Opti-oder Pessimisten?

Das umfasst aber trotzdem einen gewissen Determinismus, den ich nicht optimistisch deuten kann. Trotz aller Dynamik haben wir ein nicht aktiv verbesserliches, jedoch theoretisch verbesserlich wirkendes Zweck-Optimum, ein mangelhaftes Paradies. Auch wenn du den Wandel mit einbeziehst, so ist doch der Augenblick statisch - ein Zustand, kein schöner, aber der beste, ein Kompromiss, und es ist immer ein Kompromiss. Jeder Augenblick ist statisch, weil er so wahrgenommen wird. Diese Kompromisse ergeben aneinandergereiht einen Prozess hin zum scheinbar Besseren, sofern man statt der Vergangenheit die Zukunft verklärt.
Dann kann ich sagen: "Heute bin ich schlecht gelaunt, aber das führt zu einem besseren Morgen, denn die Dynamik ist uns wohlgesonnen." Aber das bringt mir und meinen Zeitgenossen nichts.

Ja, ich habe das schon weiter oben verstanden, dass du dies nicht optimistisch deutest.
Ich persönlich sehe es anders, da mir Wandel realistisch erscheint. Das Problem entsteht erst dann, wenn man die jeweiligen "statischen" Entwicklungsstufen "be-wertet" und die frühren als minder-wertig im Verhältnis zu den späteren betrachtet. Das ist jedoch eine Wertung, die zusätzlich vorgenommen wird, für die es meiner Ansicht nach keinen Grund gibt.
Ein Mensch kann sich in der Gegenwart erfüllt fühlen und dennoch weiterstreben, gerade auch in diesem Streben. Das Problem, das du beschreibst, tritt meiner Ansicht nach erst auf, wenn zusätzliche kognitive, vergleichende Wertungen vorgenommen werden - die meiner Ansicht nach unnötig sind.

Liebe Grüße,
Energeia
 
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Das Problem entsteht erst dann, wenn man die jeweiligen "statischen" Entwicklungsstufen "be-wertet" und die frühren als minder-wertig im Verhältnis zu den späteren betrachtet.
Davon ausgehend, dass Optimismus Verbesserungen sieht, ist es obligatorisch, frühere Stufen als in diesem Sinne minderwertig zu betrachten. Bewerten wiederum kann man nur, was man wahrnimmt, und das ist in keinem Falle der Prozess selbst, sondern höchstens ein Ausschnitt (in der Retrospektive und folglich mindestens quasi-statisch) oder eben ein Augenblick. Optimismus und Pessimismus basieren immer auf Wertungen.

Das ist jedoch eine Wertung, die zusätzlich vorgenommen wird, für die es meiner Ansicht nach keinen Grund gibt.
Aber es ist eine Wertung, die nötig ist, will man von Verbesserungen oder von Verschlechterungen sprechen. Wie es aussieht, definieren wir "Optimismus" unterschiedlich: "Es ist gut" (Du) gegen "Es kann besser werden" (Ich).

Ein Mensch kann sich in der Gegenwart erfüllt fühlen und dennoch weiterstreben, gerade auch in diesem Streben. Das Problem, das du beschreibst, tritt meiner Ansicht nach erst auf, wenn zusätzliche kognitive, vergleichende Wertungen vorgenommen werden - die meiner Ansicht nach unnötig sind.
Du betrachtest folglich bspw. Zufriedenheit als nichtkognitive Form der Wertung, als spontane Gefühlsäußerung eines optimistischen Geistes? Vulgo etwa: "Es ist gut, so lange man nicht genauer darüber nachdenkt." Das könnte ich unterschreiben. Dieses Gefühl aber ist dann m.E. keine Wahl, die man trifft, sondern eine Frage der Veranlagung. Und da es nichtkognitiv ist, als nicht dem Denken entspringt, kann man es doch im Grunde auch nicht wirklich der Philosophie zuordnen?

