Mahabharata

Mir scheint, daß die Textstellen nicht besonders sinnvoll ausgewählt werden. Irgendwas stört mich außerdem an der Übersetzung, als ob die haarscharf am Text vorbeigehen würde: Sanskrit kann man sowieso kaum richtig ins Deutsche übersetzen. Da fehlt wirklich viel an Tiefe.
 
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Das jede deutsche Übersetzung letztlich nur an der Oberfläche kratzen kann. Das ist das Problem einer jeden Übersetzung aus dem Sanskrit. Je älter der Sanskrittext, desto schwieriger wird das.

Mein Spezialgebiet ist das Vedische, der älteste Sanskritdialekt, in dem die vier Wurzeltexte und die ersten Brahmanatexte verfaßt wurden. Das Sanskrit des Mahabharata ist dagegen vergleichsweise "leicht". Zum Zeitpunkt, als das Mahabharata entstand, gab es bereits Grammatiken und viele Kommentartexte, die auf Sanskrit versuchten, die Bedeutungen und den Inhalt der ältesten Hymnen irgendwie zu konservieren. Inhärent in dieser Sprache ist eine spirituelle Bedeutungsebene, die im Deutschen einfach nicht vorhanden ist. Das mag daran liegen, daß Sanskrit eine reine Gelehrten- und Geistlichensprache war und ist.

Das meine ich mit "an Tiefe".
 
Das jede deutsche Übersetzung letztlich nur an der Oberfläche kratzen kann. Das ist das Problem einer jeden Übersetzung aus dem Sanskrit. Je älter der Sanskrittext, desto schwieriger wird das.
Die Übersetzung gehört nicht mir. Ich finde es gut.
Ich bin aber auch nicht ein Meister in Sanskrit.
 
Die Geschichte des Königs Paushya

So machte sich Utanka auf den Weg. Unterwegs begegnete er auf der Straße einem Bullen von außerordentlicher Größe und auf ihm ritt ein Mann von ungewöhnlicher Statur. Der Mann sprach Utanka an: „Oh Utanka, iß vom Dung dieses Bullen.“ Doch das wollte Utanka wirklich nicht. Doch der Mann forderte ihn erneut auf: „Utanka, iß davon ohne zu zögern. Dein Meister aß schon davon.“ So willigte Utanka ein, aß vom Mist und trank den Urin des Bullen, erhob sich respektvoll, wusch Hände und Mund und wanderte weiter zu König Paushya.

Als er im Palast ankam, erblickte er den König auf seinem Thron. Utanka trat vor ihn, grüßte und segnete den Monarchen und sprach: „Ich kam als Bittsteller zu dir.“ König Paushya erwiderte den Gruß und fragte: „Herr, was soll ich für dich tun?“ Die Antwort war: „Ich kam, um dich um ein Paar Ohrringe von der Königin zu bitten als ein Geschenk für meinen Lehrer. Du solltest sie mir geben.“

König Paushya sagte daraufhin: „Geh in die Frauengemächer, Utanka, und bitte die Königin selbst darum.“ Utanka ging los, doch er konnte die Königin nicht finden. Wieder wandte er sich an den König: „Es ist nicht recht von dir, mich zu täuschen. Die Königin ist nicht in den inneren Gemächern, denn ich konnte sie nicht finden.“

Der König sann eine Weile darüber nach und sprach dann: „Überlege sorgfältig, mein Herr, ob du vielleicht im Zustand der Unreinheit bist als Konsequenz einer Berührung mit schlechter Nahrung. Meine Königin ist eine keusche Ehefrau und kann von niemandem gesehen werden, der sich mit einer Mahlzeit verunreinigt hat.

Vor jemand Unreinem erscheint sie nicht.“ Nun dachte Utanka für eine Weile nach und sagte: „Ja, so muß es sein. Ich war in Eile und führte meine Waschungen nach der Mahlzeit in stehender Haltung aus.“ Da sprach König Paushya: „Das ist der Verstoß. Die Reinigung ist nicht richtig vorgenommen, wenn man steht oder läuft.“ Utanka stimmte zu, setzte sich nieder, das Gesicht gen Osten gewandt, und wusch gründlich Gesicht, Hände und Füße.

Ohne ein Geräusch nippte er dann dreimal vom Wasser, welches klar und ohne Schaum und nicht warm war, gerade genügend, daß es seinen Magen erreichte, und wischte sich zweimal das Gesicht. Dann berührte er seine Nase und Ohren mit Wasser. Nachdem alles ausgeführt war, ging er ein zweites Mal ins Frauengemach.

