Mahabharata

Mahabharat Buch 3.150.2

Die Pflichten der Menschen

Sorgfältig sollte man die Fälle prüfen, in denen das Übel im Namen der Tugend und die Tugend im Namen von Übel einhergeht. Menschen ohne Vernunft sind dabei immer sehr verwirrt. Die Beachtung der religiösen Ordnung bringt Verdienst hervor.
Und in diesem Verdienst sind die Veden gegründet. Von den Veden rühren die Opfer her. Und durch Opfer etablieren sich die Götter.

So erhalten die Opfer sowohl die Götter als auch die religiöse Ordnung. Die Menschen erhalten sich, indem sie den Geboten von Vrihaspati (Lehrer der Sura-Götter) und Usanas (Lehrer der Asura-Götter) und all den anderen Beschäftigungen folgen, welche die Welt erhalten, wie Lohnarbeit, Steuern, Handel, Landwirtschaft und Viehzucht.

Die Welt lebt von Berufungen.
Das Studium der drei Veden, Landwirtschaft, Handel und Regierung
sind die Berufe der Zweifachgeborenen (Brahmanen, Kshatriyas, Vaisyas), so haben es die Weisen bestimmt.

Jede Kaste erhält sich, indem sie ihren Berufen folgt. Wenn diese Gebote eingehalten werden, existiert die Welt mit Leichtigkeit. Doch wenn die Menschen ein unrechtes Leben führen, dann verliert die Welt ihre Gesetze, und vedischer Verdienst und gerechte Regierung erleiden Mangel. So vergehen die Menschen, wenn sie nicht ihren vorbestimmten Berufungen folgen. Nur durch Einhaltung der drei Berufe kann die Religion wachsen.

Und die Religion der Zweifachgeborenen besteht darin, das Selbst zu erkennen. Das Wesen dieser Ordnung ist überall gleich.

Das Durchführen von Opfern, das Studium und die Wohltätigkeit
sind die drei wohlbekannten Pflichten für alle
.

Die Pflichten eines Brahmanen sind das Anleiten von Opfern, das Lehren und die Annahme von Gaben.
Die Pflicht eines Kshatriya ist das Regieren. Die Pflicht eines Vaisya ist es, das Vieh zu hüten.
Und die Shudras dienen pflichtgemäß den Zweifachgeborenen.
Shudras sollten keine Almosen erbitten, Homas durchführen oder Gelübde befolgen.
Sie sollten in der Wohnstatt ihrer Herren leben.

Deine Aufgabe, oh Sohn der Kunti, ist die eines Kshatriya, nämlich das Beschützen der Untertanen. Erfülle deine Pflichten in einem demütigen Geist und zügle deine Sinne. Nur der König kann regieren, der sich mit erfahrenen Menschen berät und dem aufrechte, kluge und gelehrte Minister helfen. Doch ein König, der dem Würfelspiel verfallen ist, trifft auf Niederlage. Nur dann ist die Ordnung in der Welt gesichert, wenn der König sowohl maßvoll bestraft als auch belobigt. Dazu benötigt man Spione, welche den Zustand feindlicher Länder auskundschaften, ihre Befestigungen und verbündeten Heere, ihren Wohlstand und Verfall, und die Art und Weise, wie sie ihre Verbündeten an sich binden.

Spione sind wichtige Helfer des Königs, ebenso wie Takt und Diplomatie, Heldenmacht und Strafe, Gunstbeweise und List. Sie alle führen im rechten Moment zum Erfolg, ebenso Versöhnung, Geschenke, Uneinigkeit säen, Bestrafung und Kränkung, einzeln oder gemeinsam angewandt. Nun, oh Führer der Bharatas, ein Staat hat als Wurzel die Diplomatie, und Diplomatie ist auch die Hauptqualifikation für Spione. Wenn der Staat wohlberaten wird, ist er erfolgreich.

Daher sollte man immer die Ratschläge von Brahmanen einholen und keine Klatschweiber, Säufer, Knaben, Irren, gierigen oder hinterhältigen Menschen befragen. Nur weise Menschen sollten befragt und fähige Menschen mit der Ausführung von Aufgaben betraut werden. Politik sollte von freundlichen Menschen betrieben werden. Dummköpfe sollten von allen Staatsaffären ausgeschlossen werden.

Um religiöse Dinge sollten sich weise Menschen kümmern, um die Bewachung der Frauengemächer Eunuchen und um verworrene Dinge listige Menschen. Immer sollte man wissen, ob die E ntschlossenheit des Feindes echt oder unecht ist. ...Gunst erweise man aufrechten Menschen, welche besonnen um Hilfe und Schutz bitten. Doch gesetzlose und ungehorsame Individuen gehören bestraft. Wenn der König auf rechte Weise straft und Gunst gewährt, dann wird die Würde des Gesetzes bewahrt.

Oh Sohn der Pritha, so habe ich dir die schwierigen Pflichten eines Königs erklärt, die nicht einfach zu verstehen sind. Befolge sie mit Gleichmut, wie es deiner Kaste ansteht.

Die Brahmanen erlangen den Himmel durch Verdienst, Zügelung der Sinne und Opfer.
Die Vaisyas kommen in einen hervorragenden Status durch Gaben, Gastfreundschaft und religiöse Handlungen.
Und die Kshatriyas erlangen die himmlischen Bereiche durch das Beschützen ihrer Untertanen und deren gerechte Bestrafung, ohne von Wollust, Groll, Habsucht und Zorn beeinflußt zu sein. Wenn Könige angemessen strafen, dann gehen sie dorthin, wohin verdienstvolle Menschen gehen.
 
