Mahabharata

Dundhubi verschwindet

Ruru fragte: „Oh Bester der Zweifachgeborenen, warum verschrieb sich König Janamejaya der Vernichtung der Schlangen? Und wie ließ er sie sterben? Warum und vor allem wie wurden sie vom weisen Astika gerettet? Ich bin begierig, alle Einzelheiten zu erfahren.“ Der Rishi sprach: „Oh Ruru, du wirst die bedeutende Geschichte des Astika von den Lippen eines Brahmanen vernehmen.“ Indem er dies sagte, verschwand er.

Und Sauti fuhr fort:
Ruru rannte noch eine Weile umher und suchte den verschwundenen Rishi. Doch er konnte ihn in all den Wäldern nicht finden, und so setzte er sich geschwächt nieder. Unaufhörlich dachte er über die Worte des Rishi nach, fühlte sich ganz durcheinander und es schien, als schwänden ihm die Sinne. Doch er erholte sich wieder, kam nach Hause und fragte seinen Vater nach der Geschichte. Und dieser begann sie ihm zu erzählen.

Damit endet das zwölfte Kapitel mit dem Pauloma Parva des Adi Parva des gesegneten Mahabharata.

Die Geschichte von Jaratkaru und wie er seine Ahnen trifft

Saunaka fragte: „Warum hat dieser Tiger unter den Königen, Janamejaya, beschlossen, die Schlangen durch ein Opfer zu vernichten? Oh Sauti, erzähle uns die ganze Geschichte. Erzähl uns, warum Astika, dieser Beste unter den zweifachgeborenen Asketen, die Schlangen vor dem lodernden Feuer errettete. Wessen Sohn war dieser Monarch, der das Schlangenopfer zelebrierte? Und wessen Sohn war der genannte Zweifachgeborene?“
Sauti meinte daraufhin: „Oh Bester der Redner, die Geschichte von Astika ist lang. Ja, ich werde sie euch voll und ganz erzählen. Hört nur zu.“
Und Saunaka: „Ich wünsche, die bezaubernde Geschichte dieses Rishi, dieses berühmten Brahmanen namens Astika, in voller Länge zu hören.“

Und Sauti begann:
Die Geschichte, die zuerst von Krishna Dwaipayana rezitiert wurde, wird von den Brahmanen ein Purana genannt. Mein weiser Vater Lomaharshana hat sie als Schüler von Vyasa früher einmal auf ihre Bitte hin den Zuhörern im Naimisha Wald erzählt. Ich war damals anwesend und, oh Saunaka, da du mich bittest, werde sich die Geschichte Astikas exakt so erzählen, wie ich sie damals hörte. Nun lauscht allen Einzelheiten dieser sündenzerstörenden Erzählung:

Der Vater von Astika war so mächtig wie Prajapati (die Erzeuger der universallen Arten der Lebewesen). Er war ein Brahmacharin, immer in strenge Aufopferung vertieft, maßvoll beim Essen, ein großer Asket und hatte seine sexuellen Gelüste unter vollständiger Kontrolle.

Er war unter dem Namen Jaratkaru bekannt. Dieser Beste unter den Yayavaras, tugendhaft, schwersten Gelübden folgend, höchst gesegnet und mit großer asketischer Kraft ausgestattet, unternahm einst eine Reise durch die Welt. Er besichtigte viele Orte und Schreine, badete in vielen heiligen Wassern und ruhte dort, wo ihn die Nacht überkam. Mit gewaltiger Energie ausgestattet übte er so harte religiöse Enthaltsamkeit, welche niemals von Menschen mit ungezügeltem Geist praktiziert werden kann.

Der Weise lebte nur von Luft und entsagte dem Schlaf für immer. So wanderte er umher wie ein loderndes Feuer. Eines Tages geschah es, daß er seine Ahnen erblickte, wie sie kopfüber in einem großen Loch hingen mit den Füßen nach oben. Als er sie sah, sprach Jaratkaru sie an: „Wer seid ihr, die ihr mit den Füßen nach oben an einem Seil aus Virana Fasern hängt, welches von allen Seiten heimlich von einer Ratte angenagt wird, die hier lebt?“

Die Ahnen antworteten: „Wir sind Rishis von strengen Gelübden, Yayavaras genannt. Wir werden für immer in dem Boden versinken mit dem Wunsch nach Nachkommen. Wir haben einen Sohn namens Jaratkaru. Weh uns! Dieser Lump widmet sich nur dem Leben der Enthaltsamkeit. Der Narr denkt nicht daran, durch Heirat Kinder zu zeugen. Aus diesem Grund, nämlich aus Furcht vor dem Verschwinden unseres Geschlechts, hängen wir hier in diesem Loch.

Mit allen Verdiensten ausgestattet ergeht es uns doch wie jenen unglücklichen Sündern, welche keine Verdienste sammelten. Doch wer bist du, oh Brahmane? Wir möchten auch wissen, warum du mit uns fühlst wie ein Freund.“

Jaratkaru sagte: „Ihr seid meine Väter und Großväter. Ich bin dieser Jaratkaru. Oh sagt mir, wie ich euch dienen kann.“ Die Antwort der Väter war: „Gib dein Bestes, oh Kind, einen Sohn zu bekommen, damit er unsere Linie fortführt. Dann hast du eine verdienstvolle Tat begangen für uns und auch dich, oh Bester.

Die Früchte aus Tugenden oder die aus wohl angehäufter Askese können sich nicht mit dem Verdienst vergleichen, den ein Vater erntet. Daher, oh Kind, richte auf unsere Bitte hin deinen Geist auf Heirat und Nachkommen. Das wird uns von größtem Nutzen sein.“ Jaratkaru meinte daraufhin: „Ich werde nicht um meinetwillen heiraten, noch werde ich aus Vergnügen nach Reichtum streben. Doch für euer Wohl werde ich es tun. Nur zu diesem Zweck werde ich mir in Übereinstimmung mit den Shastren (Spirituelle Schriften) eine Frau nehmen. Sonst nicht.

