begriffe unvereinbare Gegensätze ? Loslassen und Beherrschen ?
Weil ich meinen Körper als eine konkrete Sache betrachten kann, welche in materieller Form existiert, kann es wohl prinzipiell gelingen, durch ein Beherrschen, durch ein Machtausüben über mich selbst also, zu einer besseren Gesundheit oder größeren Fitness mich selbst zu verändern.
Ganz anders aber sieht die Sache aber aus, wenn wir versuchen, unsere Psyche zu verändern. Der Mensch lebt im Konflikt zwischen dem, was ist, und dem was sein soll. In psychischer Hinsicht führt dieser Konflikt zu Selbsthaß. Der Versuch, etwas gegen diesen Selbsthaß zu tun wird zur Selbstverleugnung. Aus dieser Selbstverleugnung ergeben sich Rachegelüste und Destruktivität. Deshalb wird im Tantra von Hingabe gesprochen.
So sind Yoga und Tantra zwei gegensätzliche Handlungsweisen, welche beide in ihrem eigenem Bereich gültig sind. Verkehrte Handlung führt natürlich zu Problemen. So führt eine Hingabe im materiellen Bereich zu Lethargie, Disziplinlosigkeit, und unangebrachter Schicksalsgläubigkeit, während Machtausübung in diesem imaginären Bereich zu Agression und Rachegelüsten ausartet.
In diesem Sinne neigt der heutige Mensch dazu, Dinge zu verbinden, die nicht verbunden sind. Und außerdem, Dinge zu trennen, die nicht getrennt sind. Wir werden dafür ein Gefühl entwickeln müssen.
Könnte an diesen Dingen ein Körnchen Wahrheit sein?
freundliche Grüße