Meine Entdeckung der Langsamkeit: eine Trendwende

Intense

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13. November 2011
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Vorab: hallo zusammen :)
Es ist nun fast ein Jahr vergangen, seit ich den nachfolgenden Text im KH geschrieben habe, ich habe das mühsam in mein iPhone getippt...
Seitdem hat sich mein Leben sehr zum Positiven entwickelt - wenngleich mir auch einiges von vor einem Jahr leider wieder abhandengekommen ist.


===

Ich sitze in der U-Bahn, inhaliere die neuesten News über mein iPhone: ein neuer Bericht im Forum, ein witziges youtube Video, mobile Facebook, ein spannender Artikel auf zeit.de - dazu die in ear plugs im Ohr, Sound dröhnt mich voll. Ein Anruf kommt herein, die Firma ist dran, schnell Auskunft geben - schon ist meine Station da.

Ich steige aus, mache mich zu Fuß auf den Heimweg "so ein herrlicher Tag, gleich hast du die Laufschuhe an, so ein Run entspannt ja...". Ich gebe, wie immer, auf der steilen Strecke alles. Während des Laufs denke ich an 1000 Dinge - nichts Relevantes wohlgemerkt, irgendwelche Dinge schwirren mir durchs Gehirn. Ich unterbiete die Zeit von letzter Woche um eine Minute, stell mich zuhause unter die Dusche, lasse mir das kühle Wasser über den Kopf rinnen... aber entspannt bin ich noch nicht.

Ich nehme den Garmin Forerunner, connecte mit dem PC, Lade die Laufdaten auf die Platte, freue mich für eine Sekunde über die gute Daten. Schnell ein Browser auf, Zeitung, Facebook, dazu such ich neue Mukke und lad mir nen Film runter.

Die Artikel der Zeitung überfliege ich übrigens, keine relevante Information will wirklich haften bleiben, zu platt lesen sich die 1:1 Pressemeldungen aus irgendwo, die vielleicht so passiert sind - ziemlich sicher aber nicht - denn die Person, die eifrig diese Artikel in das Zeitungs CMS getippt hat, war ja selbst niemals Vorort, steht ja selbst wie ich unter dem Druck der immer neuesten, immer wichtigsten Meldung - da bleibt keine Zeit für eine Uberprüfung oder Eigenrecherche.

Nach einem 20 min. napp läutet das Telefon. Ein Kumpel ist dran "was geeeeht am Abend?" "Na Vollgas" sag ich "heute richtig bock auf abrocken".
Ich bleib noch 10 min. liegen, zieh mich an, kurz vor den Spiegel - dann raus.
Im Club geht's heftig zu, alles achtet darauf möglichst attraktiv und unnahbar zu wirken - kuuhl ist ja in Mode... Ich hab eigentlich keine Lust ne Tussy anzulabern, überwinde mich aber, komme ins Gespräch. Ihr Gesagtes ist langweilig. Sie sieht ansprechend aus aber allein ihre Körpersprache und ihr unsicheres Wesen turnen mich ab. Der Rest des Abends verläuft passabel, irgendwann bin ich halb besoffen zuhause und widme die letzten Gedanken vorm Einschlafen meiner ehemaligen Frau an meiner Seite, obwohl ich das gar nicht möchte.

Am nächsten Morgen: Radio an, PC an, essen, Freunde treffen, Klettern gehen... aktiv und munter in den Tag aber ohne echtem Verlangen, mehr die Überlegung die Zeit möglichst sinnvoll tot zu schlagen bzw. eigentlich nicht, es gibt keine konkrete Überlegung. So geht es immerfort weiter. Die Gedanken in meinem Kopf stehen nie still, Multitasking immer und überall, ich bin rastlos.