Wenn es eine Braut gibt mit dem selben Namen wie ich, deren Freunde sie mir als Geschenk und aus Wohltätigkeit aus freien Stücken übergeben, dann werde ich sie heiraten. Doch wer wird mir Armen seine Tochter als Gattin übergeben?

Ich werde mich bemühen, ihr Herren, und wohl jede Tochter als Geschenk annehmen. Ich habe euch mein Wort gegeben und werde nun nicht anders handeln. Ihr werde ich Nachkommen für eure Erlösung zeugen, damit ihr Väter in die ewigen Regionen der Glückseligkeit eingehen und euch dort nach Belieben erfreuen könnt.“
 
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Jaratkaru heiratet die Schwester Vasukis

Sauti sprach:
Von nun an wanderte dieser Brahmane mit den strengen Gelübden über die Erde auf der Suche nach einer Ehefrau, doch er fand keine. Eines Tages betrat Jaratkaru einen Wald, erinnerte sich an die Worte seiner Ahnen und bat dreimal mit schwacher Stimme um eine Braut. Da erschien Vasuki (der "Schlangenkönig") und bot dem Rishi seine Schwester an.

Doch der Rishi zögerte, sie zu akzeptieren, denn er vermutete, sie würde nicht denselben Namen haben wie er. Denn im Innern dachte sich der hochbeseelte Jaratkaru: „Ich werde keine Frau annehmen, die nicht denselben Namen hat wie ich.“ Und der große, weise Rishi der strengsten Enthaltsamkeit fragte Vasuki: „Sage mir aufrichtig, oh "Schlange", wie lautet der Name deiner Schwester?“

Und Vasuki antwortete: „Oh Jaratkaru, der Name meiner jüngeren Schwester ist auch Jaratkaru. Ich übergebe sie dir als Geschenk. Nimm die schlankhüftige Dame zu deiner Gemahlin. Oh bester Brahmane, ich habe sie für dich aufgehoben. Also nimm sie.“ Mit diesen Worten bot er seine wunderschöne Schwester dem Jaratkaru an, welcher sich gemäß den vorgeschriebenen Riten mit ihr vermählte.

Die Geburt von Astika

Sauti sprach:
Denn wisse, oh Bester der Brahma Wissenden, die Mutter der "Schlangen" hatte vor langer, langer Zeit das Geschlecht der Nagas (Schlangen ähnliche Wesen) verflucht: „Er, der den Wind zum Wagenlenker hat (Agni), wird euch alle im Schlangenopfer des Janamejaya verbrennen!“

Und um diesen Fluch aufzuheben, verheiratete der König der Nagas, Vasuki, seine Schwester mit dem hochbeseelten Rishi mit den hervorragenden Gelübden. Nachdem er sie mit den rechten Riten geheiratet hatte, bekam er mit ihr einen edlen Sohn namens Astika. Dieser war ein ruhmreicher Asket und geübt in den Veden und all ihren Zweigen. Er betrachtete alles mit gleichen Augen und zerstreute die Furcht seiner Eltern.

Viel später richtete der Nachfahre der Pandavas ein großes Schlangenopfer aus. In diesem Opfer, was mit der Vernichtung der Nagas begann, rettete Astika die Nagas, also seine Brüder und Onkel mütterlicherseits und alle anderen Nagas vor einem gräßlichen Tod. Und er erlöste seinen Vater aus der Not, keine Nachfahren zu haben.

Durch Buße, viele Gelübde und dem Studium der Veden befreite er sich selbst von allen seinen Schulden.
Durch verschiedene Opfer versöhnte er die Götter.
Durch das Leben als Brahmacharya gewann er die Gunst der Rishis, und indem er Nachkommen zeugte, stellte er seine Ahnen zufrieden.

So entlud sich der strenge Gelübde einhaltende Jaratkaru der schweren Schuld seinen Ahnen gegenüber, die damit von ihren Banden befreit wurden und zu den himmlischen Planeten aufstiegen. Nach einer langen Reihe von Jahren hatte Jaratkaru großen religiösen Verdienst angesammelt und begab sich in den Himmel, Astika zurücklassend. Dies ist die Geschichte von Astika, wie ich sie dir kurz erzählt habe. Nun sage mir, Bester der Munis, was sonst soll ich dir berichten.
 
Jaratkaru heiratet die Schwester Vasukis

Sauti sprach:
Von nun an wanderte dieser Brahmane mit den strengen Gelübden über die Erde auf der Suche nach einer Ehefrau, doch er fand keine. Eines Tages betrat Jaratkaru einen Wald, erinnerte sich an die Worte seiner Ahnen und bat dreimal mit schwacher Stimme um eine Braut. Da erschien Vasuki (der "Schlangenkönig") und bot dem Rishi seine Schwester an.

Doch der Rishi zögerte, sie zu akzeptieren, denn er vermutete, sie würde nicht denselben Namen haben wie er. Denn im Innern dachte sich der hochbeseelte Jaratkaru: „Ich werde keine Frau annehmen, die nicht denselben Namen hat wie ich.“ Und der große, weise Rishi der strengsten Enthaltsamkeit fragte Vasuki: „Sage mir aufrichtig, oh "Schlange", wie lautet der Name deiner Schwester?“

Und Vasuki antwortete: „Oh Jaratkaru, der Name meiner jüngeren Schwester ist auch Jaratkaru. Ich übergebe sie dir als Geschenk. Nimm die schlankhüftige Dame zu deiner Gemahlin. Oh bester Brahmane, ich habe sie für dich aufgehoben. Also nimm sie.“ Mit diesen Worten bot er seine wunderschöne Schwester dem Jaratkaru an, welcher sich gemäß den vorgeschriebenen Riten mit ihr vermählte.

