Arnold schrieb:
Ich wollte nicht das Missverständnis wecken, dass man bei einer astrologischen Beratung nach Missbrauch frägt, sobald obige Aspekte im Horoskop vorhanden sind.
So hab ich das auch nicht verstanden - ich meinte, dass eher Klientinnen mit der Frage daherkommen: Bin ich missbraucht worden? Und dann wäre es in meiner Sicht die einzig verantwortbare Antwort: Darauf kann das Horoskop keine gesicherte Antwort geben. Und eine weitere astrologische Beratung könnte sich - wenn das die Klientin möchte - darauf konzentrieren, welche Bedeutung denn diese Frage für sie hat. Möchte sie Schuld zuweisen, Verantwortung abgeben? Ist sie einfach nur neugierig? Welche Leiden hat sie, die sie auf einen potenziellen Missbrauch zurückkführt, und welche Potenziale zur Lösung sind erkennbar? Im übrigen kann ich mir vorstellen, einer solchen Klientin dann zur Bearbeitung ihrer Anliegen auch eine therapeutische Begleitung zu vermitteln, die ja Astrologie im engeren Sinn nicht leisten kann.
Arnold schrieb:
Mit ist dies einmal bei der Beraterausbildung vor 13 Jahren passiert. Ich fragte eine Berateranwärterin nach Missbrauch durch den Vater und habe prompt vor Ort ein Trauma ausgelöst! Die Frau fiel völlig von der Rolle und bekam Wein- und Schreikrämpfe. Daraufhin fühlte ich mich wie ein Sündenbock.
Du würdest ein Gespräch heute auch nicht mehr so führen, nehme ich an!? Ich hoffe, niemand missversteht mich hier als Befürworter des Verschweigens von Missbrauch - ich meine, dass es einfach zur Wahrung der Integrität einer Klientin gehört, ihr nicht Deutungen (auch nicht als Frage verkleidet) auf den Leib zuzusagen, die "nur so als Hypothesen gemeint" sind. Das ist nicht sehr heiteres Beruferaten ... auf keinen Fall heiter für eine Klientin, die in dieser Hinsicht traumatisiert ist und nicht reviktimisiert werden will, sondern Lösung sucht. Und was die Projektion betrifft - klar, ich denke, es ist auch eine Kernkompetenz eines guten Beraters, sich nicht als Projektionsfläche benutzen und zum Sündenbock machen zu lassen. Und wo wären wir, wenn wir nicht immer wieder etwas falsch machten und daraus lernten? Ich betrachte meine Fehler (und es sind genug...) mit Dankbarkeit...
Arnold schrieb:
Als astrologischer Berater hat man unmöglich die Möglichkeiten, so einen Menschen über lange Zeit psychologisch zu begleiten, da die Kassen ja hier den Astrologen höchstens einen Arschtritt verpassen würden. Ich habe daher immer zwei sehr gute Psychologen bei Hand, an welche ich bei Bedarf den Klienten weiterleite. Trotzdem, manche Kunden warten geradezu darauf, dass man sie auf dieses leider oft vorkommende Thema anspricht und mit ihnen einen Weg finden soll, das Ganze entsprechend zu verarbeiten.
Ich denke, für eine therapeutische Begleitung gehört auf jeden Fall die entsprechende therapeutische Kompetenz her - wenn ich die zusätzlich zu meiner astrologischen hätte, okay - wenn nicht, dann bleibt eh nur der auch von dir gezeichnete Weg der Kooperation. Und ich bin auch sehr, sehr vorsichtig, wenn ich da angesprochen werde - nicht selten reden Menschen sehr gern über ihre Probleme, statt sie zu lösen. Damit ist viel Geld zu machen (Sheldon B. Kopp hat es mal als "stillschweigenden Therapievertrag" bezeichnet: "Mach alles mit mir, beschäftige mich, lass mich lachen und weinen, mach es langwierig und teuer, nur erwarte eines nicht: dass ich mich ändere...") - mein Ding ist es nicht, mich in dieser Weise benutzen zu lassen.
Arnold schrieb:
Allerdings kenne ich kein besseres Diagnoseinstrument als die Astrologie, mit welcher ebenso der Zeitpunkt der Übergriffe eingesehen werden kann.
Vorausgesetzt, es ist definitiv abgeklärt, dass es zu Übergriffen gekommen ist - alles andere wäre astrologisches Geisterbahn fahren. Und wobei hilft dann ein solches Wissen? Das wäre die Frage, die ich zuerst abklären würde. Soll Schuldzuweisung untermauert werden? Geht es wirklich um Lösung - oder geht es darum, de facto die Bindung an das Schlimme noch zu vertiefen, indem es mit Details ausgemalt wird? Viel mehr Fragen als Antworten ... und aller Anlass, mit großer Sensibilität und Distanz vorzugehen.
Alles Liebe, Jake