Seal144
Sehr aktives Mitglied
XXII
„Didi, filho!“ Diogos Mutter eilte ihnen entgegen und betrachtete Angela neugierig.
„Angela, das ist meine Mutter.“
Da stand sie vor ihr, Diogos Mutter, mit einem rundlichen Gesicht und dem gleichen Lächeln um den Mund wie bei Diogo. Ihre Haare ein wenig ergraut und Augen, die Angela sehr lebendig anblickten. Sie nahm Angela zur Begrüßung gleich in die Arme und führte sie dann in die Küche.
Angela setzte sich und blickte geistesabwesend zu der kleinen Blechkaffeekanne auf dem Gasherd.
„Mãe! Es gab einen Überfall im Zug.“
„Und?“
„Gott sei Dank ist nichts passiert! Aber Angela ist noch unter Schock!“
Angelas Augen wanderten abwechselnd zu dem alten Eisschrank voller Rostflecken und der blau-weiβ karierten Plastiktischdecke, während Diogos Mutter Kaffee einschenkte. Sie dachte an die trostlose Busfahrt, die nach der Zugreise folgte:
Nilópolis machte auf den ersten Blick einen guten Eindruck, aber dann mussten sie in einen Bus umsteigen, und die Gegend wurde immer ärmlicher, heruntergekommene Häuschen mit Kindern, die auf lehmigen Straβen in Pfützen Fuβball spielten. Rechts ein kleiner Fluss mit Hochwasser, Plastikflaschen, Matratzen und anderer Müll schwammen darauf herum. Bei der Endstation verlieβen sie den Bus und hatten nochmals eine Viertelstunde zu gehen. Es war bereits dunkel, als sie endlich bei Diogos Haus ankamen.
„Angela! Beruhige dich! Du zitterst ja“ Diogos Mutter reichte ihr eine Tasse Kaffee. „Hier trink. So etwas passiert in Rio jeden Tag. – Wichtig ist, dass man bei den drogado, still bleibt wie eine Maus.“ Lächelnd tätschelte sie Angelas Arm.
Das Telfon klingelte. Diogo eilte hinaus in den Flur, nahm ab und kam gleich wieder.
„Es war Antónia. Sie muss heute Abend arbeiten, sonst werden sie mit den Kostümen nicht rechtzeitig fertig. - Antónia ist meine Schwester, sie arbeitet an der Praça Mauá. Die Beija Flor hat dort ein großes Lagerhaus, ganz in der Nähe vom Hafen, dort nähen sie die Karnevalskostüme.“
„Dieses Jahr heißt das Thema: „Manôa-Manaus-Amazonas“, sagte die Mutter lebhaft. „Ich werde dieses Jahr wieder mittanzen.“
„Die Kostüme bleiben bis zum Schluss das große Geheimnis“, erklärte Diogo. „Unsere Beija Flôr ist die beste Karnevalsschule und vierfacher Meister. Ich bin stolz, dass meine Mutter beim desfile mitmacht. Wir haben voriges Jahr gesiegt und werden diesmal mit unserem Amazonas-Thema auch wieder siegen“, rief er aus.
„Claro, Didi!“, rief sie aus und drehte sich, füllig wie sie war, ungeniert einmal im Kreis herum und Diogo klatschte. „Meine Mutter macht bei der ala das Bahianas mit.“
„Ihr werdet Hunger haben.“ Diogos Mutter brachte frisches Stangenweiβbrot, dazu presunto, Käse, Salami und Mortadella, stellte noch Mayonnaise und Tomaten, schwarze Oliven und kleine gebackene pastéis de camarão auf den Tisch. „Durst werdet ihr auch haben!“ Geschäftig holte sie aus dem Kühlschrank eine Kanne mit frisch ausgepresstem Orangensaft und setzte sich dann endlich.
Angela staunte nicht schlecht über die Herzlichkeit und Gastfreundschaft und verfolgte amüsiert die temperamentvolle Karnevalsdebatte der beiden. Der Tisch war inzwischen voll mit Essen gepackt, mehr passte nicht darauf.
„ Wie geht es Tante Maria Luisa?“, wollte sie dann wissen.
„Es geht ihr gut, mãe, Tante Maria Luisa lässt dich schön grüβen.“
„Danke, mein Sohn. Und jetzt erzähle erst einmal, wie es beim Flamengo läuft“, bat Diogos Mutter. „Die Leute vom Olímpia haben schon ein paar Mal nach dir gefragt.“
„Olímpia ist der Club in Nilópolis, wo ich vor vielen Jahren einmal anfing.“ Diogo stopfte sich ein Weiβbrot mit Mortadella in den Mund und erzählte die Neuigkeiten seiner Mutter.