Liebe Grüße,
Horla

Liebe Grüße,
Energeia[/QUOTE]
 
Hallo Horla,

Davon ausgehend, dass Optimismus Verbesserungen sieht, ist es obligatorisch, frühere Stufen als in diesem Sinne minderwertig zu betrachten. Bewerten wiederum kann man nur, was man wahrnimmt, und das ist in keinem Falle der Prozess selbst, sondern höchstens ein Ausschnitt (in der Retrospektive und folglich mindestens quasi-statisch) oder eben ein Augenblick. Optimismus und Pessimismus basieren immer auf Wertungen.

hier sind wir unterschiedlicher Ansicht. Ein Mensch oder eine Geselslchaft, der/die sicht entwickelt, muss sich meiner Ansicht nach nicht selbst bewerten und dann als minderwertig bewerten, nur weil er/sie "strebt".
Man kann einen Vorgang so beschreiben, wie du ihn beschreibst, man kann ihn aber auch anders beschreiben.
Wenn man z.B. das Absolute als Identität von Differenz und Identität beschreibt, wie Hegel es getan hat, dann kann jeder Moment schon Teil des Absoluten verstanden werden: der absolute Geist ist in seinem In-Sich-Selbst-Aufgehen immer schon auch bei sich.
Wenn man hier auf ein Defizit verweist, dann trägt man dies von außen an diese Konzeption heran.

Aber es ist eine Wertung, die nötig ist, will man von Verbesserungen oder von Verschlechterungen sprechen. Wie es aussieht, definieren wir "Optimismus" unterschiedlich: "Es ist gut" (Du) gegen "Es kann besser werden" (Ich).

Nein, das ist aus meiner Sicht nicht zutreffend. Man kann sich täglich etwas vornehmen, nach etwas streben, aus diesem Gefühl heraus leben, ohne das Tun auf die Weise bewerten zu müssen, wie du sie beschreibst. Das sind zwei unterschiedliche Vorgänge. Ich stimme dir aber darin zu, dass viele Menschen auf diese Weise vorgehen, die du beschreibst - das muss aber nicht so sein.

Du betrachtest folglich bspw. Zufriedenheit als nichtkognitive Form der Wertung, als spontane Gefühlsäußerung eines optimistischen Geistes?

Ich habe nicht gesagt, dass "keine" Kognitionen zur Zufriedenheit führen, sondern nur, dass man "eine" Form von Kognitionen - Bewertungen eines Schrittes zum Ganzen hin - nicht notwendig benötigt, um zufrieden oder glücklich zu sein. "Andere" Kognitionen können eventuell förderlich sein.

Vulgo etwa: "Es ist gut, so lange man nicht genauer darüber nachdenkt." Das könnte ich unterschreiben. Dieses Gefühl aber ist dann m.E. keine Wahl, die man trifft, sondern eine Frage der Veranlagung. Und da es nichtkognitiv ist, als nicht dem Denken entspringt, kann man es doch im Grunde auch nicht wirklich der Philosophie zuordnen?

Die eine Ebene betrifft die Haltung des Bewusstseins in der Praxis, die andere Ebene betrifft die Beschreibung dieser Haltung als philosophische Position.
Wenn ein Philosoph beschreibt, dass ein Nicht-Bewerten wesentlich für ein bestimmtes Lebensgefühl ist, dann nimmt er selbst ja eine Beschreibung dieser Nicht-Bewertung vor, die er evtl. auch begründen dann.
Hier liegen also zwei unterschiedliche Ebenen vor.

Wir gehen hier offensichtlich von zwei recht unterschiedlichen Sichtweisen aus.

Liebe Grüße,
Energeia
 
hier sind wir unterschiedlicher Ansicht. Ein Mensch oder eine Geselslchaft, der/die sicht entwickelt, muss sich meiner Ansicht nach nicht selbst bewerten und dann als minderwertig bewerten, nur weil er/sie "strebt".
In der Entwicklung ist ein Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft obligatorisch, wenn es sich bei der Entwicklung um eine qualitative handelt. Klar muss der sich Entwickelnde sich nicht selbst bewerten, aber er bewertet sich selbst, sobald er wertend von einer Entwicklung spricht.

Wenn man z.B. das Absolute als Identität von Differenz und Identität beschreibt, wie Hegel es getan hat, dann kann jeder Moment schon Teil des Absoluten verstanden werden: der absolute Geist ist in seinem In-Sich-Selbst-Aufgehen immer schon auch bei sich.
Weil das Werdende zum Vollendeten strebt, ist das Werdende im Grunde vollendet. Ja. Dennoch ist dieser Gedankengang (nicht nur meiner, auch Hegels) m.E. viel zu abstrakt, um als Argument gelten zu können, ist doch die Weltanschauung vom Weltanschauer und entsprechend dessen Mängeln abhängig, woraus folgt, dass der Moment als absolut zwar verstanden werden kann, es aber keinen Sinn ergibt, ihn als solchen zu verstehen, weil er nicht als solcher verstanden wird, wenn man gerade keine Lust hat, genau darüber nachzudenken - will die Philosophie realitätsnah bleiben, muss sie solche Profanitäten berücksichtigen.