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Mahabharat Buch 151

Das Versprechen Hanumans

Vaisampayana fuhr fort:
Dann ließ Hanuman seinen riesigen Körper wieder schrumpfen und umarmte Bhima herzlich. Als dieser von seinem Bruder berührt wurde, schwand die Mattigkeit, und sein Körper wurde wieder stark. Und sogleich kam Bhima wieder der alte Gedanke, daß ihm niemand an körperlicher Kraft ebenbürtig sei.

Mit Tränen in den Augen und erstickter Stimme sprach da Hanuman noch einmal liebevoll zu ihm:
Oh Held, kehre in deine eigene Heimstatt zurück. Mögest du dich gelegentlich an mich erinnern, wenn du sprichst. Oh Bester der Kurus, verrate niemandem, daß ich hier lebe. Oh Kraftvoller, die vorzüglichen Ehefrauen der Götter und Gandharvas kommen an diesen Ort, um zu ruhen, und ihre Ankunft kündigt sich schon bald an. Meine Augen wurden gesegnet, da sie dich erblickten. Als ich fühlte, daß du, ein menschliches Wesen, sich nahte, da spürte ich wieder die Gegenwart Vishnus unter dem Namen Ramas, welcher das Herz der Welt erfreute, und der die Sonne für das Lotusgesicht Sitas und die Dunkelheit für Ravana war.

So möge unser Gespräch nicht fruchtlos für dich sein, oh heldenhafter Sohn der Kunti. Bitte mich aus brüderlicher Liebe um einen Segen, oh Bharata. Wenn du es wünschst, gehe ich sogleich nach Hastinapura und zermalme die unbedeutenden Söhne Dhritarashtras. Oder ich lasse Steine auf die Stadt regnen, damit sie dem Erdboden gleich gemacht wird. Ich kann auch Duryodhana binden und ihn vor dich bringen, wenn du es begehrst.

Mit frohem Herzen antwortete Bhima:
Oh bester Affe, all dies erachte ich bereits als von dir getan, oh Mächtiger. Möge dir Gutes geschehen. Ich bitte dich darum, daß du mit mir zufrieden bist. Denn wenn du unser Beschützer bist, dann verfügen die Pandavas über eine echte Hilfe. Durch deine Macht besiegen wir dann alle unsere Feinde.

Hanuman sprach:
Aus brüderlicher Liebe und Zuneigung werde ich dir Gutes tun, indem ich in die Armee deiner Feinde eintauche, die reichlich mit Pfeilen und Speeren ausgerüstet sind. Mein Löwengebrüll wird das deinige verstärken, oh Held. Ich werde auf Arjunas Banner ausharren, und so gräßliche Schreie ausstoßen, daß die Energie deiner Feinde gedämpft wird. Und dann sind sie leicht zu schlagen.

Nach diesen Worten wies ihm Hanuman noch einmal den Weg und verschwand.
 
Mahabharat Buch 3.152

Bhima findet die Blumen

Nachdem der Beste der Affen fort war, machte sich der starke Bhima auf den Weg durch Gandhamadana. Er marschierte und dachte dabei an Hanumans riesigen Leib und seinen unvergleichlichen Glanz auf Erden, und auch an die Herrlichkeit und Würde von Dasarathas Sohn (Raam). Auf der Suche nach den schönen Lotusblüten durchschritt er romantische Wälder und Haine, Teiche mit blühenden Bäumen umkränzt und saftiges Grasland mit vielen Blumen. Er sah Herden von kraftstrotzenden Elefanten, so groß wie Gewitterwolken, die sich mit Schlamm bespritzt hatten. Zügig wanderte der anmutige Bhima voran und beobachtete das Dickicht, in dem sich scheu blickende Rehe tummelten und Gras fraßen.

Furchtlos und kraftvoll schritt er aus, als ob ihn die von lauen Lüften geschüttelten Büsche einluden, den Duft ihrer Blüten zu genießen, sowie ihre schönen, rötlichen Zweige, und all die Büffel, Bären und Leoparden zu beobachten, die sich zwischen ihnen tummelten. Er sah lotusbedeckte Teiche, summend von emsigen Bienen, sanfte Hänge und moosbewachsene Hügel, und schöne Blumen, die vor ihm die Hände zu falten schienen. Immer noch den Worten Draupadis folgend waren sein Geist und seine Augen auf die blühenden Hänge des Berges gerichtet.

Nachdem die Sonne ihren Zenit überschritten hatte, kam er in einen Wald voller Wild und mit einem Fluß, der mit frischen, goldenen Lotusblüten übersät war. Überall waren Schwäne und Karandavas, und bezaubernde Chakravakas zierten den Strom, so daß er einer bunten Girlande aus glänzenden Lotusblüten glich, die sich um den Berg wand. Hier fand der starke Bhima die großen Mengen an Saugandhika Lotusblüten, nach denen Draupadi verlangt hatte, so glänzend wie die aufgehende Sonne und entzückend anzusehen. Er sah sein Ziel erreicht und widmete in Gedanken die schönen Blumen seiner Geliebten, die im Exil so viel zu leiden hatte.
 
