MariaMarmelade schrieb:
Mir gehts darum herauszufinden, ob das Kartenlesen nicht besser ist, weil objektiver (meine Meinung).
Ist das nun schon deine Meinung, oder bist du doch noch offen genug, es herauszufinden? Meine Meinung dazu ist: In die Irre führende Fragestellung. Es kann nicht darum gehen, was "besser ist". Es mag Menschen geben, für die ein Blick in Karten zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Kontext das Richtige ist, und es mag Menschen geben, für die eine Aufstellung zu einem bestimmten Zeitpunkt und zu einem bestimmten Kontext das Richtige ist. Das liegt nicht daran, dass das eine oder andere Verfahren besser wäre, sondern an vielseitig ineinander verwobenen Umständen. Wenn jemand daherkommt und fragt, ob nun das eine oder Verfahren objektiv das bessere wäre, dann frag ich mich (oder zurück: Warum hat sie/er das nötig?
MariaMarmelade schrieb:
Es fehlt der subjektive Faktor des Stellvertreters und des Aufstellers. Den subjektiven Faktor übernehmen die Karten. Und natürlich ist das eine Bestandsaufnahme des Jetzt-Zustandes. Na darin liegt ja alles. Da ist ja alles drin enthalten, im Jetzt-Zustand!
Da verstehe ich einiges nicht. Ich dachte immer, die Karten wären, so wie sie da liegen, das Objektive (und zugleich das Individuelle in Bezug auf Zeitpunkt, Anliegen und Person). Die subjektiven Faktoren kommen dann durch die Deutung und die natürlichen Missverständnisse im Dialog zwischen Deutender/m und Zuhörer/in. Also wenn die Deutung eines Kartenbildes nichts Subjektives ist, dann weiß ich nicht was... wobei ich weit davon entfernt bin, eine solche Subjektivität in irgendeiner Form abzuwerten. Ganz im Gegenteil ... ich gehe ja grundsätzlich davon aus, dass wir keinen anderen Zugang zum "Objektiven" (was immer das sein mag) haben als jenen unserer subjektiven Wahrnehmung.
MariaMarmelade schrieb:
Man kann sehen, ob z.B. eine Abtreibung zwischen Mann und Frau steht. Man kann sehen, ob eine frühere Verlobte einwirkt etc. Eben alles was in der Familienaufstellung auch zum Vorschein kommt. Bloß, dass die Familienaufstellung einen Prozeß braucht, um die Lösung zu finden. Während ich als Kartendeuterin, wenn ich die Fakten sehe (und richtig deute - das der subjektive Faktor beim Kartenlegen!), die da zutage treten, den Klienten gleich darauf hinweisen kann, was der Grund für sein Unwohlsein ist.
Mir scheint, du hast da ein Konzept bzw. den Glaubenssatz, dass das Aufklären von Fakten bzw. das Formulieren von Erklärungsmodellen für Ursachen schon die Lösung brächte. Wenn das so ist, dann wäre innerhalb dieses Konzeptes eine Aufstellung tatsächlich überflüssig. Bei der geht es nämlich um die Klärung von Faktenwissen am allerwenigsten. Systemische Zusammenhänge sind etwas völlig anderes als Kausalzusammenhänge, und die Wirkungen von Aufstellungen entstehen, sofern sich das zuordnen lässt, ganz wesentlich aus dem Prozesshaften des Aufstellens. Das ist ganzheitliches Erleben, da ist vieles, was jenseits von Worten in einer "transverbalen Sprache" wahrgenommen wird. Da geschehen in einer Aufstellung Rituale, Bewegungen, es ist doch nicht nur Theater, wenn da Repräsentanten in ganz tiefe Interaktionen gehen... wie sollte das mit dem Interpretieren eines Kartenbildes verglichen werden können, oder gar ein Urteil gefällt werden können, was besser ist? Kannst du denn sagen, ob Tannenbäume oder Filzpantoffeln besser sind? Auf einer
ähnlichen Ebene bewegt sich dein Vergleich.
Zu den von dir herausgekramten Erlebnisaufsätzen "Wie ich das Aufstellen sah": Ich respektiere die alle als Berichte über Erfahrungen, die jemand gemacht hat. Diese Berichte sagen mir nicht, was diesen Erfahrungen wirklich zugrundelag. Es überrascht mich auch überhaupt nicht, dass es viele kritische Stimmen gibt. Du weißt ja selbst, wieviele kritische Stimmen es zum Kartenlagen gibt und was manche davon halten. Und offenbar hast du dir aus eigener Erfahrung damit auch eine eigene Meinung gebildet.
Glaub mir: Mit zu den kritischsten Stimmen, was das Aufstellen betrifft, gehören die Aufsteller selbst. Die meisten arbeiten nicht nur mit Klienten, sondern auch in Supervisionen und Peer Groups, in denen sie Theorie und Praxis ihrer Arbeit immer wieder überprüfen und befragen (und ich kenne keine einzige Kartenlegerin, die zu einer Supervision ginge... ich vermisse das zB auch sehr in meiner eigentlichen Dizsiplin, der Astrologie ... da werden auch lieber andere missgünstig runtergemacht, statt dass man bemüht wäre, gemeinsam über Tellerränder zu blicken und Horizonte zu erweitern). Es ist für mich auch keine Frage, dass Leute Aufstellungen anbieten, bei denen ich mir wünsche, sie würdens bleiben lassen, und ich hab auch bei erfahrenen AufstellerInnen beobachten können, dass eine Aufstellung auch mal nicht "gelingt" ... wobei ich mit ChrisTina der Meinung bin, dass sich nicht wirklich sagen lässt, was der "Erfolg" einer Aufstellung ist und wann bzw. in welcher Weise er sich einstellt. Das alles teilt der Bereich des systemischen Stellens mit vielen anderen Bereichen, in denen Perfektion ebenso wenig möglich ist (in meinen Augen: Gottseidank ... das macht Lernen möglich). Aber vielleicht muss man ja da das Kartenlegen ausnehmen...
Alles Liebe,
Jake