Naivität vs Vertrauen

Empfundene Schuld tut weh. Mit seelischem Schmerz ist es ebenso. Beides abzustreiten, wenn man *drin* ist, wäre nicht nur sinnlos, sondern sogar wenig förderlich.
Hat man aber eingesehen (so wie du), dass es keine Schuld gibt, dann stellen sich sofort weitere Fragen. Eine davon gilt dem Schmerz. Wie real kann er dann noch sein?

Okay, jetzt mal ganz langsam, Schritt für Schritt. Theorie ist ja schön, aber ohne Fleisch bleibt sie fad. Du sagst, "empfundene Schuld" tut weh. Aber was soll das denn sein? Empfundene Schuld? Was empfindest Du denn, wenn du sagst, Du fühlst Dich schuldig?
Wenn ich sage, ich fühle mich schuldig, dann ist die Krux ja gerade die, dass ich nix empfinde. Was soll denn ein Schuldgefühl bitte sein? Da ist doch dann nur dieses Zusammenziehen, dass das klare Gefühl gerade überdeckt? Wenn mir jemand etwas "angetan" hat und mir sagt, er fühle sich deswegen so schuldig, dann berührt mich das nicht im Geringsten, - weil der nämlich gar nicht fühlt, was er mir angetan hat.
Schuld ist für mich eben nicht Schmerz, Schuld ist für mich eine Vermeidung von Schmerz. Während Schuld für mich ein Konstrukt ist, ist Schmerz für mich aber real, - denn er tut so höllisch weh.

Menschen werden u.U. immer Schuld verspüren oder seelischen Schmerz. Was willst du daran ändern?

Solange einer in meiner Familie leidet, kann es niemals wirklich gut sein. Nicht so wirklich. Ich kann vielleicht mein Leben gut führen, auch zufrieden und glücklich sein, etc. etc., aber richtig gut kann es nur sein, wenn alle den Schmerz überwunden haben. Schwer zu erklären. Ich bin nicht so eine empathische Nudel, die bei allem mitleidet und dennoch, in meinem tiefsten Inneren ist tiefer Schmerz bei anderen auch irgendwie mein Schmerz. Und solange man Aua hat, ist man nicht heile:). Naja, und als Menschen sind wir doch auch irgendwie eine Familie.

Tanita
 
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Naivität vs Unschuld, - das ist gut.

Ist also das ursprüngliche Urvertrauen eine kindliche Naivität, die uns unschuldig im Paradies herumtollen ließ bis wir unbedingt vom Baum der Erkenntnis naschen mussten?
Das wird so als Vorwurf hineingebracht, dass das eine bewusst Verbotsübertretung war, für die wir büßen müssen. Aber ist das nicht Unsinn? Naivität gilt es doch zu überwinden. Das heißt, wir müssen doch Verbote übertreten, um zu wachsen und zu reifen. D.h. wir haben uns nicht schuldig gemacht, sondern wir haben - unbewusst - etwas ganz großartiges auf uns genommen, indem wir in die Welt der Erfahrungen und des Schmerzes gegangen sind. Denn nur mit diesen Erfahrungen sind wir schlußendlich zu wirklichem Vertrauen fähig und vielleicht ist das der große Gewinn, die große Bereicherung, nämlich im vollen Bewusstsein von allem, was ist, vertrauen zu können? Unschuld 2. Teil:)?!


Rückblickend sagen wir oft, "wenn ich damals gewusst hätte, dass...., dann hätte ich nicht......". Ich meine immer, dass dieser in die Vergangenheit weisende Konjunktiv der größte Unsinn ist, denn ich wußte damals halt nicht, dass....... Ich war vielleicht zu dumm, zu naiv, nicht klug genug, wie auch immer. Fakt ist, ich wußte nicht und ich benötigte genau diese Erfahrung, um klüger, weiser, reifer zu werden. Und damit wird SCHULD doch völlig absurd? Wir können uns doch nicht unsere Dummheit zum Vorwurf machen, wenn wir doch genau diese Dummheit benötigten, um klug zu werden?

Hui!


@Sayalla: ich weiß das nicht, wieviel Zeit ich noch habe;).


