Mahabharata

Mahabharat Buch 3 Kapitel 160

Bhima besteigt den Gipfel

Janamejaya fragte:
Wie lange verweilten meine unvergleichlich tapferen Urgroßväter auf dem Berge Gandhamadan? Was taten die entschlossenen Männer dort? Wovon lebten sie? Oh du Lobenswerter, erzähl mir all dies. Beschreibe mir die heldenhafte Kraft von Bhima, und was der Starkarmige alles im Himalaya tat. Sicher hat er nicht noch einmal mit den Yakshas gekämpft. Und trafen sie auf Kuvera? Denn der Herr der Reichtümer kam doch bestimmt dorthin, so wie es Arshtishena vorausgesagt hat. Oh du Askesereicher, ich möchte alle Einzelheiten hören. Denn ich bin nie gesättigt, den Taten der Pandavas zu lauschen.

Und Vaisampayana erzählte weiter:
Diese Besten der Bharatas lebten gemäß den gutgemeinten Ratschlägen vom energiereichen Arshtishena. Sie aßen von den Früchten der Munis, sowie reinen Honig und Wildbret, welches sie mit unvergifteten Pfeilen erlegten. Und indem sie den Geschichten von Lomasa lauschten, verbrachten sie das fünfte Jahr an diesem schönen Ort. Ghatotkacha war mit seinen Gefährten schon längst wieder mit den Worten gegangen: „Ich werde da sein, wenn die Gelegenheit es erfordert.“ – Im Laufe der Monate erlebten die Hochbeseelten viele Wunder und trafen auf viele zufriedene Munis und Charanas mit reinen Seelen, welche mit hohem Schicksal gesegnet ihren Gelübden folgten. Mit ihnen sprachen sie über himmlische Dinge. Eines Tages sahen sie, wie Suparna (Garuda) eine riesige und starke Naga davontrug, die in einem großen See lebte. Dabei bebte der Berg und viele gigantische Bäume fielen. Die Pandavas und all die Bewohner bestaunten dieses Wunder. Kurz danach trug der Wind vom Gipfel dieses vorzüglichen Berges himmlisch duftende und wunderschöne fünffarbige Blüten vor die Pandavas.

Und Draupadi sprach zum bequem sitzenden Bhima:
Oh Bester, sieh nur wie diese fünffarbigen Blüten vor den Augen aller vom Sturm der Schwingen Garudas mit Kraft herabgetrieben werden und schnell in den Fluß Aswaratha fallen. Damals hat dein hochbeseelter Bruder im Khandava Wald Gandharvas, Nagas und selbst Indra mit seinem Heldenmut beeindruckt und dadurch den Bogen Gandiva erhalten. ... Ach Bhima, schon lange hege ich diesen Wunsch in meinem Geist, daß ich von der Kraft deiner Arme beschützt den Gipfel schauen kann.

Da fühlte sich Bhima wie ein feuriger Stier, den man geschlagen hatte. Er meinte, Draupadi hätte ihn getadelt, und konnte dies nicht ertragen. So nahm der Pandava mit dem wiegenden Gang eines Löwen seinen goldverzierten Bogen auf, ergriff die Keule und gürtete das Schwert. ... Nichts weiter beachtend, stürmte er wie ein Löwe die Felsen empor und spürte keinerlei Scheu. Alle sahen ihn, wie er bewaffnet und wild entschlossen vordrang, um Draupadi zu gefallen. ... Mit Leichtigkeit bezwang er den rauhen Pfad, wo nur ein Einzelner durchkam, sowie einen gefährlichen Felsengipfel so hoch wie mehrere Palmyra Palmen.

Die Kinnaras, Munis, großen Nagas, Gandharvas und Rakshasas erfreute der Anblick des Unerschrockenen und Starken. Und so erblickte dieser Beste aus dem Geschlecht der Bharatas die Wohnstatt von Vaishravana (Kuvera), die mit goldenen und kristallenen Palästen geschmückt und ringsum mit goldenen Mauern umgeben war, welche den Glanz von Juwelen hatten. Sie war höher als ein Bergesgipfel, hatte schöne Gärten, Türme, Zinnen, Tore und ganze Reihen von wehenden Wimpeln. Überall schlenderten schöne Damen verlockend umher und bewegten sich so tänzerisch wie die Fahnen im Wind. ...

Die schönen und wundervollen Bäume verschiedenster Farbtönungen ließen sich von ihr streicheln und gaben wohlklingende Flötentöne von sich. An dem Platz, an dem Bhima starrend stehengeblieben war, häuften sich Juwelen und Edelsteine zu Bergen, die von allerliebsten Blumengirlanden geschmückt waren. Bewegungslos stand Bhima eine Weile mit seinen Waffen da, und vergaß alle Sorge um sein Leben. Dann blies er in sein Muschelhorn, ließ die Bogensehne erklingen und pochte sich laut auf die Oberarme, so daß allen Gegnern vor Angst die Haare zu Berge standen. Doch die Yakshas und Rakshasas stürmten entschlossen dem Klang entgegen und hielten flammende Keulen, Schlagstöcke, Schwerter, Speere, Lanzen und Streitäxte in den starken Händen.

Aber Bhima zerschlug die Wurfgeschosse der Rakshasas mit seinen Pfeilen, auch wenn sie über große magische Kräfte verfügten. ... Und wie die Sonne alles in ihre Strahlen einhüllt, so bedeckte der starke Bhima seine Gegner mit seinen alles vernichtenden Pfeilen. Und obwohl die Rakshasas drohende, laute Kampfschreie ausstießen, brachten sie Bhima nicht im mindesten in Verlegenheit. So zogen sie sich verletzt und furchtsam zurück und warfen laut heulend ihre Waffen zu Boden.

Nur einer blieb stehen: Maniman, der starkarmige Freund Kuveras mit der breiten Brust. Er hielt seine Pfeile und Keulen fest in der Hand und zeigte Meisterschaft und Männlichkeit. Als er seine Kameraden aus dem Kampf fliehen sah, sprach er lächelnd zu ihnen:
Wie wollt ihr es dem Herrn der Schätze sagen, daß ein einzelner Sterblicher so viele von uns geschlagen hat?

Nach diesen Worten packte der Rakshas seine Waffen fester und griff Bhima an. Doch dieser durchbohrte die Seiten des wie ein wilder Elefant Heranstürmenden mit drei ausgesuchten Pfeilen. Daraufhin schwenkte und wirbelte der mächtige Maniman zornig seine gewaltige Keule gegen Bhima. Und Bhima schickte der Keule unzählige scharfe, an Steinen gewetzte Pfeile entgegen. Doch obwohl dieser Meister im Keulenkampf seine Pfeile mit großer Kraft in den Himmel gesandt hatte, fielen sie wirkungslos von der Keule ab und konnten ihren schnellen Flug nicht stoppen.

