Melancholie und Mond

atargatis

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8. Mai 2007
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Hi,

ich habe mal irgendwo gelesen dass man im zustand der melancholie in direktem kontakt mit seinen ureigensten gefühlen/seele sein soll.

kann es sein dass der zustand der melancholie die einprogrammierten gefühlsmuster/mond aussen vor lässt - quasi ausschaltet?

wenn das so ist, wäre es ja mehr als lehrreich, diesen zustand bewusst zu provozieren - wie?

was meint ihr?
 
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Hi,

ich habe mal irgendwo gelesen dass man im zustand der melancholie in direktem kontakt mit seinen ureigensten gefühlen/seele sein soll.
kann es sein dass der zustand der melancholie die einprogrammierten gefühlsmuster/mond aussen vor lässt - quasi ausschaltet?
wenn das so ist, wäre es ja mehr als lehrreich, diesen zustand bewusst zu provozieren - wie?
was meint ihr?

Hallo atargatis,

ich sehe es so, Melancholie setzt so ziemlich alles außer Kraft, kein Zustand der mir gefällt, kenne ich ihn doch aus eigenem Erleben. In 18 Jahren Psychiatriearbeit habe ich viele Menschen mit Melancholie kennen gelernt, NICHt einer wolte dies gezielt einsetzen, ALLE wollten diesen Zustand los werden. Einige haben die Konsequenzen gezogen...

Zitat:
... In seinem Aufsatz Trauer und Melancholie von 1917 grenzt Sigmund Freud die Melancholie von der Trauer ab: Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Herabsetzung des Selbstgefühls nicht durch die positive Trauerarbeit behoben wird. Die Melancholie ist seelisch ausgezeichnet durch eine tief schmerzliche Verstimmung, eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt, durch den Verlust der Liebesfähigkeit, durch die Hemmung jeder Leistung und die Herabsetzung des Selbstgefühls, die sich in Selbstvorwürfen und Selbstbeschimpfungen äußert und bis zur wahnhaften Erwartung der Strafe steigert. Diese selbstzerstörerischen Aspekte sieht Freud als Ursache für die Suizidgefährdung der Melancholiker.
In der modernen Psychologie ist der Begriff der Melancholie fast völlig durch den Begriff Depression ersetzt worden. Dabei ist es die endogen psychotische Depression, die der Melancholie am nächsten kommt.
Zitat Ende

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Melancholie

Lieben Gruß

Martin
 
Hallo Sonneinacht,

ich meinte Melancholie nicht als etwas krankhaftes. eher als das typische gefühl, das sich oftmals im herbst oder an milden frühlingsabenden von selbst so einstellt.

Habe den Text gefunden auf den ich mich oben bezog:

Nick Campion: Etwas, das Du in Deinen frühen Schriften sehr stark betonst, ist die Vorstellung, dass eine Planetenkombination, die mögliche negative Auswirkungen haben könnte, auch die Lösungen enthält, mit denen man eben jenen begegnen kann. Wenn also Mond-Pluto eine natürliche Tendenz zur Depression mit sich bringt: wie könnte ein Mensch das Beste daraus machen - wie könnte er wieder Licht ins Dunkel bringen und wieder ein Lächeln auf seine Lippen zaubern?

