Peinlichkeiten und Scham überwinden

Jetzt hab ich noch ein paar Zeilen vergessen zu erwähnen.

Worüber ich jetzt sprach sind eben Dinge die passieren ohne das man es will, wenn allerdings bewusst die Schamgrenze überschritten wird oder werden soll, aus welchen Gründen auch immer, finde ich das weniger lustig.
Wie hier bereits erwähnt wurde, beispielsweise für Geld.
Ich denke, dass viele Menschen hier wohl an einen Punkt gelangen wo sie diese Grenze für Bares übergehen würden.

Dennoch, gibt es da Prinzipien, zumindest für mich persönlich.
Wenn ich etwas nicht machen will, weil es meine Grenzen überschreitet, dann mache ich es auch nicht.
Ich glaube da könnte man mir noch so viel Geld anbieten, ich würde es nicht tun.
Wenn ich was nicht möchte, mich dafür schäme, wenn ich es tue bzw vor etwas Angst oder Ekel habe, dann kann auch keiner verlangen dass ich das tue...aus basta :)

Also was das betrifft bin ich eisern, aber bei kleineren Mißgeschicken machts mir wenig aus.

Liebe Grüße
Hamied:liebe1:
 
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@ Katarina

Ich könnte das auch nicht, oder besser: Ich will es nicht. Bei Deinen Zeilen fällt mir ganz spontan der Spruch ein: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.

Ja, genau! Unsere Schamgrenzen sind unsere - unsichtbaren - Käfiggrenzen. Dabei ist Scham noch nicht einmal ein echtes Gefühl, sondern ein Pseudogefühl (eigentlich nämlich eine Bewertung). Also, wenn wir über diese Schamgrenzen hinausgehen, ist das ein gewaltiger Schritt in Richtung Freiheit jenseits der Gegensätze. Sehe ich zumindest so. Aber obwohl ich das so sehe, ist es mir unmöglich, das zu tun.
Tigermaus, Du fragst, warum? Das ist wie magnetisch, wie unsichtbare Schlösser. Ich war mal bei einem Berater/Therapeuten, der mich bat, mir zuvor Gedanken zu machen, was bei mir mit der größten Peinlichkeit/Scham behaftet ist. Als ich dann da war, war es schon sehr schwer, es überhaupt über die Lippen zu bekommen, ihm zu sagen, um was es sich da handelte. Und dann wollten wir daran "arbeiten", indem ich es immer wieder ausspreche (oder so ähnlich). Hast Du schon mal einen erwachsenen Menschen mit absoluter Sprachhemmung erlebt :weihna1 ? Ich habe es mit Flüstern probiert, mit Krächzen, mit Singen. Nun ja, auf jeden Fall, war das ganze sehr sehr lustig und sowohl ich als auch der Berater/Therapeut, wir haben wirklich Tränen gelacht.

Also, es ist ganz tief verzwurzelt in uns, diese Schamgrenzen und die Vor-Stellung mit der Bezahlung zur Überschreitung dieser Grenzen ist mir gekommen, weil Geld ab einer bestimmten Höhe für mich ein Symbol für absolute Freiheit ist. Du bist in meiner Vor-Stellung also absolut frei, wenn Du Deine Schamgrenzen überwindest und du kannst sofort damit anfangen. Wenn Da nur nicht diese magnetische Hemmung wäre....... (die natürlich Ausdruck von Angst ist)

Katarina :)
 
Hallo Umar,
ich habe mich JAHRELANG für alles Mögliche und Unmögliche geschämt. Es war mir so einprogrammiert.

Irgendwann hat eine liebe Frau mir dann mal gesagt, dass es doch langsam mal an der Zeit wäre, damit aufzuhören, denn sie meinte, so viel, wie ich mich schon geschämt hätte, das würde ja für drei Leben ausreichen!
Daraufhin musste ich laut lachen und es hat irgendwie KLICK gemacht bei mir.

Es fiel eine große Last von mir. Und jetzt lebe ich von diesem Punkt befreiter.