Ich reflektiere mich für eine Sekunde und erkenne eine unendliche Leere. "Wenns dich heute erwischen sollte... auch egal." Ein eigenartiger Gedanke, der mich aber nicht weiter tangiert. Ich widme mich meinem erst kürzlich begonnenem Mandarin-Kurs, konzentriere mich aber schlecht, da ich Durst bekomme, anschließend das Telefon läutet und ich in einem
oberflächlichen Gespräch mit ner Freundin versinke.

Zwei Tage später: ich wache auf und sehe schlecht. Ich gehe zum Augenarzt, dieser stellt eine ca. 35 % Sehkraftverminderung meines linken Auges fest. Ich komme ins KH und höre nach einem kurzen Check "MS Symptome". Seit ewiger Zeit fühle ich etwas Starkes in mir, das letzte Mal war's das Gefühl der Abhängigkeit das ich realisiert hatte als ich zum vierten (!) Mal geglaubt habe es könne ja doch, nach 11 Monaten Pause was mit meiner scheinbaren Frau des Lebens werden.

Aber es ist anders, stärker - komplett fokusiert auf diese Worte, die Wut, Angst und sogar Hass in mir hervorrufen. Ich überlege voller Zorn wie diese Schlampe von Ärztin mir sowas ohne Gewissheit aus einer reinen Annahme heraus sagen kann... und dennoch habe ich nach dem Gespräch den Eindruck, dass ich diese Krankheit womöglich habe. Ich werde stationär aufgenommen (Dienstag), 15 Blutproben zapfen sie mir ab... am nächsten Tag die Untersuchung in der MR-Röhre - zwei Tage aufs Ergebnis warten.

Ich liege ohne TV im Zimmer auf der Neuro, neben mir ein alter Mann mit Schlaganfall. Er redet kaum, kann sich nur schwer bewegen soll bedeuten:
ohne Rollstuhl, in den er nicht von selbst kommt, gar nicht. Pissen muss er in eine Flasche, in der ersten Nacht wurde es um ihn herum hektisch... das arme Schwein. Ich bin das frühe zu Bett gehen nicht gewohnt, bin hellwach, 1000 Gedanken durchschwirren meinen Kopf "und wenn es doch MS
ist?" Wir reden von einer behandelbaren aber nicht heilbaren Erkrankung des Zentralnervensystems... irgendwann ist man gelähmt und stirbt als Häufchen Elend - und obwohl die Medikamente sehr gut geworden sind: ich würde wohl täglich daran denken.

Und dann, plötzlich... schalte ich AB!

Ich überlege mir kurz welcher mein nächster Gedanke sein würde und genieße den Moment in welchem er NICHT auftaucht! Diese absolute Stille in meinem Kopf, diese plötzliche Ruhe meines Wesens - ich vermerke eine Kraft in mir... wenngleich: nennen wir es Ausgeglichenheit! Ich versuche die Momente ohne Gedanken im Kopf länger zu halten... "Mist, du denkst ja darüber nach!". Ein paar Mal gelingt es mir noch, dann schlafe ich ein.

Am nächste Morgen bin ich um 0600 wach und ausgeschlafen - um diese Uhrzeit war ich das noch NIE. Ich fange sofort an mich dem "nichts" zu ergeben - also an nichts und nichtmal an das Wort nichts zu denken überhaupt nicht zu denken und fühle mich großartig. Warum es mir soviel gibt ist mir egal, dass es mir viel gibt ist mir wichtig und ich werde immer neugieriger.

Ab und zu blitzen Gedanken auf aber diese schalte ich ab: ich blende sie aus anstatt zu denken "denk nicht dran" - das geht. Ich versuche mir diese Art der Meditation zu erleichetern, stelle mir vor ich bin in einem Wohnraum mitten im Weltall. Auf dem schwarzen Boden steht ein weißer Tisch, darauf eine rote Vase. Ich blende die Szene aus bis nichts mehr übrig bleibt... merke dann, dass ich aber ohne künstlichem Abschaltszenario besser fahre und ... stoppe erneut meine Gedanken.