Mahabharat Buch 3.153

Bhima trifft auf die Wächter des Sees

Vaisampayana fuhr fort:
In der Nähe des Gipfels des Kailash strömte der Fluß in lieblichen Kaskaden in einen bezaubernden See, den malerische Wälder umgaben, die von Rakshasas bewacht wurden, denn Kuveras Wohnstatt war nahe. ... Dieser überirdisch schöne See war mit goldenem Lotus gefüllt und von edlen Wasservögeln besucht. Seine Ufer waren harmonisch und ohne Schlamm. ... Das Wasser hatte einen himmlisch süßen Geschmack, war kühl, klar und frisch, und Bhima löschte sogleich seinen großen Durst. Sofort nachdem Bhima einen ersten Blick auf den See geworfen hatte, wurde ihm leicht und wohl ums Herz.

Der himmlische Saugandhika Lotus, welcher die Wasseroberfläche bedeckte, duftete hervorragend und hatte anmutige Stengel von der Farbe des Lapislazuli. Wenn die graziösen Schwäne oder Karandavas durch die goldenen Pflanzen pflügten, verstreuten sie frischen Blütenstaub. Dieser See war einer der Orte, an denen sich der hochbeseelte Kuvera gern vergnügte. Auch die Gandharvas, Apsaras und anderen Himmlischen achteten den See sehr. Die himmlischen Weisen, Yakshas, Kimpurushas, Rakshasas und Kinnaras kamen oft hierher, und so wurde der Ort von Kuvera wohl beschützt.

Dem Befehl ihres Herrn gerne folgend bewachten hunderte Rakshasas den See. Sie trugen schöne Uniformen und Waffen, und erblickten schon bald den heldenhaften Bhima, wie er sich mit seinem Hirschfell, den goldenen Armreifen, Bogen und Schwert furchtlos nahte, um den Lotus zu sammeln.

Laut riefen sie einander zu: Wir müssen herausbekommen, aus welchem Grund dieser Mensch in Hirschfell gekleidet und gleichzeitig mit Waffen gerüstet herkam.
So traten die Rakshasas vor den strahlenden Bhima mit den starken Armen hin und fragten:
Wer bist du? Antworte uns. Wir sehen dich in der Kleidung eines Asketen, doch du trägst Waffen. Oh du Kluger, erkläre uns die Absicht deines Kommens.
 
Mahabharat Buch 3.154

Bhima und die Wächter

Bhima antwortete: Ich bin ein Sohn des Pandu, der jüngere Bruder von Yudhishthira, und mein Name ist Bhima. Ich kam mit meinen Brüdern zum Jujube Baum Visala, oh Rakshasas. Dort entdeckte Panchali den schönen Saugandhika Lotus, der vom Wind ihr zugetrieben wurde. Und nun wünscht sie sich mehr von diesen schönen Blumen. Wisset, ich bin hier, um den Wunsch meiner geliebten und makellos schönen Gattin zu erfüllen und ihr die Blumen zu pflücken.

Die Rakshasas sprachen: Oh bester Mann, dieser Ort ist Kuvera lieb. Er kommt oft zum Vergnügen her. Menschen, welche dem Tod unterliegen, können hier nicht beliebig weilen. Oh Vrikodara, die himmlischen Weisen, Yakshas und Götter holen sich erst die Erlaubnis von Kuvera, dem Herrn der Yakshas, bevor sie in diesem See trinken oder baden. ... Du mißachtest ihn und versuchst, durch pure Gewalt und ohne Recht den Lotus zu pflücken. ... Hol dir erst die Erlaubnis von Kuvera, dann trink und nimm die Blumen. Wenn du dich weigerst, wirst du nicht in der Lage sein, noch einen Blick auf die Blumen zu richten.

Doch Bhima rief: Ihr Rakshasas, ich sehe den Herrn der Reichtümer nirgends hier. Und selbst wenn, würde ich den mächtigen König nicht anflehen, denn Kshatriyas betteln niemals um etwas. Dies ist ewige Moral für Kshatriyas, und ich folge ihr unbedingt. Außerdem entsteht der Lotussee aus den Wasserfällen der Berge. Er wurde nicht in der Heimstatt Kuveras angelegt. So gehört er allen Wesen gleichermaßen. Wozu dann jemanden fragen?

Nach diesen Worten sprang der starke und unnachsichtige Bhima in den Lotussee. Noch einmal sprachen die Rakshasas mahnend:
Tu dies nicht!

Doch dann beschimpften sie ihn wütend von allen Seiten. Bhima achtete gar nicht darauf und setzte sein vergnügliches Bad fort. So bereiteten sich die Rakshasas auf einen Angriff vor und sprachen mit rollenden Augen und erhobenen Armen zueinander:
Ergreift ihn! Bindet ihn! Hackt ihn in Stücke!
Nun stellte sich auch Bhima auf, nahm seine schwere und mit Gold bestückte Keule, die dem Stab Yamas glich, und forderte sie heraus:
Stellt euch!

