In der Annahme der Situation. Der Betroffene kann nichts oder nur unwesentlich etwas daran ändern. Die Realität ist, wie sie ist.
Ich glaube, dass Würde verliehen oder genommen wird - vom Umfeld, von der Gesellschaft.
Akzeptiere ich diesen Menschen trotzdem als Menschen, als zur Gesellschaft gehörig? Wie gehe ich mit ihm um, welche Einstellung habe ich dazu? Zolle ich ihm Respekt, bringe ich ihm (trotz seines "Zustandes") Wertschätzung entgegen? Achte ich seine oft jahrzehntelange Leistung für die Gesellschaft? Den heutigen Wohlstand, den er/sie mit aufgebaut hatte? Oder habe ich das vergessen - will ich vergessen, will wegschauen? Weil nur noch das Jetzt und die Leistung zählen?
Verfall des Körpers, des Geistes, psychische Erkrankungen usw. All das ist etwas, das zu unserer Leistungsgesellschaft nicht passt. Grob ausgedrückt: Dieser Mensch ist ein Kostenfaktor, bringt keine Leistung mehr, ist "Klotz am Bein". Menschliche Zuwendung wird immer weniger, finanzielle auch. Wenn's zu unbequem wird, d.h. der Zeitaufwand für private, häusliche Pflege zu gross, wird abgeschoben ins Heim (die vielen Fälle, wo es absolut notwendig ist, nehme ich von dieser Aussage aus) usw.
Ich glaube nicht, dass jemals ein betroffener Mensch hergeht und von sich aus sagt "jetzt bin ich alt, daher habe ich keine Würde mehr." Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch viele Menschen gibt, die zwar körperlich gebrechlich sind, aber geistig "voll da". Denen ist der Verfall bewusst, und sie leiden darunter. Und sie leiden noch viel mehr, wenn sie von ihren Familienangehörigen, Freunden usw. vergessen werden etc. Seelische Schmerzen tun noch viel mehr weh als körperliche.
Würde ist eine Werteskala, welcher sich die Gesellschaft bedient. Wenn man sich in der Gesellschaft umsieht, braucht man nicht mal auf die "Alten" zu schauen. Je geringer Schulbildung, Einkommen usw., umso geringer die Würde des Menschen.
Lichtpriester