Am selben Tag kommt Besuch: ne sehr gute Freundin die ich seit 10 Jahren kenne, ein Kumpel und natürlich die besorgte Mutti... alle drei
sagen unabhängig voneinander, dass ich Farbe im Gesicht hätte und sehr entspannt wirken würde... interessant.

Ich merke, dass ich ruhig, bewusst und überlegt rede. Meine Gesichtsmuskeln sind irgendwie total locker, ich grinse ein wenig vor mich hin, bin einfach gut drauf und fühle mich im Einklang mit mir selbst und zwar den ganzen Tag über. Mir ist nicht langweilig, mir fehlt kein PC, kein TV kein um die Häuser ziehen.

Am Abend... 10 Min. TV Zimmer. Ich sehe nach wie vor schlecht, diese Simpsonsfolge hab ich schon 15 x gesehen, auf das Match Österreich vs. keine Ahnung mehr, gegen wen diese Dilettanten schon wieder verloren haben, verzichte ich und liege um 19.30 h im Bett.

Mit dem Rechte Auge luge ich aus iPhone... und kann's nicht lassen. Ich entdecke erstmalig Podcasts (zuhören war bis dato wohl noch nie so meins) und Lade mir 49 Wissenschaftsfolgen von "HR2" runter. Ear Plug... aber ich konzentriere mich ausschließlich aus die angenehme Stimme des Sprechers und den spannenden Text. Nach 45 Min. bekomme ich Lust auf eine "nichts Session" und schlafe kurz darauf ein.

Am nächsten Tag rufen ca. 15 Freunde an, fünf besuchen mich. Ich bin sehr guter Dinge, wundere mich erneut, dass ich ruhig und einfach EINS mit mir bin. Sogar ne ehemalige Kurzzeit Liebe kommt vorbei (ich habe ihr nicht Bescheid gesagt). Als sie geht schicke ich ihr ein SMS nach "freu mich, dass du da warst, bussl :)" ohne eine Sekunde nachzudenken. Noch vor zwei Wochen hätte ich ihr niemals auch nur das kleinste freundliche Zugeständnis gemacht - es ist einfach nichts mit ihr gelaufen, drum hab ich den Kontakt abgebrochen.

Okay aber abgesehen davon, dass sie Klasse gezeigt und gekommen ist... fällt mir ein Stein aus meiner übermächtigen Krone wenn ich ein lapidares SMS aus einer Laune heraus schicke? Zwänge waren noch nie meins... irgendwann meinte mal einer "SMS sind scheiße" und er hatte recht damit, weil die Meisten solche textnachrichten aus falschen Überlegungen heraus oder einfach aus purer Feigheit schicken anstatt anzurufen. Ich habe mir das alles nicht überlegt.

Sie antwortet umgehend "es war schön zu sehen, dass es dir
SO gut geht, auf bald". ich habe dann jedem der da war noch ein SMS geschickt - mir war einfach danach mich dankbar zu zeigen und es freut außerdem wirklich, wenn man in solchen Momenten Freunde hat.

Einer schreibt zurück "der beste Nachmittag den ich je in einem KH verbracht habe, alles Gute weiterhin."

Ich habe dann wieder überlegt... ich habe mir Dinge wie einen neuen zukünftigen Tagesablauf überlegt. Zeitig auf, kleine Ziele für den Tag abseits Business as usual. Web einschränken, TV gar nicht oder nur gezielt einschalten. Scheiss auf "schlag den Fad" oder irgendeine Drecksfamilie die Hartz IV bezieht, ja nichtmal ARTE ist besser als raus zu gehen oder weiterhin die "nichts Sessions" zu vollziehen.

Facebookeine andere Communitypages... Kraken die einen recht schnell umklammern können. bei ein paar hundert "Freunden" gibt's immer was zu entdecken... wertloser Müll aber nach MEINER Erkenntnis das perfekte Produkt für unsere unsagbar schnelle und oberflächliche Zeit. bis auf den sinnvollen Veranstaltungskalender, sind sämtliche Inhalte wertlos. was sind s hon Urlaubsfotos ohne blühende Erzählungen?