Da griffen die schrecklichen Rakshasa entschlossen und heftig mit all ihren Lanzen, Äxten und anderen Waffen an, und umzingelten Bhima, um ihn zu töten. Doch Bhima war stark, energiereich und heldenhaft, von Vayu gezeugt und Kunti geboren, immer Tugend und Wahrheit zugetan und daher von Feinden nicht besiegbar. So parierte er alle Manöver des Feindes, brach Arme und tötete dort am schönen Ufer des Sees hunderte Angreifer, mit den besten Anführern beginnend. Da flohen die restlichen Rakshasas davon, denn seine Macht und Stärke, die Wucht seines Angriffs und seine Geübtheit in der Waffenkunst konnten sie nicht ertragen.

Sie suchten verletzt, geschlagen und verwirrt den Gipfel des Kailash auf und retteten sich schnell in den Himmel. Nach seinem Sieg über die Wächter des Sees, gerade als ob Shakra die Armeen der Daityas besiegt hatte, tauchte Bhima noch einmal in den See und sammelte die Lotusblüten ein. Dabei trank er vom nektargleichen Wasser und bekam neue Kraft und Energie. Inzwischen hatten die vertriebenen Rakshasas den Vorfall dem Herrn der Reichtümer berichtet und beschrieben ängstlich und ausführlich Bhimas Kraft und Heldenmut.

Da lächelte Kuvera und sprach: Laßt Bhima für Draupadi so viel Lotus sammeln, wie er möchte. Es war mir bereits bekannt.
Mit der Erlaubnis des Herrn der Reichtümer zerstob der Ärger der Rakshasas, und sie kehrten zum Lotussee zurück, indem sich Bhima entzückt tummelte.
 
Mahabharat
Buch 3 Kapitel 155

Yudhishthir sucht Bhima

Vaisampayana erzählte:
Als Bhima die seltenen, überirdischen, bunt gemischten und frischen Blüten in großen Mengen sammelte, da erhob sich ein scharfer und stürmischer Wind, der eiskalt war und Hagel brachte. Gräßliche Meteore fielen donnernd herab und verkündeten Schlacht. Die Strahlen der Sonne wurden verdunkelt, und ihr Leuchten verblaßte. Und als Bhima seinen Heldenmut im Kampfe zeigte, da drangen schreckliche Donner wie Explosionen durch den Himmel. Die Erde bebte, und Staub schwebte in dunklen Schwaden heran. Tiere und Vögel kreischten schrill, und alle wurde von Dunkelheit umhüllt, so daß kaum etwas erkennbar war.

Yudhishthir bemerkte all die seltsamen und unheilverkündenden Omen und sprach besorgt:
Wer wird über uns kommen? Ihr kampferprobten Pandavas, möge euch Gutes widerfahren. Rüstet euch und seid bereit. Denn was ich sehe, verkündet mir, daß es bald nötig ist, euren Heldenmut zu zeigen.

Dann sah sich der König um und konnte nirgends den tatkräftigen Bhima entdecken. So fragte er Draupadi und die Zwillinge nach dessem Verbleib: "Oh Panchali, war der wagemutige Bhima entschlossen, eine große Tat zu vollbringen, oder hat er bereits eine vollbracht? Diese Omen überall verkünden große Gefahr und weisen auf eine schreckliche Schlacht hin."

Da antwortete seine geliebte Königin mit dem zauberhaften Lächeln und versuchte dabei, seine Besorgnis zu zerstreuen:
Oh König, voller Liebe zeigte ich Bhima heute die schönen Saugandhika Lotusblüten, welche der Wind gebracht hatte. Und ich sprach auch zu dem Helden: Wenn du noch mehr davon finden kannst, so sammle sie ein und bring sie schnell her. Nun, oh Yudhishthir, der Starkarmige ging wohl in Richtung Nordost davon, um mein Verlangen zu erfüllen.

Nachdem er diese Worte vernommen hatte, sprach der König zu den Zwillingen:
Laßt uns gemeinsam Bhimas Spuren folgen. Mögen die Rakshasas die schwachen und müden Brahmanen tragen, und der himmlische Ghatot-kacha trage Draupadi. Es ist offensichtlich, und ich bin mir völlig sicher: Bhima ist in den Wald eingedrungen, denn es ist schon lange her, daß er eilig davonging. Er ist so schnell wie der Wind und kann so leicht vorankommen wie Vinatas Sohn (Garuda). Wenn er es will, kann er sogar in den Himmel springen. Oh Rakshasas, wir sollten ihm durch eure Macht folgen, so daß er den vedenkundigen Siddhas kein Leid antut.

Ghatot-kacha und seine Begleiter stimmten zu und starteten freudig mit Lomasa und all den anderen zum Lotussee von Kuvera, von dem sie genau wußten, wo er sich befand. Schnell erreichten sie den romantischen Ort mit all den Lotusblüten und schönen Bäumen ringsum. Auch den hochbeseelten und heftigen Bhima sahen sie sogleich, und all die getöteten Yakshas mit den großen Augen und zermalmten Gliedern. Bhima stand noch mit erhobener Keule, fest entschlossen, mit zusammengekniffenen Lippen und starrem Blick, wie Yama zur Zeit der universalen Auflösung.

Yudhishthir umarmte ihn wieder und wieder und sprach sanft auf ihn ein:
Oh Bhimasena, was hast du getan? Möge dir Gutes geschehen. Wenn du mir nützen willst, so handle niemals wieder so unüberlegt und vorschnell. Es ist nicht gut, die Götter zu beleidigen.