Schuld ist absurd. Und trotzdem hänge ich hin und wieder drin.
Es gibt tatsächlich keine Schuld wenn Du nicht dran glaubst.
Die Bücher von Bodo Delez und seiner Frau "Mary" und andere haben da wundervolle Geschichten ....
Das Problem ist nicht Schuld oder Unschuld, sondern unser Glaube.
Oder wie auch immer Du das genau ausdrückst. Es sind Konzepte.
Wir stellen den Spielplan auf und spielen nach unseren eigenen Regeln.
Oder nach denen der anderen.

Wenn Du es als Erfahrung sehen kannst, die Du benötigt hast,
um in Zukunft eine andere Entscheidung zu treffen, dann bist Du weise.

Wenn du Dich umdrehen kannst und etwas völlig anderes tun, dann bist
Du unschuldig. Allerdings wird das nicht gerne gesehen. Schuld ist ein
erprobtes Zahlungsmittel, nicht nur in der Kirche. :rolleyes:
 
Wenn ich von Schuld sprechen würde (was ich nicht tue), dann käme am Ehesten wohl der Vergleich mit der Verantwortung zustande. Das kann auch durchaus im Positiven sein. Ich bin z.B. Schuld daran, ein Kind geboren zu haben... soll heissen, ich bin mir der Verantwortung bewusst.
Dafür, was du tust / lässt, bin ich auch teilweise verantwortlich... und jetzt fängts an interessant zu werden, denn meine Verantwortung hört genau da auf, wo deine anfängt.

Wenn ich dir gestern bei Rot ins Auto gerannt wäre, kannst du dich zwar schuldig fühlen, aber du bist es nicht, da es meine Verantwortung war, eben dies nicht zu tun.
Was anderes ist es, wenn ich 3 bin- und du fährst das Auto. Dann fühlst du viel mehr Schuld als beim ersten möglichen Fall.
Und wenn du gar betrunken gefahren bist, kommst du aus dem Kreisel um die Schuld nicht so schnell wieder raus- egal, wie alt ich wäre.

Ich sage nun, in allen 3 Fällen gibt es dennoch keine Schuld. Denn hättest du gewusst, wie mies du dich fühlen würdest, wenn... hättest du einen Umweg gewählt oder anders gehandelt oder oder. Du wusstest es in keinem der 3 Fälle, also wie nützlich ist die Schuld dir hinterher wirklich?
Für mich steht Schuld in engem Zusammenhang mit Schmerz. Ich kann mich ja nur schuldig fühlen, wenn ich den Schmerz wahrnehme.

Habe ich jetzt für noch mehr Durcheinander gesorgt? Ich hoffe, nicht. :)
 
Okay, jetzt mal ganz langsam, Schritt für Schritt. Theorie ist ja schön, aber ohne Fleisch bleibt sie fad. Du sagst, "empfundene Schuld" tut weh. Aber was soll das denn sein? Empfundene Schuld? Was empfindest Du denn, wenn du sagst, Du fühlst Dich schuldig?
Wenn ich sage, ich fühle mich schuldig, dann ist die Krux ja gerade die, dass ich nix empfinde. Was soll denn ein Schuldgefühl bitte sein? Da ist doch dann nur dieses Zusammenziehen, dass das klare Gefühl gerade überdeckt? Wenn mir jemand etwas "angetan" hat und mir sagt, er fühle sich deswegen so schuldig, dann berührt mich das nicht im Geringsten, - weil der nämlich gar nicht fühlt, was er mir angetan hat.
Schuld ist für mich eben nicht Schmerz, Schuld ist für mich eine Vermeidung von Schmerz. Während Schuld für mich ein Konstrukt ist, ist Schmerz für mich aber real, - denn er tut so höllisch weh.

Das sehe ich genauso.
Sehr schön ausgedrückt. :thumbup:
Das Fühlen des Schmerzes würde an sein natürliches Ende kommen.
Dann kannst Du etwas anderes tun.
Durch Schuldkonzepte wird Fühlen verhindert, dadurch kommt nie was zu
seinem natürlichen Ende. Nix geht vorwärts. Ein geniales Konzept, einfach und
mit durchschlagendem Erfolg. Hut ab, Herr Beelzebub, Ahriman, Luzifer oder was
für Namen Sie noch haben.

