Objektive Realität

Spirita

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18. Juli 2005
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Condemn meinte, es gäbe keine objektive Realität und tätigte folgende Aussage:

Zitat: "Es gibt definitiv keine objektive Realität. Das wird Dir jeder Physiker bestätigen."

Man wird kaum Physiker finden, die so rundheraus bestreiten, dass es eine objektive Realität gibt. Im Allgemeinen machen sich Physiker nicht so viele Gedanken darüber, ob es eine beobachterunabhängige Realität gibt: Sie sind gegenüber Ideen, die nicht zu mess- und prüfbaren Konsequenzen führen, extrem misstrauisch. Man müsste sich allerdings fragen, was Physiker eigentlich messen, wenn es keine objektive Realität gibt.

In dem letzten Jahrhundert ist die Idee einer objektiven Realität etwas ins Wanken geraten, soviel ist richtig (Stichwort: Kopenhagener Interpretation der Quantenphysik). Allerdings gibt es Alternativen zu dieser Interpretation, etwas die Viele-Welten-Theorie und den Nachfolger dieser Theorie, die Dekohärenztheorie, oder ganz "abgedrehte" Ideen wie die, dass wir in einer Matrix leben (siehe den gleichnamigen Film). Momentan kann man nicht unterscheiden, welche dieser Theorien korrekt ist, aber die Dekohärenztheorie ist auf dem Vormarsch, und nach dieser gibt es eine objektive Realität. Man kann nur noch keine Experimente ersinnen, mit denen man unterscheiden kann, welche der Theorien wahr ist.

Die Idee, dass es keine objektive Realität gibt, kam damit auf, dass bei bestimmten Experimenten die Beobachtung darüber bestimmt, was wir sehen. Licht verhält sich mal als Welle und mal als Teilchen, je nachdem, was für eine Beobachtung man macht. Aber es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass die Beobachtung das Verhalten von Teilchen beeinflusst, oder ob man sagt, dass die Beobachtung die Realität konstruiert. Ersteres ist unbestritten, jede Beobachtung beruht auf Wechselwirkung, und bei kleinen Teilchen kann daher die Beobachtung Einfluss auf das zu Beobachtende nehmen. Aber von daher ist es ein weiter Weg bis zur Behauptung, dass die Beobachtung dafür sorgt, dass das Beobachtete überhaupt erst existiert.

Aber nehmen wir mal an, es gäbe tatsächlich keine objektive (d. h., beobachterunabhängige) Realität. Dann folgt daraus, dass auch Gott nicht objektiv existiert, sondern von uns durch Beobachtung erst erschaffen wird. Oder anders gesagt, wir sind die Schöpfer Gottes, und nicht umgekehrt. Theismus christlicher Prägung setzt die Existenz einer objektiven Realität voraus. Indem man die Existenz einer objektiven Realität bestreitet, bestreitet man auch die Existenz eines objektiv existierenden Gottes. Dieser Konsequenz sollte man sich bewusst sein. Gibt es keine objektive Realität, dann gibt es keinen Gott. Die Konstruktivisten, die die Existenz einer objektiven Realität bestreiten, sind fast alle starke Atheisten, aus gutem Grund.

Und alles ist relativ ist physikalisch gedacht und damit umfassend. Nicht nur psychologisch.
Das alles relativ ist, ist, wie ich schon ausgeführt habe, selbstwidersprüchlich.

Weißt Du wie Du es Dir vorstellen kannst? Stell Dir vor Dein Leben ist Dein ganz persönlicher Traum, basierend auf dem was Du denkst und glaubst. Dann bist Du der Wahrheit nahe. Die eigene Existenz ist in gewisser Weise nicht relativ, aber wieder doch, weil sie aus einem "NIchts" zu entspringen scheint. Wenn man der Wahrheit nahe kommt wird es paradox und sehr vieles was Du als Dein ICH ansiehst, sogar alles davon ist relativ. Du wirst Deine Essenz nicht finden...

Wenn wir in einer Matrix leben, dann ist Gott nur eine Vorstellung in unseren Köpfen, und da wir über die Existenz einer Realität hinweggetäuscht wurden, ist ein Gott, der außerhalb der Welt existiert und uns die Realität vortäuscht, ein Täuschergott, also eher so etwas wie ein bösartiger Dämon.