So besänftigte er seinen Bruder und nahm von ihm die Lotusblüten entgegen. Dann erfreuten sich alle an dem schönen Ort. Im gleichen Moment erschienen auch die riesigen, mit Felsen bewaffneten, Wächter des Sees. Sie erblickten den gerechten Yudhishthir, den großen Weisen Lomasa, Nakula, Sahadev und all die anderen Brahmanen und verbeugten sich tief und demütig. Yudhishthir sprach auch zu ihnen sanfte Worte, und die Rakshasas waren’s zufrieden. Mit Erlaubnis Kuveras blieben die Besten der Kurus eine geraume Weile am See und verbrachten eine schöne Zeit an den Hängen des Gandhamadana, immer noch auf Arjuna wartend.
 
Mahabharat
Buch 3 Kapitel
156

Yudhishthiras Wunsch und Rückkehr zum Jujube

Eines Tages sprach dort am schönen See Yudhishthir zu Draupadi, seinen Brüdern und den Brahmanen:
Achtsam und aufmerksam haben wir all die heiligen und glücksverheißenden Tirthas besucht. Die schönen Wälder, in denen einst die Himmlischen und hochbeseelten Weisen lebten und welche von den Brahmanen verehrt werden, waren unsere Heimat. In vielen geheiligten Einsiedeleien haben wir mit den Brahmanen unsere Waschungen vollzogen und von ihnen vom Leben und den Taten vieler Heiliger und königlicher Weiser und andere angenehme Geschichten gehört.

Mit Blumen und Wasser haben wir die Götter geehrt. Mit Opfergaben von Früchten und Wurzeln, wie sie an jedem Ort zu bekommen waren, die Pitris (Ahnen) zufriedengestellt. Wir haben mit den Hochbeseelten in den heiligen und schönen Bergen und Seen geopfert und sogar am höchst heiligen Ozean. Mit den Brahmanen badeten wir in der Ila, Sarasvati, Sindhu, Yamuna, Narmada und anderen romantischen Tirthas. Wir haben die Quelle der Ganga besucht und anschließend so manchen lieblichen Hügel überquert, auch den von vielen Vögeln bewohnten Himalaya und sind am Jujube Baum Visala angelangt, der die Einsiedelei von Nara und Narayana (welche als Arjun und Krishna erschienen waren) ist.

Schließlich sind wir nun an diesem überirdischen See angekommen, den die Siddhas, Götter und Weisen in großer Verehrung halten. Wahrlich, mit dem hochbeseelten Lomasa haben wir achtsam nacheinander alle gefeierten und heiligen Orte besucht. Doch wie, oh Bhima, könnten wir nun zur heiligen Wohnstatt von Vaishravana (Kuvera) gelangen, wo die Siddhas leben? Denk nach, wie wir das erreichen könnten.

Als der König diese Worte ausgesprochen hatte, antwortete ihm eine Stimme aus der Luft:
Du kannst nicht zu diesem für dich unerreichbaren Ort gelangen. Kehre noch heute auf dem Weg zurück, auf dem du gekommen bist, und verlaß den Bereich Kuveras. Geh zurück zur Einsiedelei von Nara und Narayana, die unter dem Namen Vadari bekannt ist. Von dort wandere zur Einsiedelei von Vrishaparva, die mit Blumen und Früchten angefüllt von Siddhas und Charanas besucht wird. Danach pilgere zur Einsiedelei von Arshnisena, und dort wirst du das Reich Kuveras schauen.

Im gleichen Moment frischte der Wind auf. Die Luft wurde kühl, himmlisch duftend und angenehm, und es regnete Blüten, welche glücklich machten. Alle staunten sehr, als sie die himmlische Stimme hörten, sogar die irdischen Rishis und Brahmanen.

Als Dhaumya das Wunder aus dem Himmel vernahm, sprach er:
Dem kann nicht widersprochen werden. Möge es geschehen, oh Bharata.

König Yudhishthir gehorchte, und alle kehrten zur Einsiedelei von Nara und Narayana zurück, um dort noch eine angenehme Zeit zu verbringen.
 
Mahabharat
Buch 3 Kapitel 157


Raub der Pandavas durch Jatasura

Vaisampayana sprach: Vertrauensvoll lebten die Pandavas auf dem Besten der Berge mit den Brahmanen zusammen, und nach einer Weile gingen all die Rakshasas mit Ghatotkacha, Bhimas Sohn, wieder ihrer Wege. Als eines Tages Bhima unterwegs war, raubte ganz plötzlich und aus heiterem Himmel ein Rakshasa Yudhishthira, die Zwillinge und Draupadi. In Verkleidung eines Brahmanen hatte er die ganze Zeit in Gesellschaft der Pandavas verbracht und behauptet, ein hochklassiger Brahmane zu sein, der in den Shastren geübt, gute Ratschläge geben konnte.

Doch in Wirklichkeit hatte er auf eine Gelegenheit gewartet, die Bögen, Köcher und all das Kriegsgerät der Pandavas an sich zu bringen, und außerdem begehrte er Draupadi. Der Name dieses Hinterhältigen war Jatasura...

Als nun Ghatotkacha und seine Begleiter sich in alle Winde zerstreut hatten, Bhima auf der Jagd war, und all die gelübdefolgenden Rishis mit Lomasa entweder baden oder Blumen sammeln waren, da nahm er eine riesige Gestalt an, monströs und voller Schrecken, griff sich die Waffen, Draupadi und die drei Brüder und floh davon. Doch Sahadeva gelang es mit großer Anstrengung, sich und das Schwert Kausika aus dem Griff des Riesen zu befreien. Und laut nach Bhima rufend folgte er dem Trupp.