Liebe Grüße, Romaschka
 
Liebe Romaschka,

ich habe mich JAHRELANG für alles Mögliche und Unmögliche geschämt. Es war mir so einprogrammiert.
Irgendwann hat eine liebe Frau mir dann mal gesagt, dass es doch langsam mal an der Zeit wäre, damit aufzuhören, denn sie meinte, so viel, wie ich mich schon geschämt hätte, das würde ja für drei Leben ausreichen!
Daraufhin musste ich laut lachen und es hat irgendwie KLICK gemacht bei mir.
Es fiel eine große Last von mir. Und jetzt lebe ich von diesem Punkt befreiter.

Kannst du das mal anhand eines Beispiels genauer erklären? Also was hast Du z.B. vorher aus Scham/Peinlichkeit nicht gemacht, was Du jetzt machst?

Ich kenne diese zunehmende Befreiung z.B. von Dingen, die ich ohnehin immer getan und für die ich mich hinterher unendlich geschämt habe. Beispiel: wenn ich das eine bestimmte Glas Wein zuviel getrunken habe, dann werde ich immer so redselig, liebe die Welt, werde anschmiegsam, tanze mir recht hemmungslos die Seele aus dem Leib, usw. In vino veritas! Wenn ich dann so einen Abend verbracht habe und mit anderen Menschen zusammen war, dann habe ich mich am nächsten Tag in Grund und Boden geschämt. "Was denken die jetzt bloßvon mir?". Mit diesen Gedanken habe ich mich echt gequält. Das z.B. ist heute vorbei. Wenn ich also mal ein Glas zuviel trinke und dann red-und rührselig werde, dann ist das einfach so. Punkt! Wenn danach ein bewertender Schamgedanke in mir hochkommt, dann bekommt der von mir keinerlei Energie mehr.

Aber ich kann bis heute noch nicht das machen, wozu ich z.B. einfach spaßeshalber (um über meine Grenzen hinauszugehen und zu schauen was dann passiert) Lust hätte. Insofern interessieren mich echte Beispiele von anderen, die das getan haben und wie es erlebt wurde. Also, wenn darauf noch andere antworten möchten, ich wäre hoch erfreut.

Katarina :)
 
Liebe Katarina,
es fing mit ganz banalen Sachen an, z.B. dass ich mir - wie meine Mutter heute noch! - ständig Gedanken machte, was die Nachbarn von mir denken könnten, wenn ich z.B.
- die Fenster nicht so regelmäßig putze wie andere
- ich nicht pünktlich die Treppe gewischt hatte
- ich einmal, als ich Fieber hatte, aber wichtige Post erwartete u. im Bademantel zum Briefkasten ging und mich einer sah, fast zu Tode geschämt hatte, weil der ja denken könnte, ich sei eine Schlampe, die mittags noch im Bett liegt und es nicht schafft, sich anzuziehen
... u. u. u.

Diese Gedanken von damals belustigen mich heute eher.
Es war fast wie eine todesmutige Übung, eine Zeit lang genau zur Gegenoffensive überzugehen, bis ich meine Mitte gefunden hatte.

Also erstmal übertreiben - die vermeintlich wichtigen Dinge bewusst schleifen lassen und einfach mal nix tun und sich einen Spaß draus machen, was würden die Nachbarn denken. Und mich einfach nicht mehr gezwungen zu fühlen, mich ständig rechtfertigen zu müssen, warum oder wann ich was getan oder nicht getan habe.

Nach der Übertreibungsphase kam irgendwann das Gefühl:
So, jetzt stört mich der Zustand selbst so, dass ich Tatendrang fühle und einfach mal mache.
Und das jetzt in meinem Tempo, ohne zu fühlen, "ich muss". Ich muss gar nix mehr, außer atmen, essen und trinken, zur Toilette gehen oder irgenwann sterben. Und selbst das ist in gelassener Gewissheit auch nicht mehr als auferlegt, von außen erzwungen, fühlbar sondern ES IST nur noch einfach so, wie es ist.

