Ich als Verfechterin von der Körper/Geist/Seele Theorie gehören zusammen, komm nicht umhin, auch weiterhin überzeugt zu sein, dass man Krankheiten doch selbst kreiert ... Selbst wenn dem so ist, heißt das ja nicht, dass der "Sieg" über die Krankheit das Ziel sein muss ... Auch im "daran zerbrechen" macht die Seele vllt wohl ihre Erfahrung, evtl sogar ihre gewollte Erfahrung.
Ich bin kein Anhänger der Reinkarnationslehre, von daher glaube ich auch nicht an eine Lebensabsicht, die von einer Einzelseele vor der Zeugung getroffen wurde. Man sagt auch mancherorten, die Erfahrung der menschlichen Natur sei die Erfahrung der Leerheit. Diese Fähigkeit, Leerheit zu erfahren ist für mich eine Fähigkeit der Seele, die ich auch nach dem Leben erwarte. (Aber das nur nebenbei.)
Ansonsten denk ich, daß es zum Umgang mit einer chronischen Erkrankung hinzugehört, sich an die Erkrankung zu adaptieren. Das heißt auch, daß man sich neu erfahren muß. Zum Beispiel kann es sein, daß ich bis zum Ausbruch bzw. zum Bewusstwerden der Krankheit von mir denke, daß ich derjenige sei, der das und das schaffe und so und so denke und fühle. Im Auseinandersetzen mit der Erkrankung erkenne ich dann aber vielleicht, daß ich gar nicht mehr derjenige bin, der das schaffen könnte und daß ich auch im Grunde gar nicht mehr so denke und fühle. Sondern daß ich mich verändert habe durch die Erkrankung. (Man kann es einen "Weg zu sich selbst" nennen, aber ich glaube das wäre überbewertet. Einen genauso grossen Teil, wie man die Gesundheit verliert, verliert man sich auch. Und so, wie man die Krankheit gewinnt, gewinnt man Neues in sich selbst hinzu.)
Bezüglich der Ziele, die man im Umgang mit einer chronischen Erkrankung haben kann, wird man ebenfalls eine Änderung in sich erfahren. Zu Beginn will man wieder so werden, wie man war: gesund, mit all den positiven Möglichkeiten, die das bringt. Man hatte es zwar nicht wahrgenommen, daß Gesundheit die Voraussetzung für sehr viel im Leben ist, aber das Kranksein bringt diese Erfahrung ja mit sich. Und natürlich will man das wiederhaben.
Ich glaube etwas später realisiert man dann aber, daß es nicht so leicht ist. Behandlungen schlagen nicht an bzw. gibt es keine Therapie, die es "wegmacht". Man muß sich also entscheiden, die Krankheit zu durchleben und ist in dieser Phase darauf bedacht, die Symptome zu kurieren, um die Krankheit möglichst wenig zu bemerken. Man nimmt also die Erkrankung grundsätzlich an, aber ihre Symptome noch nicht. Das Problem ist oft: die Symptome können nicht dauerhaft kuriert werden und erscheinen neu, in anderer, manchmal sogar heftigerer Form.
In der dritten Phase arrangiert man sich dann. Man läßt die Vorstellung vom eigenen Lebensweg fahren. Man dachte, man wäre dieser und jener, könnte dies und das schaffen im Leben und das sei so das einzig "richtige" für einen. Was man dachte stellt sich aber als falsch heraus: man ist derjenige, der diese Krankheit hat und man wird lebenslang diese Symptome an sich beobachten können und sie werden die Lebensqualität verändern und einschränken. Das Leben wird ggf. verkürzt verlaufen durch die Erkrankung. Es muß eine neue Berufswahl getroffen werden, die ein Tätigsein trotz der Krankheit ermöglicht. Verantwortungen, die man hatte, müssen neu geregelt werden, denn sie überfordern einen. Erwartungen, die Eltern, Partner, Kinder, Freunde an einen gestellt hatten, wird man vielleicht nicht erfüllen können. Wünsche und Bedürfnisse, die andere an einen stellen, kann man ggf. nicht berücksichtigen und muß vor allem stets an sich selber denken und an die eigene Gesundheit.
All das muß man akzeptieren. Das kann Jahre dauern. Es mag sein, daß die Symptome durch diese Akzeptanz dann blander werden.
Tja, und danach ist man einen Weg gegangen. Ob es ein Weg zu sich selbst ist, das kann ich nicht beantworten. Ich glaube es aber nicht. Ich glaube Krankheit ist einfach
ein Weg, den das Leben einschlägt ohne das eigene absichtliche Zutun. Und damit muß man sich erst mal anfreunden, denn einen Teil der eigenen Selbstbestimmung abzugeben und sie der Krankheit zu überlassen, ist nicht leicht.
lg
P.s.: Schön, daß Du wieder da bist.