Um die Sache auf den Punkt zu bringen:
1. Therevada-Vipassana ist "nicht-affirmativ" ("nihilistisch") in dem Sinne, als dass die folgenden drei positivsprachlichen philosophischen Konzepte verneint werden: 1. "Es gibt ein unabhängig existierendes Ich/Selbst." 2. "Es gibt Unvergängliches." 3. "Das Leben/Dasein kann vollständig zufriedenstellend sein." Vipassana führt folglich zur Einsicht in die drei Daseinsmerkmale. Da alle fühlenden Lebewesen sich prinzipiell in der gleichen existentiellen Situation befinden (nämlich in Samsara) haben alle gleichermassen dasselbe Mitgefühl verdient. Eine wirklich affirmative Position bietet Therevada hingegen nicht direkt an, die Praxis befreit in erster Linie von etwas.
2. Die hinduistische Philosophie (auf die ich weiter oben im Gegensatz zu D. Brown nicht eingegangen bin), ist "nur-affirmativ" in dem Sinne, als dass die folgenden drei positivsprachlichen Konzepte bejaht werden: 1. "Es gibt ein unabhängig existierendes Selbst (Atman)." 2. Es gibt Ewig-Unvergängliches (Brahman/Atman)." 3. "Das Dasein ist im innersten Kern Glückseligkeit (Ananda)."
3. Mahamudra (oder auch Dzogchen) im Sinne Browns ist sowohl "nicht-affirmativ" als auch "affirmativ" zugleich. Und zwar in dem Sinne, dass zuerst dieselben drei Einsichten (Nicht-Selbst, Vergänglichkeit, unzufriedenstellend) erwirkt und damit quasi die hinduistische Version verneint wird (nicht-affirmativer Aspekt), um danach aber in einem zweiten dialektischen Schritt affirmativ eine Alternative anzubieten: Die Dinge sind nämlich gleichzeitig spontan manifester Ausdruck der Buddhanatur. Im Dzogchen wird gesagt, der Urgrund ist gleichzeitig kadag ("leer") und lhundrup ("spontan manifest"), ähnliche Aussagen finden sich im Mahamudra. Oder eine ähnliche Aussage wäre, dass Leerhheit und Mitgefühl die zwei Seiten derselben Medaille sind. Im Gegensatz zum Therevada wird somit dem affirmativen Aspekt nicht "nur" ein ontologisch relativer sondern ein absoluter Status zugestanden. Die Praxis befreit nicht nur von etwas, sondern sie befreit zu etwas. Das - also die affirmative Seite - meinte ich eigentlich weiter oben in meinem Post, als ich - zugegebenermassen nicht sehr treffsicher - über Mitgefühl in den verschiedenen Traditionen gesprochen habe.
1. Therevada-Vipassana ist "nicht-affirmativ" ("nihilistisch") in dem Sinne, als dass die folgenden drei positivsprachlichen philosophischen Konzepte verneint werden: 1. "Es gibt ein unabhängig existierendes Ich/Selbst." 2. "Es gibt Unvergängliches." 3. "Das Leben/Dasein kann vollständig zufriedenstellend sein." Vipassana führt folglich zur Einsicht in die drei Daseinsmerkmale. Da alle fühlenden Lebewesen sich prinzipiell in der gleichen existentiellen Situation befinden (nämlich in Samsara) haben alle gleichermassen dasselbe Mitgefühl verdient. Eine wirklich affirmative Position bietet Therevada hingegen nicht direkt an, die Praxis befreit in erster Linie von etwas.
2. Die hinduistische Philosophie (auf die ich weiter oben im Gegensatz zu D. Brown nicht eingegangen bin), ist "nur-affirmativ" in dem Sinne, als dass die folgenden drei positivsprachlichen Konzepte bejaht werden: 1. "Es gibt ein unabhängig existierendes Selbst (Atman)." 2. Es gibt Ewig-Unvergängliches (Brahman/Atman)." 3. "Das Dasein ist im innersten Kern Glückseligkeit (Ananda)."
3. Mahamudra (oder auch Dzogchen) im Sinne Browns ist sowohl "nicht-affirmativ" als auch "affirmativ" zugleich. Und zwar in dem Sinne, dass zuerst dieselben drei Einsichten (Nicht-Selbst, Vergänglichkeit, unzufriedenstellend) erwirkt und damit quasi die hinduistische Version verneint wird (nicht-affirmativer Aspekt), um danach aber in einem zweiten dialektischen Schritt affirmativ eine Alternative anzubieten: Die Dinge sind nämlich gleichzeitig spontan manifester Ausdruck der Buddhanatur. Im Dzogchen wird gesagt, der Urgrund ist gleichzeitig kadag ("leer") und lhundrup ("spontan manifest"), ähnliche Aussagen finden sich im Mahamudra. Oder eine ähnliche Aussage wäre, dass Leerhheit und Mitgefühl die zwei Seiten derselben Medaille sind. Im Gegensatz zum Therevada wird somit dem affirmativen Aspekt nicht "nur" ein ontologisch relativer sondern ein absoluter Status zugestanden. Die Praxis befreit nicht nur von etwas, sondern sie befreit zu etwas. Das - also die affirmative Seite - meinte ich eigentlich weiter oben in meinem Post, als ich - zugegebenermassen nicht sehr treffsicher - über Mitgefühl in den verschiedenen Traditionen gesprochen habe.
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