Während er fortgetragen wurde, sprach Yudhishthira zum Rakshasa:
Oh du Unwissender, du verminderst gerade deinen Verdienst. Schenkst du denn der bestehenden Ordnung der Natur keine Aufmerksamkeit? Ob nun Mensch oder nicht, alle achten die Tugend. So sollten es auch die Rakshasas tun. Denn die Tugend nahm ihren Anfang in den Rakshasas. Als Erste erfuhren die Rakshasas (durch ihr Leiden), was Tugend bedeutet. Bedenke dies und folge der Tugend.

Die Götter, Pitris, Siddhas, Rishis, Gandharvas, das Vieh und sogar die Würmer und Ameisen sind mit ihrem Leben dicht mit der Menschheit verbunden. Auch du lebst in Abhängigkeit von diesem Zusammenspiel. Wenn die Menschen im Wohlstand leben, dann geht es auch deinem Geschlecht gut. Leiden die Menschen Not, dann leiden sogar die Himmlischen. Denn die Götter gedeihen durch Opfer. Oh Rakshasa, wir sind die Wächter, Führer und Beschützer von Königreichen. Doch wenn die Königreiche unbeschützt sind, woher sollen da Glück und Wohlstand kommen? ...

Wir leben von Vighasa (Überresten des Opfers) und dienen den Göttern und anderen, so gut wir es vermögen...
Außerdem sollte man einen Freund oder Vertrauten und jemanden, der einem Nahrung gab oder Zuflucht bot niemals verletzen... Oh Niederträchtiger, wie kannst du uns nur forttragen, wo du an unserem Essen teilgehabt hast?

Wenn deine Handlungen ungerecht sind und
du alt geworden bist, ohne jeglichen Verdienst zu erlangen,
und wenn deine Absichten böse sind,
dann hast du nutzlos gelebt und verdienst noch heute nutzlos zu sterben...

Dann machte sich Yudhishthir schwer, und der Rakshasa kam, vom Gewicht niedergedrückt, nur noch langsam voran...
Noch... kam Bhima zum Vorschein, die Keule in der Hand, wie Vasava den Donnerkeil. Er sah seine beiden Brüder und Draupadi im Griff des Rakshasa, und Sahadeva, wie er fest auf dem Boden stand und entschlossen den vom Schicksal betäubten und verwirrt hin und her taumelnden Rakshasa herausforderte.

Als der mächtige Bhima den Raub erkannte, loderte sein Zorn auf, und er sprach zum Rakshasa:
Ich dachte mir schon früher, daß du ein übler Kerl bist, weil du ständig unsere Waffen gemustert hast...
Niemand kann vor seiner Zeit sterben.
Doch du hast diesen Zeitpunkt nun erreicht, weil dein Geist durch das wunderliche Schicksal dazu getrieben wurde, Draupadi fortzutragen.

Indem du sie berührt hast, hast du den Haken geschluckt, der an der Rute des Schicksals hängt. Und wie der Fisch am Haken kannst du nun nicht weiterleben. Du wirst nirgends mehr hingehen, auch wenn deine Gedanken ein Ziel haben, außer an den Ort, wo schon Vaka und Hidimba sind.

Gewarnt setzte der Rakshasa sofort seine Gefangenen ab und stellte sich zum Kampf. Mit vor Wut zitternden Lippen antwortete er Bhima: Du Lump, ich bin nicht verwirrt, sondern habe nur auf dich gewartet. Heute werde ich dein Blut all den Rakshasas opfern, die durch dich den Tod fanden... Da begann ein gräßlicher Ringkampf zwischen den beiden, und auch die Söhne der Madri hielt es nicht mehr, und sie wollten zornentbrannt angreifen...

Ein Schlag mit dem Ellenbogen trennte den Kopf des Rakshasa mit seinen rollenden Augen und den zerbissenen Lippen vom Rumpf wie eine Frucht vom Stengel. Blutüberströmt rollte das Haupt von Jatasura über den Boden, und der siegreiche Bhima trat vor Yudhishthir hin, und nahm das Lob seiner Brüder und der Brahmanen entgegen, gerade wie Vasava die Lobpreisungen der Maruts.

 
Mahabharat
Buch 3 Kapitel 158

Aufbruch zum Sweta Gipfel


Vaisampayana fuhr fort:
Nach dem Tod des Rakshasa kehrten alle in die Einsiedelei zurück und setzen ihr beschauliches Leben dort fort. Eines Tages, als er wieder einmal an seinen Bruder Jaya (Arjuna) denken mußte, rief Yudhishthira seine Brüder und Draupadi zu sich und sprach zu ihnen:
Die letzten vier Jahre wanderten wir friedlich durch die Wälder. Ihr wißt, es wurde uns aufgezeigt, daß Arjuna im fünften Jahr zum Monarchen der Berge kommen würde, dem vorzüglichen Sweta Gipfel, der immer im Rausch blühender Pflanzen lebt, brünstiger Kokilas, schwarzer Bienen, Pfauen und Chatakas, edler Tiger, Büffel, Eber, Gavayas und zierlicher Rehe.

