Meinungsbildung - wie am besten?

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Naja, wir schimpfen im Moment ein wenig über die Gefühle. Wären diese denn zur Meinungsbildung wirklich überflüssig?

Jein.

Die Gefühle sind es, die unsere Meinung am meisten beeinflussen. Es fühlt sich zwar so an, als wenn wir rational denken würden - das tun wir aber nur zu einem mehr oder weniger kleinen Anteil. Die meiste Zeit sind wir dann damit beschäftigt, unsere gefühlten Meinungen zu rationalisieren. D.h. wir suchen haufenweise Mateiral zusammen, welches unsere Ansichten stützt, aber schauen nur wenig Material an, was sie zu kippen droht. Und wenn wir letzteres doch tun, sind wir damit beschäftigt, unsere kognitiven Dissonanzen zu besänftigen. So geht es jedem Menschen; einigen mehr - das sind dann die Dogmatiker - anderen weniger - das sind die mehr offenen Menschen. Lustig dabei ist, dass fast jedem die Gegenseite - auch, wenn sie real vielleicht recht offen ist - wie tumbe Dogmatiker vorkommen.

Die gute Nachricht ist: Das macht nichts. Man kann dennoch Recht haben. Welche Intention oder psychologischen Effekte hinter einer Ansicht stehen, spielt keine Rolle über den Wahrheitsgehalt.

Die schlechte Nachricht ist: Es ist ebenso gut möglich, dass man Jahre lang mit Zähnen die falschen Ansichten vertritt.

Es gibt auch Wege, die einen zu einer fundierteren Meinung verhelfen. Zum einen kann man sich immer wieder fragen, was geschehen müsste, dass man zu einem Thema seine Ansichten kippt. Die Antwort brauch man niemandem preisgeben - sie ist nur für einen selbst da. Und dann kann man sich auf die Suche machen, ob diese Punkte vielleicht erfüllt sind. Desweiteren sollte man sich nicht nur bei den Quellen aufhalten, die einem gefallen, sondern auch die Seiten anschauen, die die Gegen-Ansicht vertreten. Hier im Forum ist die GWUP und Psiram (ehemals Esowatch) eine Art Feindbild. Von vielen werden sie als "dogmatische Skeptiker" gesehen. Dennoch sollten gerade diejenigen, die diese Ansicht haben, die betreffenden Seiten intensiv studieren - auf der anderen Seite ist es natürlich Skeptikern (wie mir) angeraten, sich Esoterik-Seiten genau anzuschauen.

Es ist wie beim Schachspielen. Es geht nicht nur darum zu überlegen, warum ein Zug gut ist, sondern auch darum, warum ein Zug schlecht sein könnte. Auf Meinung übersetzt: Schaue nicht nur danach, warum Deine Meinung richtig ist, sondern auch danach, warum sie falsch sein könnte. Das kannst Du auch für Dich alleine machen - es ist weiterhin durchaus erlaubt, die eigene Meinung in Diskussionen wehement zu vertreten - wie gesagt: Man kann ja auch Recht haben.
 
Zitat:übersetzt: Schaue nicht nur danach, warum Deine Meinung richtig ist, sondern auch danach, warum sie falsch sein könnte. Das kannst Du auch für Dich alleine machen - es ist weiterhin durchaus erlaubt, die eigene Meinung in Diskussionen wehement zu vertreten - wie gesagt: Man kann ja auch Recht haben.

Ja, durchaus, effektiv kann auch sein, wenn man versucht die Gegenseite zu vertreten, wie ein Anwalt das sonst macht :D
 
Ja, durchaus, effektiv kann auch sein, wenn man versucht die Gegenseite zu vertreten, wie ein Anwalt das sonst macht :D

So wurde ich zum Atheisten.

Einige werden sich vielleicht dran erinnern, dass ich, als ich hier ins Forum kam, an Gott glaubte und nach Beweisen für ein Weiterleben nach dem Tod suchte - in der Hoffnung, dass ich mir liebe Verstorbene Menschen eines Tages wiedersehen werde. Bei den mir angebotenen Punkten spielte ich den Advocato diabolo. Da das allerdings immer ziemlich einfach war, verdichteten sich meine Zweifel zum Unglauben. Was allerdings blieb, ist die leise Hoffnung, mich hier zu irren.
 
Zitat:So wurde ich zum Atheisten.


