Orakel à la Karte

Anakra

Sehr aktives Mitglied
Registriert
2. November 2005
Beiträge
1.853
Ort
Braunschweig
Hi ihr,

Eine bekannte meiner Oma hatte diese alten Orakelkarten und wusste wohl auch nichts mit anzufangen, jedenfalls bekomme ich die jetzt. Nachdem ich meine Mutter bat mir die Bilder doch mal zu beschreiben und ich währenddessen hin und her überlegte was das für Karten sein könnten hat sie mir die eingescannt (bin in Braunschweig, meine Mutter und meine Oma wohnen in Hamburg).



Sie wird mir die jetzt zuschicken und wenn die hier sind werd ich mir die wohl mal genauer anschauen müssen.
Es sind zwar 36 Karten aber keine Kipper, Lenormand oder Zigeunerkarten.
Habe Sie bei Amazon gefunden was mir auch nicht geholfen hat, die Karten sind von 1970. Das Buch ist aber auch noch dabei.

Kennt irgendwer diese Karten??
irgendwer Erfahrungen damit?

LG,
Anakra
 
Werbung:
So nachdem ich das Set jetzt schon einige Tage bewundern durfte und mich köstlich an den Texten im kleinen Begleitbuch amüsiert habe möchte ich euch das nicht vorenthalten:D


Das Buch zu den Karten (1970):
Orakel á la Karte​
Kartenschlagen für
die Bildungsbefliessenen aller Stände.
Eine exakt unwissenschaftliche Anleitung​

Vom Kartenlegen
....
Das System jedoch, in das uns diese Abhandlung einführt, ist das einzig wissenschaftliche, denn es schöpft schamlos aus allen erreichbaren Quellen und überprüft sie jeweils durch die unterschiedlichsten Erfahrungen.
Man mag uns den folgenden bescheidenen Hinweis nicht als freche Eitelkeit auslegen, wenn wir mit gewissem Stolz bemerken dürfen, daß aus diesen Karten, noch bevor sie fertig waren, drei Damen sich die Zukunft nach unserer Anleitung legten und heute nunmehr schon alle zum dritten Male glücklich verheiratet sind.
... ...
Selbst ein keusches Starlet aus Grünwald beschloss während einer Kreuzfahrt dem Kapitän gefügig zu sein, um das Leben der 384 Passagiere zu retten - sie hatte nämlich aus unseren Karten erfahren, daß sie ihre Ehre verlieren würde ohne Schande erwarten zu müssen. Es gibt noch vieles, was wir zum Beweis der Vorzüglichkeit unserer Karten anführen könnten; allein, die Bescheidenheit gebietet uns, hier einen Punkt zu machen.

.....
Mag darum jeder fleißig lernen, und lasse er sich nicht durch Mißerfolge entmutigen. Wenn man einmal eine Person, der man Fröhlichkeit voraussagte, nach zwei Tagen wegen Ladendiebstahls eingesperrt, so dient dies dem Kartenleger nur dazu, Erfahrungen zu sammeln, mit derer später einmal zur Weisheit gelangen wird.

Der Kartenleger
Jede Kartenlegerin oder jeder Kartenleger, der so tief in den Seelenfrieden einer anderen Person eindringt, soll eine würdige Miene aufsetzen, soll alle Zynismen und andere Nebenabsichten beiseite lassen und sich in die Form des fremden Ichs geradezu einbacken. Konzentriert und unparteiisch soll er sich in seine Aufgabe vertiefen, gerade so wie es eine gewisse Dame der amerikanischen Liga für Sittlichkeit tat, als sie in einem Dampfbad mit nackten Männern über deren moralische Besserung diskutierte und sich jeden Moment vergewisserte, daß sie nur das Geistige sah.
...blabla....natürlich nicht nötig das nachzuahmen...blabla...abtasten - erwartet er kühlere oder wärmere Anteilnahme.
Sei dem, wie ihm sei: der Kartenleger oder die Kartenlegerin (im folgenden nur noch die Kartenlegerin genannt) soll vor dem Beginn versuchen, das meiste auszufragen. Denn erst dann ist es ihr möglich, vieles von dem, was sie von der Person erfuhr, der Person zu ihrem eigenen Erstaunen wieder zu sagen.
.....
Hat die Person, der die Zukunft vorausgesagt werden soll, alles über sich und ihr Wesen ausgesagt und hat sie auch mitgeteilt, was sie erfahren möchte, wonach sie sich sehnt, dann ist der Augenblick gekommen, mit dem Kartenlegen zu beginnen.
Die Kartenlegerin soll sich dabei unbedingt unpersönlich verhalten

.....

Eine gute Kartenschlägerin hat bei traurigen Nachrichten immer die Pietät zu wahren. Wenn sie sieht, daß die Karten ein Unglück vermelden, dann schweig sie eine Weile rücksichtsvoll, nimmt dann ein möglichst reines Taschentuch und trocknet ihre Tränen, auch wenn sie gar nicht weinen muß. Und dann murmelt sie so ein paar Worte vom Jenseits, vom Leben nach dem Tode und von der Seelenwanderung.
Fällt die Person, der sie die schlechten Nachrichten verkünden mußte, in Ohnmacht, so muß sie ihr die Bekleidung lockern und möglichst keusche Wiederbelebungsversuche anstellen (Hinweise gibt das Rote Kreuz oder jede andere Polizeidienststelle). Als geradezu wiederwärtig und geschmachlos muß es angesehen werden, wenn die Kartenlegerin gemeinsam mit ihrem Klienten zu weinen anfängt. ... es sind fälle Aktenkundig wo eine Kartomantin..blabla..goldene Taschenuhr klaute..
Sie muß die Person...zu höheren Zielen führen oder zumindest darauf hinwirken.