Die Geburt von Astika

Sauti sprach:
Denn wisse, oh Bester der Brahma Wissenden, die Mutter der "Schlangen" hatte vor langer, langer Zeit das Geschlecht der Nagas (Schlangen ähnliche Wesen) verflucht: „Er, der den Wind zum Wagenlenker hat (Agni), wird euch alle im Schlangenopfer des Janamejaya verbrennen!“

Und um diesen Fluch aufzuheben, verheiratete der König der Nagas, Vasuki, seine Schwester mit dem hochbeseelten Rishi mit den hervorragenden Gelübden. Nachdem er sie mit den rechten Riten geheiratet hatte, bekam er mit ihr einen edlen Sohn namens Astika. Dieser war ein ruhmreicher Asket und geübt in den Veden und all ihren Zweigen. Er betrachtete alles mit gleichen Augen und zerstreute die Furcht seiner Eltern.

Viel später richtete der Nachfahre der Pandavas ein großes Schlangenopfer aus. In diesem Opfer, was mit der Vernichtung der Nagas begann, rettete Astika die Nagas, also seine Brüder und Onkel mütterlicherseits und alle anderen Nagas vor einem gräßlichen Tod. Und er erlöste seinen Vater aus der Not, keine Nachfahren zu haben.

Durch Buße, viele Gelübde und dem Studium der Veden befreite er sich selbst von allen seinen Schulden.
Durch verschiedene Opfer versöhnte er die Götter.
Durch das Leben als Brahmacharya gewann er die Gunst der Rishis, und indem er Nachkommen zeugte, stellte er seine Ahnen zufrieden.

So entlud sich der strenge Gelübde einhaltende Jaratkaru der schweren Schuld seinen Ahnen gegenüber, die damit von ihren Banden befreit wurden und zu den himmlischen Planeten aufstiegen. Nach einer langen Reihe von Jahren hatte Jaratkaru großen religiösen Verdienst angesammelt und begab sich in den Himmel, Astika zurücklassend. Dies ist die Geschichte von Astika, wie ich sie dir kurz erzählt habe. Nun sage mir, Bester der Munis, was sonst soll ich dir berichten.



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Die Geschichte von Kadru und Vinata

Saunaka bat:
Oh Sauti, erzähle uns mehr Einzelheiten über den gelehrten und tugendhaften Astika. Unsere Neugier ist groß. Du Liebenswerter, deine Rede ist süß, mit angenehmer Aussprache und Betonung. Es gefällt uns sehr, wie du erzählst. Du sprichst genau wie dein Vater, und er war auch immer bereit, uns zufrieden zu stellen. Erzähl uns nun die Geschichte, wie sie dein Vater erzählte.

Und Sauti hob an:
Oh du mit einem langen Leben Gesegneter, ich werde alles erzählen, wie ich es von meinem Vater einst vernahm. Oh Brahmane, im Zeitalter der Wahrheit und Tugend (Staiya Yuga) hatte Prajapati zwei schöne und tugendhafte Töchter. Ihre Namen waren Kadru und Vinata, und sie wurden die Ehefrauen von Kasyapa. Kasyapa, welcher Prajapati selbst glich, hatte große Freude an seinen beiden Gattinnen und höchst zufrieden gewährte er jeder einen Segen.

Als die schönen Damen erfuhren, daß ihr Herr willens war, ihre Wünsche zu erfüllen, freuten sie sich sehr. Kadru wünschte sich tausend Schlangen ähnliche Wesen von gleicher Kraft. Und Vinata wünschte zwei Kinder zu gebären, welche die tausend Söhne der Kadru an Stärke, Energie, Größe und Tapferkeit übertreffen sollten.

Und Kasyapa sprach „So sei es!“ zu Vinata, welche äußerst begierig auf Nachkommenschaft war. Und so freute sie sich sehr, als ihr Gebet erhört wurde und betrachtete ihren Wunsch nach zwei überragenden Söhnen als erfüllt. Auch Kadru war zufrieden mit ihren tausend Söhnen mit gleicher Energie. „Tragt eure Kinder mit Sorgfalt.“, sprach Kasyapa und ging in den Wald, seine beiden höchst zufriedenen Ehefrauen mit seinem Segen zurücklassend.

Sauti sprach:
O Bester der Zweifachgeborenen, nach langer Zeit brachte Kadru tausend Eier zur Welt und Vinata zwei. Ihre Dienerinnen legten die Eier einzeln in warme Gefäße und hegten sie für fünfhundert Jahre. Da brachen die tausend Eier der Kadru auf und ihre Söhne schlüpften aus. Doch die beiden von Vinata rührten sich nicht. Vinata war eifersüchtig und brach ein Ei auf. Darinnen fand sie einen Embryo, bei dem die obere Hälfte entwickelt war, die untere jedoch noch nicht. Das Kind war darüber sehr ärgerlich und verfluchte seine Mutter: „Oh Mutter, weil du viel zu früh dieses Ei aufgebrochen hast, und aus Eifersucht meinem Körper nicht erlaubtest, sich voll zu entwickeln, sollst du Kadru als Sklavin dienen.

Doch wenn du geduldig weitere fünfhundert Jahre wartest, und das andere Ei nicht zerbrichst, dann wird dich dieses ruhmreiche Kind aus der Sklaverei befreien. Wenn du wirklich einen starken Sohn haben möchtest, dann mußt du das Ei die ganze Zeit mit zärtlicher Sorge pflegen.“

So verfluchte Aruna seine Mutter und erhob sich in den Himmel. Oh Brahmane, Aruna wurde der Wagenlenker von Surya (der Sonne), den man immer in der Morgenstunde erblickt. Nachdem die fünfhundert Jahre vergangen waren, zerbrach das andere Ei und heraus kam Garuda, der Schlangenvertilger. Oh Tiger des Bhrigu Geschlechts, in dem Augenblick, indem er das Licht erblickte, verließ der Sohn seine Mutter Vinata. Dieser König der Vögel verspürte Hunger und flog davon, auf der Suche nach der ihm vom großen Schöpfer bestimmten Nahrung.

