Ich hab neulich einen Bericht über eine innovative Schulen gesehen, die von diesem "Bringschuld"-System abkommen ist, hin zu einem "Holschuld"-System, wobei 'Schuld' ja kein angemessener Begriff ist. In Wirklichkeit geht es darum, dass die SchülerInnen selbst bestimmen, was sie gerade lernen wollen. Die Organisation solch eines Schulsystems ist natürlich ein große Herausforderung und stellt hohe Ansprüche an die Lehrkraft. Diese muss flexibel auf die Bedürfnisse der SchülerInnen reagieren können und den ganzen Schultag verfügbar sein.
Das halte ich für grob sinnbefreit. Bildung MUSS einfach bis zu einem gewissen Punkt zwingend und vorgeschrieben sein, sonst funktioniert es nicht. Nach der Matura/Abitur entscheidet man eh selbst, in welchem Maße man sich weiterbilden kann, auf der Uni haut das dann eh hin (bis auf minderwertige Lernunterlagen, mangelnde Ausnutzung der Möglichkeiten von e-Learning und die verfehlte Bildungspolitik, die sich schwer in den Prüfungen niederschlägt).
Aber in der Grund-/Mittelschule macht das absolut keinen Sinn. Ich hab mich damals durchgemogelt bis zum geht nicht mehr, faktisch nichts gelernt und keine Hausübungen gemacht, war oft nicht und manchmal nur betrunken oder anderweitig intoxiniert im Unterricht oder hab da gepennt. Trotzdem hab ich das Gymnasium mit Auszeichnung abgeschlossen.
Heute, als Student, seh ich das natürlich anders, mit reiferen Augen: Schule war absolute Zeitverschwendung für mich - und das, obwohl ich auf eine Schule gegangen bin, die als relativ "elitär" gilt. Meine Verhaltensweise aber war trotzdem Zeitverschwendung - könntichs nochmal machen, würd ich einfach zwei Klassen überspringen und mir den Stoff so reinziehen, dass ich gerade mal durchkomm. Aber damals hatte ich noch keinen Ehrgeiz dazu, gab wichtigere Dinge (Mädels, Alkohol, Fortgehn, Herumexperimentiern mit Drogen - kurz: pubertäre Lebenserfahrung sammeln, alles was dazugehört). Heute ist mein wichtigstes Ziel Entwicklung und Karriere. Heute denk ich mir: VERDAMMT! Wieso hab ich damals nicht mehr mitgearbeitet in Mathe? Ich wär echt gut gewesen in dem Fach!
Aber ich war sogar zu faul für eine Stunde pro Tag Schulbeschäftigung.
Das Problem ist, dass die meisten Jugendlichen in dem Alter keine echten "Interessen" haben außer denen, die ich vorhin aufgezählt hab. Das merkt man daran, dass sich alle freuen, wenn Englisch ausfällt. Das ändert sich im Studium - oder sollte sich zumindest ändern (bei mir wars so) - das liegt aber daran, dass jede Frucht Zeit zum Reifen braucht, und bildungsmäßig ist die pubertäre Phase durchschnittlich gesehen nicht gerade der Zenit der Motivation für Schulbildung. Die echten Interessen müssen sich in dieser Zeit erst herauskristallisieren.
Deshalb ist ein laissez-faire/antiautoritärer Unterricht in dieser Zeit sicher nicht gerade das Gelbe vom Ei.