„Wann kommt Ricardo?“, fragte er kauend.
„Er ist bis nächsten Dienstag mit Vater unterwegs nach Fortaleza.“ Sie wandte sich an Angela: „Ricardo wird bei der gleichen Busgesellschaft arbeiten.“
Diogo dachte an seine Kindheit zurück, wie er mit seinem jüngeren Bruder Ricardo Fuβball spielte: António und Pedrinho waren dabei, manchmal kam auch noch Gustavo dazu. Ricardo, dem er immer den Ball wegschnappte, Ricardo konnte machen, was er wollte, er trickste ihn aus und ärgerte ihn damit. Ricardo, der ernste und verschlossene Ricardo.
„Du mit deinem verdammten Fuβball!“, rief er manchmal aufgebracht. „Ich werde arbeiten gehen, verstehst du?“, kam es vorwurfsvoll vor ein paar Monaten. Seine Augen zusammengekniffen. „Sogar deine Schwester geht arbeiten, und du denkst nur an Fuβball. Werde erst mal ein richtiger Mann, der auch seine Familie ernähren kann, so wie es unser Vater macht. Wie lange willst du noch mit dieser Illusion leben?“ Aber seine Mutter hatte ein offenes Herz für ihn. Sie glaubte an ihn, und das war schon immer so.
Diogo atmete tief ein und wieder aus. „Ich bin der Einzige, der kein Geld nach Hause bringt“, sagte er bedrückt.
„Du musst dich gedulden, Didi.“ Sie warf ihm ein Lächeln zu. „Sogar Aniz Abraham David fragte nach dir.“
„Du weißt noch gar nicht, was am letzten Sonntag beim Fußballspiel im Olímpia los war, Didi!”, begann Diogos Mutter zögernd.
Diogo hielt seiner Mutter die leere Tasse hin. Sie schenkte ihm Kaffee nach. „Stell dir mal vor, Didi, es begann als ein ganz normales Spiel. Doch als André in der ersten Halbzeit das zweite Tor für die „Kinder von Nilópolis“ schoss, protestierte der Mittelstürmer von Olímpia sofort. Er behauptete, der Ball wäre von außen ins Tor gegangen, das Netz habe ein Loch.“
„Das ist eine Schande“, rief Diogo, „dass sie immer noch nicht das Netz geflickt haben, diese bandidos de uma merda!“
„Da es aber keine Linienrichter gab, dauerte es, bis das Tor annulliert wurde. Und in der Pause haben sich alle Spieler dann wüst beschimpft. Auch die Leiter beider Clubs gingen aufeinander los.“ Ihre Stimme überschlug sich genauso vor Aufregung. „Sie begannen sich zu prügeln, und einige Betrunkene zogen ihren Revolver und schossen damit wild herum.“
„Ja, und dann?“, wollte Diogo wissen.
„Pedro Freitas war derjenige, der sich am schlimmsten aufführte.“
„Pedro Freitas! Und so was soll der Präsident eines Fußballvereins sein!“, rief Diogo wütend.
„Ja, Didi. Dann endlich kam die Militärpolizei, um den Krawall zu beenden, aber das Spiel wurde abgebrochen. Niemand wollte noch spielen. Ist das nicht eine Schande, mein Sohn?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Ein trauriges Bild von unserem Club, in dem einmal Serginho spielte, bevor er zum Milan ging.“ Diogo schnaubte verächtlich.
„Aniz Abraham war es, der mir das von dem Streit erzählte“, berichtete seine Mutter weiter. „Er fragte auch, wie es dir beim Flamengo geht.“
„Aniz Abraham David ist der wichtigste und reichste Mann bei uns, Angela“. Diogo gab Zucker in seinen Kaffee und rührte um. "Er hat seinen Reichtum mit dem jogo do bicho gemacht.“
„Lotterie?“, fragte Angela.
Diogo nickte. „Ja, illegale Lotterie. Das sind diese Losverkäufer, die du an jeder Ecke stehen siehst. Auf den Losen sind Tiere drauf: Schlange, Pferd, Hund und alle möglichen anderen Tiere.“
„Was?“ Angela hob ungläubig die Brauen. „Aber die Losverkäufer stehen überall an den Ecken auf den Straßen in Rio.“
„Nicht nur in Rio! Im ganzen Land“
„Und was macht die Polizei?“
„Was glaubst du wohl?“, fragte Diogo.
