Hallo,
vielleicht noch einmal argumentativ.
In der Entwicklung ist ein Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft obligatorisch, wenn es sich bei der Entwicklung um eine qualitative handelt. Klar muss der sich Entwickelnde sich nicht selbst bewerten, aber er bewertet sich selbst, sobald er wertend von einer Entwicklung spricht.
Und genau dieses "wertende" sprechen ist nicht notwendig. Manche Menschen müssen werten, ständig werten, ihre Beiträge, ihr Denken, etc. sind stets durchdrungen von Wertungen - bei anderen Menschen ist das anders.
Es ist auch möglich von Entwicklung zu sprechen, ohne dabei zu werten. Und wichtiger: ein Beobachter kann die Vergangenheit-Zukunft-Differenz beobachten, aber das sagt nichts darüber aus, 1. ob derjenige, der sich entwickelt, auf diese Weise beobachtet, und 2. wenn er auf diese Weise beobachtet, ob er hierbei wertet.
Ein Beispiel: ein Mensch kann z.B. täglich meditieren und damit glücklich sein. Er meditiert täglich und dies hält einen Entwicklungsprozess aufrecht. Es ist hierbei überhaupt nicht notwendig, dass er, bevor er meditiert, nach gestern zurück blickt und nach morgen vorausblickt: die Praxis selbst beruht ja gerade darauf, im Hier aufmerksam zu verbleiben und zu beobachten - nicht zu werten.
Weil das Werdende zum Vollendeten strebt, ist das Werdende im Grunde vollendet. Ja. Dennoch ist dieser Gedankengang (nicht nur meiner, auch Hegels) m.E. viel zu abstrakt, um als Argument gelten zu können, ist doch die Weltanschauung vom Weltanschauer und entsprechend dessen Mängeln abhängig, woraus folgt, dass der Moment als absolut zwar verstanden werden kann, es aber keinen Sinn ergibt, ihn als solchen zu verstehen, weil er nicht als solcher verstanden wird, wenn man gerade keine Lust hat, genau darüber nachzudenken - will die Philosophie realitätsnah bleiben, muss sie solche Profanitäten berücksichtigen.
Das erscheint abstrakt, wenn ein Mensch sich das nur "gedanklich" veranschaulichen kann, dies also noch nicht "erfahren" hat. Wir müssen normalerweise nicht jedes mal, um "Welt" zu erfahren, Welt bewusst denken, sondern aus unserem Dasein heraus ist uns eine bestimmte Welt eröffnet.
Die Philosophie berücksichtigt diese Zusammenhänge, indem sie z.B. philosophisch anthropologisch (Scheler, Plessner) argumentiert.
Wieder einverstanden im "kann", zumal es definitiv den einen oder anderen Menschen gibt, der das kann. Ich kann nicht streben, wenn ich keinen Sinn erkenne. Das sinnlose Streben wiederum erscheint mir gleichzeitig närrisch und beneidenswert, das gebe ich zu.
Ich würde nicht sagen, dass es "sinnlos" ist, nur weil darin keine "normative" Wertung enthalten ist. Es reicht vollkommen aus, dass es im Dasein aufgrund von Erfahrungen als stimmig erfahren wird. Wenn man dies nicht auf diese Weise erfährt, dann klingen diese Aussagen sicherlich abstrakt.
Das fasse ich als Haarspalterei auf, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass ich es falsch verstanden habe. Die Kognitionen, die "eine Form" besser gesagt, ist nämlich genau die, von der ich sprach, nämlich die Hinterfragung eigener Wertungen hinsichtlich eines größeren Sinnzusammenhangs. Förderlich ist diese sicherlich nicht, jedoch drängt sie sich notwendigerweise auf, wenn man eine gewisse Ebene ankratzt.
Na, hier liegt offenbar ein Missverständnis vor - wobei ich nicht ganz sehe, von wo dieses ausging. Ich wollte lediglich die Kognition der Bewertung ausklammern, wollte aber andere Kognitionen zulassen. Du hattest meiner Ansicht nach "alle Kognitionen" ausgeklammert. Das scheint mir auch z.B. so im vorherigen Absatz hier, wenn du von "sinnlos" sprichst, so als würde sich "Sinn" lediglich durch wertende Kognitionen konstituieren lassen.
Vieles macht "Sinn", im Sinne von "Sinn des Lebens", nicht nur Wertungen.
Auch das ist eine Bewertung. Jedes Wort ist eine Bewertung. Dagegen können wir nichts tun. Und selbst wenn drei unterschiedliche Ebenen vorlägen, fußten sie doch alle auf Bewertungen - Recht hat dann, wer besser begründet.
Das hängt ganz davon ab, mit welchem Bewusstsein man diese Sätze ausspricht. Wenn ich es richtig sehe, dann "beobachtest" du auch hier in deinen Beiträgen immer wieder wertend. Wenn man jedoch einfach versucht, sich für andere Meinungen zu öffnen, die eigene darzustellen, Missverständnisse zu klären, dann muss man vielleicht gar nicht werten.
Man kann jedes Wort, jeden Gedanken, jede kleinste Regung als "Bewertung" "werten", wenn man diese "beobachtet". Eine andere Frage ist, ob dies auch wirklich wertend vollzogen wird. Und hier sind wir offensichtlich unterschiedlicher "Meinung" - und du wirst diese Meinung wahrscheinlich wieder als "Wertung" beobachten, ich hingegen nicht, sondern einfach als Ausdruck von Sein.
Es ist mir hier im Forum schon öfters begegnet, dass es Menschen schwer fällt, die Gegenwart als sinnvoll zu erleben und dennoch die eigene Perspektive für Entwicklung offen zu halten, ohne damit die gegenwärtige Perspektive zu bewerten.
Das ist aber meines Erachtens ein lebbares Gefühl, wenn man einmal begonnen hat, das eigene Sein und das Ganze Sein als sinnvoll zu "erfahren".
Liebe Grüße,
Energeia