naglegt
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Einst stand eine Vase im Garten. In ihr stand eine Blume, ein wundervolles Geschöpf, frei von geläufiger Ästhetik, sie hatte einen Flügel, ganz wie aus Eis, doch bunt und leicht, sonst wäre es ja kein Flügel.
Diese Vase, in der die Blume stand, die einen Flügel hatte, diese Vase stand auf einem tisch. Der Tisch hatte keine Beine und stand auf dem Boden. Im Boden der Vase war ein unsichtbares Loch, durch das die Liebe in die Vase floß, reich und köstlich, sie schimmerte in allen Formen, unvorstellbare Formen vorallem, floß so in die Vase hinein, die Vase, wie ein Brunnen, floß über, über und über floß die Liebe wie Wasser aus der Vase, auf den Tisch und in den Garten, in dem die Vase stand.
Die Blume wiewohl, sie blühte, blühte und blühte auf, blühte die Vase hinunter an langen Stängeln, grün und blau und mit Blütenblättern, die sich um die Bäume des Gartens nicht kümmerten, sondern den Paradiesvögeln in Liebe dienten. Die Staubgefässe waren so groß, dass Elefanten daraus tranken und wohlgenährt ihres Weges gingen. Die Liebe strahlte wie eine Sonne dazwischen empor, floß lieblich über den Tisch hinunter und ward ein Bach, ein Fluß, ein Strom, auf dem ein Segelschiff um die Welt schipperte.
Am Wasserfall angekommen würfelten die Seeleute und hatten die ausgelassenste Freude an den unglaublichen Formen der Blüte, die in der Vase im Garten stand. Die Vase auf dem Tisch, wo die Würfel fielen und die Liebe floß unaufhörlich.
Nichts aber war so gut, so lecker, so unendlich schmackhaft, so durch und durch saftig wie die Frucht dieser Blume, als sie noch Blume war und die Seeleute, sie ergingen sich nun im Garten, sanft wie sie geworden waren, sanft wie ein Lichthauch, wie der Flügel der Blume, der eine.
Und die Vase war ja aus einem wunderlichen Stoffe gemacht, ganz durchsichtig und zugleich geschmeidig wie ein Tiger, sich füllend, überfließend, grabend, tief in die Erde sich grabend, in dunkle Höheln hinein und unter unterirdischen Flüßen hindurch, vorbei am Segelschiff, das dort vor Anker lag, sprach die Vase mit dem Kapitän, wie schön das Leben so sei und wohin die nächste Reise geht, so frei, so klar, so rein.
Die Blütenblätter, die welk am Boden des Garten lagen, waren Edelsteine geworden und funkeltem im Dunkel der Höhle um die Wette mit den matten Laken der Segel. Nein, fürwahr ein Ja!
Grün floß das Wasser aus der Tiefe in die Vase und rötlich-violett schloß sich die Blüte, die Frucht in sich bergend, verschwand in der Vase und sagte den Seeleuten Gute Nacht.