Entweder, Gott ist etwas Absolutes, dann ist die Aussage, alles sei relativ, falsch. Oder er existiert nicht absolut, dann ist er nicht Gott, sondern nur eine Relation, die wir mit unserem Verstand erschaffen. Gott ist dann von uns abhängig, ob wir es von ihm sind, ist fraglich.

Das wäre, in aller Kürze, meine Entgegnung auf dieses Argument.

PS: Anstelle des Wortes Gott, lässt sich jeder beliebige Glaube einsetzen.
 
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Hallo spirita,

Aber nehmen wir mal an, es gäbe tatsächlich keine objektive (d. h., beobachterunabhängige) Realität. Dann folgt daraus, dass auch Gott nicht objektiv existiert, sondern von uns durch Beobachtung erst erschaffen wird. Oder anders gesagt, wir sind die Schöpfer Gottes, und nicht umgekehrt. Theismus christlicher Prägung setzt die Existenz einer objektiven Realität voraus. Indem man die Existenz einer objektiven Realität bestreitet, bestreitet man auch die Existenz eines objektiv existierenden Gottes. Dieser Konsequenz sollte man sich bewusst sein. Gibt es keine objektive Realität, dann gibt es keinen Gott.

Weißt Du wie Du es Dir vorstellen kannst? Stell Dir vor Dein Leben ist Dein ganz persönlicher Traum, basierend auf dem was Du denkst und glaubst. Dann bist Du der Wahrheit nahe.

Ich denke, dass Du damit den Nagel auf den Kopf triffst. Es gibt in meiner Vorstellung keinen Gott, der irgendwo existiert und über uns wacht. Leider oder zum Glück, - ich weiß es nicht. Das, was die Menschen Gott nennen, sind sie selber, sind ihre Vorstellungen und Wünsche, die sie nach außen projizieren. Wir träumen uns in unsere "Realität" und merken dabei nicht, dass diese "Realität" auch nur ein Traum ist. Allerdings: jeder Traum hat einmal ein Ende und ich bin schon sehr gespannt, was nach dem Aufwachen kommt.

Katarina
 
> Gestern ist im TV der Film "Blair Witch Project 2" gelaufen und eine
> Frau hat darin zu ihrem Freund gesagt, der nicht an Geister und Hexen
> glaubte:
>
> "Du denkst viel zu rational. Wahrnehmung schafft doch erst die Realität".

Na, wenn die Wahrnehmung erst die Realität erschafft, dann ist es doch
das Beste, nicht an Geister zu glauben: Dann verfolgen sie einen auch
nicht. ;)

Oder, wenn die Wahrnehmung die Realität erst erschafft, dann sind wir
die Schöpfer Gottes, und nicht umgekehrt. Das behaupte ich ja schon seit
langem ...



Es gibt eine bestimmte Interpretation der Quantenphysik, die
man die "Kopenhagener Interpretation" nennt. Nach dieser beeinflusst ein
Beobachter erst die Ereignisse, die er beobachtet, und konstruiert sie
somit.

Das berühmte Doppelspaltexperiment: Ein Kasten, in dem sich eine Platte
mit zwei Schlitzen befindet. Hinter den beiden Spalten befinden sich
Detektoren für Photonen, die es registrieren, wenn sie von einem Photon getroffen werden. Nun schickt man einzelne (!) Photonen in diesen Kasten in
Richtung des Schlitzes. Man würde nun erwarten, dass sich die Photonen (die ja Teilchen sind) wie Murmeln in einem analogen Experiment verhalten. D. h., jedes Photon trifft einen Detektor hinter einem der Schlitze.

Aber die Photonen verhalten sich völlig anders. Schickt man sie einzeln
(!) nacheinander durch den Apparat, dann bilden sie hinter dem Schlitz ein
Interferenzmuster, wie man es von Wellen her kennt. Photonen sind also
Wellen ... sollte man meinen. Nun packt man direkt hinter einen Spalt einen
weiteren Detektor. Und spukhafterweise verhalten sich die Photonen jetzt
plötzlich wieder wie Teilchen. Je nach Beobachtung ist das Photon also
entweder eine Welle oder ein Teilchen. Und wenn es sowohl Welle ist als
auch Teilchen, dann geht es durch beide Spalte gleichzeitig hindurch und
interferiert mit sich selbst. Das Ganze klappt übrigens auch dann, wenn
man Elektronen nimmt.

Das hat viele (auch eben Physiker) darüber spekulieren lassen, dass die
Art der Beobachtung das Photon dazu "zwingt", sich mal wie eine Welle
und mal wie ein Teilchen zu verhalten. Oder anders gesagt, was ein Photon ist, wird durch die Wahrnehmung bestimmt.

