Lieber Merlin,
Du würdest somit behaupten, dass Gott Menschen auf die Welt schickt und diese sündigen dann und als Konsequenz muss der gleiche Gott seinen vielgeliebten Sohn opfern und von den gleichen Menschen martern und töten lassen.
Einem allwissenden und allmächtigen Gott ist doch wahrlich etwas Klügeres zuzutrauen, meinst Du nicht? Was Du anführst, stimmt zwar mit der katholischen Lehre und dem was den Büchern noch entnommen werden kann, überein - aber bei vernünftiger Betrachtung müssen da doch jedem Zweifel kommen.
Lieber Syrius,
das ist doch nicht mein Gedanke – sondern der Gedanke zum Knecht Gottes aus dem Alten Testament. Lese doch einfach einmal, was Jesaja dazu sagt, auf den sich Johannes der Täufer in den Evangelien nach Markus und Matthäus zur Mission Jesus wörtlich bezieht:
Jesaja 40[1] Tröstet mein Volk! spricht euer Gott; [2] redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Dienstbarkeit ein Ende hat, denn die Missetat ist vergeben; denn sie hat Zwiefältiges empfangen von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden. [3]Es ist die Stimme des Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm Gott ...
Matthäus 3[3] Und es ist der, von dem der Prophet Jesaja gesagt und gesprochen: "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und macht richtig seine Steige!"
Du wirst bei Jesaja und bei anderen Propheten viele Vers finden, die in den Evangelien fast wörtlich wiedergegeben werden (insbesonders in der Passionsgeschichte).
Beispiel:
Sacharja 9[9]Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
Syrius: Dass mit der Taufe irgendjemand von Sünden reingewaschen wird, ist sehr zweifelhaft, hat doch Jesus immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig Reue ist, und nicht mehr zu sündigen. Und es steht nicht, dass mit den Sünden DER Welt die Erde gemeint ist - denn sein Reich war und ist ja nicht von dieser Welt - was klar das Reich Gottes vom Reich Luzifer unterscheidet.
Du solltest einfach wissen, dass die Vergebung der Sünden in der Zeit Jesus ein einmaliger Akt war, der sich mit dem Entschluss zur Umkehr verband. Da sich jedoch die Parusie des Himmelreiches nicht erfüllte, wurde klar, dass dieses Versprechen in der Realität nicht länger aufrechterhalten ließ und die folgenden kleinere Sünden durch die wiederholte Beichte und Buße vergeben werden konnten.
Du erkennst hier auch nicht die besondere Rolle des Reinheitsgedanken in der jüdischen Tradition, denn nur wer rein war konnte auch Eingang in das Himmelreich finden. So durfte auch ein Jude den Tempel nicht betreten, wenn er nicht zuvor in einem der Teiche Jerusalems ein Bad genommen hatte.
Ja, es durfte auch kein verunreinigtes Geld mitgebracht werden, sondern musste bei den Geldwechslern gegen ein Tempelgeld eingetauscht werden, das nur innerhalb des Tempels im Umlauf sein durfte. Ich erinnere daran, dass für die Juden der Tempel der Ort gewesen war, an dem Gott anwesend war. Deshalb hatte ja Jesus davon gesprochen, dass er diesen Tempel einreisen werde und er darauf einen neuen errichten werde - nämlich das Himmelreich.
Du schreibst einerseits davon, dass Gott allmächtig sei und anderseits schreibst Du von einem Reich Gottes und eines des Satans – wie siehst Du da die Logik? Ich sehe nur einen Widerspruch.
Syrius: Die angesprochene Sünde der Welt war somit die Sünde des Abfalls - der leider in den Schriften nur noch sehr schwer zu finden ist.
Eventuell solltest Du einmal darüber nachdenken, warum in den Schriften zu Deinen Vorstellungen nichts zu finden ist.
Syrius: Auch hier muss ich wieder an die Vernunft appellieren, denn kein Mensch ist nach dem Tode rein genug, ins Himmelreich eingehen zu können, alle sind sie noch durch Untugenden belastet und somit erübrigt sich ein letztes Gericht so wie Du es beschreibst vollständig. Nicht die geringste Untugend ist im Himmel geduldet - und somit kann Deine Lesart der Schriften nicht zutreffen.
Nach christlichem Verständnis gelangt ein Verstorbener nicht gleich in das Himmelreich, sondern in das Totenreich. Erst am Jüngsten Tag wird bei der Auferstehung seine Seele mit dem unversehrten Körper wiedervereint und tritt vor das Jüngste Gericht, um nach seinen Taten gerichtet zu werden.
Es bleibt Dir natürlich unbenommen, dazu eine andere Vorstellung zu entwickeln – aber Du solltest das dann nicht als die christliche Lehre verkaufen.
Syrius: ... dass Gott dermassen viel Leid einfach so aus masochistischen sinnlosen Gründen in die Wege leitet - auch Dir müsste aufgehen, dass da etwas fehlt.
Ja, mir fehlt dazu die Nächsten- und Feindesliebe, die eigentlich durch Jesus von den Menschen abverlangt wird. Was sind das für Gesetze, von denen nur geredet wird und nicht gelebt werden?
Ja und mir fehlt auch das Streben nach dem Guten, denn es gibt auch noch ander Dinge in unserem Dasein, die unserer Achtsamkeit bedürfen. Wie sagte schon Jesus: „Der Mensch ist nicht des Sabbats wegen da, sondern der Sabbat des Menschen wegen!“ und so könnte man das auch mit den Engeln und Gott selbst verstehen.
Merlin