Lieber A.,
kennst du den Kampf mit dem Marmeladenglasdeckel? Du mühst dich, aber er will sich nicht bewegen. Dann greift dein Partner über den Tisch, "lass mich mal versuchen" und das verflixte Ding lässt sich ganz leicht öffnen.
Vieles, was hier geschrieben wurde zum Thema Mitgefühl statt Sühne und Strafe, habe ich - anders formuliert - bereits an vielen anderen Orten angeregt. Schon, dass es nun einen Weg gibt, dem Raum zu geben durch andere hier!
Täter sind zwar Täter (und das muss auch gesehen werden) aber auch Opfer (die müssen noch mehr gesehen werden und wer sich an ihre Stelle stellt, der lenkt den Blick ab von ihnen) - zum Beispiel Opfer der Empörten allerorten, die meinen an Stelle anderer Opfer über sie richten zu dürfen. Daher kommt es leider, dass, wenn das Wort "Schuld" fällt, viele da hinein lesen: "hängt sie/ihn höher!". dabei habe ich zumindest dieses Wort nie so verwendet. ICh sprach oft von "Schuld(-igkeit)" im Sinne von jemandem einen Ausgleich schulden (der evtl. nicht mehr zu erbringen ist).
So auch leider das Missverständnis einiger meiner Beiträge in anderen Threads. Schade!
Ich sehe, ganz subjektiv natürlich
, dass ich von dir gute Einsichten, Hinweise und Denkanstöße gelesen habe, die dann von sperrigen Bezügen, Beispielen oder nach Beschuldigungen klingenden "wenn-dann"-Ketten, oder der Einbeziehung sehr unbeliebter Prominenter ( Hitler, Magda Goebbels) und immer wieder Hellinger als geistige Autorität eingerahmt und begleitet, völlig untergingen.
Wer die Einsichten nicht nehmen wollte, bekam gratis die Garnierung mitgeliefert, auf die er sich dann ersatzweise stürzen konnte.
Deine Signatur verstehe ich übrigens so, dass dir das bewusst ist, ja vielleicht sogar gewollt. Kurzer, vielleicht etwas alberner Geistesblitz dazu: Wie wärs denn statt dessen mit: "Bitte nicht auf den Boten schießen!"?
Interessant auch, wie hier im Forum versucht wird, mit denselben Moralmechanismen, Zugehörigkeit zu schaffen und auszuschließen - sogar ein Verbot zu arbeiten wurde in Bezug auf mich nahe gelegt und Zugehörigkeit am Grad der Unterstützung der Empörung gegen mich zu messen begonnen. Wir sind nicht frei von diesen Mechanismen..
Ja, eben, das ist ganz normal, also eigentlich nicht der Rede wert.
Was dich betrifft, ging es gegen dich schon etliche Male unter die Gürtellinie, auch das ist wahr.
Ich stelle mir das mal räumlich vor, also in Gedanken auf:
Ich sehe dich und um dich herum die Personen, die du in deinen Ausführungen dazu geholt hast. Lauter reizende Leute übrigens, diese deine Begleiter
, und nicht die erste Wahl um einen Einstieg ins Mitgefühl zu bekommen.
Das, was denen entgegen gebracht wird, beziehst du aber rein auf dich persönlich.
Ich stelle um, dich deutlich seitlich versetzt zu den Reizfiguren und zeitlich ebenso deutlich davor.
Meine Frage an dich: Wie würdest du dich ausdrücken und was würde an- und zurück kommen, ohne solche Begleiter?
Vielleicht ist es eine gute Anregung in diesem Zusammenhang: können wir auch Hitler schon einen Platz in unseren Herzen als ein Mensch wie wir selbst geben, der auch Täter war und auch erfasst wurde von etwas, das er möglicherweise nicht unter Kontrolle gehabt haben, ja das größer als er gewesen sein mag? Erst dann wären wir frei von ihm, denke ich. Und dann wären wir frei von den Tätern in uns selbst. Wer traut sich zu so viel Mitgefühl?.
Vielleicht ist das aber auch überfordernd oder provozierend, uns, denn da beziehe ich mich ganz und gar mit ein, zum Üben gleich mal einen mega sperrigen Brocken vorzusetzten? Lass uns doch erst mal mit unseren Arschengeln arbeiten
Ich gestehe: wenn ich Glatzköpfe in unserer Straße sehe, von denen ich befürchten muss, dass sie meine Frau verprügeln, weil sie für sie eine Fremde ist, dann muss ich daran noch arbeiten, an meinem Mitgefühl. Aber ich arbeite daran..
Bei mir sind es die Fahradfahrer, die unvermittelt zwischen Fahrbahn, Rad- und Gehwegen hin und her wechseln und mit zu Vollbremsungen nötigen, wenn sie plötzlich auf den Zebrastreifen einschwenken
Was mir dabei sehr hilft, ist, "sie" als homogene Gruppe zu sehen, die sich "immer" falsch verhält, und "nie" tut, was sie sollte
Und wie das:
Leider habe ich momenan nicht die Zeit zu weiteren Ausführungen und bitte daher, sich einmal über die Funktion des persönlichen Gewissens und der "Moral" in Bezug auf das Regeln von Zugehörigkeit von Systemen sowie die gegenlaufenden Funktionen des systemischen Gewissens an geeigneter Stelle zu informieren. Ein sehr interessanter Bereich in Bezug auf Euer Thema hier!
bei mir ankommt, mag als Beispiel für meinen Hinweis dienen, dass die beste Mässitsch mühelos durch ihre Verpackung oder Garnierung oder Schlußwörter wie dieses in was Anderes verkehrt werden kann.
Wohlgemerkt geht es mir hier darum, dir wenn möglich nahe zu bringen, dass der Ärger, der dir fallweise entgegen schlägt ( und übrigens nicht nur dir, da sei gewiss), teilweise durch etwas ungeschmeidige Präsentationen hervor-gerufen sein könnte, möglicherweise nicht dir allein gilt, und doch nicht durch dich verschuldet ist.
Denn in der Wahl seiner Mittel ist jeder frei und niemals ist das Opfer schuld an dem, was der Täter tut.
Und noch was ist wahr, und das habe ich (sinngemäß
) von Hellinger: Das Opfer ist gehalten, sich von der Kreissäge fern zu halten, nachdem es sie als solche erkannt hat und solange es sie nicht händeln kann, und damit seinen Beitrag zur Schadensbegrenzung zu leisten. Damit meine ich aber nicht, das rein vorsorglich geschrieben, du solltest dich dem Forum fern halten, sondern du mögest dich, vielleicht auch versuchsweise, gewisser Stilmittel und Ansprechpartner ent-halten, statt immer wieder auf dieselbe Weise den Gong zu kassieren. Weil für den Teil wärst dann wiederum du zuständig.
Ich schätze dich hier und auch persönlich sehr und komme (das war allerdings nicht immer so) sehr gut mit dem, was du schreibst, zurecht. Auch habe ich dich, wo es mal Meinungsunterschiede gab, als sehr sportlichen und aufgeschlossenen Gesprächspartner schätzen gelernt. Wie mir scheint, brauchst du solchen Stress, vor allem derzeit, eigentlich auch nicht unbedingt. Daher hoffe ich, es gibt auf allen Seiten ein wenig Raum für Mitgefühl, zunächst mal mit sich selbst.
Herzliche Grüße
Eva