Menschen, die zu Abfall werden

Amant

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Hi ins Rund,

komme gerade aus der Stadt, habe mir ein paar ruhige Minuten mit kontrolliert reduziertem und sehr leckerem Konsum gegönnt und einiges an "Errungenschaften" unserer momentanen Gesellschaftsform des ungebändigten Konsums / Wachstums Revue passieren lassen. Wie könnte es anders sein (ist ja nun bekannt hier :)), bin ich natürlich zunächst über die befellten Mützen und Kragen und Bommels gestolpert, die grad eine immense Schlagzahl zu erreichen drohen.

Da trägt man Prada oder auch nicht, der Teufel trägt es zumindest, und verschwendet keinerlei Gedanken an den Prozeß, der für diese Güter vorher gegangen ist, vorhergehen muss. Wichtig ist es hipp zu sein, immer auf Linie, Pelz ist im Kommen, jaaaaaa unbedingt! Echt muss er sein, der Pelz, alles andere ist doch bullshit und uncool, jawoll.

Ja und in diesem Zusammenhang fragt man sich natürlich, was der Mensch heute eigentlich wert ist. Dazu gleich ein dies krass auf den Punkt bringenden Artikel von 3Sat reinstelle.

Was bringt Menschen dazu, ungehemmt und völlig gedankenlos zu konsumieren? Was meint Ihr dazu?

Und was ist mit denen, die das aus welchen Gründen auch immer, dies nicht ausgiebig können? Sind die out, Abfall der Gesellschaft? Oder die, die das gar nicht wollen? Die gibt es sicher auch, wenige, aber sie leben noch.

Hier etwas Input zum Thema:

Jeder hat seinen Preis

Unendlich viele Preise für ein Produkt: Einer der größten kapitalistischen Träume ist gerade dabei, in Erfüllung zu gehen. Big Data macht es möglich. von Hannes Grassegger

Die Zeichen dafür, dass sich das kapitalistische Nirwana nähert, mehren sich. Florian Stahl sieht sie überall. Beim Einkauf im Netz, in den USA, in Deutschland. Beispielsweise kürzlich in New York, als sich der Professor für quantitatives Marketing an der Universität Mannheim bei Booking ausloggte, die Cookies löschte, dann seine Hotelanfrage noch einmal startete, diesmal anonym. Da war das gleiche Zimmer plötzlich günstiger. Weil der Algorithmus ihn nicht mehr identifizieren konnte, schlug er ihm einen anderen Preis vor. "Die Preismechanismen sind dabei, sich zu ändern", sagt Stahl, "und zwar fundamental".

Im Prenzlauer Berg, im Kaiser’s Supermarkt in der Winsstraße, wo sich Berlin früher zum Flirten traf, drängen sich die Kunden vor einem roten Ständer mit einem Bildschirm. Sie halten eine Karte vor den mannshohen Apparat. Weißes Licht streichelt ihre Hände, ihre Extrakarte wird gescannt, ein leises Summen begleitet das Erscheinen des Bons, darauf ihre Preisabschläge. Dann bin ich dran.

absolute Preisdiskriminierung, Zeit online

Und hier zur Überschrift:

Konsum als Mitgliedsbeitrag zur Gesellschaft In der Gesellschaft der Konsumenten, sind Menschen nur so lange wertvoll, wie sie konsumieren können. Der Konsum ist quasi ihr Mitgliedsbeitrag. Der Konsument wird selbst zum Konsumierten, er wird zu einer Ware, die benutzt wird von der Industrie und der Abfallgesellschaft. Ist der Nutzen einer Ware nicht mehr vorhanden, wird sie weggeworfen.
"Ein disqualifizierter Konsument hat einen ganz anderen sozialen Status als die industrielle Reservearmee. Ein disqualifizierter Konsument ist völlig nutzlos", so Baumann weiter. "Ein hoffnungsloser Fall für die Gesellschaft. Wenn man absolut zynisch ist, würde man sagen, unserer Gesellschaft ginge es viel besser, wenn diese armen Menschen, die keine richtigen Konsumenten sein können, einfach verschwinden würden."

Profitmaximierung statt Sicherheiten Kann der Mensch jemals aus dieser Spirale der Profitmaximierung herauskommen? Der Soziologe ist pessimistisch. Am Anfang der Moderne stand die Hoffnung, der technische Fortschritt würde seinen Abschluss in einer besseren Welt finden. Heute wissen wir: Der Mensch ist nie zufrieden, die Modernisierung ist kein Ziel, sondern eine permanente Lebensform.