Ne Woche ist rum, ich liege noch immer im KH, zum ersten Mal schlaflos. in diesem Moment tippe ich mühsam in mein iPhone, dessen automatische Textkorrektur sich ein ********* überlegt haben dürfte. Es ist meine letzter Tag hier... morgen geht's zurück nach Hause - MS habe ich nicht, warum sich ein paar Nerven entzündet haben ist offen "hatten sie Stress? dazu gehört auch emotionaler Stress...". im jahr 2009 war ich wegen meiner ultimativen LIebe (nennen wir es Abhängigkeit) depressiv, das ist mir erst heuer bewusst geworden... ein hässlicher und schleichender Prozess - vielleicht Nachwirkungen ich weiß es nicht aber die Psyche vermag schon vieles zu verursachen, positiv wie negativ.

Ich habe schon geschlafen, die Schwester hat dann dem Patienten neben mir was gegeben und die "nichts Session" wollte nicht so locker funktionieren. Zu viele Gedanken von wegen "kannst du diesen Weg im neuen alten Leben weitergehen? Auf EINE Tätigkeit konzentrieren? Entspannen zu jeder Zeit - zB in der Ubahn weil eine "nichts Minute" so unfassbar viel geben kann? Den neuen Tageszeitplan dauerhaft durchziehen? Dich von sinnlosen Medien abschotten? Dein Umfeld so freundlich und locker behandeln (vornehmlich Frauen) ohne zu glauben es wäre Schwäche?

Hey: es ist RICHTIG gut und nett zu ihnen, den Frauen, zu sein. Höflich zu sein auf sie einzugehen... es passt. Jede normale Frau will nen sympathischen Typen - die Betonung liegt auf TYP und nicht Waschlappen oder Loser.

Es ist falsch überreden zu wollen, gestresst zu manipulieren, gestresst zu gamen, ihr nachzulaufen, sie auf ein Podest zu heben, sich selbst nicht wichtig und ernst nehmen, gestresst zu versuchen stärker zu sein als man in diesem Moment ist USW. - schlicht: über 1000 Dinge ständig nachzudenken, sich emotional zu verausgaben anstatt einfach mal nur zu beobachten und abzuschalten.

Dieses Posting mag esoterisch und kryptisch anmuten. Ich hab's für mich geschrieben, weil das alles so schnell gegangen ist, sich meine innere Veränderung so schnell vollzogen hat, dass ich's selbst noch nicht ganz glauben mag und in ein paar Tagen den Beweis haben will, dass es möglich war und ist binnen kürzester Zeit eine Wandlung zu durchleben, für die man sonst laut diverser Kurse wichen, Monate oder länger brauchen soll.

Ich hoffe für mich, dass ich im neuen alten Leben diesen Weg
weitergehen werde, morgen mach ich mich jedenfalls gleich gezielt nach weiteren Meditationsmöglichkeiten (auf meine bin ich ja selbst gekommen... da wird's wohl besseres und ausgekügelteres geben) auf die Suche und wenn mein Auge wieder passt, mach ich ne Megafeier für all die Freunde (!), die ich seit langem auf Facebook gelistet aber ewig nicht mehr real gesehen hab..

Seit sicher 10 Jahren war ich nicht in so einem perfekten und geerdeten State wie in dieser Woche, verantwortlich dafür bin genau ICH - in diesem Moment bin ich's allerdings nicht wenngleich: es verwundert mich nicht... was ist eine Woche gegen langjährig einzementierte Gewohnheiten? Ich gebe mir selbst Zeit - täglich vorm Einschlafen oder in stillen Momenten wahrend des Tages un abzuschalten - ein spannender Prozess wie ich hoffe.

ich blicke voller Elan in die Zukunft - ob ich lebe oder sterbe ist mir seit dieser Woche nicht mehr egal: es gibt noch so vieles zu entdecken und zu verstehen, ich werde ab jetzt einfach mehr draus machen indem ich BEWUSSTER, konzentrierter und intuitiver agieren werde.