Der Wunsch nach Amrit

Sauti sprach:
Oh asketischer Rishi, es war um diese Zeit, daß die beiden Schwestern Kadru und Vinata das sich nähernde Roß Uchaisrava erblickten. Dieses Juwel unter den Pferden wurde von den Himmlischen verehrt und hatte sich aus den wogenden Fluten des Ozeans erhoben, als er wegen Amrit gequirlt wurde. Es war göttlich, anmutig, beständig jung, ein Meisterwerk der Schöpfung, unwiderstehlich, voller Energie und mit allen glücksverheißenden Zeichen gesegnet.

Da fragte Saunaka:
Warum rührten die Götter den Ozean? Und unter welchen Umständen erschien dieses Beste der Pferde, so kraftvoll und strahlend, wie du es sagst?

Sauti antwortete:
Es gibt diesen Berg (Su) Meru von leuchtender Erscheinung und großem Glanz. Die Strahlen der Sonne fallen auf seine goldglänzenden Gipfel und werden von ihnen zerstreut. Er ist mit Gold bedeckt, außerordentlich schön, und ein häufig besuchter Ort der Götter und Gandharvas. Und er ist unerreichbar und unermeßlich für Menschen mit vielfältigen Sünden. Fürchterliche Raubtiere wandern über seinen Kamm, und er wird beleuchtet von vielen göttlichen lebensspendenden Kräutern.

Mit seiner Höhe küßt er den Himmel, und er ist der Erste der Berge. Selbst mit dem Geist kann man ihn nicht erfassen. Er wird von vielen Bäumen und Strömen geziert und erklingt von den zauberhaften Gesängen des geflügelten Chors. Er steht seit unerdenklichen Zeiten hoch über allem. Einmal saßen alle Himmlischen auf seinem goldenen Gipfel und berieten sich. Jene, welche Buße geübt und hervorragende Gelübde eingehalten hatten, suchten nun nach Amrit (Ambrosia).

Als Narayana (der Höchste Herr) die himmlische Versammlung in besorgter Stimmung sah, sprach er zu Brahma: „Du sollst mit allen Göttern und Asuras (die Widersacher der Götter - haben mit den Christlichen Dämonen nichts zu tun, werden aber als "Dämonen übersetzt) den Ozean quirlen (wörtlich „buttern“, die Milch zu Butter veredeln). Indem ihr das tut, werdet ihr Amrit (Nektar) erhalten und auch alle Arzneien und Juwelen. Oh ihr Götter, quirlt den Ozean, und ihr werdet Amrit entdecken.“
 
Das Quirlen des Ozeans

Sauti fuhr fort:
Da gibt es einen Berg namens Mandara mit Gipfeln wie Wolken. Er ist der Beste der Berge und ganz und gar mit Schlingpflanzen und Kräutern bedeckt. Zahllose Vögel zwitschern ihre Lieder und Raubtiere ziehen ihre Bahn. Götter, Apsaras und Kinnaras besuchen den Berg oft.

Aufwärts erhebt er sich um elftausend Yojanas und abwärts um ebenso viele. Die Götter wollten ihn ausreißen und zum Quirlen benutzen, doch es gelang ihnen nicht, und so gingen sie zu Brahmaa (das erste Lebewesen in einem Universum) und Vishnu, die beieinander saßen, und baten: „Ersinnt einen Weg, wie wir Mandara für unsere Zwecke nutzen können, ihr Götter.“

Und Brahma und Narayana (Vishnu) billigten diesen Wunsch, oh Sohn des Bhrigu. Der lotusäugige Vishnu übergab die schwere Aufgabe dem mächtigen Ananta, dem König der Nagas. Von sowohl Brahma als auch Vishnu darum gebeten, entwurzelte der mächtige Ananta den Berg mit allen Wäldern und Waldbewohnern darin.

Dann gingen alle Götter mit Ananta zum Ufer des Ozeans und sprachen zu ihm: „Wir sind gekommen, deine Wasser für Amrit aufzuwühlen.“ Und der Ozean erwiderte: „Es sei, wenn ich einen Anteil erhalte. Ich bin wohl in der Lage, das große Quirlen meiner Wasser durch den Berg zu ertragen.“

Alsdann traten die Devas (Götter) und Danavas ("Daemonen") vor den König der Schildkröten und sagten zu ihm: „Oh König der Schildkröten, du wirst den Berg auf deinem Rücken tragen müssen.“ Der König stimmte zu, und Indra (der König der Götter) brachte es fertig, den Berg auf seinen Rücken zu heben.
So machten die Götter und Asuras ("Daemonen") aus dem Berge Mandar einen Quirl und die Schlange Vasuki wurde das Seil, oh Brahmane.

Dann begannen alle, die Tiefen aufzuwühlen. Die Asuras zogen Vasuki an der Haube und die Götter hielten ihn am Schwanz. Und Ananta, welcher eine Manifestation von Narayana war, hob und senkte wieder und wieder die Haube der Schlange. Von dem Zug, den Vasuki von den Göttern und Asuras bekam, schlugen schwarze Dämpfe und Flammen aus seinem Mund. Aus diesen flammenden Dämpfen entstanden Wolken mit Blitzen und ließen erfrischende Regenschauer auf die müden Ziehenden fallen.

Auch die Blüten, die aus den Bäumen an den Flanken des wirbelnden Berges fielen, erfrischten sowohl Götter als auch Asuras. Dann, oh Brahmane, erhob sich ein gewaltiges Gebrüll wie das Donnern der Wolken zur Auflösung des Universums. Viele Meerestiere wurden vom großen Berg zerquetscht und verloren ihr Leben in der salzigen See. Viele Bewohner der unteren Regionen und des Reiches von Varuna (der Meeresgott) wurden getötet. Vom wirbelnden Berg Mandara fielen große Bäume mitsamt Wurzeln und allen nistenden Vögeln ins Wasser.