Diesmal erblickt er die Königin. Als sie ihn auch bemerkte, grüßte sie ihn respektvoll und sprach: „Willkommen, Herr, befiehl, was ich tun soll.“ Und Utanka antwortete: „Gib mir deine Ohrringe. Ich bitte um sie als Dakshina für meinen Lehrer.“ Die Königin war über das Betragen Utankas höchst erfreut. Außerdem wollte sie Utanka wohltätig sein und ihn nicht übergehen, und so nahm sie ihre Ohrringe ab und gab sie ihm.

Dabei sprach sie: „Diese Ohrringe werden von Takshak, diesem König der Schlangen, begehrt. Daher solltest du sehr gut auf sie achtgeben.“ Und Utanka erwiderte: „Dame, seid nicht besorgt. Takshak, dieser Anführer der Schlangen, ist nicht in der Lage, mich zu besiegen.“ Es verließ die Königin, trat vor den König hin und sprach: „Paushya, ich bin zufrieden.“

Und Paushya hob an: „Einen guten Menschen, der Wohltätigkeit verdient, trifft man nur selten. Du bist ein Gast mit vielen guten Eigenschaften, und ich wünsche, ein Sraddha durchzuführen. Sei so freundlich und verweile einige Zeit hier.“ Darauf entgegnete Utanka: „Ja, ich werde bleiben, und bitte darum, daß mir bald saubere und gekochte Nahrung gebracht wird.“

Der König war’s zufrieden und unterhielt Utanka auf passende Weise. Dann wurde Essen hereingebracht, aber Utanka sah Haare darin. Auch meinte er, daß das Essen ganz kalt, also unrein war. Und so erwiderte er dem König: „Du gibst mir unreines Essen. Dafür sollst du dein Sehvermögen verlieren.“ Und Paushya gab zurück: „Dafür, daß du reine Nahrung als unrein bezichtigst, sollst du kinderlos bleiben.“ Doch Utanka fuhr fort: „Es ist nicht recht von dir, mir erst unreines Essen anzubieten und mich dann zu verfluchen. Sieh es dir selbst an!“

Und Paushya überzeugte sich davon, daß es wirklich unrein war, kalt und mit Haaren, denn eine Frau mit ungebundenem Haar hatte es zubereitet, da lenkte er ein und suchte den Rishi zu besänftigen: „Herr, das Essen vor dir ist wirklich kalt, mit Haaren vermengt und ohne Sorgfalt zubereitet. Ich bitte dich daher, vergib mir. Laß mich nicht blind werden.“

Doch Utanka meinte: „Was ich ausgesprochen habe, muß geschehen. Doch du wirst, einmal blind geworden, bald wieder sehend werden. Und gewähre mir nun auch, daß dein Fluch mich nicht ereilen wird.“ Die Antwort Paushyas war: „Ich bin unfähig, meinen Fluch aufzuheben. Denn mein Zorn ist noch nicht verflogen. Doch einen solchen Zustand kennst du nicht. Denn das Herz eines Brahmanen ist weich wie Butter, auch wenn seine Worte scharf wie Klingen sind.

Mit Kshatriyas (Krieger) ist es umgekehrt. Ihre Worte sind weich wie frisch gerührte Butter, doch ihr Herz ist wie ein scharfgeschliffenes Messer. Wegen der Härte meines Herzens bin ich nicht in der Lage, meinen Fluch aufzuheben. Du magst nun deiner Wege gehen.“

Noch einmal nahm Utanka das Wort: „Ich zeigte dir die Unreinheit des Essens, doch nun bin ich wieder besänftigt. Eigentlich verfluchtest du mich, keine Kinder zu bekommen, weil du mir vorwarfst, das Essen fälschlicherweise als unrein zu bezeichnen. Doch das Essen war wirklich unrein und so bin ich überzeugt, daß der Fluch keine Wirkung auf mich hat.“ Sprach's und ging mit den Ohrringen von dannen.
 
Utanka trifft auf Takshak
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Um meine Ohrringe wiederzubekommen, ehre ich dich, Takshak, den Nagakönig, welcher einst in Kurukshetra lebtest im Walde Khandava. Takshak und Aswasena, ihr ward beständige Gefährten und lebtet in Kurukshetra am Ufer des Flusses Ikshumati. Ich verehre auch den ruhmreichen Srutasena, den jüngeren Bruder von Takshak, der im geheiligten Ort Mahadyumna lebte mit der Absicht, König über die Schlangen zu werden.“

Auf diese Weise grüßte der Brahmane Utanka die großen Schlangen, doch er erhielt nicht die Ohrringe zurück. Daraufhin begann er gründlich nachzudenken. Er schaute sich um und erblickte zwei junge Frauen an einem Webstuhl, die mit einem feinem Schiffchen aus weißen und schwarzen Fäden ein Stück Tuch webten.