So nahm der mächtige Bhima wieder Zuflucht zu seiner Erfahrung im Keulenkampf, um diesen Angreifer abzuwehren. Feurige Flammen vor sich her spuckend und lautes Getöse verbreitend schlug die Keule hart gegen Bhimas rechten Arm und fiel dann zu Boden. Schwer verwundet und mit zornig rollenden Augen nahm Bhima seine eigene furchtverbreitende und allseits siegreiche Eisenkeule auf und stürmte mit großer Geschwindigkeit gegen den bedrohlich brüllenden Maniman. Da entließ Maniman mit großer Gewalt einen riesigen und feurigen Wurfpfeil und stieß dabei laute Schreie aus.

Doch Bhima zerbrach das Geschoß mit dem Ende seiner Keule und stürmte wie Garuda auf seinen Gegner zu, um ihn zu töten. Mit einem Satz sprang Bhima, der meisterhafte Keulenkämpfer, hoch in die Luft und holte zum Schlag aus. Und wie der Blitzschlag von Indra, so kam die tödliche Keule so schnell wie der Wind über den Rakshasa und schmetterte ihn zu Boden. Alle sahen den von Bhima hingestreckten Rakshasa liegen, wie einen vom Löwen gerissenen Bullen. Und die noch verbliebenen Rakshasas rannten beim Anblick des Hingestreckten schreiend gen Osten davon.
 
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Mahabharat Buch 3 Kapitel 161

Der Gott Kuvera erscheint den Pandavas


Wer Pflicht und Gewinn (Dharma & Artha) missachtet, richtet seine Gedanken auf Sünde
Wir sind nur Instrumente des Schicksals


Als sie das Kampfgeschrei und Waffengeklirr vernahmen, welches in den Höhlen des Berges widerhallte, und nirgends Bhima entdecken konnten, machten sich alle Zurückgebliebenen große Sorgen. So überließen sie Draupadi der Fürsorge von Arshtishena, ergriffen ihre Waffen und erklommen den Berg. Auf dem Gipfel angekommen sahen die mächtigen Bogenkämpfer Bhima und den von ihm hingestreckten, gewaltigen Rakshasa, wie er ohnmächtig und blutüberströmt am Boden lag. ... So umarmten die Pandavas ihren siegreichen Bruder und setzten sich nieder, so daß der Gipfel mit diesen prächtigen Wagenkämpfern dem Himmel voll himmlischer Lokapalas glich.

Und nachdem der König sich die schöne Stadt Kuveras und den hingestreckten Rakshasa betrachtet hatte, sprach er zu seinen Bruder:
Ach Bhima, war es voreilige Unüberlegtheit oder Ignoranz, daß du diese sündige Tat begingest? Oh Held, du führst das Leben eines Einsiedlers, und dieses Schlachten ohne jeglichen Grunde ist unwürdig für dich. Jeder, der die Pflichten kennt, weiß, daß Taten, die einem König mißfallen müssen, nicht begangen werden sollten. Doch du hast sogar die Götter beleidigt. Wer Pflicht und Gewinn (Dharma & Artha) mißachtet, richtet seine Gedanken auf Sünde und muß die Früchte seiner sündigen Taten ernten, oh Bhima. Wenn du mein Wohl im Sinn hast, dann tu dies niemals wieder. ...

In der Zwischenzeit waren die vor Bhima geflohenen Rakshasas bei Kuvera angekommen, und mit lautem und furchtsamen Wehgeschrei, blutverschmierten Rüstungen, zerzaustem Haar, müde und ohne Waffen traten sie vor ihren Herrn und sprachen zu Kuvera:
Oh Herr, alle deine vorzüglichen Rakshasa Wächter sind mit all ihren Keulen, Wurfpfeilen, Lanzen, Speeren und Stachelkeulen geschlagen. Oh Herr der Schätze, ein Sterblicher drang bis zum Gipfel vor und hat ganz allein die ganze Rakshasa Truppe geschlagen. Die besten Yakshas und Rakshas sind tot, dein Freund Maniman liegt geschlagen am Boden, und wir wurden nur von seiner Gunst verschont. All das hat ein Sterblicher vollbracht! Handle nun angemessen, oh Herr des Reichtums.

Als Kuvera von dieser zweiten, aggressiven Tat Bhimas hörte, erhob er sich zürnend und mit roten Augen, rief: „Was?!“, und befahl dann: „Anspannen!“
So wurden die edlen Rosse vor den großen, dunklen Wagen gespannt, welche mit goldenen Girlanden geschmückt waren. Die Pferde wieherten siegessicher. Sie waren stark, energiereich, schnell wie der Wind, trugen Juwelen im Fell und zeigten alle zehn glücksverheißenden Locken. Der göttliche und strahlende König der Yakshas fuhr unter dem Lobgesang der Himmlischen und Gandharvas los und wurde von tausend goldschimmernden Yakshas mit roten Augen, athletischen Körpern, großer Stärke und allen Arten von Waffen begleitet.

Die Pferde zogen den Wagen durch das Firmament und erreichten Gandhamadan so schnell, als ob sie den Himmel zu sich heranzögen. Den Pandavas standen die Haare zu Berge, als sie die mächtige Prozession und den strahlenden Kuvera auf sich zukommen sahen. Sich ihres Verstoßes bewußt, erwarteten sie den Gott mit gefalteten Händen und gebeugten Häuptern. Kuvera freute der Anblick der starken Helden, wie sie mit ihren Schwertern und Bögen bewaffnet vor ihm standen, und mit frohem Herzen war er sich der Pflichten der Himmlischen bewußt.

So leicht und schnell wie Vögel ließen sich die Yaksha Heere mit Kuvera an der Spitze auf dem Gipfel nieder und traten vor die Pandavas. Ohne alle Regung standen die Yakshas neben ihrem Herrn, war er doch zufrieden mit den Pandavas. Die Apsaras und Gandharvas umringten Kuvera auf dem eleganten Pushpak, diesem farbenfrohen Wagen, den Visvakarma selbst gestaltet hatte, wie die Himmlischen sich um Indra, den Gott der hundert Opfer, scharen.

Bhima stand und starrte den Herrn der Schätze unverwandt an, wie er eine wunderschöne, goldene Girlande um den Hals und Schlinge, Schwert und Bogen in seinen Händen hielt. Dabei fühlte Bhima keinerlei Niedergeschlagenheit, weder aufgrund seiner schmerzlichen Verwundung noch durch die Ankunft des Gottes.