Durch die gegenseitige Reibung dieser Bäume entstand ein Feuer, das den ganzen Berg einhüllte. Der Berg glich damit einer großen Masse dunkler Wolken, welche die Blitze durchzuckten. Oh Brahmane, das Feuer breitete sich aus und verzehrte Löwen, Elefanten und andere Tiere, die auf dem Berge lebten. Da tilgte Indra das Feuer, indem er heftige Regenfälle schickte.

Nach einer Weile des Quirlens begannen sich die milchigen Extrakte der Bäume und Kräuter mit den Wassern des Ozeans zu vermischen. Und die Himmlischen wurden unsterblich, als sie das Wasser tranken, welches sich mit diesen flüssigen Essenzen aus den Pflanzen verbunden hatte und ähnliche Eigenschaften wie Amrit besaß, so als hätte man die kostbare Essenz aus Gold herausgewaschen.

Und allmählich wandelte sich, kraft dieser weißen Säfte, das gequirlte milchige Wasser der Tiefe zu geklärter Butter. Doch das Amrit selbst erschien noch nicht. Da traten die Götter von den segenspendenden, auf seinem Sitz ruhenden Brahmaa und sagten: „Herr, wir sind erschöpft. Wir haben keine Kraft mehr, um weiterzuquirlen. Das Amrit ist noch nicht erschienen, und außer Narayana haben wir und auch die Danavas keine Kraft mehr.“

Da sprach Brahmaa zu Narayana: „Oh Herr, geruhe, den Göttern Stärke zu schenken, damit sie erfrischt weiterrühren können.“ Narayana willigte in die Erfüllung ihrer Gebete ein und sprach: „Ihr Weisen, ich gewähre euch genügend Kraft. Geht, setzt den Berg an seinen Platz und quirlt die Wasser.“ Gesagt, getan. Nach einer Weile des Quirlens tauchte der milde und glänzende Mond mit tausend Strahlen aus dem Ozean auf.

Danach erhob sich Lakshmi (die Glücksgöttin), ganz in weiß gekleidet und auf einem Lotus sitzend. Dann erschienen Sura Devi, die Göttin des Weines und das gedankenschnelle Weiße Pferd Uchai-srava.

Danach erhob sich das himmlische Juwel Kaustubha, welches nun Narayanas Brust schmückt. Sie alle traten vor die hohen Götter. Und endlich erschien der göttliche Dhanvantari (Arzt der Götter) selbst mit einem weißen Gefäß Amrit in seiner Hand. Die Asuras erhoben ein lautes Geschrei beim Anblick dieser Erscheinung und riefen: „Ihr habt schon alles genommen, dieser muß unser sein!“

Nach einer Weile kam der große Elefant Airavat herauf, mit seinem riesigen Körper und zwei Paaren weißer Stoßzähne. Indra (der König der Götter), der Träger des Donners, nahm ihn für sich. Doch das Quirlen ging immer weiter und zum Schluß erschien das tödliche Gift Kalakuta. Es verschlang die Erde und brannte wie Feuer mit Rauch. Durch seinen gräßlichen Geruch waren die drei Welten völlig gelähmt.

Von Brahma gebeten schluckte Shiva das Gift und rettete die Schöpfung. Der göttliche Maheshvara (Shiva) hielt es in seiner Kehle und seither wird er auch Nilakantha, der Blaukehlige, genannt.

Als sie alle diese wundervollen Dinge sahen, wurden die Asuras von Verzweiflung geplagt, und zwischen den Asuras und den Göttern erhob sich große Feindschaft, denn jeder wollte Lakshmi und Amrit besitzen.

Doch Narayana rief seine bezaubernde Maya (Illusion) zu Hilfe, welche die Gestalt einer verlockenden Frau annahm und mit den Danavas liebäugelte. Alle Danavas und Daityas verloren aufgrund ihrer Schönheit und Anmut den Verstand und übergaben der schönen Dame einstimmig das Amrit.
 
Die Geschichte von Rahu und dem Kampf zwischen Göttern und Asuras

Sauti sprach:
Es bewaffneten sich also die Daityas und Danavas mit den unterschiedlichsten Waffen und griffen die Götter an. In der Zwischenzeit hatte der heldenhafte Sri Vishnu in Gestalt einer bezaubernden Frau und von Nara unterstützt die mächtigen Danavas getäuscht und ihnen das Amrit entwendet.

In diesem großen Wirrwarr tranken alle Götter mit Entzücken das Amrit aus der Hand von Vishnu. Und auch ein Danava ("Daemon") namens Rahu mischte sich in göttlicher Verkleidung verlangend unter die durstig trinkenden Götter. Als das Amrit seine Kehle erreicht hatte, erkannten ihn Surya und Soma (Sonne und Mond) und verständigten die anderen Götter. Sofort schleuderte Narayana (Sri Vishnu)seinen Diskus und schnitt dem unerlaubt Amrit trinkendem Rahu den wohlverzierten Kopf ab. Der riesige, abgetrennte Kopf des Danava glich einem Bergesgipfel, als er sich in den Himmel erhob und ein gräßliches Gebrüll aussandte. Und der kopflose Körper fiel rollend zur Erde und ließ sie mit all ihren Bergen, Wäldern und Inseln erbeben.

Doch Narayana entsagte nun seiner bezaubernden, fraulichen Gestalt, wirbelte viele schreckliche Waffen auf die Danavas und ließ sie erzittern. So begann die fürchterliche Schlacht zwischen Göttern und Asuras am Ufer des salzigen Meeres. Tausende scharfe Speere, Lanzen und viele andere Waffen wurden auf beiden Seiten geschleudert.