Solange einer in meiner Familie leidet, kann es niemals wirklich gut sein. Nicht so wirklich. Ich kann vielleicht mein Leben gut führen, auch zufrieden und glücklich sein, etc. etc., aber richtig gut kann es nur sein, wenn alle den Schmerz überwunden haben. Schwer zu erklären. Ich bin nicht so eine empathische Nudel, die bei allem mitleidet und dennoch, in meinem tiefsten Inneren ist tiefer Schmerz bei anderen auch irgendwie mein Schmerz. Und solange man Aua hat, ist man nicht heile:). Naja, und als Menschen sind wir doch auch irgendwie eine Familie.

Tanita

Ja, das ist das schöne Problem, die Aufgabe, die wir als Menschen haben.

Oder anders ausgedrückt:

Wir sind hier, weil es letztlich kein Entrinnen vor uns selbst gibt.
Solange der Mensch sich nicht selbst in den Augen und Herzen seiner
Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht. Solange er nicht zulässt,
dass seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es für ihn
keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet durchschaut zu werden,
kann er weder sich selbst noch andere erkennen - er wird allein sein.

Wo können wir solch einen Spiegel finden, wenn nicht in unserem
Nächsten? Hier in der Gemeinschaft kann ein Mensch erst richtig klar
über sich werden und sich nicht mehr als den Riesen seiner Träume
oder den Zwergen seiner Ängste sehen, sondern als Mensch, der --
Teil eines Ganzen -- zu ihrem Wohl seinen Beitrag leistet. In solchem
Boden können wir Wurzeln schlagen und wachsen; nicht mehr allein
-- wie im Tod -- sondern lebendig, als Mensch unter Menschen.

Richard Beauvais, 1964


Keine weiteren Fragen.
 
Es ist auch ein die Frage welche Ebenen wie betroffen sind:
Schuld ist ein mentales Konzept.
Mentaler Schmerz ist eher eine Erfindung, eine Illusion, eine Vorstellung ....
Das mentale Konzept drückt aber auf den Emotionalkörper.
Der empfindet dann durchaus etwas.
Emotionaler Schmerz wäre Trauer, Wut ....
Physischer Schmerz wäre Kopfweh, Jucken, Verletzungen ...
 
Und was mir noch auffällt, ist
dass wir wunderbar über Schuld schreiben können ...

aber Unschuld?
Unschuld?
 
Es ist auch ein die Frage welche Ebenen wie betroffen sind:
Schuld ist ein mentales Konzept.
Mentaler Schmerz ist eher eine Erfindung, eine Illusion, eine Vorstellung ....
Das mentale Konzept drückt aber auf den Emotionalkörper.
Der empfindet dann durchaus etwas.
Emotionaler Schmerz wäre Trauer, Wut ....
Physischer Schmerz wäre Kopfweh, Jucken, Verletzungen ...

Ja, genau! Dieses Schuldkonstrukt wirkt sich aus.

Übrigens,@Sayalla, du hast nicht für noch mehr Durcheinander gesorgt:). Nur kann ich halt einfach mit der Schuld als einem Schuldgefühl so gar nichts anfangen. Überleg`mal, Du kannst sagen, heute fühle ich mich so fröhlich, heute bin ich so wütend, so traurig, - aber würdest du jemals sagen, heute fühle ich mich so schuldig? Wenn du das nächste Mal "Schuld fühlst", dann fühle doch mal so wirklich in Dich und schaue, wo genau Du was fühlst-

Heute früh bin ich nicht einem "Schuldgefühl", sondern einem Schuldvorwurf nachgegangen, den ich einfach nicht loslassen kann. Es ist wie verhext. Ich weiß, wie unfrei mich das hält, dass es nix bringt, wie unfair es ist, aber immer und immer wieder schiebt sich dieser Satz (in diesem Fall: Ihr habt mich im Stich gelassen) in mein Bewusstsein.
Dabei, andr, fühle ich zwar einen bohrenden Schmerz im Brustbereich, ABER es ist ein bohrender, chronischer "Klebeschmerz". Ich weiß, wie sich Traurigkeit ohne Schuld- (gefühl- oder vorwurf) anfühlt. Das ist ein sehr lebendiges Gefühl und ja, es kommt zu einem ganz natürlichen Ende und ja, dann iss es gut. Aber Der "Schuld-Klebe-Schmerz" ist wie ein Sumpf, der einen immer und immer wieder hinabzieht und jede Lebendigkeit verhindern möchte.