Das hat viele wiederum dazu veranlasst, eine solche Behauptung wie oben
aufzustellen: Realität wird durch die Wahrnehmung geschaffen.

Aber, die Kopenhagener Interpretation hat mehrere ernsthafte Probleme.
Es wäre jetzt vermessen, das in einem kurzen Text zu begründen.

Aber dafür gibt es ein gutes Buch darüber: *The Unconscious Quantum: Metaphysics in Modern Physics and Cosmology*
<http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/1573920223/028-8995741-8807769> von Victor J. Stenger. Stenger ist
experimenteller Physiker und Astrophysiker, und er schreibt sehr
verständlich.

Ich will mal die Probleme aufzählen, ohne sie zu begründen:

1.) Wenn die Kopenhagener Interpretation korrekt ist, dann gibt es
nichtlokale Phänomene, was wiederum bedeutet, dass sich - im Widerspruch
zur Relativitätstheorie - Informationen mit unendlicher Geschwindigkeit
ausbreiten.

2.) Wenn es Nichtlokalität gibt, dann ist unser Universum vollkommen
determiniert, es ist also alles vorherbestimmt. Das verträgt sich nicht
mit dem freien Willen und mit Gott ...

3.) Die Interpretation verwechselt *Beeinflussung* und *Schaffung*.
Platziere ich einen Detektor hinter einem Spalt, habe ich effektiv einen
neuen Versuchsaufbau, und niemanden sollte es wundern, dass dann auch die
Resultate anders sind.

4.) Die Interpretation nimmt an, dass Raum und Zeit kontinuierlich
verlaufen. Das steht aber im Widerspruch zur ganzen Quantenphysik.

5.) Ferner berücksichtigt die Kopenhagener Interpretation nicht, dass
auf Quantenebene Phänomene *zeitsysmmetrisch* ablaufen, Aber so sehr es
auch unserer Intuition widerspricht, auf Quantenebene (und nur dort!)
können Ereignisse auch in der Zeit rückwärts verlaufen. Die Folge ist, dass
unser Universum nicht deterministisch ist.

Wenn man also auf dieser Interpretation besteht - und es gibt noch keine
Experimente, die sie widerlegen - dann ist alles im Universum exakt vorherbestimmt. Und dieser Punkt dürfte allen Theisten einiges an
Kopfzerbrechen bereiten.

Die moderne Interpretation ist die Dekohärenztheorie. Nach dieser kann
man alle Phänomene erklären, ohne Nichtlokalität und damit Determinismus
ins Spiel zu bringen, außerdem erklärt diese Theorie besser, wie aus
Quantenphänomen bei großen Teilchenmengen die klassische Physik entsteht.
Dann aber gibt es weder Determinismus, noch Nichtlokalität, noch bringt
die Beobachtung die beobachteten Phänomene hervor. Aber es bleibt dabei,
dass die Beobachtung einen Einfluss nimmt auf das Beobachtete, was aber
nur im Mikrokosmos eine Rolle spielt.

Außerdem ist es so, dass Photonen oder Elektronen sowohl Welle als auch
Teilchen sind. Der scheinbare Widerspruch ist keiner, es wäre so, als wenn
man behauptet, etwas könne entweder rot oder einen Meter lang sein, aber
nicht beides gleichzeitig.

Um das alles zu erklären braucht man ein ganzes Buch.

Apropos Stenger: Sein neuestes (noch nicht veröffentlichtes) Buch heißt:


The Hypothesis That Failed - Why Science Can Now Prove That God Does Not Exist

Zu finden unter: http://www.colorado.edu/philosophy/vstenger/godless.html
 
hi spirita,

gibt es eine objektive realität oder gibt es sie nicht?



schau dir einen gegenstand an, spirita. zum beispiel deinen computer.
dann sag mir etwas über diesen aus. vielleicht was er für eine farbe hat,
oder was für eine form.
>>

ist es dir möglich über den computer an sich etwas auszusagen,
oder nur über das bild, welches in deinem kopf (bewusstsein) existiert?
kannst du mir beweisen, dass es diesen computer ausserhalb deinem (unserem)
kopf gibt?