Vom Diskus zerfleischt, von Pfeilen und Keulen verwundet und von Schwertern zerschnitten lagen viele Asuras am Boden und erbrachen Blut. Mit scharfen, doppelschneidigen Schwertern fielen unablässig von den Körpern abgetrennte, goldverzierte Köpfe zur Erde. Die großen Asuras lagen überall tot auf dem Schlachtfeld, und ihre Körper waren in Blut getränkt. Es schien, als ob rot eingefärbte Bergesgipfel zerstreut herumlagen.

Selbst als die Sonne sich rötlich färbte, kämpften noch tausende Krieger miteinander. Von allen Seiten ertönten notleidende Schreie von den sterbenden Asuras. Und das Gebrüll der sich gegenseitig aus der Entfernung mit Geschossen oder im Zweikampf mit den Fäusten niedermetzelnden Krieger erhob sich gen Himmel. Überall hörte man Schreie wie: „Schlag zu! Durchbohre sie! Auf sie! Schleudere sie zu Boden! Vorrücken!“

Als die Schlacht am heftigsten tobte, betraten Nara und Narayana das Schlachtfeld. Narayana blickte auf den himmlischen Bogen in der Hand von Nara (der später als Arjuna in dem Zeitalter des Kali auf der Erde runter kam) und dachte an seine eigene Waffe, den Danava vernichtenden Diskus. So schnell wie der Gedanke, der ihn rief, kam der feindezerstörende Diskus Sudarsana, so strahlend wie Agni und tödlich in der Schlacht vom Himmel herab.

Mit Armen wie Elefantenrüssel schleuderte Narayana mit großer Kraft und schrecklicher Energie die tödliche Waffe mit dem außerordentlichen Glanz, die wie Feuer loderte und in der Lage war, ganze Städte von Feinden zu vernichten. Der Diskus leuchtete wie das Feuer, das am Ende des Yuga alle Dinge vernichtet, und fiel beständig in die Reihen der Danavas und Daityas, welche zu Tausenden starben.

Manchmal blitzte er wie Feuer auf und verbrannte alles, manchmal tötete er die Feinde, während er sie im Flug verfolgte, und manchmal fiel er auf die Erde und trank ihr Lebensblut wie ein Kobold.

Doch auf ihrer Seite erhoben sich die kraftvollen Danavas mit den tapferen Herzen wie regenlose, weiße Wolken in den Himmel und ließen tausende Berge hinabstürzen, welche die Götter zermürbten. Diese tödlichen und massigen Felsen mit Bäumen bewachsen und flachen Gipfeln stießen beim Fall auf die Erde zusammen und verursachten ein gigantisches Donnern. Ohne Unterbrechung schrien die Krieger im Schlachtfeld, die Berge brachen zusammen und die Erde mit ihren Wäldern erbebte.

Da erschien der göttliche Nara im tödlichen Kampf zwischen Asuras und Ganas (die Siva folgen) und zermürbte die fallenden Felsen mit seinen goldköpfigen Pfeilen zu Staub, so daß sich der ganze Himmel eintrübte. Von den Göttern aus der Fassung gebracht und im Angesicht dieses fürchterlichen Diskus, der beständig die Bereiche des Himmels durchkämmte wie ein flammendes Feuer, flohen die mächtigen Danavas davon, versteckten sich im Inneren der Erde oder tauchten in die Tiefen des salzigen Meeres ein.

Nach ihrem Sieg ehrten die Götter den Berg Mandara und stellten ihn auf seinen Platz zurück. Dann ließen die Amrit tragenden Götter den Himmel mit ihrem Freudengeschrei erklingen, und kehrten in ihre Bereiche zurück. Dort übergaben Indra und die anderen Götter höchst entzückt das Gefäß mit Amrit dem Narayana, damit er es sorgfältig bewahre.
 
Die Wette zwischen Kadru und Vinata, Kadru verflucht alle Arten von Schlangenwesen

Sauti sprach:
Nun habe ich euch die ganze Geschichte erzählt, wie das Amrit aus dem Ozean gequirlt wurde und dabei das Pferd Uchaisrava von größter Schönheit und unvergleichlicher Stärke zum Vorschein kam. Es war dieses Pferd, von dem Kadru zu Vinata sprach:
„Sag mir schnell, meine liebenswerte Schwester, welche Farbe hat Uchai-srava?“ Vinata antwortete: „Dieser König der Pferde ist ganz sicher weiß. Was denkst du, Schwester? Sag es mir und laß uns drauf wetten.“ Und Kadru erwiderte: „Oh du mit dem süßen Lächeln, ich denke, daß Pferd hat auch Schwarzes im Schwanz. Oh du Schöne, wette mit mir, daß diejenige, die verliert, der anderen Sklavin wird.“

Und Sauti fuhr fort:
So geschah es. Die beiden wetteten, daß die Verliererin die Sklavin der Gewinnerin werden würde und sprachen: „Morgen sehen wir uns das Pferd an.“. Danach gingen sie nach Hause. Doch Kadru hatte für sich Betrug beschlossen. Sie befahl ihren tausend Söhnen, den Schlangen ähnliche Wesen, sich in schwarze Haare zu verwandeln, und sich in den Schwanz des Pferdes zu hängen, damit sie nicht zur Sklavin würde. Doch ihre Söhne lehnten ihre Bitte ab.

Da verfluchte sie ihre Kinder und sprach: „Beim Schlangenopfer des weisen Königs Janame-jaya aus der Familie der Pandavas soll euch Agni alle verschlingen!“ Der Große Vater Brahma selbst hörte den außerordentlich grausamen Fluch, zu dem das Schicksal Kadru trieb. Er sah, daß sich die Schlangenwesen zu sehr vermehrt hatten und aus Freundlichkeit den anderen Wesen gegenüber, stimmte er mit den Göttern dem Fluch zu.