Er sah auch ein Rad mit zwölf Speichen, welches von sechs Jungen gedreht wurde. Und da war noch ein Mann auf einem schönen Pferd. Um ihnen zu gefallen, sprach er folgenden Mantras zu ihnen: „Das Rad, dessen Umfang in vierundzwanzig Teile geteilt ist, stellt die Mondphasen dar und hat dreihundert Speichen. Es wird von den sechs Jungen, den Jahreszeiten, in Bewegung gehalten. Diese Mädchen repräsentieren die universelle Natur mit schwarzen und weißen Fäden. Damit erschaffen sie die mannigfaltigen Welten und die Wesen, die darin leben.

Du Träger des Donners (Yahve = Indra), Beschützer des Universums, Bezwinger von Vritra und Namuchi, du Ruhmreicher, der du schwarze Kleidung trägst, du entfaltest Wahrheit und Unwahrheit im Universum. Du hast als Tragetier ein Pferd aus den Tiefen des Ozeans, welches nur eine andere Form von Agni (der Feuergott) ist.

Vor dir verbeuge ich mich, du höchster Herr, du Herr der drei Welten, oh Purandara (Name von Indra).“ Der Mann auf dem Pferd sprach: „Deine Verehrung gefällt mir sehr. Was soll ich dir Gutes tun?“ Utanka erwiderte: „Bring die Schlangen unter meine Kontrolle.“

Der Mann antwortete: „Blas in das Pferd.“ Utanka tat, wie ihm geheißen, und aus allen Körperöffnungen des Pferdes schlugen tausende Feuer mit Rauch und Flammen, welche das Reich der Nagas zu verschlingen drohten. Takshak war über alle Maßen erstaunt und fürchtete sich vor der Hitze. Er kam aus seinem Heim, hatte die Ohrringe mitgebracht und sprach zu Utank: „Ich flehe dich an, Herr, nimm die Ohrringe zurück.“

Das tat er und dachte gleichzeitig nach: „Oh, heute ist der heilige Tag, den meine Herrin erwähnte, und ich bin weit entfernt. Wie kann ich ihr meine Achtung bezeugen und ihr rechtzeitig den Schmuck übergeben?“ Als er so meditierte, sprach der Mann: „Steig auf das Pferd, Utanka, und es wird dich in einem Augenblick zu deinem Meister und seiner Familie tragen.“

Utanka stimmte zu, bestieg das Pferd und erreichte sofort das Haus seines Meisters. Dessen Gattin hatte am Morgen gebadet, frisierte gerade ihr Haar und dachte daran, daß sie Utanka verfluchen würde, wenn er nicht rechtzeitig zurückkäme.

In diesem Augenblick betrat Utanka das Haus, grüßte die Frau seines Lehrers und überreichte ihr die Ohrringe. „Utanka“, sagte sie, „du bist im rechten Moment am rechten Ort erschienen. Willkommen, mein Kind, du bist unschuldig, und daher werde ich dich nicht verfluchen. Dir ist Glück beschieden. Deine Wünsche sollen mit Erfolg gekrönt sein.“

Danach wartete Utanka auf seinen Lehrer. Auch dieser sprach: „Sei willkommen. Was war der Grund für deine lange Abwesenheit?“ Und Utanka erzählte ihm: „Takshak, der Schlangenkönig, hinderte mich an der Ausführung meines Auftrages. Ich mußte in das Reich der Nagas gehen.

Dort sah ich zwei Damen an einem Webstuhl, welche schwarze und weiße Fäden zu einem Stoff verwebten. Wer mag das sein? Ich sah auch ein Rad mit zwölf Speichen, welches von sechs Jungen unaufhörlich gedreht wurde. Was bedeutet das? Und ich sah einen Mann. Wer war das? Und dieses Pferd von riesiger Größe?

Auf der Straße traf ich einen Bullen, auf dem ein Mann ritt, der mich liebevoll drängte, den Dung des Bullen zu essen, weil mein Meister dies auch getan hätte. Ich folgte seinen Worten und aß davon. Wer war das? Von dir erleuchtet möchte ich alles darüber hören.“

Sein Lehrer erklärte es ihm: „Die beiden Damen, die du gesehen hast, sind Dhata und Vidhata, und die schwarzen und weißen Fäden bedeuten Tag und Nacht. Das von den Jungen gedrehte Rad mit den zwölf Speichen ist das Jahr, welches sechs Jahreszeiten umfaßt.