War ich selbst auch mal zeitweise ( war aber wohl kein Ultra-Skeptiker).
Wobei ich irgendwo immer noch ein Atheist bin (das ist etwas kompliziert)

Zitat:Einige werden sich vielleicht dran erinnern, dass ich, als ich hier ins Forum kam, an Gott glaubte und nach Beweisen für ein Weiterleben nach dem Tod suchte - in der Hoffnung, dass ich mir liebe Verstorbene Menschen eines Tages wiedersehen werde. Bei den mir angebotenen Punkten spielte ich den Advocato diabolo. Da das allerdings immer ziemlich einfach war, verdichteten sich meine Zweifel zum Unglauben.

Was gewöhnliche (inklusive christliche) Vorstellungen von Gott angeht ist das auch einfach. Was das Weiterleben nach dem Tod betrifft kommt es wohl auch darauf an, in welchem Weltbild man sich ohnehin befindet. Wenn ich Materialist wäre, dann wären die Berichte wohl nicht ausreichend, weil dadurch zuviel Konsistenz zerstört wird, und die Berichte nicht eindeutig genug sind, um das Weltbild zu opfern, weil sie dem doch komplett widersprechen.

Zitat:Was allerdings blieb, ist die leise Hoffnung, mich hier zu irren.

Und die ist in Wirklichkeit komplett irrational oder durch irgendetwas begründet?
 
Was das Weiterleben nach dem Tod betrifft kommt es wohl auch darauf an, in welchem Weltbild man sich ohnehin befindet. Wenn ich Materialist wäre, dann wären die Berichte wohl nicht ausreichend, weil dadurch zuviel Konsistenz zerstört wird, und die Berichte nicht eindeutig genug sind, um das Weltbild zu opfern, weil sie dem doch komplett widersprechen.

Berichte sammeln ist ein schlechtes Vorgehen, um sich eine fundierte Meinung aufzubauen. Ich kann zu JEDEM Weltbild haufenweise Berichte sammeln, die es stützen, oder zu stützen scheinen (hängt ja auch sehr von der Darstellungsweise ab, welche Teilfakten ich erwähne und welche ich ignoriere etc...). Sich Berichte anzuschauen ist ein Anfang aber auf keinen Fall das Ende für eine gute Meinungsbildung.

Zitat:Was allerdings blieb, ist die leise Hoffnung, mich hier zu irren.

Und die ist in Wirklichkeit komplett irrational oder durch irgendetwas begründet?

Diese meine Hoffnung ist total irrational. Es ist ein Gefühl; ein Wunsch eben.
 
Zitat:Berichte sammeln ist ein schlechtes Vorgehen, um sich eine fundierte Meinung aufzubauen. Ich kann zu JEDEM Weltbild haufenweise Berichte sammeln, die es stützen, oder zu stützen scheinen (hängt ja auch sehr von der Darstellungsweise ab, welche Teilfakten ich erwähne und welche ich ignoriere etc...). Sich Berichte anzuschauen ist ein Anfang aber auf keinen Fall das Ende für eine gute Meinungsbildung.



Schon klar...
Aber beschreibe mal, was du damit konkret meinst.
 
Zitat:Berichte sammeln ist ein schlechtes Vorgehen, um sich eine fundierte Meinung aufzubauen. Ich kann zu JEDEM Weltbild haufenweise Berichte sammeln, die es stützen, oder zu stützen scheinen (hängt ja auch sehr von der Darstellungsweise ab, welche Teilfakten ich erwähne und welche ich ignoriere etc...). Sich Berichte anzuschauen ist ein Anfang aber auf keinen Fall das Ende für eine gute Meinungsbildung.



Schon klar...
Aber beschreibe mal, was du damit konkret meinst.

Nehmen wir beispielsweise Heilverfahren - ohne jetzt auf ein bestimmtes eingehen zu wollen. Zu JEDEM Heilverfahren, was auf dem Markt ist, gibt es begeisterte Patienden, die erzählen, wie es ihnen geholfen hat. Damit gibt es schon mindestens zwei Probleme:
  • Patienten, denen ein gewisses Verfahren nicht hilft, schreien das im allgemeinen nicht so laut hinaus.
  • Die positiven Berichte können auch ordentlich übertrieben sein - eben von der Begeisterung gefärbt.
auf der anderen Seite kann man natürlich auch die böse Schulmedizin mit der gleichen Methode immer schön kritisieren, indem man ihre ganzen Misserfolge - alle nicht geheilten Krebsfälle etc. - aufführt, oder weiter, indem man fragt, ob jemand wirklich geheilt ist, wenn er den krebs los geworden ist - d.h. indem man das Wort "geheilt" mal eben umdefiniert.

