Magie eines Walzers...

isidora

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9. September 2007
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113
Hallo alle :)

Weiss nicht recht, wohin damit...

Ich bin eine Kunst- und Musikbanause. Also, ich kenne die Noten, kann (konnte jedenfalls mal) einigermassen tauglich Blockflöte, Zither und Handharmonika spielen (die mit zwei Tönen pro Taste...). Ich meine, ein feines Musikgehör zu haben. Es schmerzt mich irgendwie am ganzen Körper, wenn's irgendwo falsch klingt.

Ich höre selten bewusst Musik. Wenn, dann höre ich die Sachen aus der Kindheit. Queen, Meatloaf, AC/DC, das 80er-Zeugs. Der aktuelle Schrott passt mir meistens nicht. Ich bin 38 und die Hitparaden-Sachen kann ich nicht leiden. Ich bin also musikmässig alt :D

Sehr gerne höre ich klassische Musik, ohne jedoch hiervon auch wirklich Ahnung zu haben. Ich mag Chöre und Ouvertüren. Quiekende Frauen - entschuldigung - Operetten, Arien tun mir weh.

Und ich habe sehr gerne Wiener Walzer. Und da gibt es genau ein Stück, bei dem muss ich heulen. Ich bin gleichzeitig unendlich glücklich und unendlich traurig, wenn ich es höre. Das ist das "Wiener Blut". Da laufen mir einfach die Tränen runter. Ich muss nicht schluchzen, es ist kein bitteres Weinen, es läuft einfach recht viel Wasser. Und ich fühle mich wohl dabei. Ich fühle mich getragen, geliebt und überdimensional gross. Ich bin gleichzeitig hier in meiner Wohnung in der Schweiz und im gleichen Augenblick tanze ich sehr weit entfernt. Das ist multitasking :D

Nachdem ich solche Gefühlsausbrüche weder beim Lesen noch beim Fernsehen oder im täglichen realen lustigen Wahnsinn erlebe, frage ich mich langsam, was das Wiener Blut und ich gemeinsam haben. Diese Musik ist wie ein Schlüssel für irgendwas.

Meine Mutter stammt aus Österreich und als ich klein war - wohl auch als ich mir in ihrem Bauch noch faule Tage machte - hat sie mit ihrem kleinen Plattenspieler Walzermusik gehört. Sie kennt natürlich auch die ganzen Namen von den ganzen Walzern und sie kann heute noch tanzen wie ein junges Ding. Sie hat die ganz bitteren Zeiten durchlebt als sie Kind war und dass für meine Mutter diese schönen Walzer etwas ganz Besonderes sind, liegt auf der Hand.

Aber wieso ich? Und wieso wirft mich nur dieses eine Stück dermassen um? Wenn ich dieses Stück höre, bin ich im Handumdrehen in einem wunderbaren Ballsaal versetzt und tanze leicht wie eine Feder. Naja, im Geist jedenfalls. Real habe ich das Gelernte aus dem Schul-Tanzkurs schon seit vielen Jahren vergessen :rolleyes:

Ich möchte gerne wissen, ob jemand von euch auch solche Erlebnisse mit genau einem Musikstück hat. Und ob ihr heraus gefunden habt, was euch damit verbindet.

Für mich selber habe ich das Gefühl, dass es um "früher" geht. Um wieviel "früher" und um wessen "früher" kann ich nicht sagen. Ich habe keine bewusste Verbindung zum Heimatland meiner Mutter. Dennoch habe ich bei diesen Erlebnissen den Eindruck, dass der Saal voller Menschen ist, die mir sehr nahe sind. Ich sehe die Gesichter dieser Menschen nicht. Ich sehe nur, dass sie sehr festliche Kleider tragen und dass der Saal ausserordentlich prunkvoll ist. Bei manchen Tanzenden habe ich den Eindruck, dass sie gar keine "Menschen" sind, sondern überglückliche Wesen in schönen Kleidern.

Ich bin sonst eher der Naturmensch. Jeans und Pulli und so. Kleid habe ich gar keins. Ich gehe nicht gerne an Feste und meine Wohnung ist einfach nur praktisch. Mancher würde mich und meine Wohnung als schmucklos bezeichnen.

Diese Wiener-Blut-Welt ist sehr gegensätzlich zu meinem Leben. Ich glaube auch nicht, dass sie einer Wunschwelt entspricht.

Hm, mal abwarten, ob jemand was mit meinem Geschreibe anfangen kann
 
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Sage mir welche Musik du hörst und ich sage dir wer du bist.

Oder

Der kleine Hävelmann hört Musik. http://hoevelmann-leipzig.de/theodor.htm l

in a random order:

Glenn Gould, Georg Ringsgwandl, Georg Kreisler, Quinteto-Cha, Boban Markovic,
Maria Tanase, Taraf de Häidouks, Hilary Hahn, Fanfare Ciocarlia,
Gerry Mulligan - Chet Baker, Compay Segundo, Fado, Buena Vista Social Club,
Don Barreto, David Friesen - Acient Kings, Comedian Harmonists,
Well Buam, Don Ellis, Xavier Cugat, Havana Cuban Boys,
Finnischer Tango - Tule Tanssimaan,
Edith Piaf, Carlos Gardel, Tom Waits, Zwiefacher, Ska, Oum Kaltsoum, Elvis, Canned Heat,
Blur, The Rat Pack, Ibrahim Ferrer, Mariachi, Il canto di malavita, Tito Puente, Willie Colon,
Connection Latina, Louis Moreau Gottschalk, Rod Mason, Sidney Bechet, Schnuckenack Reinhardt,
Django Reinhardt, King's Singers, Thomas de Hartmann, G.I.Gurdjieff Sacred Hymns,
Paul Horn inside the Taj Mahal,
Klezmer, Billie Holiday, Ekseption, Kinski spricht Villon - Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
Magnificat, Geschwinde geschwinde ihr eilenden Winde - Wettstreit zwischen Phöbus und Pan,
Bix Beiderbecke, Claudio Abbado dirigiert Brahms, ...