Man kann sich täglich etwas vornehmen, nach etwas streben, aus diesem Gefühl heraus leben, ohne das Tun auf die Weise bewerten zu müssen, wie du sie beschreibst.
Wieder einverstanden im "kann", zumal es definitiv den einen oder anderen Menschen gibt, der das kann. Ich kann nicht streben, wenn ich keinen Sinn erkenne. Das sinnlose Streben wiederum erscheint mir gleichzeitig närrisch und beneidenswert, das gebe ich zu.

dass "keine" Kognitionen zur Zufriedenheit führen, sondern nur, dass man "eine" Form von Kognitionen - Bewertungen eines Schrittes zum Ganzen hin - nicht notwendig benötigt, um zufrieden oder glücklich zu sein. "Andere" Kognitionen können eventuell förderlich sein.
Das fasse ich als Haarspalterei auf, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass ich es falsch verstanden habe. Die Kognitionen, die "eine Form" besser gesagt, ist nämlich genau die, von der ich sprach, nämlich die Hinterfragung eigener Wertungen hinsichtlich eines größeren Sinnzusammenhangs. Förderlich ist diese sicherlich nicht, jedoch drängt sie sich notwendigerweise auf, wenn man eine gewisse Ebene ankratzt.

Wenn ein Philosoph beschreibt, dass ein Nicht-Bewerten wesentlich für ein bestimmtes Lebensgefühl ist, dann nimmt er selbst ja eine Beschreibung dieser Nicht-Bewertung vor, die er evtl. auch begründen dann.
Hier liegen also zwei unterschiedliche Ebenen vor.
Auch das ist eine Bewertung. Jedes Wort ist eine Bewertung. Dagegen können wir nichts tun. Und selbst wenn drei unterschiedliche Ebenen vorlägen, fußten sie doch alle auf Bewertungen - Recht hat dann, wer besser begründet. Ja, wir haben sehr unterschiedliche Sichtweisen, aber es ist doch angenehm, mal so niveauvoll streiten zu können. ;)

Liebe Grüße,
Horla
 
Hallo,

vielleicht noch einmal argumentativ.

In der Entwicklung ist ein Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft obligatorisch, wenn es sich bei der Entwicklung um eine qualitative handelt. Klar muss der sich Entwickelnde sich nicht selbst bewerten, aber er bewertet sich selbst, sobald er wertend von einer Entwicklung spricht.

Und genau dieses "wertende" sprechen ist nicht notwendig. Manche Menschen müssen werten, ständig werten, ihre Beiträge, ihr Denken, etc. sind stets durchdrungen von Wertungen - bei anderen Menschen ist das anders.
Es ist auch möglich von Entwicklung zu sprechen, ohne dabei zu werten. Und wichtiger: ein Beobachter kann die Vergangenheit-Zukunft-Differenz beobachten, aber das sagt nichts darüber aus, 1. ob derjenige, der sich entwickelt, auf diese Weise beobachtet, und 2. wenn er auf diese Weise beobachtet, ob er hierbei wertet.
Ein Beispiel: ein Mensch kann z.B. täglich meditieren und damit glücklich sein. Er meditiert täglich und dies hält einen Entwicklungsprozess aufrecht. Es ist hierbei überhaupt nicht notwendig, dass er, bevor er meditiert, nach gestern zurück blickt und nach morgen vorausblickt: die Praxis selbst beruht ja gerade darauf, im Hier aufmerksam zu verbleiben und zu beobachten - nicht zu werten.

Weil das Werdende zum Vollendeten strebt, ist das Werdende im Grunde vollendet. Ja. Dennoch ist dieser Gedankengang (nicht nur meiner, auch Hegels) m.E. viel zu abstrakt, um als Argument gelten zu können, ist doch die Weltanschauung vom Weltanschauer und entsprechend dessen Mängeln abhängig, woraus folgt, dass der Moment als absolut zwar verstanden werden kann, es aber keinen Sinn ergibt, ihn als solchen zu verstehen, weil er nicht als solcher verstanden wird, wenn man gerade keine Lust hat, genau darüber nachzudenken - will die Philosophie realitätsnah bleiben, muss sie solche Profanitäten berücksichtigen.