Kuvera, welcher auf den Schultern der Menschen wandelt, schaute auf den kampfentschlossenen und standhaften Bhima und sagte zu Dharmas Sohn:
Oh Yudhishthira, alle Kreaturen kennen dich, wie du zu ihrem Wohle wirkst. Lebe ohne Furcht mit deinen Brüdern auf dem Gipfel dieses Berges. Und sei nicht böse mit Bhimasena, denn diese Yakshas und Rakshasas schlug das Schicksal. Dein Bruder war nur das Instrument. Es ist nicht nötig, wegen dieser begangenen Unverschämtheit Scham zu hegen. Die Vernichtung der Rakshasas haben die Götter bereits vorausgesehen. Ich bin nicht wütend mit Bhimasena. Ich bin sogar zufrieden mit ihm, und heiße seine Tat gut.

Dann wandte sich Kuvera an Bhima:
Oh Kind, es ist schon gut. Um Draupadi zu erfreuen hast du die Götter und mich mißachtet und im Vertrauen auf deine starken Arme diesen übereilten Kampf geführt. Ich bin dennoch mit dir zufrieden. Oh Vrikodara, heute wurde ich von einem gräßlichen Fluch befreit. Der große Rishi Agastya hat mich wegen einer Beleidigung im Zorn verflucht. Mit deiner Tat hast du mich von seinem Fluch erlöst, denn meine Mißachtung war schon vor langer Zeit vom Schicksal beschlossen. So wird an dir, oh Sohn des Pandu, diese Schuld in keinster Weise anhaften.

Da fragte Yudhishthira:
Oh Göttlicher, warum wurdest du vom hochbeseelten Agastya verflucht? Ich bin neugierig, großer Gott, und möchte den Grund erfahren. Und ich staune, daß der Zorn des Weisen dich, dein Gefolge und deine Heere nicht im selben Moment verbrannt hat.

Der Herr der Schätze antwortete:
Zu Kushasthali gab es einst eine Versammlung der Götter. Auch ich ging dorthin und wurde von dreihundert Mahapadmas in Waffen, alles Yakshas mit grimmigen Gesichtern, begleitet. Unterwegs begegneten wir dem Weisen Agastya, wie er in strenge Askese vertieft am schönen Ufer der Yamuna saß. Als mein anmutiger Freund Maniman diese strahlende Menge an Energie entdeckte, so flammend und glänzend wie das Feuer, die Arme hocherhoben und das Gesicht der Sonne zugewandt, da überkamen ihn Torheit, Idiotie, Hochmut und Unsinn, und er pinkelte dem Maharshi aufs Haupt.

Im Zorn aufflammend sprach da der Asket zu mir:
Weil vor deinen Augen dein Freund mich mißachtet und beleidigt hat, werden er und deine Armee durch die Hand eines Sterblichen auf Vernichtung treffen. Und wenn du Niedriggesinnter wegen deiner gefallenen Soldaten bitter leidest, wird dich der Anblick dieses Sterblichen von deiner Sünde befreien. Doch die Söhne und Enkelsöhne deiner Krieger soll der Fluch nicht berühren, wenn sie deinen Befehlen gehorsam folgen. – So empfing ich den Fluch des großen Rishi, und wurde nun von deinem Bruder Bhima wieder davon befreit.
 
Mahabharat Buch 3 Kapitel 162

Belehrung durch Kuvera

Und Kuvera fuhr fort:
Oh Yudhishthira, Geduld, Fähigkeit, die angemessene Zeit, der rechte Ort und Entschlossenheit
– diese fünf führen in der Menschenwelt zum Erfolg.
Im Krita Yuga ( Zeitalter der Wahrheit und Tugend)
waren die Menschen geduldig,
in ihren entsprechenden Aufgaben erfolgreich,
und wußten, wann Anstrengung nötig ist.

So erkenne, Oh Yudhishthira, daß ein geduldiger Kshatriya, der um Ort und Gelegenheit weiß und in den moralischen Regeln geübt ist, die Welt für sehr lange Zeit souverän regieren kann. Wahrlich, wer sich so in allen Affären verhält, oh Held, erlangt sich Ruhm in dieser und einen hervorragenden Status in der nächsten Welt. Weil Indra zur rechten Zeit und am rechten Ort seinen Heldenmut zeigte, gewann er sich mit den Vasus seinen himmlischen Bereich.

Doch wer aus Zorn seinen eigenen Fall nicht erkennt, und wer, im Inneren hinterhältig und gemein, auch noch dem Übel folgt, kann die Richtigkeit seiner Handlungen nicht einschätzen, und trifft auf Vernichtung in dieser und der nächsten Welt. Die Anstrengungen einer solch dummen Person, die nicht um die Nützlichkeit von Zeit und Ort weiß, sind erfolglos, und sie trifft in dieser und der nächsten Welt auf Zerstörung.

Bedenke auch, wer auf brutale Art nach Außergewöhnlichkeit strebt, begeht dabei übereilte Taten. Oh Bester der Männer, dieser Bhima ist
furchtlos,
leichtfertig,
stolz,
unachtsam und arglos wie ein Kind
(Seien sie nie wie Kinder, die angeblich aufgrund ihrer Unwissenheit unschuldig sind!
Ohne Transzendentales Wissen gibt es keine Glückseligkeit).


Es ist an dir, ihm Einhalt zu gebieten. So begebt euch nun zurück in die Einsiedelei des frommen Arshtishena, und verbringt die dunkle Monatshälfte dort ohne jegliche Furcht oder Sorge. An meiner statt werden alle Gandharvas von Alaka und diesem Berg dich, oh Herr der Menschen, und die Brahmanen an deiner Seite beschützen. Oh du tugendhafter Mensch, nun, da du weißt, daß Bhima aus Unüberlegtheit herkam, halte ihn zurück. Von nun an werden die Wesen des Waldes dir begegnen, dir aufwarten und euch alle beschützen, oh Monarch. Und meine Diener werden euch mit köstlichem Fleisch und allen Arten von Getränken versorgen.

So wie Arjuna als Nachfahre einer spirituellen Verbindung unter dem Schutz von Mahendra (Indra) steht, so steht ihr anderen Brüder unter meinem Schutz, ihr Nachkommen von Windgott, Dharma und den Aswins. Oh Yudhishthira, dem in Moral und Gewinn gelehrten Arjuna, diesem nächst jüngeren Bruder von Bhima, geht es gut im Himmel. Alle Vollkommenheiten, die in der Welt als zum Himmel führend gelten, stehen ihm seit seiner Geburt zur Verfügung. In ihm leben Selbstbeherrschung, Wohltätigkeit, innere und äußere Stärke, Klugheit, Bescheidenheit und hervorragende Energie.