"Mit Musik wird ausgedrückt was besser nicht gesagt worden wäre." Robert Schumann
 
*lol* cultbuster

Dann bin ich eine Fleischball fres... Königin, die mal im Gleichstrom und mal im Wechselstrom im Sauseschritt Major Tom nachweint :D:D

Was schliessest du denn aus Wiener Walzern?

Muss deinen Link gucken gehen :)
 
Liebe Isidora!

Möglicherweise bist Du einfach in etwas eingeklinkt, was Deine Mutter betrifft.

Meine Mutter war immer ein Opern- und Operettenfan, als Kind wurde ich von dieser Musik bedudelt.:rolleyes:

Als ich ausgezogen war, war ich heilfroh, diese Musik nicht mehr hören zu müssen.

Und sie erzählte mir früher oft, dass es ein Stück gab, das waren "die Perlenfischer" von Georges Bizet, das sie als Jugendliche so geliebt hätte und so gerne wieder hören würde, nur würde diese Oper nicht gespielt. Ihr sehnlichster Wunsch wäre, diese Musik wieder zu hören.

Jahre später, besonders jetzt, höre ich leidenschaftlich gerne solche Musik. Und irgendwann bekam ich CDs mit Opernmusik, sammelte diese und eines Tages saß ich bei meiner Staffelei und nebenbei lief diese Musik.

Auf einmal war da eine Melodie, ein Stück, das mir die Tränen in die Augen trieb - es war eine Musik, wie ich sie noch nie gehört hatte. Eine Gänsehaut jagte die andere - das war einfach ein Stück, das völlig unter die Haut ging.

Und ich stand auf und guckte nach, was das auf der CD sei....es war ein Duett aus den Perlenfischern.

Ich hatte diese Oper noch nie vorher gehört - und in den Ohren von anderen Menschen klingt das nicht außergewöhnlich - aber bei mir löste diese Musik etwas aus, das ich mit Worten nicht erklären kann.

Und ich denke mir, DAS ist ein Gefühl, das ich von meiner Mutter spüre - eine Erinnerung, etwas, das man nicht fassen kann und deshalb so einzigartig ist.

Es ist wie ein "Einklinken" in etwas, das ich nicht erklären kann.

Möglicherweise ist das, was Dir passiert, etwas ähnliches?

Liebe Grüße
Suena
 
Der aktuelle Schrott passt mir meistens nicht.

warum nicht? es gibt einiges an aktuellem Schrott der echt guter Schrott is. Allerdings is das weniger der Schrott der im Radio läuft, aber trotzdem ganz guter Schrott :rolleyes:

z.b. is http://www.jamendo.com/de/album/31410 das da da aktueller Schrott der bei mir ähnliche Empfindungen auslösen wie bei dir der Wiener Walzer :)

lG

FIST
 
Ja, Suena, sowas dachte ich auch schon. Als würde ich die Träume und Sehnsüchte meiner Mutter spüren. Sie war nicht besonders glücklich verheiratet. Meine Eltern haben sich häufig ziemlich gezofft. Sie wurde von der Familie meines Vaters nicht akzeptiert, weil sie Ausländerin war. Und dann geschah auch noch das "Unglück", dass ich mich anmeldete. 8 Jahre nach den anderen Kindern. Sie hat sich sehr oft ganz ganz mies gefühlt und ihre Musik zu hören, war bestimmt eine kleine Alltagsflucht.

Die Walzer habe ich immer gemocht. Sie hat sie auch mit der Harmonika gespielt und ich habe das geliebt.

Grauslich wurde es erst, als sie quasi musikalisch assimilierte und anfing, Schwyzerörgeli zu spielen. Dabei lief konsequent das Tonband. Sie hat es dann bei der Hausarbeit wieder abgespielt, um ihre Fehler aufzuspüren. Und sie hat auch mit Bekannten zusammen geübt, aufs Band aufgenommen etc. Ich bekam das für mich quälende Geräusch dieser kleinen Orgeln kaum mehr aus den Ohren und es war die reinste Folter, so als Jugendliche.
Ich kann das noch heute nicht haben. Es ist einfach ein Instrument, das an meinem Wohlbefinden kratzt.

Inzwischen spielt sie Zither und das ist wieder ein Geräusch, welches trägt. Aber die Abende, an denen sie mit der guten alten Handorgel ihre alten Walzer und Märsche spielte, werde ich niemals vergessen. Das war etwas vom schönsten an meiner ganzen Kindheit :)
 
Ja, Suena, sowas dachte ich auch schon. Als würde ich die Träume und Sehnsüchte meiner Mutter spüren.

Ja - so sehe ich das auch...Musik als Träger von einer Erinnerung. So wie Gerüche Erinnerungen auslösen können, kann das Musik auch gut. Und wer weiß, vielleicht eben sogar "fremde" Erinnerungen.....

Liebe Grüße
Suena
 
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