Dieser Gipfel ist heilig, mit tausenden blühender Lotusblüten und -knospen und bunten Lilien geziert und der beständige Aufenthaltsort von Sura und Asura Göttern. Wir sehnen uns so sehr danach, Arjuna wiederzusehen, daß wir uns schon längst entschlossen haben, dorthin zu pilgern. Partha sprach damals zu mir: Ich werde für fünf Jahre fort sein und die Waffenkunst erlernen. Wir sollten uns nun auf den Weg machen, um den Träger des Gandiva endlich zu treffen, nachdem er die himmlischen Waffen erlangt hat...

So machte sich der ganze Zug der Pandavas, Brahmanen und Rakshasas, wieder auf den Weg, von Lomasa beschützt. ... So wandten sie sich gen Norden in eine wildreiche Gegend, und achteten auf alle möglichen Gefahren. Unterwegs sahen sie (in der Ferne) den Berg Mainaka, die Basis des Gandhamadan, den felsigen Sweta und viele kristallklare Bächlein in den oberen Regionen der Berge. Am siebzehnten Tag erreichten sie die heiligen Hänge des Himalaya. In einiger Entfernung entdeckten sie die heilige Einsiedelei von Vrishaparva, die von Bäumen, schönen Blumen und glitzernden Wasserfällen umgeben war.

Nachdem sich die Brüder ein wenig ausgeruht hatten, gingen sie, den frommen Vrishaparva zu grüßen. Und der königliche Heilige empfing sie so herzlich, als ob sie seine Söhne wären. So lebten sie sieben Tage bei ihm und wurden liebevoll und geachtet umsorgt. Am achten Tag verabschiedeten sie sich vom gefeierten Weisen. Sie stellten ihm alle Brahmanen vor, die unter seiner freundlichen Obhut zurück blieben und ließen auch alles Gepäck nebst ihren Ornamenten und Opfergerätschaften bei ihm. Der weise, fromme, um Vergangenheit und Zukunft wissende und pflichtbewußte Weise gab den Pandavas gute und liebe Ratschläge, und begleitete den Troß noch eine Weile Richtung Norden. Dann übergab er die Pandavas der Obhut der mit ihnen reisenden Brahmanen, segnete sie und beschrieb ihnen ihre Route, bevor er in seine Einsiedelei zurückkehrte.

Die Reise ging zu Fuß weiter über die mit wilden Tieren bevölkerten Hänge und einsamen Bergpfade. Am vierten Tag erreichten sie den massigen Sweta, an dem viele Ströme entlang glitten und der voller Gold und Juwelen war. Der Route folgend, die ihnen Vrishaparva beschrieben hatte, gelangten sie nacheinander an alle markanten Orte. Sie überwanden mit Leichtigkeit große Felsen und dunkle Höhlen und niemand ermüdete dabei. ... Aufgeregt schauten sie auf den Berg Gandhamadan, diese Heimat der Kimpurushas, und traten nach und nach in seine Wälder ein, die voller himmlischer Wesen und stolzer, wilder Tiere waren.

Der Wald war ihnen so angenehm wie die Gärten von Nandana und erfreute Herz und Geist mit seinen schönen Hainen. Die Vögel sangen besonders lieblich hier. ... Die Seen waren mit Massen von Lotuspflanzen bewachsen, in denen die Bienen sanft und benommen vom süßen Honig und roten Blütenstaub summten. Zwischen den Bäumen entdeckten die Wanderer Pfauenhähne mit ihren Hennen, die sich mit schäkernden Rufen beglückten und leidenschaftliche Tänze ausführten, bei denen sie ihre prächtigen Schwanzfedern ausbreiteten. ... Und die Tilakas glichen den gemalten Schönheitszeichen auf der Stirn des Waldes. Alle blühenden Bäume wie der Mango hatten Amors Einfluß und leuchteten in alle Farben über flammend gelb, grün wie Lapislazuli oder samtig dunkel bis rot. ...

... und Yudhishthira sprach zu Bhima: Ach Bhima, wunderschön ist der Wald des Gandhamadan. Hier sieht man viele himmlische Blumen, außergewöhnliche Pflanzen mit glänzendem Laub und süßen Früchten. Es ist so romantisch hier mit den Rufen des Kokila. Es gibt hier kein Dornengestrüpp oder Bäume, die keine Blüten tragen. Alles ist samtig und frisch. Oh schau nur den Lotusteich, an dem sich fröhliche Elefanten tummeln. Der Teich mit seinen wunderschönen Lilien scheint mir eine Verkörperung der Göttin Sri mit ihren Blumengirlanden zu sein.

Der Wald duftet berauschend und summt mit seinen vielen Bienen. Schau nur, dies ist wahrlich ein vergnüglicher Ort für Götter. Indem wir hierher gelangten, sind wir gesegnet mit einem übermenschlichen Zustand. ... Die glitzernden Vögel in den Bäumen machen alles noch viel lieblicher. Die orange, gelb und scharlachrot gefärbten Jivajivakas sitzen in Myriaden auf den Zweigen und schauen sich an. Und dort, wo das Gras von grün bis rötlich leuchtet, stehen Kraniche und Reiher neben dem Wasserfall...