Tatsächlich waren diese Schlangenwesen mit schnellwirkendem Gift (nach dem Quirlen des Ozeans) ausgestattet, sehr stark und mutig, und immer bereit, andere Wesen zu beißen, so daß der Fluch ihrer Mutter für die anderen Wesen Gutes bedeutete. Das Schicksal erlegt immer denjenigen die Strafe des Todes auf, welche nach dem Tod anderer trachten. Indem sie dies bedachten, unterstützen und lobten die Götter (Devas) Kadrus Tat.

Brahma rief Kasyapa zu sich und sprach zu ihm: „Oh du Reiner, der alle Feinde besiegt, deine Schlangenwesen (Nagas) mit dem schnellen Gift und den gewaltigen Körpern, die immer andere beißen wollen, wurden von ihrer Mutter verflucht. Nun Sohn, du solltest um ihretwillen nicht trauern. Die Vernichtung der Schlangen im Opfer wurde schon seit langem beschlossen.“ So beruhigte der Schöpfer des Universums Kasyapa und eröffnete dem Ruhmreichen das Wissen zur Neutralisierung von Giften.

Die Schlangen färben den Schwanz des Pferdes

Sauti sprach:
Die Naga Söhne debattierten untereinander und kamen zu dem Entschluß, daß sie dem Befehl ihrer Mutter folgen sollten. Denn wenn sie ihrem Wunsch nicht nachkamen, würde sie ihrer Liebe entsagen und sie alle verbrennen. Doch wenn sie ihnen wohlwollend zugetan war, dann würde sie vielleicht alles zurücknehmen und sie vom Fluch befreien. Sie sagten: „Wir werden zweifellos den Schweif des Pferdes schwarz einfärben.“ Und es wird gesagt, daß sie sich verwandelten und Haare am Schwanz des Pferdes wurden.

Die beiden Schwestern begaben sich vergnügt ob ihrer Wette durch die Lüfte zum anderen Ufer des Ozeans. Auf ihrem Weg schauten sie auf diese Masse an Wasser herab, die nicht einfach gestört werden konnte, und die vom Wind heftig und plötzlich bewegt wurde. Da war ein schreckliches Getöse und überall sahen sie Fische, die in der Lage waren, Wale zu verschlingen, Makaras, und viele andere Wesen der unterschiedlichsten Formen und Farben. Der Ozean wurde durch all diese gräßlichen Monster ein fürchterlicher Ort. Er war unzugänglich, tief, die Quelle aller Juwelen, das Heim Varunas, die wunderschöne Heimstatt der Nagas, der Herr der Flüsse, der Ort des unterirdischen Feuers, die Zuflucht der Asuras und der Born allen Wassers.

Er war unvergänglich, aromatisch, heilig, die wunderbare Quelle von Amrit für die Himmlischen, unermeßlich und unerfaßbar. Er enthielt heiliges Wasser, wurde bis an den Rand von tausenden großen Flüssen gefüllt und tanzte mit seinen Wellen. Er war so weit wie der Himmel, und sein Körper wurde von den Flammen des unterirdischen Feuers erleuchtet. Er brüllte, und die Schwestern passierten ihn schnell.
 
Die Geburt Garudas und die Hymne auf ihn

Sauti sprach:
Schon bald, nachdem Kadru und Vinata in schnellem Flug den Ozean überquert hatten, erblickten sie das Pferd. Sie erschauten dieses Beste aller Pferde, wunderbar schnell und sein Körper so weiß wie die Strahlen des Mondes, doch mit schwarzem Haar im Schweif. Aufgrund dieser schwarzen Haare unterwarf Kadru die sehr niedergeschlagene Vinata der Sklaverei, denn sie hatte ihre Wette verloren.

Als seine Zeit gekommen war verließ Garuda ohne die Hilfe seiner Mutter das berstende Ei. Er war strahlend, erleuchtete alle Richtungen des Universums, war mächtig,
konnte jede Gestalte nach seinem Belieben annehmen,
überall hin gehen und jegliche Stärke zu seiner Hilfe rufen
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nach der es ihm verlangte. Er blendete alles wie ein großes, loderndes Feuer, und sein Glanz glich dem Feuer am Ende der Yugas. Seine Augen waren so hell wie Blitze. Gleich nach seiner Geburt wuchs sein Körper zu riesiger Größe heran, und er erhob sich mit lautem Gebrüll in den Himmel wie ein zweites Meeresleuchten.

Alle Götter, die ihn erblickten, suchten den Schutz von Agni (des Feuergottes). Sie verbeugten sich vor der Gottheit in universaler Form und sprachen zu dem auf seinem Thron Sitzenden: „Oh Agni, weite deinen Körper nicht weiter aus. Willst du uns alle verschlingen? Sieh! Diese riesigen feurigen Flammen von dir breiten sich weit aus.“ Und Agni antwortete: „Oh ihr Bekämpfer der Asuras, es ist nicht, wie ihr denkt. Dies ist Garuda von großer Stärke, mir gleich an Glanz, mit gewaltiger Kraft versehen und geboren, um Vinatas Freude zu sein. Schon der Anblick dieses Glanzes hat euch getäuscht. Er ist der mächtige Sohn Kasyapas und der Vernichter der Nagas (götliche Schlangen). Ihm ist am Wohl der Götter gelegen. Er ist ein Feind der Daityas und Rakshasas. Fürchtet euch nicht. Kommt mit und seht selbst.“ So näherten sich die Himmlischen nebst den Rishis Garuda und sprachen ihn aus einiger Entfernung ehrend an.