Liz Greene: Ich denke, es ist wichtig, nicht allzu sehr zu versuchen, das Lächeln zurückzugewinnen. Ein Teil des Problems liegt darin, dass wir Depression und Trauer als Krankheiten ansehen, die geheilt werden müssen. Halb Amerika wird wegen Depression behandelt. Depression und Melancholie sind seit Menschengedenken die einzigen Zustände, in denen man Kontakt mit der Seele aufnehmen kann. Wenn man mit einem festgeklebten Grinsen im Gesicht herumläuft, kann sich diese Seite des Lebens nicht kreativ ausdrücken oder nutzbar machen lassen. Die Neigung zu wiederkehrender Depression mit Mond-Pluto bedeutet vor allem, ein anderes Verständnis von Depression zu bekommen - vielleicht nennen wir es lieber Melancholie -, hinunter in die Tiefen zu gehen, um danach wieder ans Licht zurückzukehren. All die tiefen Fragen kommen hoch. Weil in Plutos Welt alles stirbt, spürt ein solcher Mensch eine andauernde Trauer für das, was vergeht. Es ist wie wenn man einen nahestehenden Menschen verliert. Wenn man der Trauer nicht genug Platz einräumt, staut sie sich auf und wird krankhaft. Es kann sehr hilfreich sein, mit Depression als etwas zu arbeiten, das nützlich und kreativ ist, anstatt zu versuchen, das Lächeln zurückzubringen. Ich glaube, das Lächeln beginnt dann, ein bisschen ironischer zu werden. Es ist eine andere Art des Lächelns. Es kann zu der Sorte Humor führen, die auch das Absurde zu schätzen weiß.
Aus: "Mit Pluto leben"
 
Hallo Sonneinacht,
ich meinte Melancholie nicht als etwas krankhaftes. eher als das typische gefühl, das sich oftmals im herbst oder an milden frühlingsabenden von selbst so einstellt.
Habe den Text gefunden auf den ich mich oben bezog:
Aus: "Mit Pluto leben"

Hallo atargatis,

sorry, Melancholie ist eine Krankheit, sagt schon die Definition. Unbehandelt hat diese, je nach Ausprägung, sehr schwere Krankheit schlimme Auswirkungen. Ich habe Glück im Unglück, da ich viel über diese Erkrankung von Berufswegen kenne.

Um den Bezug zur Astrologie wieder herzustellen, mein Mond hat Aspekte zum Pluto, mein Saturn steht im Skorpion und Haus sechs, ebenfalls eine Entsprechnung zu Depressionen. Ohne aktive "Arbeit", im Sinne des Wortes als auch im übertragenden Sinne, geht es nicht, wobei ich die Arbeit als Brotwerb (war für mich bedeutet mehr als dies) schon verloren habe.

Lieben Gruß

Martin
 
Liz Green: "Depression und Melancholie sind seit Menschengedenken die einzigen Zustände, in denen man Kontakt mit der Seele aufnehmen kann. ...

...hinunter in die Tiefen zu gehen, um danach wieder ans Licht zurückzukehren."
Hallo atargatis :)

Ich weiss, was Liz Green damit meint- und sie hat Recht. Das gilt nicht nur für Mond/Pluto-Aspekte, sondern überhaupt für alle sogenannten "schlechten" Aspekte.

Das ist so: Der Mensch weicht im allgemeinen dem Leid aus, zumindest versucht er es. Dabei ist jede Form von Leid bestens dazu geeignet, mit der Seele in Kontakt zu treten. Dabei durchläuft der Mensch eine bestimmte Reihenfolge an inneren Stimmungen: zunächst wird das Leid geleugnet. Geht das nicht mehr, wird der Mensch wütend. Dann überlegt er sich, ob und wenn ja, wie er es abwenden kann, das ist die Phase des Verhandelns. Der Handel schlägt fehl, das Schicksal lässt sich nicht betrügen. Dann kommt die Phase der Depression- sie ist besonders kostbar, denn hier passiert der Kontakt mit der Seele. Dieser Kontakt führt zum Loslassen- und das ist die Befreiung. Leugnen - Wut - Verhandeln - Depression - Loslassen, wobei die Melancholie am Ende des Verhandelns liegt.

atargatis schrieb:
ich meinte Melancholie nicht als etwas krankhaftes. eher als das typische gefühl, das sich oftmals im herbst oder an milden frühlingsabenden von selbst so einstellt.
Das ist nicht damit gemeint- Liz Green meint wirklich eine echte Depression. Der mag ein Gefühl von Melancholie vorausgehen, als Vorbote- das hat aber nichts mit der Stimmung im Herbst oder an milden Frühlingsabenden zu tun.