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Und was mich wieder eingeholt hat und "das Gefühl", das zwei Wochen lang durchgehenden angehalten hat wieder zerstört hat: mein EGO - und mein Alltag.

Ich bin ruhiger geworden, ich strahle viel positiver aus als früher. Der Schritt, der jeodch alles perfekt machen würde, erfordert viel Mut: alles aufgeben - und sich dem eigentlichen SEIN widmen, das HABEN ist vollkommen irrelevant auf dem Weg zur einem erfüllten Sein.

Ein Schritt, den ich mir aktuell noch nicht zutraue aber es ist meines Erachtens die einzige Möglichkeit um wirklich "erleuchtet" werden zu können bzw. diese tiefe Zufriedenheit, Entspannung und Verbundenheit mit allem wieder erlangen zu können.

Für mich bedeutet Medittion nicht an "etwas" fokussiert zu denken, sondern an "nichts" fokussiert zu denken. Das hört sich paradox an - aber es funktioniert.

Wer es ausprobieren will, nimmt sich etwas Zeit, zieht sich an einen Ort zurück, an welchem es keine äußeren Störfaktoren wie Lärm oder grelle Licht gibt, fährt die aktuellen Gedanken sachte runter und stellt sich den Satz, der mein Leben verändert hat: "Woher - kommt - mein - nächster - Gedanke?"

Liebe Grüße
-I-

 
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Hallo Intense,
danke, dass Du Deine Geschichte für uns aufgeschrieben hast, habe Sie gerade beim Frühstück mit großem Intresse gelesen. Es sind sehr schöne und richtige Erkenntnisse, bleibe auf Deinem Weg, er ist gut und richtig. Wäre sehr schön, wenn es mehr Menschen erkennen und Leben, auch ohne KH.
Alles Liebe und Gute Christine
 
Ich wünsche Dir, dass es sich für Dich weiter so gut entwickelt.
Endlich hat auch die Langsamkeit Zeit in Deinem Leben!
 
Danke für euer nettes Feedback ;-)

Endlich hat auch die Langsamkeit Zeit in Deinem Leben!

Schöner Satz, merke ich mir.
 
Ein schöner, mutmachender Bericht! Merci. :)

Da sieht man mal wieder: Meditation muss keinen Inhalt haben. Im Grunde, sagt man, gibt es sie gar nicht.

lg
 
Ein schöner, mutmachender Bericht! Merci. :)

Da sieht man mal wieder: Meditation muss keinen Inhalt haben. Im Grunde, sagt man, gibt es sie gar nicht.

lg

Das ist meine Erkenntnis.
Es gibt nichts zu lernen, allerdings benötigt Meditation (für mich) ein gewisses Maß an Konsequenz und Regelmäßigkeit um auch tagsüber zu wirken.
 
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Und was mich wieder eingeholt hat und "das Gefühl", das zwei Wochen lang durchgehenden angehalten hat wieder zerstört hat: mein EGO - und mein Alltag.

Ich bin ruhiger geworden, ich strahle viel positiver aus als früher. Der Schritt, der jeodch alles perfekt machen würde, erfordert viel Mut: alles aufgeben - und sich dem eigentlichen SEIN widmen, das HABEN ist vollkommen irrelevant auf dem Weg zur einem erfüllten Sein.

Ein Schritt, den ich mir aktuell noch nicht zutraue aber es ist meines Erachtens die einzige Möglichkeit um wirklich "erleuchtet" werden zu können bzw. diese tiefe Zufriedenheit, Entspannung und Verbundenheit mit allem wieder erlangen zu können.

Für mich bedeutet Medittion nicht an "etwas" fokussiert zu denken, sondern an "nichts" fokussiert zu denken. Das hört sich paradox an - aber es funktioniert.

