Mein persönliches Weihnachtsgedicht 2009...

LoneWolf

Sehr aktives Mitglied
Registriert
16. Februar 2006
Beiträge
10.923
Ort
Wien
... kommt als akustisch-visuelles Verbrechen mit 24 Stunden Verspätung daher.


Außerdem war ich gestern in der Mitternachtsmesse.
Aber nur bis zur Kommunion. Vor der Essensausgabe bin ich gegangen. Weiß ja, was sich für einen Nicht-Katholiken gehört.
 
Werbung:
Der Himmelssohn

Wer oder Was ist der Himmelssohn für mich und in welcher Beziehung stehe ich zu Ihm? Ich habe mir Gedanken gemacht, denn es kann nicht angehen, dass ich Jahr für Jahr den Geburtstag eines realen Kindes feiere und keinen echten Bezug zu diesem habe.

Ich war kurz in der Mitternachtsmesse. Ich bin abseits vom Hauptschiff gestanden und als die Kommunion vorbereitet wurde, bin ich wieder gegangen. Der Pfarrer hat schön gesprochen. Auch er hat Jesus als Bruder angesprochen, hat erwähnt, dass das ganze Denken der Christen um dieses Kind kreist, das vor über 2000 Jahren geboren wurde und in unserer Herzensmitte Platz genommen hat. Und er hat gesagt, dass Jesus alle einbezieht, in seine Liebe zum Menschen. Die Menschen aller Nationen.

Bei dieser Gelegenheit dachte ich nebenher auch mal kurz an Verbrecher. "Wie ist es mit Verbrechern", dachte ich mir. "Die Menschen aller Nationen", das ist klar, das ist der Grundstein einer heilen Welt. Dazu brauch ich keinen Pfarrer, der mir erklärt, das der Himmelssohn kein Nazi ist. Aber wie ist es mit Verbrechern, deren Natur die Eigenheit ist, die heile Welt in Gefahr zu bringen? Lügner, Diebe, Betrüger, Einbrecher, Räuber, Gewalttäter, Mörder? Auffällig bei dieser Aufzählung ist der Verfall der List und Schläue und der Anstieg der primitiven Gewalt. Aber das ist mir im Moment egal. Mich interessiert nur: Wo hat der Mensch den Punkt erreicht, wo selbst Jesus sagt: "Du nicht mehr. Du bist bist verdammt und verbannt aus dem Hause des Vaters, bis in alle Ewigkeit!"

Ich gehe davon aus, dass es diesen Punkt nicht gibt.

Ich gehe davon aus, dass der Himmelssohn auch an das grundsätzlich Gute im Innersten des augenscheinlich Bösen (Menschen) glaubt. Das ist meine persönliche Haltung zu dieser Angelegenheit. Sagen wir so: So würde es mir recht gefallen und käme mir sehr recht. Dann würde Hoffnung noch Sinn machen.

Dann hat der Priester die Hände ausgebreitet, nach Oben, in die Kuppel der Kirche geblickt und laut Gott angerufen: "Allmächtiger Gott und liebender Vater, gepriesen seist Du. Steh uns bei auf unserem Weg, auf dass wir unsere menschliche Natur mit Deinem göttlichen Geist vereinigen, durch Deinen Sohn, Jesus Christus! Amen."

"....auf dass wir unsere menschliche Natur mit Deinem göttlichen Geist vereinigen, durch Deinen Sohn, Jesus Christus! Amen."

?

Ja, sinngemäß, so ungefähr hat er gerufen, der Pfarrer und dieser Satz ist mir durch die Rippen gefahren, wie ein Messer. Er hat in der Tat die Vereinigung der menschlichen Natur mit dem göttlichen Geist als Wunsch vorgetragen. Ganz schön Größenwahnsinnig. Ich fragte mich, wie viele der anwesenden Schafe in der Kirche das wirklich wollen und wirklich verstanden haben, das er damit sagte: Das der Mensch werde wie Gott. Idealer Weise Rein und Gut. Aber Gott soll ja auch allmächtig sein, wird oft behauptet. Hat man seine menschliche Naturrr (ich hab jetzt noch das rollende R im Ohr, so, wie es der Prediger ausgesprochen hat) nicht gut im Griff, sind die Probleme wahrscheinlich vorprogrammiert, wenn man sich mit dem Allmächtigen vereinigen will.

