Hallöchen Rita Maria,
Mit dir macht der Austausch von Ideen mir immer ganz besonderen Spaß.
Zu 1. und 2.
Der Begriff Corrector/Correctores wird, das hatte ich mal in einer Übung in der römischen Antike generell verwandt wenn man von Jemandem spricht der Handelsbücher bzw. Geschäftsunterlagen und Ähnliches durchsieht/korrigiert.
Da es dir um die Bibel speziell die Evangelien geht, gehe ich mal davon aus du spielst auf das "Evangelium des vollkommenen Lebens" und die "War Jesus Vegetarier?" Debatte an (korrigiere mich, wenn deine Vermutung über die Correctores nicht aus dieser Richtung kommt.)
Jetzt zu deiner Frage, die eine umfassende Antwort verlangt und verdient.
Es ist richtig, dass es Correctores gab, die alle Dokumente, die man finden konnte sammelten und zusammenfassten. Das steht fest und kann historisch nicht bezweifelt werden. Über die Gründe die zu der Beauftragung eines Correctors führte wird aber immer noch heftigst gestritten.
Modern ist der Vorschlag, die "Kirche" setzt speziell geschulte Männer ein, die versuchen sollten, die vielen Evangelien in eine einheitliche Form zu bringen und die den Auftrag hatten möglichst all das, was sich schwer mit den damals herrschenden Lebensbedingungen und Kulturen verbinden lasse "heraus zu streichen".
So heftig diese These vorgebracht wird, so vehement wird ihr widersprochen.
In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff "
Konzil in Nicaea", auf dem Konstantin die Bischöfe der damaligen Kriche dazu gezwungen habe sich 1. auf eine einheitliche Form der Bibel festzulegen und 2. diesen Kanon so zu gestalten, das er gut in die politische Philosophie des Kaisers passte.
Aber was kann man dazu sagen?
Zunächst wäre wichtig darauf hinzuweisen, dass es anders als heute in den ersten Jahrhunderten keine einheitliche katholische Kirche gab. Vielmehr gab es fast so viele Ansichten und Evangelien wie größere Gemeinden. Der christliche Glaube war in sehr viele Gemeinschaften "eingeteilt", die völlig unterschiedliche Ansichten vertraten, wie man eben diesen Glauben ausleben sollte.
So erklären sich auch die Evangelien des Philippus, des Thomas und der Maria aus Nag Hammadi beispielsweise (Stichwort Gnosis). Die Gemeinden lebten ihre Art des Christentums mit eigenem Brauchtum, was sie in ihren Evangelien belegt sahen.
Das soll nicht heißen, dass diese Evangelien weniger authentisch wären als die kanonisierten, denn auch diese sind genau so entstanden.
Die historisch
belegte Aufgabe der Correctores bestand nun darin Sammlungen der einzelnen Glaubensansätze anzufertigen, um die vielen kleinen Glaubensgemeinschaften zu einer Kirche zu einen.
Ob die kanonisierten Evangelien korrigiert wurden oder nicht lässt sich darüber hinaus fast nicht belegen.
Es gibt eine einzige Quelle, die darauf
hindeutet, dass es nicht so gewesen ist und das ist ein winzig kleiner Teil des Johannesevangeliums, datiert auf das Jahr 120, der fast zu 100% mit dem uns heute bekannten Johannes übereinstimmt.
Allgemein geht man nicht davon aus, dass die Bibel korrigiert und andere Evangelien vernichtet worden sind, sondern, dass ein fast evolutionärer Prozess stattgefunden habe, während dem sich die meisten Gläubigen der Richtung anschlossen, mit der sie in ihrem eigenen Glaubensverständniss die meisten Gemeinsamkeiten hatten. Diese Richtung war es schließlich die 325 die Ergebnisse des Konzils von Nicaea maßgeblich mitbestimmte.
Allerdings ist aus dieser Zeit nicht belegt, dass versucht wurde andere Glaubensgemeinschaften christliche Ursprungs zu zerstören, was man an den Kopten beispielsweise sehen kann.
Zu 3.
sage schrieb:
Im Interesse des "Unternehmens" Kirche mußte das "Image" des "Superstars" Jesus auf die Bedürfnisse des "Unternehmens" zurechtgeschneidert werden.
Das würde ich ähnlich sehen, wenn ich es auch vielleicht anders formulieren würde.
Man muss auch hier wieder bedenken, dass es viele chrisliche Glaubensgemeinschaften und viele unterschiedliche Bilder Jesu gab. Die frühe Kirche an sich existierte also nicht, so dass niemand hätte solche Beweise vernichten können oder müssen, den politisch waren Christen zu Beginn des 1. Jahrtausends unwichtig
Allerdings nach heutiger Sicht hätte es Sinn gemacht denn:
Im Sinne eines Menschen, der gleichzeitig Gott war und der, indem er völlig selbstlos war sein Leben für alle Menschen geopfert hat, würde eine Hochzeit mit einer menschlichen Frau nicht ins Bild passen. Damit würde Jesus alle Göttlichkeit genommen und man würde ihn zu einem normalen sterblich "herabwürdigen".
Ob aber Jesus verheiratet war, ob er Vegetarier war, ob er Kinder hatte lässt sich nicht belegen, daher müssen wir sagen, dass es genauso gut wahrscheinlich, wie unwahrscheinlich ist und von der völlig willkürliche Betrachtungsweise des einzelnen abhängt.