Die Götter sprachen:
Oh Herr der Vögel, du bist ein Rishi (d.h. aller Mantras bewußt), du bist der, der den größten Anteil am Opfer hat, du bist immer strahlend und ein Gottheit. Du bist der Herr, du bist die Sonne mit ihren heißen Strahlen, du bist Parameshti und Prajapati. Du bist Indra und Hayagriva, die pferdeköpfige Inkarnation Vishnus.
...
Du bist Agni und der Wind. Du bist das Wissen und die Illusion, der alle unterliegen.
Du bist der alles durchdringende Geist und der Herr der Götter.
Du bist die große Wahrheit, bist furchtlos, unverändert, und die große Herrlichkeit.
...
Du zeigst dich, wie die Sonne mit ihren Strahlen das belebte und unbelebte Universum zeigt. ...
Oh Gottheit, du erhebst dich wie das Feuer, welches zur Zeit der Universalen Auflösung alles zerstört.

Oh mächtiger Garuda, der du dich im Himmel bewegst, wir suchen deinen Schutz. Oh Herr der Vögel, deine Energie ist außergewöhnlich, dein Glanz gleicht dem Feuer, dein Leuchten ist so hell wie der Blitz, dem keine Dunkelheit nahe kommt.
...
Beschütze diese hochbeseelten Götter, die von dir überwältigt wurden und sich fürchtend in ihren Wagen nach allen Seiten durch die Himmel davon fliehen.

Oh Bester aller Vögel, du Herr von allem, du bist der Sohn des mitfühlenden und hochbeseelten Rishi Kasyapa. So sei nicht zornig und hab Erbarmen mit dem Universum. Du bist das Höchste. Oh, besänftige deinen Ärger und erhalte uns. Von deinem lauten Gebrüll wie Donnerschläge erzittern die zehn Richtungen des Universums, der Himmel, die Erde und unsere Herzen.
Oh verkleinere deinen Körper, der wie Feuer ist. Unsere Herzen erbeben bei deiner Pracht, die dem zornigen Yama gleicht. Oh Herr der Vögel, sei uns gnädig, denn wir bitten um deine Gunst. Oh du Ruhmreicher, gewähre uns Glück und Freude.“

Als Garuda von den Himmlischen auf diese Weise verehrt wurde, verminderte er seine Energie und seine Pracht.
 
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Die Hymne an Indra von Kadru

Und Sauti erzählte:
Der große, starke und nach seinem Willen überall wandernde Garuda begab sich zum anderen Ufer des Ozeans, wo seine Mutter weilte. Vinata lebte in großem Kummer, nachdem sie die Wette verloren hatte und bei Kadru im Status einer Sklavin lebte. Eines Tages rief Kadru die sich vor ihr beugende Vinata zu sich, und sprach zu ihr in Anwesenheit ihres Sohnes Garuda: „Oh sanfte Vinata, trag mich zum schönen und entzückenden Reich der Nagas inmitten des Ozeans.“

So lud sich Vinata, die Mutter des vogelähnlichen Garuda, Kadru, die Mutter der schlangenähnlichen Wesen (Nagas), auf den Rücken. Und von seiner Mutter gebeten trug Garuda die Nagas. Doch der Sohn der Vinata stieg auf in die Himmel bis zur Sonne, und von ihren heißen Strahlen wurden die Nagas versengt und ohnmächtig. Als Kadru ihre Söhne leiden sah, betete sie zu Indra: „Ich verbeuge mich vor dir, Herr der Himmlischen. Ich beuge mich vor dir, du Bezwinger des Namuchi, Oh du mit den tausend Augen, du Gemahl von Sachi. Sei du mit deinen Regenschauern der Retter der versengten Schlangenwesen. Oh du Beste der Gottheiten, sei unser großer Beschützer.

Oh Purandara, du bist fähig, Ströme von Regen zu gewähren. Du bist Vayu (Luft, Wind), die Wolken, Feuer und die Blitze im Himmel. Du treibst die Wolken an und wirst daher auch große Wolke genannt (welche am Ende der Yugas das Universum verdunkelt). Du bist unvergleichlicher Donner und brüllende Wolken. Du bist unbesiegt. Du bist das Licht der Wesen, Aditya, Vibhavasu und die wundervollen Elemente. Du bist der Herrscher über die Götter. Du bist wie Vishnu, hast tausend Augen, höchstes Wissen, und bist unsere letztendliche Zuflucht.
...
Du besitzt großen Ruhm und wirst immer von den weisen und großen Rishis verehrt, die ihren Geist in Kontemplation gehüllt haben. Zum Wohle aller Wesen trinkst du Somasaft und geklärte Butter in den Opfern mit heiligen Beschwörungen. Du wirst immer von den Brahmanen verehrt, welche sich nach Verdienst sehnen. Oh du unvergleichlich Starker, du wirst in den Veden und Vedangas besungen. Und deswegen studieren gelehrte und opferfreudige Brahmanen die Veden mit großer Sorgfalt.“

Indra läßt regnen und rettet die Schlangen vor der Sonne

Von Kadru auf diese Weise gebeten, bedeckte Indra, der König der Götter und der mit den besten Reitpferden, den Himmel mit großen Massen blauer Wolken.
Er gebot den Wolken: „Laßt lebensspendende und gesegnete Tropfen sich ergießen.“ Und die blitzdurchzuckten und donnerbrüllenden Wolken ließen reichlich Regen fallen.
Von diesen wunderbaren, reichlich Wasser verströmenden und schrecklich brüllenden Wolken sah der Himmel aus, als ob das Ende des Yugas erreicht wäre. Die Sturzbäche aus dem Himmel türmten sich zu Myriaden Wellen auf, der Wind blies gewaltsam, alles war aufgewühlt und der Himmel sah aus, als ob er einen wahnsinnigen Tanz aufführte. Das Himmelsgewölbe verfinsterte sich, und die Strahlen von Sonne und Mond verschwanden hinter den unaufhörlichen Regengüssen.

Durch den Regen, den Indra sandte, erholten sich die Nagas und freuten sich sehr. Die Erde war überall voller Wasser und zahlloser Wellen. Dieses kühle und klare Wasser reichte sogar bis in die niederen Bereiche. So gelangten die Schlangen mit ihrer Mutter sicher zur Insel, die Ramaniyaka genannt wurde.
 
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