Der Mann ist Parjanya, die Gottheit des Regens, und das Pferd ist Agni, der Gott des Feuers. Der Bulle, dem du auf der Straße begegnet bist, ist Airavata, der König der Elefanten, und der Reiter darauf ist Indra (Yahve).

Der Mist des Bullen, den du gegessen hast, ist Amrit (Nektar der "Unsterblichkeit"). Das war sicherlich der Grund dafür, daß du im Reich der Nagas nicht dem Tod begegnet bist. Indra mit den sechs Attributen ist mein Freund. Voller Mitgefühl hat er dir seine Gunst gezeigt, und daher konntest du mit den Ohrringen sicher aus dem Reich der Nagas zurückkehren. Nun, du Freundlicher, gebe ich dir die Erlaubnis zu gehen. Du wirst Glück erfahren.“

Doch nachdem Utanka von seinem Meister die Erlaubnis zur Abreise erhalten hatte, ging er zornig fort und beschloß, an Takshak Rache zu nehmen. Dieser hervorragende Brahmane begab sich nach Hastinapura, erreichte schon bald die Stadt und trat vor König Janamejaya, welcher erst vor kurzem siegreich aus Taksha-shila zurückgekehrt war.

Utanka erblickte den Monarchen, wie er von seinen Ministern umgeben auf seinem Thron saß. Er brachte die angemessenen Segnungen aus und sprach zum König im rechten Augenblick, mit korrekten Worten und melodischem Klang: „Oh Bester der Monarchen, wie kannst du deine Zeit wie ein Kind vertun, wenn dringendere Dinge deine Aufmerksamkeit erfordern?“
 
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Die Rishis warten auf den Heiligen Saunaka

Der in den Puranas wohl belesene Sohn des Lomaharshana, Ugrasrava Sauti, welcher beim zwölfjährigen Opfer des Kulapati Saunaka im Naimisha Wald anwesend war, stand vor den Rishis in Bereitschaft. Er hatte die Puranas mit schmerzlicher Hingabe studiert und war mit ihnen voll und ganz vertraut. Nun sprach er mit gefalteten Händen zu den Rishis: „Ich habe euch anschaulich die Geschichte von Utanka erzählt, welcher ein Grund für das Schlangenopfer des Königs Janamejaya war. Was wünscht ihr nun zu hören, verehrte Herren? Was soll ich euch erzählen?“ Die heiligen Männer antworteten: „Oh Sohn des Lomaharshana, wir werden dir sagen, was wir gerne hören möchten. Und du wirst uns die Geschichten eine nach der anderen erzählen.

Kulapati Saunaka, unsere verehrter Meister, ist im Augenblick im Haus des heiligen Feuers beschäftigt. Er kennt all die göttlichen Geschichten über Götter und Asuras. Er ist auch mit allem bekannt, was Menschen, Schlangen und Gandharvas betrifft. Und außerdem, oh Sauti, ist dieser gelehrte Brahmane das Oberhaupt dieses Opfers. Er ist fähig, seinen Gelübden treu, weise, ein Meister der Shastren und Aranyaka, er spricht die Wahrheit, ist friedliebend, meidet Fleisch, und beachtet die Buße gemäß den Gesetzen. Er wird von uns allen respektiert. Daher sollten wir auf ihn warten. Und wenn er auf seinem höchst ehrbaren Sitz Platz genommen hat, sollst du darauf antworten, was dieser Beste der Dwijas (Zweifachgeborenen) dich fragen wird.

Da sagte Sauti:
So sei es. Wenn dieser hochbeseelte Rishi Platz genommen hat, werde ich, von ihm gefragt, heilige Geschichten mit verschiedenen Inhalten erzählen.

Nach einer Weile hatte Saunaka, der Beste der Brahmanen, alle Pflichten rechtmäßig abgeschlossen. Er hatte die Götter mit Gebeten und die Ahnen mit Gaben von Wasser besänftigt und kam nun zum Opferplatz zurück, wo Sauti vor der Versammlung der Heiligen mit den strengen Gelübden saß. Als auch Saunaka in der Mitte all der bereits entspannt sitzenden Ritwikas und Sadhyas Platz genommen hatte, ergriff er das Wort.
 
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