Wer es ausprobieren will, nimmt sich etwas Zeit, zieht sich an einen Ort zurück, an welchem es keine äußeren Störfaktoren wie Lärm oder grelle Licht gibt, fährt die aktuellen Gedanken sachte runter und stellt sich den Satz, der mein Leben verändert hat: "Woher - kommt - mein - nächster - Gedanke?"

Liebe Grüße
-I-


Ja, das Hinhorchen auf den nächsten Gedanken kann auch meine Gedankenflüsse unterbrechen. Es entsteht dann der Zustand der Achtsamkeit für den Augenblick. Ich vergesse mich, den Denkenden und den Fühlenden, für eine Weile.

Im Alltag jedoch muß und will ich mein Denkender und mein Fühlender sein. Ich will meine Mitmenschen fühlen und mit ihnen gemeinsam denken. Dafür muß ich meine Gedanken und Gefühle offenlegen können.

Gleichzeitig muß ich wissen können: wieviel und was möchte ich offenlegen? Wieviel und was möchte ich mitfühlen? Wieviel möchte ich vom Anderen verstehen? Wo ist also meine eigene Grenze?

Diese Grenze ist meine Stabilität, die ich durch den Alltag trage. Mein Schutz, mein Schild. Ich bemerke sehr genau, wenn ich die Grenze übertrete oder übertreten lasse. Ich würde es nicht bemerken können, wenn ich nicht meditieren würde.



Beim Meditieren nehme ich mich wahr als körperlich anwesender Mensch. Die Gedanken, ob es mein Geist sei, der den Körper wahrnimmt, sind vergangen. Die Ideen von Leib und Seele sind gestillt.

Im Alltag dagegen nehme ich auf, was mich füllen könnte, ich interagiere körperlich, geistig und seelisch. Hiervon mich zu reinigen und alles täglich bewusst aus dem inneren Stressor heraus zu hören und reflektierend zu verarbeiten, ist ebenfalls ein Ziel meiner Meditation. Die Kontemplation über mein Leben inklusive des täglichen Alltags und seiner Auswirkungen in mir selber.


Verzichte ich auf ein sehr geordnetes "Abschalten" meiner Gedanken (es ist eben KEIN Abschalten, sondern ein Zu-Ende-Denkfühlen!), so ist mein Alltagsleben nicht geklärt. Ich werde Stress empfinden, weil ich mich heute an gestern gebunden fühle und heute erreichen muss, was ich gestern nicht erreichen konnte. Morgen wird es dasselbe sein. Ich werde also im Alltag nie Erfolg haben wie in der Meditation. Ich werde dann ein Ungleichgewicht empfinden so, wie es Dein erster Satz oben andeutet.

Daher nehme ich meine alltäglichen Gedanken und Gefühle mir nicht weg, sondern ich erlaube mir, sie in der Meditation zu Ende zu denken und zu Ende zu fühlen. Das kann natürlich Jahre dauern - je nach Gedankengefühl. Dann bemerke ich die Gedanken zwar, aber ich denke und höre sie nicht. Ich verdränge sie, bis sie in der Zeit zu mir passen und ich sie wieder hören will. Ich "kontrolliere" meinen Geist, könnte man sagen. Natürlich tue ich das, wie könnte ich sonst frei sein von mir selber, wenn ich meditiere.


Eine weitere Angewohnheit von mir, um Zustände wie den von Dir oben Beschriebenen positiv zu beeinflussen: Meditation dient dem Alltag. Das ist ein ganz einfacher Slogan, aber wenn man ihn umsetzt, ist das sehr anspruchsvoll. Ich schreib Dir die Idee einfach mal auf: Meditation dient dem Alltag. Du kannst sehen, was das bedeutet, wenn Du darüber komtemplierst.

LG!
 
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Schöne Geschichte!
Ja, es gibt nichts zu lernen, das Leben ist 'schon' jetzt vollkommen :))) doch sich dieser Erkenntnis in jeden Moment bewusst zu sein, ist eine große Herausforderung ...
glg
 
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