"Wenn Sie modern sind, bedeutet das, dass Sie zwanghaft, besessen und suchthaft alles um sich herum modernisieren. Wenn Sie mit der Modernisierung aufhören, hören Sie auf modern zu sein. Denn die moderne Lebensauffassung ist eben das zwanghaft besessene Modernisieren. Von modernem Leben ohne Modernisierung zu sprechen, wäre so dumm, wie von einem Wind zu sprechen, der nicht weht oder einem Fluss, der nicht fließt. Natürlich ist ein Fluss, der nicht fließt, kein Fluss, sondern ein See." Und so bleibt dem modernen Menschen nur eine Gewissheit, nämlich die, dass es keine Gewissheit und keine Sicherheit mehr gibt, außer der, dass wir konsumieren müssen.

Zwanghafter Konsum, 3Sat

Ein paar Gedankensplitter zum Jahresende, wer mag mitdenken und diskutieren?

:unsure:
 
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Pelz ist im Kommen, jaaaaaa unbedingt! Echt muss er sein, der Pelz, alles andere ist doch bullshit und uncool, jawoll.
sehrboese.gif


Und was soll ich mit Konsum? Ich kaufe, was ich brauche und Ende.

LG
Grauer Wolf
 
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Und was soll ich mit Konsum? Ich kaufe, was ich brauche und Ende.

LG
Grauer Wolf


Was für Dich eine Selbstverständlichkeit sein mag, ist für den "modernen Menschen" alles andere als das.

"Profitmaximierung statt Sicherheiten
Kann der Mensch jemals aus dieser Spirale der Profitmaximierung herauskommen? Der Soziologe ist pessimistisch. Am Anfang der Moderne stand die Hoffnung, der technische Fortschritt würde seinen Abschluss in einer besseren Welt finden. Heute wissen wir: Der Mensch ist nie zufrieden, die Modernisierung ist kein Ziel, sondern eine permanente Lebensform."

"Wenn Sie modern sind, bedeutet das, dass Sie zwanghaft, besessen und suchthaft alles um sich herum modernisieren. Wenn Sie mit der Modernisierung aufhören, hören Sie auf modern zu sein. Denn die moderne Lebensauffassung ist eben das zwanghaft besessene Modernisieren. Von modernem Leben ohne Modernisierung zu sprechen, wäre so dumm, wie von einem Wind zu sprechen, der nicht weht oder einem Fluss, der nicht fließt. Natürlich ist ein Fluss, der nicht fließt, kein Fluss, sondern ein See." Und so bleibt dem modernen Menschen nur eine Gewissheit, nämlich die, dass es keine Gewissheit und keine Sicherheit mehr gibt, außer der, dass wir konsumieren müssen."

3Sat

Wie konnte es dazu kommen und wo mag es wohl hinführen? Ich teile den Pessimismus des Soziologen durchaus. Die bessere Welt entspricht wohl eher einem unaufhörlichen circulus vitiosus.
 
Hmmm, ich verstehe dich nicht ganz. Du kommst von einem Konsumtrip durch die Stadt zurück und monierst bei deinen Mitmenschen "zwanghaften Konsum"?
Ich gehe jede Wette ein, dass all diese Menschen, die sich heute mit dir zusammen durch die Läden geschoben haben, genauso wie du der Ansicht sind, dass sie - und nur sie, im Gegensatz zu allen anderen - sich "kontrolliert reduzierten" Konsum gegönnt haben.

R.
 
Und so bleibt dem modernen Menschen nur eine Gewissheit, nämlich die,
dass es keine Gewissheit und keine Sicherheit mehr gibt, außer der, dass wir konsumieren müssen.

jahaa, so hätten die, die an unser Geld wollen, es gerne.
selber Schuld, wer da mitspielt und sich sowas einreden läßt.

der gern verschmähte Glaube bietet eine Alternative,
man könnte sogar sagen die Gegenposition zum Konsum,
weil er dem Menschen genau diese entscheidenden Dinge gibt,
nämlich was Sicherheit aus Sinnhaftigkeit angeht.

in diesem Sinne ist es gerade heutzutage revolutionär,
ein Mensch mit einem Glauben an Gott zu sein statt dem
Gott Mammon zu huldigen und seine Seele zu verscherbeln.
da laß ich mich zur Not auch gerne Abfall nennen.

je krasser die Einen ihre häßliche Fratze zeigen mit üblen Sätzen wie
"es wäre besser, diese nutzlosen Nichtkonsumenten würden verschwinden",
umso mehr Menschen kann dies auf die andere Seite treiben. gut so.
 