:)
 
Das ist nicht damit gemeint- Liz Green meint wirklich eine echte Depression. Der mag ein Gefühl von Melancholie vorausgehen, als Vorbote- das hat aber nichts mit der Stimmung im Herbst oder an milden Frühlingsabenden zu tun.

Warum soll das nichts miteinander zu tun haben?

Die Stimmung im Herbst z.B. erinnert mich daran, dass ich vergänglich bin, dass ich nichts dagegen tun kann, dass ich (und alles andere) vergänglich bin. Und diese Herbstzeit fällt ja sinnigerweise auch mit dem Zeichen Skorpion zusammen.

Diese Herbstmelancholie sehe ich nicht als etwas, was einer Depression vorausgehen muss, auch nicht als etwas, das mit einer Depression überhaupt nichts zu tun hat. Es ist etwas eigenes. Aber diese Stimmung weiß, dass es Depression gibt. In der Stimmung, an die mich das erinnert, kämpfe ich nicht mehr gegen die Zerstörung an. Und deshalb diese milde Melancholie. Sie hat ihre Schönheit und ihre Tiefe. Sie kann mich sehr wohl in die Tiefe meiner Gefühle bringen. Für mich hat diese Melancholie etwas mit Akzeptieren zu tun, mit dem Akzeptieren dessen, was unveränderlich ist. Und mit dem Gedanken daran, ob es nicht alles gut ist, so wie es ist, auch wenn es manchmal weh tut.
 
PS: Habe übrigens eine Sonne-Pluto-Opposition im Radix. :)
Und transit-Pluto wandelt gerade zwischen meinem radix-IC und radix-Chiron in 4. Deshalb berührt mich dieses Thema wohl...

In meiner Familie gibt es gehäuft Menschen mit harten Pluto-Mond-Aspekten. Deshalb kenne ich Depression Zeit meines Lebens. Auch Melancholie kenne ich. Als Gefühl "nach der tiefen Depression". Mir fällt dazu ein Bild ein, dass von Leonardo da Vinci "Anna Selbdritt". Da lächelt Marias Mutter so ein melancholisches Lächeln. Wie wenn sie ahnen würde, dass das Kind in den Armen ihrer Tochter viel Leid erleben würde, und wie wenn sie auch ahnen würde, dass dieses Leid auch zu einer Art von Rettung führt. Die Rettung liegt darin, es zu akzeptieren, das Leid. Und dann lächelt man melancholisch, gleichzeitig traurig und erlöst...
 
PS: Habe übrigens eine Sonne-Pluto-Opposition im Radix. :)
Und transit-Pluto wandelt gerade zwischen meinem radix-IC und radix-Chiron in 4. Deshalb berührt mich dieses Thema wohl...

In meiner Familie gibt es gehäuft Menschen mit harten Pluto-Mond-Aspekten. Deshalb kenne ich Depression Zeit meines Lebens. Auch Melancholie kenne ich. Als Gefühl "nach der tiefen Depression". Mir fällt dazu ein Bild ein, dass von Leonardo da Vinci "Anna Selbdritt". Da lächelt Marias Mutter so ein melancholisches Lächeln. Wie wenn sie ahnen würde, dass das Kind in den Armen ihrer Tochter viel Leid erleben würde, und wie wenn sie auch ahnen würde, dass dieses Leid auch zu einer Art von Rettung führt. Die Rettung liegt darin, es zu akzeptieren, das Leid. Und dann lächelt man melancholisch, gleichzeitig traurig und erlöst...