Als dann die Kommunion vorbereitet wurde, bin ich gegangen. Ich wollte nicht teilnehmen, weil ich schon lange kein Katholik mehr bin. Ich glaube an den Himmelssohn, zweifellos. Aber mehr in der Form, dass er für mich ein geistiges Idealbild eines schuldfreien, friedliebenden und dennoch unbezwingbaren, angstfreien und denkenden Menschen darstellt. Ein Menschenbild, das mir persönlich durchaus erstrebenswert erscheint, ist der Weg auch noch so weit. Aber ich habe kein Verlangen nach Gemeinschaftsritualen, die der Verwirklichung dieses Idealbildes dienen sollen. Der Weihnachtsmesse wohne ich manchmal bei, aber ich nehme nicht wirklich aktiv teil daran. So eine Messe kommt mir manchmal vor wie eine kollektive Projektion innerer menschlicher Ideale und Werte nach Außen. Güte, Reinheit, Verständnis, Nächstenliebe... und was es so alles an Gutem gibt, werden nach außen projiziert um in der Folge wieder verinnerlicht zu werden. Vielleicht ist es aber schon im Höhlenmenschen angelegt, besser zu werden. Für mich ist diese Vereinigung meiner menschlichen Natur mit dem göttlichen Geist ein eher einsamer Weg.

Die Atmosphäre in der Kirche selbst, außerhalb der Liturgiefeier, tut mir gut. Hier, in der menschenleeren Kirche herrscht außen genau die Ruhe, die ich auch gerne in mir spüre. Eigentlich könnte ich öfter dahin gehen. Wenn keine oder nur wenig Leute drinnen sind. Wär als Alternative zum Wirtshaus gar nicht so schlecht.

Ja, das ist das Christkind für mich: Das geistige Idealbild eines Menschen. Ein erstrebenswertes Bild, weil es sich hierbei um das Bild eines unschuldigen Kindes handelt, idealerweise gezeugt vom heiligen Geist. Dieser darf auch anwesend sein im Bewusstsein des leiblichen Vaters. Eines Kindes, das im Laufe seines Lebens sicher auch mit den selben, inneren Dämonen konfrontiert wurde wie der heutige Alltagsmensch und dennoch von diesen nicht kaputt zu kriegen war.

Darum feiere ich jedes Jahr seinen Geburtstag auf meine Weise, auch wenn das Leben jedes Jahr ein Stück...

Na egal, ich will nicht jammern.

Amen.
 
Werbung:
.... Ein Menschenbild, das mir persönlich durchaus erstrebenswert erscheint,



Ein erstrebenswertes Bild, weil es sich hierbei um das Bild eines unschuldigen Kindes handelt,.....

Das hab ich schlecht geschrieben, weils mir persönlich dabei gar nicht mehr so sehr um Strebsamkeit geht, sondern eher darum, das Herz zu öffnen, in die Richtung dieses unschuldigen Ideals. Dem Bild Kraft zu geben durch meinen Glauben und das Herz zu öffnen. Alles andere sollte sich von selber fügen.

Sogar ich halte es für besser, an das Gute, die Unschuld, die Weisheit und Liebe zu glauben als an ihr Gegenteil. Und mit dem Christkind erhalten diese abstrakten, verhandel- und relativierbaren Zustände eine konkrete unumstößliche Form. Zumindest für mich ist das so, meiner-kindlich naiven denkweise entsprechend.

Rein theoretisch könnte ich genau so gut in mir das Bild eines hassenden hassenswerten Satans entwickeln, dieses für mich zum Idealbild erklären und noch etwas intensiver anhängen. Aber das halte ich nicht für sehr gesund, darum will ich gerne davon Abstand nehmen.

Ein Ziel aber braucht der Mensch im Leben! erklärte man mir schon in der Grundschule. Darum glaube ich an das Christkind, ist es auch noch in weiter Ferne zu mir.

Baby Monk
 
Zurück
Oben