Was bringt Menschen dazu, ungehemmt und völlig gedankenlos zu konsumieren? Was meint Ihr dazu?

Und was ist mit denen, die das aus welchen Gründen auch immer, dies nicht ausgiebig können? Sind die out, Abfall der Gesellschaft? Oder die, die das gar nicht wollen? Die gibt es sicher auch, wenige, aber sie leben noch.

Die meisten können nicht mehr ausgiebig konsumieren und davon sehr viele nicht mal ihren Lebensunterhalt konsumieren, weil es nicht reicht.

Das hat auch nichts mit Glaube dann zu tun, sondern nur Schönmalerei, wer das meint, oder vollzieht nach außen hin.

Und nun zu vielen anderen, die zu Festtagen konsumieren, als sonst wie nicht. Darunter gibt es sehr viele, die das Jahr über absparen und dann zu Festtagen zuschlagen ......... man muss ja, auch zeigen, nach außen.

Tja, wer ist nun Abfall ........ tja, eigentlich die, die nicht mehr konsumieren können. Besser gesagt, die, die zu Festtagen weiterhin genauso billig einkaufen müssen, wie das Jahr über und selbst in den Billigläden sich die Gourmetsachen einmal im Jahr nicht erlauben können. Konsumtechnisch wären die tatsächlich verzichtbar, wenn man nur auf Festtage schaut. Ansonsten sind die kein Abfall, sondern übers Jahr gesehen, eine ganz große Einnahmequelle, alleinig schon an nur notwendigen Dingen des täglichen Lebens.
Ist das nicht paradox ?!

Die großen Discounterketten, die, die meisten Umsätze bewerkstelligen, können gut und gerne auf die Großkupferten verzichten, aber nicht auf die breite Masse.

Wer ist nun Abfall ........ hhhmmm ....... eine reinweg hindrehbare Betrachtungsweise!

Und noch dazu, wer nun Abfall ist, dazu kann man sich nur selbst machen, wenn man anfängt zu werten. Mit Begriffen, wie, ich kann nicht, oder der kann nicht, aber die können. Wie geschrieben, Letztere, können auch das Jahr über gehungert haben und hinter solchen Fassaden kannst du nicht schauen.
 
Was Menschen dazu bringt Gedankenlos zu konsumieren, sind Werbestrategien, und das dazu gehören wollen.
Das zweite auf das falle ich nicht rein.;)
 
ich bin der meinung, dass die gesellschaft doch vielschichtiger ist als oben dargestellt.
natürlich arbeiten wirtschaft, industrie und werbung für die inszenierung der mode im mainstream.
aber wenn wir die perspektive wechseln und auf lebensqualität umschwenken,
sieht die sache anders aus.
menschen bleiben menschen, auch wenn sie eine weile auf der modewelle reiten.
arbeitslosigkeit, sozialer abstieg oder schwere krankheit schaffen oft ein umdenken.
manche verspüren ein starkes unbehagen und steigen freiwillig auf ein einfacheres und stressfreies leben um.

lg winnetou:)
 
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Amant schrieb:
Was bringt Menschen dazu, ungehemmt und völlig gedankenlos zu konsumieren? Was meint Ihr dazu?

Und was ist mit denen, die das aus welchen Gründen auch immer, dies nicht ausgiebig können? Sind die out, Abfall der Gesellschaft? Oder die, die das gar nicht wollen? Die gibt es sicher auch, wenige, aber sie leben noch.

Also von ungehemmten, völlig gedankenlosem Konsum kann bei mir keine Rede sein. Ich "sehe" die Berge an Gütern, die auf Teufel komm raus produziert und dann auf den Müll geschmissen werden. Out fühle ich mich nicht, auch nicht als Abfall der Gesellschaft (wie kommst du eigentlich auf die Idee, dass Menschen, die wenig/er konsumieren, Abfall seien?), sondern als Mensch, der bewusst und sorgsam mit Ressourcen umgeht. Was hab ich davon, mir die Wohnung mit Konsumgütern vollzustopfen, die ich überhaupt nicht brauche?

Ich denke aber auch, dass sich in den nächsten Jahren das Rad wieder mehr in die andere Richtung bewegen wird - teilweise ist es Menschen gar nicht möglich, ständig zu konsumieren, nur damit sich ein paar Leute "da oben" ein Bankkonto anfüllen, bis es platzt, andererseits ist ein Bewusstseinswandel bereits spür- und erkennbar, und das wird sich auch noch verstärken.
 
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