„Warum verbietet die Polizei das nicht? Man sieht diese Losverkäufer überall herumlungern und laut ihre Lose anpreisen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht.
„Die Polizei drückt wie so oft ein Auge zu. Die bekommen ihre Anteile und sind zufrieden.“
„Didi, jetzt schimpf doch nicht!“, mischte sich die Mutter ein. „Wir haben Abraham David zu verdanken, dass die Beija Flôr zur besten Sambaschule aufgestiegen ist. Außerdem habe ich diese Woche fünf Lose vom Schwein gekauft.“ Sie kicherte. „Ich habe schon zweimal
hintereinander von einem Schwein geträumt, mein Sohn. Der Losverkäufer rief immer wieder laut: Kauft die Katze, kauft die Katze!“, gestikulierte sie lebhaft mit den Händen und kicherte. „Aber ich habe vom Schwein geträumt. Vielleicht gewinnen wir ja.“
„Ja, Mutter“, pflichtete ihr Diogo bei. „Se deus quiser. - Die Beija Flôr hat viel für Nilópolis getan. Geld haben sie an ihrer Lotterie genug verdient. Aniz Abraham ist Millionär und fährt mit seinem dicken Cadillac durch die Gegend!“
„Vergiss nicht, dass du dein Fußballtraining im Olímpia auch Abraham zu verdanken hast.“
Diogo nickte. „Kommst du heute Abend mit auf die quadra, Mutter?“
„Nein, heute gehst du mit Angela.“ Sie lächelte. „Antónia wäre mitgekommen, aber die Zeit drängt, nur noch zwei Monate bis zum Umzug.“
„Was ist eine quadra?“, erkundigte sich Angela.
„Das ist der große Platz der Sambaschule, dort wird geübt. Auf die quadra passen fünfzehntausend Menschen, so viele kommen aber nur, wenn wir ein Fest haben. Heute zum Training kommen nur viertausend.“
„Viertausend? So viele kommen heute Abend?“
„Ja, bei uns in der Beija Flôr ist was los, lasse dich überraschen!“
„Didi, filho!“ Diogos Mutter eilte ihnen entgegen und betrachtete Angela neugierig.
„Angela, das ist meine Mutter.“
Da stand sie vor ihr, Diogos Mutter, mit einem rundlichen Gesicht und dem gleichen Lächeln um den Mund wie bei Diogo. Ihre Haare ein wenig ergraut und Augen, die Angela sehr lebendig anblickten. Sie nahm Angela zur Begrüßung gleich in die Arme und führte sie dann in die Küche.
Angela setzte sich und blickte geistesabwesend zu der kleinen Blechkaffeekanne auf dem Gasherd.
„Mãe! Es gab einen Überfall im Zug.“
„Und?“
„Gott sei Dank ist nichts passiert! Aber Angela ist noch unter Schock!“
Angelas Augen wanderten abwechselnd zu dem alten Eisschrank voller Rostflecken und der blau-weiβ karierten Plastiktischdecke, während Diogos Mutter Kaffee einschenkte. Sie dachte an die trostlose Busfahrt, die nach der Zugreise folgte:
Nilópolis machte auf den ersten Blick einen guten Eindruck, aber dann mussten sie in einen Bus umsteigen, und die Gegend wurde immer ärmlicher, heruntergekommene Häuschen mit Kindern, die auf lehmigen Straβen in Pfützen Fuβball spielten. Rechts ein kleiner Fluss mit Hochwasser, Plastikflaschen, Matratzen und anderer Müll schwammen darauf herum. Bei der Endstation verlieβen sie den Bus und hatten nochmals eine Viertelstunde zu gehen. Es war bereits dunkel, als sie endlich bei Diogos Haus ankamen.
„Angela! Beruhige dich! Du zitterst ja“ Diogos Mutter reichte ihr eine Tasse Kaffee. „Hier trink. So etwas passiert in Rio jeden Tag. – Wichtig ist, dass man bei den drogado, still bleibt wie eine Maus.“ Lächelnd tätschelte sie Angelas Arm.
Das Telfon klingelte. Diogo eilte hinaus in den Flur, nahm ab und kam gleich wieder.
