Tarbagan
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Die Miller-Urey-Experimente waren ohnehin "falsch", weil sie die damaligen atmosphärischen Umstände nicht richtig wiedergegeben haben. Weitere "Ursuppenexperimente" führten aber durchaus auch schon zur Peptidbildung. Das zeigt ganz offensichtlich, dass eine solche selektive Addition stattfindet. Dass die genauen Mechanismen unklar bleiben, tut dem keinen Abbruch.Entweder müssen die besagten monofunktionellen Verbindungen selektiv beseitigt werden oder es muss zu einer Isolation der zu verkettenden Aminosäuren kommen. Nur so könnten die entsprechenden Kettenausbildungen realisiert werden. Faktoren, die in den Miller'schen Versuchen zur Entfernung der monofunktionellen Moleküle führen oder die die Isolation der Kettenbausteine bewirken, sind meines Wissens völlig unbekannt.
Die Frage ist, was man unter "längeren Ketten" versteht. Schon eine Peptidkette aus 36 Aminosäuren kann ungeahnte Funktionen entfalten. Und wie du schon sagtest; die genauen Mechanismen sind unbekannt. Daher ist es auch relativ vermessen zu sagen "dieses Verhältnis bestimmt die Kettenlänge", denn eines wollen wir mal nicht vergessen; der "Zufall" hatte einen ganzen Erdball voller Versuche und ungefähr eine Milliarde Jahre Zeit, um die ersten einfachen Organismen zu produzieren. Dabei bräuchte es nur ein einziges mal vorzukommen, dass sich zufällig eine funktionale Peptidkette bildet, die die Bildung anderer Peptide katalysiert (eine Art krudes Enzym) - auf Basis dieser neuen Umstände können sich dann wiederum komplexere Peptide und Proteine bilden, usw.Fakt ist meines Wissens, dass in den genannten Simulationsexperimenten das Verhältnis von monofunktionellen Verbindungen zu bifunktionellen Verbindungen die statistisch zu erwartende Kettenlänge determiniert. Wie bereits erwähnt, überwiegen die monofunktionellen Moleküle mengenmäßig bei weitem, sodass sich hieraus entsprechende Rückschlüsse auf die Kettenlängen ziehen lassen: Längere Kettenbildungen sind unter diesen Umständen nicht möglich.
Deswegen sagte ich ja auch schon, dass diese Experimente á la Miller nur bedingt Erkenntnisgewinn bringen - die Erde hatte hunderte Millionen Jahre Zeit, und die Miller-Versuche sind grade mal ein halbes Jahrhundert alt. Außerdem könnte es sein, dass es vielleicht ein ganz spezifisches "Ur-Peptid" gab, das maßgeblich für die Entstehung des Lebens verantwortlich war, und dessen Bildung nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit allein durchschnittlich 2 Milliarden Jahre dauert, aber durch einen "Zufall" halt schon unwarhscheinlich früh (z.B. nach 100 Millionen Jahren) entstanden ist.
Wir können das nicht wissen, weil wir nicht dabei waren. Zu sagen "diese und jene Theorie ist die wahrscheinlichste" ist ganz nett, aber am Ende könnte auch die unwahrscheinlichste Theorie verantwortlich für die spontane Bildung des ersten für die Entwicklung des Lebens funktionalen Peptids verantwortlich gewesen sein.