Der Majestätische hat eine große Seele. Niemals begeht er eine schandbare Tat aus Mangel an Wissen. Niemand in der Welt kann sagen, daß er jemals ein unwahres Wort aussprach. Und so lernt er im Reich Shakras die Waffenkunst, von den Göttern, Pitris und Gandharvas geehrt, um den Ruhm der Kurus zu vergrößern. Auch Shantanu, der Großvater seines Vaters, der auf Erden alle Anführer mit Gerechtigkeit unter seine Herrschaft brachte und höchst mächtig war, ist mit dem Verhalten von Arjuna im Himmel sehr zufrieden. Der ebenfalls bei Shakra lebende Shantanu, welcher an den Ufern der Yamuna die Götter, Pitris und Brahmanen mit sieben großen Pferdeopfern ehrte, hat sich nach deinem Wohlbefinden erkundigt.

Über diese Worte des Herrn und Verteilers von Reichtum freuten sich die Pandavas sehr. Yudhishthira ließ seine Waffen sinken und beugte das Haupt vor dem Gott. Als Kuvera seine Demut sah, sprach er:
Sei du der Vernichter des Stolzes deiner Feinde und der Bringer von Freude für deine Freunde. Lebe freudig in unserem romantischen Land. Die Yakshas werden eure Wünsche nicht durchkreuzen. Und wenn Gudakesha (Arjuna) die Meisterschaft in den Waffen erlangt hat, wird er bald zurückkommen. Indra höchstselbst wird ihn verabschieden, und Dhananjaya wird sich wieder euch anschließen.

Nach diesen Worten verschwand der Gott mit seinen zahlreichen Begleitern in den schönen Wagen mit den gemusterten Kissen und vielen Juwelen. Von den durch die Lüfte eilenden Pferden kam ein Geräusch, als ob ein Vogelschwarm vorüberfliegen würde. Und wieder flogen die Rosse des Herrn der Schätze durch den Himmel, als ob sie das Firmament an sich heranziehen und die Luft verschlingen würden.

Auf Geheiß des Gottes wurden die toten Körper der Rakshasas vom Gipfel entfernt, welche nun mit ihrem Tod in der Schlacht auch vom Fluch Agastyas befreit waren. Und die Pandavas waren heiter und lebten auf dem Berg von den Rakshasas geehrt.
 
Mahabharat Buch 3 Kapitel 163

Dhaumya über himmlische Bereiche und Astronomie

Eines Tages, nachdem er seine täglichen Gebete gesprochen hatte, ging Dhaumya mit Arshtishena zu den Pandavas. Jene beugten sich bis zu den Füßen der beiden und ehrten mit gefalteten Händen die Brahmanen. Dann ergriff Dhaumya Yudhishthiras rechte Hand, schaute gen Osten (zur aufgehenden Sonne) und sprach:
Oh mächtiger Monarch, in weiter Ferne liegt dort Mandara, der König der Berge und trennt die Erde vom Ozean. Die Gelehrten sagen, mein Sohn, daß dort Indra und Vaishravana (Kuvera) wohnen und über diesen Ort regieren, der mit vielen Gipfeln und Wäldern geziert ist.

Die Zweifachgeborenen, die erfahrenen Heiligen, die Siddhas (perfecte Persönlichkeiten) und Sadhyas und sogar die Himmlischen verehren die Sonne, wenn sie sich von diesem Ort aus (im Osten) erhebt. Im Süden regiert Yama, der Herr aller Lebewesen, die Region, wohin die Geister der Verstorbenen gehen. Diese Heimstatt des Herrn der Toten heißt Sanyamana, ist heilig, mit bestem Wohlstand gekrönt und wundervoll anzusehen. Und diesen König der Berge, den die Sonne auf ihrem wahrhaften Lauf (im Westen) erreicht, nennen die Gelehrten Asta. König Varuna beschützt alle Wesen dieses Berges, wie auch der Meerestiefen.

Oh Glücklicher, in Richtung Norden erleuchte die Sonne jene Region, wo der mächtige Meru liegt. Er ist glücksverheißend und die Zuflucht aller Brahmakundigen, denn dort ist die Wohnstätte Brahmaas. So verweilen sie dort, wo Prajapati, diese höchste Seele aller Geschöpfe, alles Bewegliche und Unbewegliche erschafft. Der Maha-Meru ist auch der angenehme Aufenthaltsort der sieben geistgeborenen Söhne Brahmaas, von denen Daksha der Jüngste ist.

Hier erheben sich die sieben himmlischen Rishis mit Vasishta an ihrer Spitze und ziehen sich auch wieder zurück. Oh König, schau den funkelnden und hellen Gipfel des Meru, wo der Große Vater Brahmaa mit den Himmlischen ruht, selig im Wissen um das Selbst. Gleich neben dieser Wohnstatt Brahmaas ist die Region dessen, der als Urgrund für die Schöpfung aller Kreaturen gilt, der hohe Herr, der göttliche Narayan, welcher weder Anfang noch Ende kennt. Diesen glücksverheißenden Ort, der alle Energien vereint, können nicht einmal die Himmlischen schauen. Denn dieser Bereich Vishnus strahlt aus eigener Natur so hell wie Sonne und Feuer und kann weder durch die Götter noch durch die Danavas erblickt werden.

Der Bereich von Narayan liegt östlich auf dem Meru, wo dieser Herr aller Geschöpfe, der selbsterschaffene Urgrund des Universums, der alle Wesen manifestiert, in seiner unübertrefflichen Anmut erstrahlt. Oh Kind, nicht einmal die Brahmarshis, und ganz zu schweigen von den Maharshis, haben Zutritt zu diesem Ort. Nur die Yatis können ihn erreichen. Kein Stern kann dort leuchten, denn der Herr allein mit der unfaßbaren Seele überstrahlt in diesem Bereich alles. Wenn die Yatis von der Tugend frommer Praxis durchdrungen ihn ehren und strenge Buße üben, dann erreichen sie Narayan Hari. Der Hochbeseelte, welcher dorthin reist und die universale Seele erlangt, diesen selbstgeschaffenen und ewigen Gott der Götter, hat Erfolg im Yoga, ist befreit von Unwissenheit und Stolz, und muß nicht in diese Welt zurückkehren. Oh Yudhishthira mit dem hohen Schicksal, dieser Bereich hat weder Anfang noch Verfall noch ein Ende, denn er ist die Essenz der Gottheit.

