Puh
ist das ein Tag. Es regnet, dicke graue Wolken hängen am Himmel. Dennoch treibt es mich heute irgendwie hinaus in die Felder und gerade quäle ich mich mühsam und schnaufend eine kleine Anhöhe hinauf, da höre ich jemand rufen: Hallo ! Ich schaue mich um, kann aber nix entdecken, doch da wieder: Hallo, du, ich mein Dich, Mara. Jetzt bin ich aber hellwach und schaue intensiver nach dieser unverschämt fröhlichen Stimme, die so nah klingt. Und dann schau ich nach oben und genau über mir lacht mir jemand unverschämt an: Man hört dich ja schon im Himmel schnaufen. Da dacht ich, ich komm mal vorbei und schaue, ob ich dir nicht behilflich sein kann. Nun ja
grinse ich du könntest mir deine Flügel leihen oder mich ein Stück tragen. Das wär schon eine Hilfe.
Hm sagte der Engel wie gerne würde ich das für dich tun, aber ich fürchte, so wie du jammerst, bist du viel zu schwer. Lass uns was anderes versuchen, ja ? Ich bin mittlerweile völlig aus der Puste und einem Gefühl wie Blei in den Beinen stehengeblieben. Okay hechele ich. Was denkst du gerade, fragt mich da der Engel, sozusagen von oben herab. Nichts, eigentlich sage ich. Ich unterhalte mich ja mit dir und so dachte ich gerade an nichts. Und wie fühlst du dich jetzt fragt das geflügelte Geschöpf und erbarmt sich endlich meiner Nackenmuskulatur und schwebt sanft zur Erde nieder, berührt sie aber nicht, sondern schwebt ein paar Zentimeter über dem Boden und sieht mich an. Gut, sage ich ganz spontan. Ich fühle mich richtig gut und das schwere Gefühl ist auch weg.
Eben. Das kommt nämlich von deinen schweren Gedanken die du hast, wie: Das klappt alles nicht. Keiner hat mich lieb. Das schaff ich ja doch nicht. Und um das zu denken, musst du es nicht mal denken. Das ist das Entscheidende. Ich schaue den Engel mit hochgezogenen Augenbrauen an und er lacht und freut sich anscheinend über meine verwirrte Mine. Ja. Denn hinter vielen Gedanken, die du denkst verbirgt sich bloß diese Botschaft und es ist dir nicht mal bewusst und dennoch zieht es dich runter und dieses Runterziehen empfinden die Menschen dann als Schwere, als Last, die sie tragen und sie machen einen Buckel und schauen zu Boden und lassen die Schultern hängen als läge darauf alle Last der Welt. Wie meinst du das mit den Botschaften? frage ich nach. Es sind manchmal Kleinigkeiten. Du triffst zum Beispiel deine Nachbarin und sie schaut dich nicht freundlich an und grüßt auch nicht und schon denkst du: Blöde Kuh oder Mein Gott, hat die wieder eine Laune und machst ein böses Gesicht und ärgerst dich immer weiter und dann gehst du rein und in deinem Gehirn purzeln die Gedanken, weil dir jetzt alle Begebenheiten wieder einfallen, die alle mit deiner Nachbarin zu tun haben, und wo sie unfreundlich war oder du dich über sie geärgert hast. Dann bist du damit durch und als nächstes fallen dir auch noch andere Begebenheiten ein, wo du dich über andere geärgert hast, weil sie unfreundlich zu dir waren und am Ende bist du so unten, traurig und mürrisch, dass du an nichts mehr was Schönes finden kannst. Du bist dann ganz dunkel in dir drin und alles fällt dir eben schwer. So wie dir jetzt hier diese kleine Anhöhe.
Ich verstehe, was du meinst. Aber wie kann man das denn besser machen ? Man kann üben und immer wieder zum Beispiel sofort dagegen denken: Oh, die Frau M hat es heute sicher wieder nicht leicht gehabt auf der Arbeit. Und dann hat man Verständnis und lächelt sie an, statt sie bös anzuschauen, oder man spricht sie sogar an und sagt: Hallo und guten Tag. Geht es dir heute nicht gut. Du siehst so traurig aus Und dann lächelt Frau M. vielleicht sogar und erzählt dir, was sie so bewegt hat oder dass sie krank ist und sich erkältet hat und du wünschst ihr gute Besserung, fühlst dich gut und genießt den Rest des Tages und denkst nicht mehr an Frau M. Du meinst ich könnte in jeder Situation, die mich ärgert einfach mal anfangen mir Gedanken zu machen ? Ja, fällt mir da Engelchen ins Wort oder du erfindest richtig kleine Geschichten. Stell dir vor, du fährst mit dem Wagen hinter einem Auto her, dass unglaublich langsam dahinkriecht und du merkst wie du langsam wütend wirst und ungehalten. Dann stellst du dir einfach vor, wie ein alter Mensch am Steuer sitzt und nicht mehr so sicher ist wie noch vor 20 Jahren, aber er fährt jeden Tag seine kranke Frau im Krankenhaus besuchen im Moment, wo er sonst kaum noch fährt, nur mal zum Großeinkauf und er ist froh, dass er den Wagen nun hat. Und schon wird dir ganz warm und du stellst dir vor, wie die alte Frau sich freut, wenn ihr Mann jeden Tag kommt und wie sie ihn anlächelt zur Begrüßung und die Beiden dann zusammen sind. Und schon lächelst du und bremst und hälst Abstand und genießt einfach die langsame Fahrt und schaust dir stattdessen die Umgebung an
Das hört sich toll an, Engelchen. Danke für den Tipp, aber weißt du: Ich hatte gar keine negativen Gedanken vorhin. Wirklich nicht. Mir gings eigentlich ganz gut. Okay es könnte ein bisschen Sonne scheinen, das mag ich lieber, aber auch dieses Wetter hat ja seinen Reiz. Achso. Naja
dann liegt es wohl eher doch daran, dass dein Körper nicht trainiert ist und du einfach mal öfters Bewegung haben solltest und vielleicht isst du einfach mal die ein oder andere Tafel Schokolade nicht auf einmal auf . Das wäre auch besser für deine Figur, wenn ich das mal so sagen darf. Diese Form von Leichtigkeit kommt dann von ganz allein?
Ich schnaube beleidigt und setze dann energisch meinen Weg fort und höre den Engel noch lachen, bis er in den Wolken verschwunden ist.