„Es war Antónia. Sie muss heute Abend arbeiten, sonst werden sie mit den Kostümen nicht rechtzeitig fertig. - Antónia ist meine Schwester, sie arbeitet an der Praça Mauá. Die Beija Flor hat dort ein großes Lagerhaus, ganz in der Nähe vom Hafen, dort nähen sie die Karnevalskostüme.“
„Dieses Jahr heißt das Thema: „Manôa-Manaus-Amazonas“, sagte die Mutter lebhaft. „Ich werde dieses Jahr wieder mittanzen.“
„Die Kostüme bleiben bis zum Schluss das große Geheimnis“, erklärte Diogo. „Unsere Beija Flôr ist die beste Karnevalsschule und vierfacher Meister. Ich bin stolz, dass meine Mutter beim desfile mitmacht. Wir haben voriges Jahr gesiegt und werden diesmal mit unserem Amazonas-Thema auch wieder siegen“, rief er aus.
„Claro, Didi!“, rief sie aus und drehte sich, füllig wie sie war, ungeniert einmal im Kreis herum und Diogo klatschte. „Meine Mutter macht bei der ala das Bahianas mit.“
„Ihr werdet Hunger haben.“ Diogos Mutter brachte frisches Stangenweiβbrot, dazu presunto, Käse, Salami und Mortadella, stellte noch Mayonnaise und Tomaten, schwarze Oliven und kleine gebackene pastéis de camarão auf den Tisch. „Durst werdet ihr auch haben!“ Geschäftig holte sie aus dem Kühlschrank eine Kanne mit frisch ausgepresstem Orangensaft und setzte sich dann endlich.
Angela staunte nicht schlecht über die Herzlichkeit und Gastfreundschaft und verfolgte amüsiert die temperamentvolle Karnevalsdebatte der beiden. Der Tisch war inzwischen voll mit Essen gepackt, mehr passte nicht darauf.
„ Wie geht es Tante Maria Luisa?“, wollte sie dann wissen.
„Es geht ihr gut, mãe, Tante Maria Luisa lässt dich schön grüβen.“
„Danke, mein Sohn. Und jetzt erzähle erst einmal, wie es beim Flamengo läuft“, bat Diogos Mutter. „Die Leute vom Olímpia haben schon ein paar Mal nach dir gefragt.“
„Olímpia ist der Club in Nilópolis, wo ich vor vielen Jahren einmal anfing.“ Diogo stopfte sich ein Weiβbrot mit Mortadella in den Mund und erzählte die Neuigkeiten seiner Mutter.
„Wann kommt Ricardo?“, fragte er kauend.
„Er ist bis nächsten Dienstag mit Vater unterwegs nach Fortaleza.“ Sie wandte sich an Angela: „Ricardo wird bei der gleichen Busgesellschaft arbeiten.“
Diogo dachte an seine Kindheit zurück, wie er mit seinem jüngeren Bruder Ricardo Fuβball spielte: António und Pedrinho waren dabei, manchmal kam auch noch Gustavo dazu. Ricardo, dem er immer den Ball wegschnappte, Ricardo konnte machen, was er wollte, er trickste ihn aus und ärgerte ihn damit. Ricardo, der ernste und verschlossene Ricardo.
„Du mit deinem verdammten Fuβball!“, rief er manchmal aufgebracht. „Ich werde arbeiten gehen, verstehst du?“, kam es vorwurfsvoll vor ein paar Monaten. Seine Augen zusammengekniffen. „Sogar deine Schwester geht arbeiten, und du denkst nur an Fuβball. Werde erst mal ein richtiger Mann, der auch seine Familie ernähren kann, so wie es unser Vater macht. Wie lange willst du noch mit dieser Illusion leben?“ Aber seine Mutter hatte ein offenes Herz für ihn. Sie glaubte an ihn, und das war schon immer so.
Diogo atmete tief ein und wieder aus. „Ich bin der Einzige, der kein Geld nach Hause bringt“, sagte er bedrückt.
„Du musst dich gedulden, Didi.“ Sie warf ihm ein Lächeln zu. „Sogar Aniz Abraham David fragte nach dir.“
„Du weißt noch gar nicht, was am letzten Sonntag beim Fußballspiel im Olímpia los war, Didi!”, begann Diogos Mutter zögernd.