Oh Sohn der Kurus, Sonne und Mond umkreisen täglich auf entgegengesetzten Bahnen den Meru, wie auch alle anderen Himmelskörper. Wenn die ehrbare Sonne ihn umschreitet, vertreibt sie die Dunkelheit und überstrahlt dabei die anderen Leuchtkörper am Himmel. Am Abend geht sie unter und nimmt während der Nacht einen nördlichen Kurs. Dann geht sie am Morgen im Osten wieder auf, denn sie wünscht allen Wesen immer Gutes, und nähert sich erneut dem Meru. Auch Mond und Sterne umschreiten diesen König der Berge und teilen den Monat in verschiedene Abschnitte, indem der Mond in die Parvas eintritt. Unfehlbar ist sein Kurs um den mächtigen Meru, bei dem er alle Kreaturen nährt.

Dann begibt er sich wieder zum Mandara. So bewegen sich die göttlichen Zerstörer der Dunkelheit, Sonne und Mond, auf ihren festgelegten Bahnen, um die Welt zu beleben. Wenn die Sonne mit dem Wunsch nach Nebel und Tau nach Süden wandert, dann wird Winter für die Kreaturen. Und kommt sie zurück, entzieht sie mit ihren Strahlen allen Kreaturen Energie. Die Menschen schwitzen, werden müde, schläfrig und matt. Ja, alle lebenden Wesen fühlen sich viel schläfriger als sonst.

Durch unbekannte Regionen reist die Himmlische und Strahlende durch das Firmament und läßt es regnen, um die Wesen wieder zu erfrischen und alles zu beleben. Und nachdem sie die Geschöpfe durch das Wohl von Regen, Wind und Wärme erfreut hat, beginnt diese kraftvolle Sonne ihren Lauf aufs Neue. Oh Yudhishthira, unfehlbar dreht die Sonne so im Rad der Zeit und beeinflußt alles Geschaffene. Ihr Kurs ist unerschöpflich, denn sie ruht nie. Sie nimmt und gibt den Wesen ihre Energie. Sie teilt die Zeit in Tag und Nacht, in Kalas und Kashthas (Zeiteinheiten), und gibt Leben und Bewegung allen geschaffenen Wesen.
 
Mahabharat Buch 3 Kapitel 164

Sehnsucht nach Arjuna

Vaisampayana erzählte weiter:
So lebten die hochbeseelten Pandavas gern an diesem zauberhaften Ort, folgten vorzüglichen Gelübden und verbrachten ihre Zeit mit dem innigen Wunsch, endlich Arjuna wiederzusehen. Scharen von Gandharvas und Maharshis besuchten freudig die höchst Energiereichen, welche tapfer und bescheiden waren, wahrhaft und innerlich stark. Der Anblick der blütengeschmückten Hänge und Gipfel ringsumher gab ihnen ein Hochgefühl, welches im Gesang der Pfauen und Kraniche mitschwang. Traumhafte Lotusteiche mit Drachen, Karandavas und Schwänen wurden ihnen zum gewohnt freudigen Anblick. Denn all die überaus schönen Gegenden mit ihren Blumen und Juwelen waren wohl in der Lage, sogar den König der Reichtümer, Kuvera, in ihren Bann zu ziehen.

Und obwohl die asketischen Pandavas täglich durch die (paradiesische) Welt der Götter wanderten, konnten sie dennoch nie den höchsten Gipfel hinter den mächtigen Bäumen und den tiefhängenden Wolken erkennen. Denn aufgrund seiner eigenen Strahlkraft und der glänzenden Blütenpracht gibt es dort keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Und so verweilten diese Helden und Besten der Männer weiter in den Bergen, wo die kraftvolle Sonne die Geschöpfe ernährt, und beobachteten ihren Auf- und Untergang. Und während sie den Lauf der Sonne und das Spiel der Schatten in den Bergen genau betrachteten, begannen sie in Erwartung der Ankunft des mächtigen und wahrhaften Wagenkämpfers Arjuna, die Veden zu rezitieren, sich den täglichen Ritualen und religiösen Pflichten zu widmen, ihre Gelübde zu heiligen und sich um Wahrheit zu bemühen.

So praktizierten die hochbeseelten Pandavas ihren Yoga und dachten doch immer „Mögen wir hier Entzücken finden, indem wir bald wieder mit Arjuna, dem Meister aller Waffen, vereint werden!“. Damit erschien ihnen hier, trotz der romantischen Wälder in ihrer Umgebung, jeder Tag wie ein Jahr, weil sie unablässig an Kiriti (Arjuna) dachten. Denn damals, als der hochbeseelte Arjuna sie mit verfilztem Haar und Dhaumyas Erlaubnis verlassen hatte, war ihnen alle Freude vergangen. Wie hätten sie nun glücklich sein können mit diesen Gedanken? Trauer war ihr ständiger Begleiter, seit Arjuna mit dem wiegenden Gang eines wilden Elefanten sie auf Geheiß Yudhishthiras im Kamyaka Wald verlassen hatte.

Nur schwer verging da ein Monat für die Nachfahren der Bharatas auf dem wunderschönen Berg, da sie sehnsuchtsvoll nur an ihn mit den weißen Rossen dachten, der sich zur Heimstatt Indras begeben hatte, um die Waffenkunst zu lernen. So verbeugte sich Arjuna dort nach fünf Jahren vor seinem göttlichen Vater, nachdem er alle himmlischen Waffen von Agni, Varuna, Soma, Vayu, Vishnu, Indra, Pasupati, Brahma, Parameshti, Prajapati, Yama, Dhata, Savita, Tashta und Vaishravana erhalten hatte, umschritt er den Gott und begab sich mit dessen Erlaubnis freudig zum Berg Gandhamadan.
 
Mahabharat Buch 3 165

Wiedervereint mit Arjuna

So geschah es eines Tages, die Pandavas dachten gerade wieder an Arjuna, daß am Himmel urplötzlich der strahlende Wagen Mahendras (Indras) mit seinen edlen Pferden erschien. Matali lenkte das gleißende Gefährt, welches den Himmel erhellte, als ob ein rauchloses Feuer seine züngelnden Flammen weit in die Höhe schickte oder ein großer Meteor mit einem Schweif seine Bahn zog. Im Wagen saß Arjuna und strahlte voller Schönheit. Das Entzücken der am Boden Wartenden kannte keine Grenzen.

Arjuna sprang mit Krone und Diadem geschmückt vom Wagen, verbeugte sich zuerst vor Dhaumya und dann vor Yudhishthira und Bhima, deren Füße ehrend. Dann verbeugten sich die Zwillinge vor ihm, und er ging zu Draupadi, um sie herzlich zu begrüßen. Dann stand er in demütiger Haltung vor seinem ältesten Bruder und erwartete dessen Worte. Alle freuten sich sehr und fanden nur lobende Worte für ihn und den König.