Helfen kann hier nur gute wissenschaftliche Methodik. Gut randomisierte Doppelblindstudien. Meta-Analysen helfen dann noch weiter, dass man bei den Studien nicht dann das gleiche Kirschenpflücken veranstaltet, die Finger als alle positiven Resultete heftet und die negativen Studien ignoriert. Damit wird man möglicherweise auch nicht der Weisheit letzter Schluss erreichen, aber man kommt dem näher als durch "Berichte sammeln".

Anderes Beispiel: Reinkarnationsforschung. Da gibt es ja die Arbeiten von Ian Sevenson. Ich habe sie (noch - sie sind auf meiner to-read-Liste) nicht gelesen, d.h. es ist gut möglich, dass er die folgenden Bedenken durchaus in seiner Arbeit berücksichtigt und auschaltet hat. Ich zitiere Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Ian_Stevenson):

Ian Stevenson erregte internationales Aufsehen durch seine Forschungen mit Kindern, die spontan (also ohne Hypnose) von "Erinnerungen" an frühere Leben berichten und vielfach auch psychologische und körperliche Eigenschaften aufweisen, die damit im Zusammenhang zu stehen scheinen. Für die parapsychologische Hypothese, dass die Reinkarnation ein reales Naturphänomen sei, stellen Stevensons Untersuchungsergebnisse die derzeit besten Argumente dar (Stand: 2007). Er selbst sprach jedoch nie von Beweisen in diesem Zusammenhang, sondern nur von Fällen, die Reinkarnation nahelegen.

Allerdings gibt es auch Zweifel an Stevensons Forschungsmethoden. Im Rahmen seiner Beobachtungen an Kindern werden ihm (unbewusste) Suggestion oder schlichtweg auch Interpretationsfehler hinsichtlich der Aussagen der Kinder vorgeworfen. Diesen Zweifeln entgegnete er mit seinem Hauptwerk Reincarnation and Biology in dem er seine These auf dokumentierte körperliche Merkmale stützt, um Suggestion oder Interpretationsfehler auszuschließen.

Er sammelte also Fallbeispiele. Den Vorwurf, dass er durch Suggestivfragen die Fälle noch beeindruckender machte entgegnete er, indem er seine Arbeit auf körperliche Merkmale stützt. Schön und gut. Wieviele Kinder werden jährlich geboren? Was für körperliche Merkmale - Muttermale etc. - kommen da vor? Was denkt sich kindliche Phantasie zu solchen Merkmalen aus? Bei der großen Anzahl erscheint es mir nicht gerade unwahrscheinlich, dass man Übereinstimmungen sowohl in Körpermerkmalen als auch in der Geschichte zu einem realen Fall eines Verstorbenen finden kann, wenn man sucht.

Die Sammlung der Fälle ist zwar dann beeindruckend, weil man nur die sieht. Man sieht nicht die Kinder vielen mit anderen Körpermerkmalen und möglicherweise auch anderen Geschichten, die zu gar nichts passen. Wenn man das dann noch in einem Buch geschickt rhetorisch formuliert, kommt beim unkritischen Leser sofort der Gedanke: Reinkarnation ist so gut wie bewiesen.

Es ist wie mit Lotto-Spielen. Ein Lotto-Gewinn ist ein Wunder. Bei der Menge an Lottospielern ist es auf der anderen Seite allerdings eher ein Wunder, wenn es nicht alle paar Wochen mal jemanden gäbe, der 6 Richtige mit der Superzahl hat. Die große Menge steigt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass solche wunderbaren Treffer passieren. Wenn ich jetzt nur die Fälle sammle, bei denen jemand im Lotto gewonnen hat und meinen Finger darauf halte, sowie alle anderen Spieler ignoriere, werde ich ein Weltbild begründen können: Mit Lotto wird man schnell reich.
 
Es ist zum Haareraufen mit der eigenen Meinung. Der eine meint dies so und der andere so. Wie sind sie nur auf ihre Meinungen gekommen? Was hat sie dazu bewegt, diese Meinung zu haben und nicht eine andere? In einem erfundenen Gespräch, wie es jederzeit und überall sein könnte, möchte ich das genauer darstellen:

Da lese ich in einem roten Magazin einen Artikel über ein politisches Thema, verstehe alles gut und schenke ihm Glauben. Dann höre ich von meinem Nachbarn über die gleiche Sache aber eine ganz andere Meinung.
Dann will ich ihm erzählen, was ich alles in dem Artikel gelesen habe, um ihn zu überzeugen, wie ich überzeugt wurde, aber ich finde keinerlei Zustimmung. Ja, es wird sogar noch schlimmer, mein Nachbar lehnt alles ab, was ich doch so sorgfältig gelesen habe, und er fängt langsam an, mit mir zu brüllen, je mehr ich sage.
Es stellt sich im Verlauf des immer hitziger werdenden Gesprächs heraus, dass mein Nachbar in einem anderen Magazin, das eine grüne Farbe hat, eine ganz andere Stellungnahme zu dem Thema gelesen hat. Wie ist er damit umgegangen? Genauso wie ich: Er hat den Artikel gelesen, hat es gut verstanden und wurde zu einem Verfechter.

Nach einigen Tagen glätten sich bei mir wieder die Wogen und ich bemerke, dass mein Nachbar das gleiche Recht hatte wie ich, dem Artikel Glauben zu schenken. Nur ist die große Frage, wer hatte jetzt Recht? Oder anders gefragt, wie sollte man mit einem Artikel, den man gelesen hat - oder was es auch immer sei -, umgehen? Wie sollte man mit den vielfältigen Informationen, die an uns durch verschiedene Wege der Medien, den Schulen, den Kirchen, den Wissenschaften usw. am besten umgehen?

Ich fasse das alles nun in einer großen Frage zusammen:

Wie bilde ich mir meine Meinung am besten?

Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht? Danke für die Antworten!

Ideen können Illusionen, Realtiät und/oder Wahrheit sein.
Die beste Möglichkeit, eine Illusion von der REalität zu unterscheiden ist, sie mit der Natur und dem Leben zu vergleichen.
Bestätigen diese, dass die Idee dort eine Grundlage hat, dann ist sie mit höchster Wahrscheinlichkeit recht realistisch. Von der Wahrheit möchte ich hier noch nicht reden.
Das Vermögen des Gehirns, Wahrheit zu erfassen, ist nicht besonders groß.
Alles, was man beobachten kann, besteht aus kleinsten Puzzle-Teilchen und die wiederum entstehen aus Energie (nur mal so als Beispiel. Das bedeutet nicht, dass diese Teile nun der Wahrheit Kern sind.). Nimmt das Gehirn sie wahr? Nein. Es bastelt sich daraus ein Endbild und nimmt das als Realität.
Man kann die Einzelteile aber am Körper fühlen, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Die Sinne ergänzen sich daher im Gehirn zu einem Endbild, das aus den Informationen entsteht, die die einzelnen Sinne zusammen tragen.

Ich bin davon überzeugt, dass kein Mensch eine Sache exakt genau so wahrnimmt, wie ein anderer, weil
1. sind mit höchster Sicherheit die raum-zeitlichen Beobachterpositionen ganz anders.
2. Die Beobachter sind untereinander unterschiedlich gestrickt.

Der Beobachter ist eine Person mit einer Lebensgeschichte, mit der er sich identifiziert. Damit ist er wie eine Suppe, die aus bestimmten Zutaten besteht. Nie schmeckt eine Suppe exakt wie eine andere, da die Zutaten nie exakt die gleichen und gleich dosiert sind. Oder die Zutaten werden unterschiedlich gemischt und/oder unterschiedlich lang gekocht. Die Natur bringt in jeder Hinsicht nur Unikate hervor, nur! Nie ist darin was, wie das Andere. Daher ist die Wahrnehmung von Illusion, Realität und/oder Wahrheit auch nie exakt gleich. Nie wird exakt das Gleiche wahrgenommen. Wir verständigen uns lediglich über die Grobheiten. Je mehr diese groben Informationseinheiten sich ähneln, um so mehr Verständnis erzeugen sie in den Menschen füreinander und für die Natur des Wahrnehmbaren. Alle anderen Informationen bleiben entweder unbefriedigt zurück und werden unterdrückt oder aufgeschoben.

Fazit: Genau darum überzeugen sich unterschiedliche Menschen von unterschiedlichen Konzepten, bzw. sie lassen sich überzeugen und kommen dann zu einem Einverständnis, wenn die wahrnehmbar groben Informationseinheiten sich ähneln.
 
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Die beste Möglichkeit, eine Illusion von der REalität zu unterscheiden ist, sie mit der Natur und dem Leben zu vergleichen.
Bestätigen diese, dass die Idee dort eine Grundlage hat, dann ist sie mit höchster Wahrscheinlichkeit recht realistisch.

Hättest du ein Beispiel, um das besser konkretisieren zu können?
 
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