Was um Gottes Willen ist dieses Schuld-Ding? Es hat eine solche Macht über uns.
 
Ja, genau! Dieses Schuldkonstrukt wirkt sich aus.

Übrigens,@Sayalla, du hast nicht für noch mehr Durcheinander gesorgt:). Nur kann ich halt einfach mit der Schuld als einem Schuldgefühl so gar nichts anfangen. Überleg`mal, Du kannst sagen, heute fühle ich mich so fröhlich, heute bin ich so wütend, so traurig, - aber würdest du jemals sagen, heute fühle ich mich so schuldig? Wenn du das nächste Mal "Schuld fühlst", dann fühle doch mal so wirklich in Dich und schaue, wo genau Du was fühlst-

Das letzte Mal, als ich mich schuldig gefühlt habe, kann ich noch sehr gut erinnern. Das war an einem Punkt, der vorher in mir noch nicht geheilt war. Ich habe mich wie ein Kind verhalten, wo ich eigentlich wie eine Erwachsene hätte reagieren sollen. Natürlich ging das Ganze gründlich nach hinten los.
Als ich mir die Scherben ansah, kam das Schuld*gefühl*.
Du hast vollkommen recht damit, wenn du sagst, das Schuldgefühl ist nicht be-greifbar. Es ist diffus und entzieht sich unserer Klarheit. Aber genau darin liegt doch die Unwissenheit.
Dringt nämlich zu uns durch, wieso weshalb wir grad mal wieder leiden, löst es sich durch Erkenntnis auf. Der Baum der Erkenntnis ist also für mich einerseits etwas Befreiendes, nur hängen seine Früchte oft so hoch...
 
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Wenn ich von Schuld sprechen würde (was ich nicht tue), dann käme am Ehesten wohl der Vergleich mit der Verantwortung zustande. Das kann auch durchaus im Positiven sein. Ich bin z.B. Schuld daran, ein Kind geboren zu haben... soll heissen, ich bin mir der Verantwortung bewusst.
Dafür, was du tust / lässt, bin ich auch teilweise verantwortlich... und jetzt fängts an interessant zu werden, denn meine Verantwortung hört genau da auf, wo deine anfängt.

Wenn ich dir gestern bei Rot ins Auto gerannt wäre, kannst du dich zwar schuldig fühlen, aber du bist es nicht, da es meine Verantwortung war, eben dies nicht zu tun.
Was anderes ist es, wenn ich 3 bin- und du fährst das Auto. Dann fühlst du viel mehr Schuld als beim ersten möglichen Fall.
Und wenn du gar betrunken gefahren bist, kommst du aus dem Kreisel um die Schuld nicht so schnell wieder raus- egal, wie alt ich wäre.

Ich sage nun, in allen 3 Fällen gibt es dennoch keine Schuld. Denn hättest du gewusst, wie mies du dich fühlen würdest, wenn... hättest du einen Umweg gewählt oder anders gehandelt oder oder. Du wusstest es in keinem der 3 Fälle, also wie nützlich ist die Schuld dir hinterher wirklich?
Für mich steht Schuld in engem Zusammenhang mit Schmerz. Ich kann mich ja nur schuldig fühlen, wenn ich den Schmerz wahrnehme.

Habe ich jetzt für noch mehr Durcheinander gesorgt? Ich hoffe, nicht. :)


Durch Schuldbewusstsein empfindet man Reue und diese Reue kann verhindern das man Taten wieder begeht . Sich reumütig zu zeigen vor Gericht ist z.b ein mildernder Faktor ..
 
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