Als nächstes umschritten die großen Wagenkrieger den Wagen, in dem der Vernichter von Namuchi sieben Phalangen von Ditis Kindern (Daitias - die Asura Götter) vernichtend geschlagen hatte. In ihrer großen Freude ehrten sie Matali so überschwänglich, als ob er der Herr der Himmlischen selbst wäre. Yudhishthira erkundigte sich bei ihm nach dem Wohl aller Götter und wurde von Matali angemessen wiedergegrüßt. Matali richtete herzliche Worte an die Pandavas, wie ein Vater an seine Söhne, bestieg dann wieder Indras Wagen und kehrte zu seinem Herrn zurück.

Nachdem Matali verschwunden war, überreichte Arjuna der geliebten Mutter seines Sohnes Sutasoma prächtige Juwelen und glänzendes Geschmeide, welches er von Indra erhalten hatte. Er setzte sich inmitten der Kurus und Brahmanen nieder und berichtete so strahlend wie das Feuer, was ihm alles geschehen war.

Seine kurze Erzählung endete mit den Worten:
Und so lernte ich all die Waffen von Shakra, Vayu und Shiva. Dabei waren die Himmlischen und Indra mit mir zufrieden, denn ich zeigte gute Konzentration und ein angemessenes Betragen.

Nach dem ersten kurzen Bericht über seine Reise in den Himmel, legten sich alle schlafen, und Arjuna mit den makellosen Taten verbrachte die Nacht angenehm bei den zwei Söhnen der Madri.
 
Mahabharat Buch 3 166

Segen von Indra

Am nächsten Morgen grüßte Arjuna mit seinen Brüdern Yudhishthira, den Gerechten, und im selben Moment erhob sich aus dem Himmel ein mächtiges und lautes Musizieren, das Rattern von himmlischen Wagenrädern und das Läuten von Glocken. Dem antworteten die wilden Tiere mit ebenso lauten Rufen, bis sich von allen Seiten sonnenhelle Wagen näherten, die von Scharen von Gandharvas und Apsaras begleitet wurden, welche dem Herrn der Himmlischen folgten. Strahlend schön hatte Indra seinen mit edlen Rossen angespannten und goldenen Wagen bestiegen und sich mit lautem Getöse auf den Weg zu den Pandavas gemacht.

Sogleich nach seinem Erscheinen stieg der Tausendäugige majestätisch vom Wagen ab, und Yudhishthira und seine Brüder traten ehrend vor ihn hin, um diese unermessliche Seele gemäß ihrer Würde zu grüßen. Auch Arjuna beugte sich vor Indra und blieb wie ein demütiger Diener vor dem Herrn der Himmlischen stehen. Als Yudhishthira seinen heldenhaften, sündenlosen, asketischen und siegreichen Bruder mit dem verfilzten Haar in solch demütiger Haltung vor dem Gott sah, da roch er liebevoll und höchst erfreut an dessen Haupt.

Dann sprach der weise Indra, der Herr der Himmlischen, zum wohlwollenden und höchst glücklichen Yudhishthira:
Oh König, gesegnet seist du! Du wirst die Erde regieren, oh Pandava! Doch nun, oh Kunti Sohn, kehre in den Kamyaka Wald zurück. Oh Yudhishthira, Arjuna hat von mir all die Waffen erhalten und mich mit seinen Taten zufriedengestellt. Deshalb wird ihn keiner in den drei Welten besiegen können.

Nach diesen Worten und der Verehrung durch die großen Rishis, begab sich der Tausendäugige voller Freude wieder zurück in den Himmel.

Der Gelehrte, der für ein Jahr das Brahmacharya beachtet, seine Leidenschaften zügelt, seine Gelübde bewahrt, und dieses Treffen zwischen Indra und den Pandavas, die im Reich des Königs aller Reichtümer wohnten, achtsam studiert, der wird hundert Jahre in Ruhe leben und bald Seligkeit finden.
 
Mahabharat Buch 3

167 – Übe Enthaltsamkeit und Buße.

Nachdem Indra wieder gegangen war, sprach Yudhishthira mit vor Freude bebender Stimme zu seinem Bruder:
Oh Arjuna, wie hast du deine Zeit im Himmel verbracht? Wie die Waffen erlangt? Wie den Herrn der Himmlischen zufriedengestellt? Und hast du die Waffen auch ausreichend gesichert? Haben dir die Himmlischen nebst Rudra ihre Waffen freudig überlassen? Und wie hast du den göttlichen Hüter des Pinaka (Shiva) geschaut? Wie hast du die Waffen geehrt, bevor du sie erhalten hast? Welche Dienste hast du dem verehrten Gott der hundert Opfer geleistet, damit er mit dir zufrieden war? Oh, ich möchte all dies genau erfahren, du Strahlender. Und vor allem, wie du Sündenloser Mahadeva erfreutest, den König der Himmlischen. Bitte erzähl uns alle Details, oh Dhananjaya.

So sprach Arjuna:
Oh mächtiger Monarch, höre, wie ich den Gott der hundert Opfer und auch den göttlichen Shankara (Shiva) schaute. Oh König, um die Kunst der Waffen zu erlernen, um die du mich gebeten hattest, ging ich von Kamyaka nach Bhrigutunga (Bhrigu Parvat) und übte Enthaltsamkeit und Buße. Dort traf ich schon am nächsten Tag einen Brahmanen, der mich fragte, wohin ich gehen würde. Ich erzählte ihm alles, und er lobte mich zufrieden. Dann sprach er:
Ja, übe asketische Buße, oh Bharata. In kurzer Zeit wirst du den Herrn der Himmlischen sehen.

Seinem Ratschlag folgend bestieg ich diesen Gipfel des Himalaya und übte Enthaltsamkeit, indem ich den ersten Monat nur von Früchten und Wurzeln lebte. Den zweiten Monat trank ich nur Wasser, und den dritten blieb ich ohne Nahrung. Im vierten Monat stand ich mit erhobenen Armen, doch welch Wunder! Ich verlor keine Kraft dabei. Am ersten Tag des fünften Monats erschien vor mir ein Wesen in Gestalt eines Ebers. Es pflügte die Erde um mit seiner Schnauze, stampfte den Boden, wälzte sich im Schlamm und wurde plötzlich von einem Augenblick auf den anderen gefährlich.

Ihm folgte ein hochgewachsener Jäger auf dem Fuße, der Bogen, Pfeile und Schwert trug und viele Frauen bei sich hatte. Schnell nahm ich ebenfalls Bogen und Köcher zur Hand und durchbohrte den gefährlich angreifenden Keiler. Zur gleichen Zeit spannte auch der Jäger seinen starken Bogen und traf das Tier so heftig, daß es meinen Geist erschütterte. Dann sprach er vorwurfsvoll zu mir:
Warum hast du die Regeln der Jagd verletzt und auf das Tier geschossen, welches ich schon getroffen hatte? Ich werde mit diesen spitzen Pfeilen deinen Hochmut schon zerstören. Stell dich!