Was du schreibst über ein Gläschen zuviel trinken und die Gefühle danach, kenne ich genauso.
Was ist schlimm daran? Na und, dann sehen mich die anderen eben, wie ich wirklich bin. Ich kann mittlerweile dazu stehen. Das hat mit Selbstbewusstsein zu tun. Wir müssen für uns selbst einstehen, ggf. auch unsere Fehler zugeben, bei Bedarf auch eine Entschuldigung aussprechen und uns für Fortentwicklung selbst Chancen geben und uns nicht noch selbst demütigen! Dann ist der Schamfaktor minimiert.
Was ist schon wirklich schämenswert? Wer von uns, die wir bewusst leben, begeht schon so grobe Fehler, dass er sich hinterher in Grund und Boden schämen müsste?

Ich denke, wenn wir ein Muster durchbrechen wollen, gehört zunächst die Übertreibung dazu, um das Komische, Unnötige daran selbst zu erkennen. Dann ist die nächste Stufe, das Finden einer Mitte zum Thema, schon fast erreicht bzw. rückt in erreichbare Nähe.

Wenn ich länger überlege - meine Arbeit in der Altenpflege hat auch deutlich dazu beigetragen, dass ich Peinlichkeiten oder Scham anders definiere oder empfinde. Nichts Menschliches sei uns fremd..., das sagte schon Papa Goethe. :clown:

Konnte ich dir ein wenig verdeutlichen, was ich meine?

Liebe Grüße, Romaschka
 
Liebe Romaschka,

Konnte ich dir ein wenig verdeutlichen, was ich meine?

Oh ja! Ich teile Deine entsprechenden Gedanken, aber das Eine ist eben Praxis und das andere Theorie. Theoretisch sehe ich es ganz genauso wie Du. Praktisch dagegen :rolleyes: . Insofern finde ich konkrete erlebte Beispiele gerade hochinteressant. Mich haben Deine zum schmunzeln gebracht und sehr witzig fand ich die "Schlampe im Bademantel". Köstlich!

Ich habe auch den Eindruck, dass viele der Dinge, die wir unglaublich peinlich finden, mit einem Lachen gelöst werden können. Es muß sich ja bei den zugrundeliegenden Mustern um Schmerzvermeidungsmuster handeln. Und meine Erfahrung ist, man kann seinen Schmerz hinausweinen und eben auch hinauslachen. Deswegen können eben einem auch beim Lachen die Tränen kommen.
Ich könnte mich heute noch ausschütten, wenn ich daran denke, wie ich eine der subjektiv als superpeinlich empfunden Szenen in meinem Leben "gelöst" habe. Wenn ich statt der damaligen "Lösung" einfach nur gelacht hätte, dann hätte ich mir die ebenfalls superpeinliche "Lösung" erspart.

Also bitte, nicht dass du mein Schmunzeln über Deine Beispiele missverstehst. Ich lache da nicht über dich, sondern - hoffentlich - mit dir. Wir Menschen sind schon so ein Völkchen.

Katarina :)
 
...Mich haben Deine zum schmunzeln gebracht und sehr witzig fand ich die "Schlampe im Bademantel". Köstlich!
Ist dir mal aufgefallen, in wievielen amerikanischen Filmen die Leute im Schlafzeug oder Bademantel zum Briefkasten an der Straße gehen??? Darüber habe ich neulich erst lachen müssen. Und das, wo die Amis doch angeblich so prüde sind oder besser sein wollen...

Ich verstehe dich schon richtig, fühle mich auch nicht ausgelacht.
Wobei ich dir vollkommen zustimme, dass Lachen sehr gut befreiend wirken kann.

Ich könnte mich heute noch ausschütten, wenn ich daran denke, wie ich eine der subjektiv als superpeinlich empfunden Szenen in meinem Leben "gelöst" habe. Wenn ich statt der damaligen "Lösung" einfach nur gelacht hätte, dann hätte ich mir die ebenfalls superpeinliche "Lösung" erspart.

So, so, das musst du nun aber schnell noch genauer erzählen! Auch was zum Lachen haben mag! :clown:
 
Anerzogene Kindheitsmuster contra Lebenserfahrung und Selbstdefinition = Faktor der empfundenen Peinlichkeiten und Scham
 
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Es ist mir peinlich unangenehm aufzufallen. Aber ich schäme mich nur noch selten. Für meine Schwächen gar nicht mehr.

So richtig geschämt habe ich mich, als meine Tochter einem Nachbar die Tür öffnete obwohl ich nackt im Flur stand.:D Aber auch das überlebt man....
 
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