Weil's hier grad so schön zum Thema passt, ein heute üblicher, weit verbreiteter und allgemein in der Gesellschaft akzeptierter Manipulationsversuch einer grossen Zeitschrift wie dem Spiegel-Magazin:
(Dabei geht es um Al-Qaida's Strategie für die nächsten ca. 10 Jahre:
Spiegel Online schrieb:
Es ist erschreckend und absurd zugleich, ein wahnwitziger Plan von Fanatikern, die in ihrer eigenen Welt leben - und durch ihre brutalen Akte doch immer wieder in die reale Welt einbrechen.
Quelle
Man braucht schon ein sehr feines Gespür, um hier herauszulesen, worin die eigentliche Manipulation besteht. Na, klingelt's?
Noch einmal mit Hervorhebungen von mir:
Es ist erschreckend und absurd zugleich, ein wahnwitziger Plan von Fanatikern, die in ihrer eigenen Welt leben - und durch ihre brutalen Akte doch immer wieder in die reale Welt einbrechen.
Was besagt dieser Satz? Inwiefern manipuliert er den Leser? Nun, der Journalist stellt die Organisation Al-Qaida so dar, als würden jene gewissermassen "fern weg der Realität, in einem reinen Fantasiepalast" leben. Dass dies eben gerade
nicht der Fall ist, das haben all deren Anschläge gezeigt. Ein zu Realitätsverlust neigender Mensch ist nicht in der Lage, seine Vernunft zu gebrauchen, und schon gar nicht ist er in der Lage ein derartig grosses Unternehmen zu führen, wie es das Terrornetzwerk Al-Qaida inzwischen ist. Der Journalist versucht es wiedermal mit dem üblichen Trick, der so alt ist, wie der Mensch selbst: Man attestiert dem Gegner irgendwas negatives. Nur um das mal klar zu machen, hätte man Hitler und die Nationalsozialisten im Vorfeld ernst genommen, und sie nicht als etwas verrückte Harmlose betrachtet, so wäre wohl vieles anders gelaufen. Aber genau das tut der Journalist hier erneut. Warum tut er das aber? Ganz einfach: Er will sich nicht damit auseinandersetzen, dass Al-Qaida erschreckend real ist, dass diese Leute erschreckend klug sind und gleichzeitig keinerlei Skrupel kennen, ihre Ziele zu verfolgen. (Meist steckt dahinter dann noch der Versuch, solche Schattenseiten nicht an sich selbst wahrzunehmen.)
Kehren wir die Sache mal um: Ein Präsident wie G.W.Bush wurde von > 50% der us-amerikanischen Wähler gewählt. Der Mann ist offensichtlich weit von der Realität entfernt, um es im Jargon des Journalisten zu sagen, wenn er die Welt in eine Achse des Bösen und dem guten Rest aufteilt. Daraus schliessen wir, dass also > 50% der us-amerikanischen Wähler bewusst einen Mann unterstützen, der von der Realität etwa so weit entfernt ist, wie Osama Bin Laden.
Voilà, so wird heute durch die Medien manipuliert. Dass die Zeitung "Bild" (in der Schweiz ist der "Blick" das Pendant) Wählerstimmen beeinflussen kann, das wissen wir bereits. Dass aber eine Zeitschrift wie der als seriös geltende Spiegel genauso nicht vor Manipulation der Leser zurückschreckt, das ist schon erschreckender, denn alle Intellektuellen, die etwas auf sich halten, lesen den Spiegel, um es mal etwas plakativ auszuführen.
Übrigens: Da habe ich mich im letzten Abschnitt selbst der sprachlichen Manipulationsmittel bedient. Wo?