Dann nahm der Hochgewachsene seinen Bogen und griff an. Er hüllte mich vollkommen mit gewaltigen Geschossen ein, wie eine Wolke den Berg mit Regenschauern. Auch ich entließ ganze Scharen von stabilen Pfeilen mit flammenden Spitzen auf ihn, die ich mit Mantras auslöste und die ihn trafen, als ob Indra einen Berg mit seinem Blitz zerreißt. Da erschien er mir in hundertfacher Gestalt, doch ich bohrte Pfeile in alle hundert Körper. Er floß wieder in eine Gestalt zusammen, und auch die griff ich an. Dann wurde sein Körper ganz schmal mit einem riesigen Kopf, als nächstes umgekehrt. Doch kaum hatte er seine frühere Gestalt wieder angenommen, griff er mich an.

Meine Pfeile hatten ihn nicht überwältigen können, und so rief ich die mächtige Waffe des Windgottes. Doch ich konnte ihn damit nicht treffen, und dies war sehr verwunderlich. Ich staunte sehr, daß die Waffe keine Wirkung auf ihn hatte, doch ich strengte mich noch mehr an und hüllte dieses Wesen mit einer dichten Masse an Geschossen ein. Dann nahm ich die Sthunakarna Waffe, die Varuna-, Salava- und Asmavarasha- Waffe und wirbelte sie alle auf ihn. Doch er verschluckte einfach alle meine Waffen.

Als nächstes zog ich die Brahma Waffe, und lodernde Pfeile häuften sich da um das Wesen, welches sich gewaltig vergrößerte. Die ganze Welt wurde von der Energie der Waffe bedrängt, das Firmament und alle Himmelsrichtungen loderten auf. Doch auch diese Waffe wurde von ihm einfach vereitelt und konnte ihm nichts anhaben. Da ergriff mich grässliche Furcht, oh Monarch. Daraufhin nahm ich sofort meinen Bogen und die unerschöpflichen Köcher und zielte auf ihn, aber dieses Wesen verschlang auch diese beiden. Und nachdem alle Waffen erschöpft waren, rangen wir beide miteinander.

Wir schlugen mit Fäusten und Handkanten. Doch ich konnte das Wesen nicht besiegen und fiel betäubt zu Boden. Lachend verschwand da der wunderliche Jäger mit seinen Frauen vor meinen Augen und nahm eine göttliche, überirdische Gestalt in nie gesehener Kleidung an. So manifestierte sich plötzlich der große Gott, mit Uma an seiner Seite, den Bullen als Zeichen, Pinaka in der Hand und vielen Schlangen, die sich um seinen Körper wanden. Er kam auf mich, der ich mich wieder bereit zum Kampf aufgestellt hatte, zu und sprach:
Ich bin mir dir sehr zufrieden.

Dann hielt dieser Göttliche meinen Bogen und das Paar unerschöpflicher Köcher hoch, gab sie mir zurück und sprach:
Bitte mich um einen Segen, oh Sohn der Kunti. Ich bin sehr zufrieden mit dir. Sag mir, was ich dir geben soll. Erkläre den Wunsch, der dir im Herzen ist, außer den nach Unsterblichkeit.

So verbeugte ich mich im tiefsten Innern vor Shiva und sprach fest entschlossen:
Oh Göttlicher, wenn du mir gnädig gestimmt bist, dann möchte ich alle Waffen erlangen, die mit deiner Gottheit verbunden sind.

Der Gott Tramvaka antwortete:
Ich werde geben. Meine eigene Waffe Raudra wird dir zur Verfügung stehen.

So gab mir der zufriedene Mahadeva seine mächtige und ewige Waffe Pashupata. Dann sagte er zu mir:
Diese Waffe darf niemals auf Sterbliche gerichtet werden, denn wenn sie auf eine Person von wenig Energie fällt, würde sie das ganze Universum vernichten. Solltest du irgendwann in schwere Bedrängnis geraten und sollten sich alle deine anderen Waffen als völlig wirkungslos erweisen, dann magst du sie nutzen.

Da manifestierte sich die himmlische Waffe neben mir, diese Unwiderstehliche, die alle anderen Waffen aufheben kann, die Feinde zerstört und unvergleichlich ist, und die selbst Himmlische, Asuras und Rakshasas nur schwer erhalten können. Auf Befehl des Gottes setze ich mich nieder, und die Gottheit verschwand vor meinen Augen.
 
Mahabharat Buch 3

168 – Arjuna erzählt von seinem Aufenthalt im Himmel 1

Arjuna fuhr fort:
Mit dem Wohlwollen des Gottes der Götter, dieser Höchsten Seele Tramvaka, verbrachte ich die Nacht am selben Ort. Nachdem ich meine morgendlichen Rituale beendet hatte, kam wieder dieser Brahmane vorbei, und ich erzählte ihm, daß ich Mahadeva getroffen hatte und auch noch alles andere, was geschehen war.
Zufrieden waren daraufhin seine Worte zu mir: Da du den großen Gott geschaut hast, den niemand sonst so schauen kann, wirst du auch bald Vaivaswata und die anderen Lokapalas treffen. Und Indra, der Herr der Himmlischen, wird dir ebenfalls Waffen gewähren.

Die Lokapalas übergeben Arjuna ihre Waffen
Wieder und wieder umarmte mich der Strahlende nach diesen Worten, und ging schließlich seiner Wege. Am Abend desselben Tages wehte auf einmal eine erfrischende und reine Brise. Und dort, am Fuße des Himalaya, ganz in meiner Nähe, begannen plötzlich frische, duftende und schöne Blumen zu blühen. Von allen Seiten hörte ich zauberhafte und melodische Gesänge zu Ehren Indras, denn singende und musizierende Apsaras und Gandharvas schritten vor dem Herrn der Himmlischen her. Und auf ihren himmlischen Wagen kamen die Maruts, und das Gefolge von Mahendra, und all die Bewohner des Himmels.

Zum Schluß erschienen Indra und Sachi auf einem Wagen mit sehr edlen und elegant geschmückten Pferden. Im selben Moment zeigte sich mir auch der außerordentlich prächtige Kuvera, welcher auf den Schultern der Menschen getragen wird. Ich sah Yama im Süden thronend, auch Varuna und die anderen Lokapalas in ihren entsprechenden Bereichen. Sie grüßten mich freundlich und sprachen dann zu mir:
Schau uns thronende Lokapalas, oh Arjuna. Um die Aufgaben der Götter zu erfüllen, hast du die Sicht auf Shiva erhalten. Empfange nun auch Waffen von uns.