Das erscheint abstrakt, wenn ein Mensch sich das nur "gedanklich" veranschaulichen kann, dies also noch nicht "erfahren" hat. Wir müssen normalerweise nicht jedes mal, um "Welt" zu erfahren, Welt bewusst denken, sondern aus unserem Dasein heraus ist uns eine bestimmte Welt eröffnet.
Die Philosophie berücksichtigt diese Zusammenhänge, indem sie z.B. philosophisch anthropologisch (Scheler, Plessner) argumentiert.

Wieder einverstanden im "kann", zumal es definitiv den einen oder anderen Menschen gibt, der das kann. Ich kann nicht streben, wenn ich keinen Sinn erkenne. Das sinnlose Streben wiederum erscheint mir gleichzeitig närrisch und beneidenswert, das gebe ich zu.

Ich würde nicht sagen, dass es "sinnlos" ist, nur weil darin keine "normative" Wertung enthalten ist. Es reicht vollkommen aus, dass es im Dasein aufgrund von Erfahrungen als stimmig erfahren wird. Wenn man dies nicht auf diese Weise erfährt, dann klingen diese Aussagen sicherlich abstrakt.

Das fasse ich als Haarspalterei auf, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass ich es falsch verstanden habe. Die Kognitionen, die "eine Form" besser gesagt, ist nämlich genau die, von der ich sprach, nämlich die Hinterfragung eigener Wertungen hinsichtlich eines größeren Sinnzusammenhangs. Förderlich ist diese sicherlich nicht, jedoch drängt sie sich notwendigerweise auf, wenn man eine gewisse Ebene ankratzt.

Na, hier liegt offenbar ein Missverständnis vor - wobei ich nicht ganz sehe, von wo dieses ausging. Ich wollte lediglich die Kognition der Bewertung ausklammern, wollte aber andere Kognitionen zulassen. Du hattest meiner Ansicht nach "alle Kognitionen" ausgeklammert. Das scheint mir auch z.B. so im vorherigen Absatz hier, wenn du von "sinnlos" sprichst, so als würde sich "Sinn" lediglich durch wertende Kognitionen konstituieren lassen.
Vieles macht "Sinn", im Sinne von "Sinn des Lebens", nicht nur Wertungen.

Auch das ist eine Bewertung. Jedes Wort ist eine Bewertung. Dagegen können wir nichts tun. Und selbst wenn drei unterschiedliche Ebenen vorlägen, fußten sie doch alle auf Bewertungen - Recht hat dann, wer besser begründet.

Das hängt ganz davon ab, mit welchem Bewusstsein man diese Sätze ausspricht. Wenn ich es richtig sehe, dann "beobachtest" du auch hier in deinen Beiträgen immer wieder wertend. Wenn man jedoch einfach versucht, sich für andere Meinungen zu öffnen, die eigene darzustellen, Missverständnisse zu klären, dann muss man vielleicht gar nicht werten.
Man kann jedes Wort, jeden Gedanken, jede kleinste Regung als "Bewertung" "werten", wenn man diese "beobachtet". Eine andere Frage ist, ob dies auch wirklich wertend vollzogen wird. Und hier sind wir offensichtlich unterschiedlicher "Meinung" - und du wirst diese Meinung wahrscheinlich wieder als "Wertung" beobachten, ich hingegen nicht, sondern einfach als Ausdruck von Sein. :)

Es ist mir hier im Forum schon öfters begegnet, dass es Menschen schwer fällt, die Gegenwart als sinnvoll zu erleben und dennoch die eigene Perspektive für Entwicklung offen zu halten, ohne damit die gegenwärtige Perspektive zu bewerten.
Das ist aber meines Erachtens ein lebbares Gefühl, wenn man einmal begonnen hat, das eigene Sein und das Ganze Sein als sinnvoll zu "erfahren".

Liebe Grüße,
Energeia
 
Boooah ey,
mei sinn die Gscheit:guru:

Also so dicht bin ich noch nie an der Uni vorbeigeloffen.:confused:


Ich hab immerhin kapiert, dass da irgendwie unterschiedliche Postizionen waren, und jeder war recht Opti sich davon nich abbringen zu lassen.:D

S gäb abber noch Spielraum für Optimierungen:lachen:


Biz Neulitsch




Narrenorden666
Wider die Suboptimale Argumentsverknotung
 
Totaler Optimist mit Melancholischen Verstimmungen.
Dann lautet mein Leitspruch:

Manchmal lache ich um nicht zu weinen!!;)

Funktioniert fast immer um wieder Oberwasser zu gewinnen:banane:

Fühlt Euch alle :umarmen:
Lg witchcraft
 
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