Der Wasserfall ist so hoch wie eine Palmyra Palme, und seine Wasser rauschen in mehreren Kaskaden schäumend über die Klippen... Oh Bhima, wie es Vrishaparva erzählt hat, sind die Gandharvas und Kimpurushas mit ihren geliebten Gefährtinnen überall auf dem Gipfel zu sehen. Hörst du die Lieder mit ihrem angenehmen Versmaß und die vedischen Hymnen, die allen Wesen angenehm sind? Und siehst du auch den heiligen und anmutig himmlischen Strom der Maha-ganga mit den vielen Schwänen, die von den Heiligen und Kinnaras verehrt werden? Oh Sohn der Kunti, sieh nur diesen König der Berge, mit den Mineralien, Bächen, schönen Wäldern, wilden Tieren, vielen Arten von Schlangen, sowie Nagas mit hunderten Köpfen, Kinnaras und Apsaras.

So beschauten sich die Wanderer mit entzückten Herzen den Berg und konnten sich an all seinen Schönheiten nicht satt sehen. Dann kamen sie an die malerische Einsiedelei des königlichen Weisen Arshti-shena, welcher in allen Pflichten wohl bewandert war, strenge Enthaltsamkeit übte und mit seinem sehnigen Körper fast schon einem Skelett glich.
 
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Mahabharat Buch 3 Kapitel 159

Gespräch mit Arshtishena

So traten die Pandavas mit Lomasa, Dhaumya und den Brahmanen vor den Asketen, welcher mit Buße alle seine Sünden verbrannt hatte, stellten sich vor, beugten das Haupt und grüßten ihn innig. Der tugendhafte Muni hatte mit seinem prophetischen Auge ihre Herkunft bereits geschaut und sprach zu ihnen:
Nehmt Platz.

Und nachdem alle gegrüßt und willkommen geheißen waren und bequem rings um den Muni saßen, da erkundigte sich der Muni bei Yudhishthira nach seinem Wohl:
Neigst du dich auch zur Wahrheit? Strebst du immer nach Tugend?
Ist deine Aufmerksamkeit für deine Eltern unvermindert stark?
Ehrst du die Höhergestellten, Älteren und Vedengelehrten?
Hängst du auch nicht an sündigen Taten, oh Sohn der Pritha?
Weißt du auch sicher, wie du verdienstvolle Taten ausübst und böse Handlungen vermeidest?
Dienst du achtungsvoll den frommen Menschen? Und auch wenn du in den Wäldern lebst, folgst du der Tugend allein?

Leidet Dhaumya auch nicht unter deinem Verhalten? Folgst du den Gebräuchen deiner Ahnen in Wohltätigkeit, religiöser Pflicht, Askese, Reinheit, Offenheit und Vergebung? Schreitest du auf dem Pfad der königlichen Weisen? Denn wenn ein Sohn geboren wird, dann lachen oder weinen die Pitris (Ahnen) seiner Linie und fragen: Werden die sündigen Taten unseres Sohnes uns schaden oder seine verdienstvollen Taten uns nützen? – Wer Vater und Mutter, Lehrer, Agni und als fünftes die Seele ehrt, besiegt beide Welten.

Yudhishthira antwortete:
Oh Ehrbarer, die Pflichten, die du aufgezählt hast, sind vorzüglich. Ich achte und befolge sie nach besten Kräften.

Arshtishena sprach:
Während der Parvas (bestimmte Tage im Monat) kommen all die Munis zu diesem Berg durch die Lüfte gewandert, die sich nur von Luft und Wasser ernähren. Auf dem Gipfel siehst du innig verliebte Kimpurushas mit ihren Liebsten, Gandharvas und Apsaras in weiße Seide gehüllt, lieblich ausschauende Vidyadharas mit Blumengirlanden, mächtige Nagas, Suparnas, Uragas und andere himmlische Wesen. In diesen Tagen hört man den Klang von Kesselpauken, Trommeln, Muschelhörnern und Mridangas vom Gipfel. Selbst hier kannst du es hören, oh Bester der Bharatas. Doch gehe auf keinen Fall dorthin.

Weiter als hier ist es unmöglich zu gehen. Dieser Ort dient den Himmlischen zum Vergnügen. Sterbliche haben keinen Zutritt. Alle Wesen hier empfinden Abneigung gegen einen Menschen, der noch die kleinste Aggression in sich trägt, und die Rakshasas strafen ihn. Hinter dem Gipfel des Kailash verläuft der Pfad der himmlischen Weisen. Wenn irgend jemand aus Unverschämtheit dorthin geht, töten ihn die Rakshasas mit eisernen Wurfgeschossen und anderen Waffen.

Während der Parvas sieht man hier Kuvera, welcher auf den Schultern der Menschen reitet, in Pomp und Pracht und von Apsaras umgeben. Wenn dieser Herr der Rakshasas auf dem Gipfel thront, schauen ihn alle Kreaturen wie die aufgehende Sonne. Dort vergnügen sich auch die Himmlischen, Danavas und Siddhas.

Und wie Tumburu (der Beste unter den Gandharva Sängern) diesen Herrn der Schätze unterhält, hört man seinen süßen Gesang in ganz Gandhamadana. Oh Kind, während dieser Tage sieht man hier viele Wunder. Bleib hier, bis du Arjuna wiedersiehst, und lebe von den reinen Früchten wie ein Muni. Doch begehe keine Unverschämtheit, solange du hier bist. Verbringe die Zeit hier nach deinem Belieben, und bald schon wirst du die Erde regieren, nachdem du sie mit der Kraft deiner Arme erobert hast.
 
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