Hallo chanda,

ich glaube, psychische Erkranken nehmen rasant zu in der Gesellschaft, besonders Depressionen. Lässt man die astrologische Betrachtungswesie einmal weg, dann habe ich es von meinem Vater "geerbt". Er hatte wenigstens einen "Grund", seine Schwester ist im Alter von sieben Jahren vor seinen Augen erstickt, über sechs Jahre Krieg und Gefangenschaft, davor drei Jahr Militär in Rumänien, durch den Krieg musste er seine erste Familie aufgeben, der Russe hat ihn nicht nach Rumänien einreisen lassen... Er hat es ertragen mit Hilfe meiner Mutter, das ist heute ja schwierig, wenn man bedenkt, wielange eine Ehe heute hält, bei der geringsten Schwierigkeit werfen die "Partner" die Brocken hin, die meisten Scheidungen gehen zudem von den Frauen aus.

Du hast Recht, akzeptieren des Leids ist das einzige Mittel.

Lieben Gruß

Martin
 
Hallo Martin,

bei mir ist es so ähnlich. Meine Mutter wurde von den Nazis zweimal inhaftiert und gefoltert, obwohl sie schwanger war (mit meiner älteren Schwester). Sie ist dabei beinahe gestorben. Mutter und meine ältere Schwester blieben dann ein Leben lang sehr depressiv. Seltsamerweise hat sich das Gen auch auf meine Kinder (drei) übertragen, auch die sind depressiv. Mein erster Mann war sehr depressiv. Ich selbst bin es nicht, jedenfalls nicht chronisch, sondern nur phasenweise bei übergroßen Belastungen.

Ich bin aber nicht der Meinung, dass Eheleute, koste es, was es wolle, nebeneinander aushalten sollten. Denn manche Eheleute machen sich auch gegenseitig überhaupt erst depressiv. Also, mein erster Mann, das war einfach zu viel. Wir haben jetzt seit der Trennung schon 14 Jahre lang weiterhin freundschaftlichen Kontakt. Und ich bin sehr froh, dass ich mit ihm nicht mehr lebe!!
Selbst die Kinder halten ihn nicht mehr aus und wären wohl verrückt geworden mit ihm gemeinsam im Alltag.

Was mir astrologisch sehr auffällt, dass ist, dass bei dieser Häufung von Depressiven in der Familie genauso gehäuft Mond-Pluto-Spannungen auftreten. Ich bin mit Liz Greene einer Meinung, die sagt, dass Depressionen dort entstehen, wo die tiefe Trauer und Wut nicht angemessen ausgelebt wird (werden kann). Mein Ex ist extrem wütend, seit ich ihn kenne. Sein Vater starb, als er 8 war. Er hat wohl 55 Jahre lang nicht geschafft, die Trauer und die Wut zuzulassen, damit sie sich auflösen können.
 
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Warum soll das nichts miteinander zu tun haben?

Die Stimmung im Herbst z.B. erinnert mich daran, dass ich vergänglich bin, dass ich nichts dagegen tun kann, dass ich (und alles andere) vergänglich bin. Und diese Herbstzeit fällt ja sinnigerweise auch mit dem Zeichen Skorpion zusammen.

Diese Herbstmelancholie sehe ich nicht als etwas, was einer Depression vorausgehen muss, auch nicht als etwas, das mit einer Depression überhaupt nichts zu tun hat. Es ist etwas eigenes. Aber diese Stimmung weiß, dass es Depression gibt. In der Stimmung, an die mich das erinnert, kämpfe ich nicht mehr gegen die Zerstörung an. Und deshalb diese milde Melancholie. Sie hat ihre Schönheit und ihre Tiefe. Sie kann mich sehr wohl in die Tiefe meiner Gefühle bringen. Für mich hat diese Melancholie etwas mit Akzeptieren zu tun, mit dem Akzeptieren dessen, was unveränderlich ist. Und mit dem Gedanken daran, ob es nicht alles gut ist, so wie es ist, auch wenn es manchmal weh tut.

Hallo Chanda,:)

die Stimmung, die du hier beschreibst, bekomme ich immer beim lesen eins meiner Lieblingsgedichte - es ist so eine leise Wehmut, ein Wissen des Kommenden, das viele Ebenen des Daseins berührt und eine melancholische Stimmung bei mir hervorruft.


Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke (1775-1926)

Liebe Grüße

Gabi
 
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