Damit sind wir auch schon bei der Frage nach der Entlohnung für das Kartenschlagen angelangt: Eine Kartomantin, wenn sie sich mit Fug und Recht als eine solche Bezeichnen will, darf grundsätzlich kein Geld nehmen - es sei denn, die Summe wäre hoch und ihre Entgegennahme könnte als eine ausgesprochene Gefälligkeit gelten. Im Normalfall sollte die Kartenlegerin es beim kleinen Geschenk bewenden lassen,bei einer automatischen Weißgolduhr etwas oder bei einem Topf Straßburger Gänseleberpastete, einem Sack Vogelfutter und dergleichen.

Als nächstes wird etwas über die Persönliche Karte geschrieben die sich der Fragende Aussuchen muss, es gibt die geliebte, den geliebten, die Witwe und den Witwer...

...Bemerkt die Kartenlegerin jedoch, daß ihr Klient oder die Klientin im Begriff ist, eine ungeeignete Karte zu wählen, daß zum Beispiel ein sauertöpfischer Buchhalter zum GELIEBTEN greift .... ,dann ist die Kartenlegerin berechtigt zu bemerken, der WITWER sehe eigentlich recht stattlich aus...

Das Mischen
(ein überaus wichtiger Vorgang! wie gleich zu Anfang vermerkt wird)
...
Darum muss gründlich und lieber etwas länger gemischt werden, während man mit dem Klienten über dessen Träume, über seine verborgenen Wünsche und die heißen Hoffnungen plaudert. Wenn es nötig ist überprüft man nochmals und ohne daß er etwas davon merkt, was für einen Menschen man vor sich hat. Gemischt wird flink, geschickt , doch keinesfalls überstürzt. Nichts wäre nämlich trauriger als wenn dabei das zukünftige Schicksal unter den Tisch fiele, dem Herrn etwa unter den Sitz oder der Dame in den Schoß - wo sie nur mühsam wieder hervorgeholt werden können.

Danach wird geraten 3 Stapel zu machen (aber bloß nicht sowas sagen wie: "Bitte, mein Herr, machen sie drei Häuflein" - denn das tun nur Uneingeweihte.) hat die Person das getan werden die Stapel in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammengelegt und das Auslegen beginnt.

Die Karten in einer Reihe Aufzulegen, ist wohl mit das Schwerste in der Kunst der Kartomantie. Denn entweder muß der Meister eine geräumige Wohnung haben, oder er braucht einen freundlichen Nachbarn, der ihm mittels Mauerdurchbruch gestattet, seinen Tisch durch ein Bügelbrett oder ähnliches zu verlängern.
...blablabla... in die Richtung: es gab mal eine die hatte zwei Bügelbretter aber wir wissen nicht ob sie die Kunst noch beherrscht...anschließend wird man darüber aufgeklärt man könne die Karten in zwei Reihen aufteilen, eine "übliche" wäre es sie in 4 auf zu teilen... und eventuell könne man die noch hier und damit ergänzen...

Das Kartenschlagen für eine bestimmte fremde Person ist allerdings vom rein wissenschaftlichen Standpunkt abzulehnen. Der Kartenleger sollte nur für die dem Klienten Nächststehenden wahrsagen, wie für Eltern und ähnliche Verwandte, für Haustiere, Raumpflegerinnen und für alle, die sonst hin und wieder mit dem Ratsuchendem unter einer Decke stecken.

Die Wahrsage
Es wird kurz angesprochen das man niemanden mit Idiot und ähnlichem anspricht. ... feiner und zutreffender, wenn man dann "Ei Du Schalk" oder "Du kleiner Pfiffikus" sagt, denn nur diese gewählte Ausdrucksweise ist imstande, eine bevorstehende ominöse Wahrsage zu entschäfen, bei der sich herausstellt, daß die Klientin durchs Leben wie die Zugluft durch die Kiste wandeln wird.
.... die Frage nach dem Ehebruch etwa so unpersönlich beantwortet wie "Ja, das heißt eigentlich nein gewiß aber ja doch, es sei vielleicht, daß...zweifellos nein".
Dann wird ein kleiner Vortrag gehalten es macht keinen guten Eindruck wenn der Kartenleger stottert, sich beim Reden verschluckt, sich verhaspelt oder stundenlang überlegt. "ist kein Wunder, wenn man solchen Kartenschlägern, schließlich keinen Glauben mehr schenkt"



Ein wunderbares Beispiel was Kartenlegen nicht ist, man muss über das gegenüber rein gar nichts wissen und kann durch die Karten doch alles erfahren! (solange man auch die Verbindung herstellen kann und nicht in der falschen "Leitung" landet)
Würde mir heute jemand sagen dass Kartenlegen so funktioniert würde ich mich zunächst ziemlich verarscht fühlen und mich dann fragen was das für ein schlechter Scherz ist. Dennoch hat man manchmal den Eindruck, dass für einige Kartenlegen genau auf diese Weise funktioniert...:rolleyes:

LG,
Anakra
 
Werbung:
Zurück
Oben