Ich verbeugte mich vor diesen Besten der Himmlischen, und nahm mit großem Respekt ihre gewaltigen Waffen entgegen. Danach bezeichneten sie mich als einen der Ihren. Dann kehrten die Götter wieder in ihre Bereiche zurück. Und als der Herr der Himmlischen, der göttliche Maghavan, seinen herrlichen Wagen bestieg, sagte er zu mir:

Oh Phalguna, du wirst in die himmlischen Bereiche reisen. Ich wußte schon vor deiner Ankunft, daß du hierher kommen würdest. So habe ich mich dir nun gezeigt. Und weil du schon früher deine Reinigung in so vielen Tirthas durchgeführt hast und hier so strenge Enthaltsamkeit übtest, bist du wahrlich in der Lage, in die himmlischen Regionen aufzusteigen. Doch du mußt noch mehr harte Askese für deine sichere Reise in den Himmel üben. Matali wird dich auf meinen Befehl hin abholen, wenn du bereit bist. Doch heute haben dich die Götter und die himmlischen Weisen mit den großen Seelen schon anerkannt.

Da sprach ich zu Indra: Oh Göttlicher, sei mir gnädig. Zum Erlernen der Waffenkunst flehe ich dich an, mein Lehrer zu werden.
Und Indra antwortete: Nun mein Sohn, hast du einmal die Waffen erlernt, wirst du schreckliche Taten vollbringen. Dies ist deine Absicht. Und du wirst sie erhalten, wie du es begehrst.

Ich erklärte ihm: Oh Feindebezwinger, niemals würde ich eine himmlische Waffe auf einen Sterblichen richten, außer, daß sich alle meine anderen Waffen als wirkungslos erweisen. Bitte, Herr der Himmlischen, gewähre mir Waffen, damit ich mir nachher die Region für Krieger gewinnen kann.

Und Indra erwiderte mir: Oh Dhananjaya, um dich zu testen sprach ich diese Worte. Deine Rede ist deiner und damit meinem Nachfahren würdig. So reise in meine Wohnstatt und lerne alle Waffen von Vayu, Agni, Varuna, den Maruts, Siddhas, von Brahmaa, den Gandharvas, Uragas und Rakshasas, von Vishnu, den Vasus und Nairitas nebst allen Waffen, die bei mir sind.
 
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Mahabharat Buch 3

168 – Arjunas Aufstieg in den Himmel

Nach diesen Worten entschwand Indra meiner Sicht, und bald erblickte ich den wunderbaren, heiligen und himmlischen Wagen, den Matali mit edlen Rossen lenkte. Matali sprach zu mir:
Oh du mit dem großen Glanze, der Herr der Himmlischen wünscht dich bei sich. So gewinne dir Erfahrung, oh Starkarmiger, damit du deine Aufgaben erfüllen kannst. Komm und schau die Regionen, die man durch Verdienst erreicht, und vollbringe dies in deiner jetzigen Gestalt. Oh Bharata, der Gott mit den tausend Augen wünscht, dich zu sehen.

So nahm ich Abschied vom Himalaya, umrundete den vorzüglichen Wagen und stieg auf. Der in ewiger Kunst geübte und großzügige Matali lenkte die gedankenschnellen Pferde virtuos, der Wagen fuhr los und Matali sah verwundert in mein Gesicht, weil ich so unbewegt saß. Dann sprach der Wagenlenker:

Das wundert mich heute aber sehr und ist noch nie dagewesen, daß du beim Anfahren des Wagens nicht im Mindesten zusammengezuckt bist. Sogar der Herr der Himmlischen ruckt ein wenig, wenn die Pferde das erste Mal anziehen, oh Bharata. Doch seit der Wagen in Bewegung ist, sitzt du ganz unerschütterlich da. Das scheint mir sogar die Kraft von Indra zu übersteigen.

So stieg Matali in den Himmel auf und zeigte mir die Bereiche der Himmlischen und ihre Paläste. Wie die Pferde aufwärts zogen, priesen die Himmlischen und Weisen den Wagen. Und ich sah die Bereiche sich beliebig bewegen und den Glanz der höchst energetischen Gandharvas, Apsaras und himmlischen Weisen. Matali zeigte mir Nandana und die anderen schönen Gärten und Haine der Himmlischen. Dann erblickte ich Indras Heimstatt, die mit Juwelen, Bäumen und Früchten aller Begehr gefüllt war.

Die Sonne verbreitet dort keine Hitze, und auch Kälte oder Müdigkeit haben keinen Einfluß. Die Himmlischen fühlen keine Sorge, oder Armut im Geiste. Sie kennen keine Schwäche oder Mattigkeit, oh König. Niemals spüren sie Ärger oder Habgier. In den Wohnstätten der Himmlischen sind die Wesen immer zufrieden. Die Bäume tragen immer grünes Laub, Früchte und Blüten, und in allen Seen und Teichen wächst duftender Lotus. Die Brise ist immer angenehm erfrischend und köstlich, duftend, rein und inspirierend.

Auf dem Boden findet man alle Arten von Juwelen und Blumen. Ich habe zahlreiche, schön gestaltete Tiere gesehen und elegante Wanderer der Lüfte. Auch sah ich die Vasus und die Rudras, die Sadhyas mit den Maruts, die Adityas und die beiden Aswins, und ich ehrte sie alle. So segneten sie mich und gewährten mir Stärke und Entschlossenheit, Ruhm, Geschick und Sieg in der Schlacht. Dann betrat ich die romantische Stadt und stand mit gefalteten Händen vor dem tausendäugigen Herrn der Himmlischen.

Liebevoll bot mir der Segensreiche die Hälfte seines Sitzes an und umarmte mich herzlich. Nun lebte ich also im Himmel mit den Göttern und Gandharvas und hatte immer im Sinn, alle Waffen zu erlangen und zu beherrschen. Chitrasena, der Sohn von Viswavasu (ein bekannter Gandharva), wurde mein Freund, und er übertrug mir die vollständige Waffenkunst der Gandharvas. Glücklich war mein Leben in Shakras Heimstatt, denn ich wurde wohlversorgt, alle meine Wünsche wurden erfüllt, ich studierte die Waffen, lauschte den himmlischen Liedern und schaute den vorzüglichen Apsaras beim Tanze zu. Zwar erlernte ich auch die schönen Künste, doch mein besonderes Interesse galt den Waffen. Damit war der Herr der Himmlischen sehr zufrieden, und ich verbrachte meine Zeit dort sehr angenehm.
 
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