----------

ralativitätstheorie. quantentheorie.
die zwei säulen der physik; das "grosse" und das "kleine".
(soweit ich diese theorien verstehe harmonieren sie noch nich miteinander.)

wie funktionert "beweisen" in der physik?

ganz einfach, eigentlich: die theorie muss einfach sein (*lol*) und man muss es
beobachten können. kannst du es nicht mit einer anderen theorie wiederlegen
hast du den jackpot. simple life.



ps: gibt es etwas, das du interpretierst, welches nicht in deinem kopf existiert?
ich meine: du kannst doch nur über das bild in deinem bewusstsein sprechen,
nicht aber über die "sache an sich"?

lg, espearnto
 
Hi Spirita!

Ich glaube nicht nur, das alles relativ ist, sondern das alles Glaube ist.

Und in diesem Fall ist es ziemlich müßig darüber zu diskutieren denn Du GLAUBST das eine und ich GLAUBE das andere.

Mir ist doch vollkommen klar, das Alles ist Glaube/relativ in sich widersprüchlich ist. Es ist ein Paradox. Und genau deshalb glaube ich ja das es wahr ist und die Wirklichkeit gerade deshalb besser beschreibt als jede eindeutige Aussage, weil die Realität paradox ist.
Und Du sagst dauernd: Paradox - Widerspruch... Widerspruch - falsch

Richard Feynman: "Das Paradox ist lediglich ein Konflikt zwischen der Realität und ihrem Gefühl was Realität sein sollte."

Viele Grüße,
C.
 
Condemn schrieb:
Richard Feynman: "Das Paradox ist lediglich ein Konflikt zwischen der Realität und ihrem Gefühl was Realität sein sollte."

Viele Grüße,
C.
Sehr gut, das Feynman'sche Zitat!
"Weil nicht sein kann, was nicht sein darf".
Daran klammert sich der Mensch, wie ein Wurm, der nur kriechen kann und deshalb leugnet, es gaebe Wesen, die aufrecht gehen...

Bijoux
 
hi condemn,

Condemn schrieb:
Ich glaube nicht nur, das alles relativ ist, sondern das alles Glaube ist.
ist glaube nicht das, was du aus dem machst, was IST?
--> rot, schön, hässlich, gut, böse...

hmm.. wie wäre es, wenn du das, was ist, so lässt wie es ist und nichts daraus machst?


I'm just thinking..
 
esperanto schrieb:
hi condemn,


ist glaube nicht das, was du aus dem machst, was IST?
--> rot, schön, hässlich, gut, böse...

hmm.. wie wäre es, wenn du das, was ist, so lässt wie es ist und nichts daraus machst?


I'm just thinking..

Das Paradox aus SEIN und dem was man dann mit Glaube bezeichnet kommt meiner Meinung nach daher, das für einen selbst die eigene Wahrnehmung sozusagen das "Obejektivste" ist. DAS IST.
In der Interaktion mit anderen muss man aber wohl zugestehen, das sie manches anders sehen können, denken können und im Endeffekt glauben. Denn wenn jemand sagt: "Das IST so und so..." dann meine ich das er sagt: "Das ist für MICH so... "oder er sagt "Ich GLAUBE das es so ist"

Denn wie willst Du definieren wie ich die Dinge lassen sollte? Wie sind sie und bist Du Dir wirklich sicher das sie so sind, oder könnte Deine subjektive Bewertung sie verzerrt haben. Hat Deine Wahrnehmung sie erschaffen, dann sind sie so, hat Deine Wahrnehmung sie aus einer "objektiveren" Welt übersetzt sind sie nicht zwingend so. Ich bin übrigens der Meinung jeder "erschafft" seine eigene Realität.

Viele Grüße,
C.
 
Gäbe es keine objektive Relität, wäre unsere subjektive Realität pure Illusion.
Mit dem verschwinden des Subjekts, bliebe damit rein gar nichts.
Aber genau dieses ist dann die objektive Realität.
Meister Eckart nennt Gott ein reines Nichts, aus dem Alles kommt.
 
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gibt es etwas ausserhalb deines bewusstseins?

existiert nicht jede wahrnehmung, jedes gefühl etc nur in deinem kopf?

gibte es etwas, das "dir" gegenüber nicht als objekt erscheint?



Condemn schrieb:
Das Paradox aus SEIN und dem was man dann mit Glaube bezeichnet kommt meiner Meinung nach daher, das für einen selbst die eigene Wahrnehmung sozusagen das "Obejektivste" ist.
wenn du es bei dem belässt, was es ist - egal was es ist - verschwindet die... ehm, "objektivität".

*lach*
 
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