Diogo hielt seiner Mutter die leere Tasse hin. Sie schenkte ihm Kaffee nach. „Stell dir mal vor, Didi, es begann als ein ganz normales Spiel. Doch als André in der ersten Halbzeit das zweite Tor für die „Kinder von Nilópolis“ schoss, protestierte der Mittelstürmer von Olímpia sofort. Er behauptete, der Ball wäre von außen ins Tor gegangen, das Netz habe ein Loch.“
„Das ist eine Schande“, rief Diogo, „dass sie immer noch nicht das Netz geflickt haben, diese bandidos de uma merda!“
„Da es aber keine Linienrichter gab, dauerte es, bis das Tor annulliert wurde. Und in der Pause haben sich alle Spieler dann wüst beschimpft. Auch die Leiter beider Clubs gingen aufeinander los.“ Ihre Stimme überschlug sich genauso vor Aufregung. „Sie begannen sich zu prügeln, und einige Betrunkene zogen ihren Revolver und schossen damit wild herum.“
„Ja, und dann?“, wollte Diogo wissen.
„Pedro Freitas war derjenige, der sich am schlimmsten aufführte.“
„Pedro Freitas! Und so was soll der Präsident eines Fußballvereins sein!“, rief Diogo wütend.
„Ja, Didi. Dann endlich kam die Militärpolizei, um den Krawall zu beenden, aber das Spiel wurde abgebrochen. Niemand wollte noch spielen. Ist das nicht eine Schande, mein Sohn?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Ein trauriges Bild von unserem Club, in dem einmal Serginho spielte, bevor er zum Milan ging.“ Diogo schnaubte verächtlich.
„Aniz Abraham war es, der mir das von dem Streit erzählte“, berichtete seine Mutter weiter. „Er fragte auch, wie es dir beim Flamengo geht.“
„Aniz Abraham David ist der wichtigste und reichste Mann bei uns, Angela“. Diogo gab Zucker in seinen Kaffee und rührte um. "Er hat seinen Reichtum mit dem jogo do bicho gemacht.“
„Lotterie?“, fragte Angela.
Diogo nickte. „Ja, illegale Lotterie. Das sind diese Losverkäufer, die du an jeder Ecke stehen siehst. Auf den Losen sind Tiere drauf: Schlange, Pferd, Hund und alle möglichen anderen Tiere.“
„Was?“ Angela hob ungläubig die Brauen. „Aber die Losverkäufer stehen überall an den Ecken auf den Straßen in Rio.“
„Nicht nur in Rio! Im ganzen Land“
„Und was macht die Polizei?“
„Was glaubst du wohl?“, fragte Diogo.
„Warum verbietet die Polizei das nicht? Man sieht diese Losverkäufer überall herumlungern und laut ihre Lose anpreisen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das verstehe ich nicht.
„Die Polizei drückt wie so oft ein Auge zu. Die bekommen ihre Anteile und sind zufrieden.“
„Didi, jetzt schimpf doch nicht!“, mischte sich die Mutter ein. „Wir haben Abraham David zu verdanken, dass die Beija Flôr zur besten Sambaschule aufgestiegen ist. Außerdem habe ich diese Woche fünf Lose vom Schwein gekauft.“ Sie kicherte. „Ich habe schon zweimal
hintereinander von einem Schwein geträumt, mein Sohn. Der Losverkäufer rief immer wieder laut: Kauft die Katze, kauft die Katze!“, gestikulierte sie lebhaft mit den Händen und kicherte. „Aber ich habe vom Schwein geträumt. Vielleicht gewinnen wir ja.“
„Ja, Mutter“, pflichtete ihr Diogo bei. „Se deus quiser. - Die Beija Flôr hat viel für Nilópolis getan. Geld haben sie an ihrer Lotterie genug verdient. Aniz Abraham ist Millionär und fährt mit seinem dicken Cadillac durch die Gegend!“
„Vergiss nicht, dass du dein Fußballtraining im Olímpia auch Abraham zu verdanken hast.“
Diogo nickte. „Kommst du heute Abend mit auf die quadra, Mutter?“
„Nein, heute gehst du mit Angela.“ Sie lächelte. „Antónia wäre mitgekommen, aber die Zeit drängt, nur noch zwei Monate bis zum Umzug.“
„Was ist eine quadra?“, erkundigte sich Angela.
„Das ist der große Platz der Sambaschule, dort wird geübt. Auf die quadra passen fünfzehntausend Menschen, so viele kommen aber nur, wenn wir ein Fest haben. Heute zum Training kommen nur viertausend.“
„Viertausend? So viele kommen heute Abend?“
„Ja, bei uns in der Beija Flôr ist was los, lasse dich überraschen!“