Hm. Ich finde so einfach ist das Thema nicht.
Nehmen wir einmal ein Medikament. Ein künstliches, das auf den Ideen der Natur beruht. Sagen wir zum Beispiel es sei ein Präparat für Vitamin C. Die Beere, die man zur Zeit pflücken kann und die sehr viel Vitamin C enthält ist Sanddorn. Er ist halt sehr sauer, deshalb pflücken ihn die Leute nicht. Aber man kann die Beeren sehr schön zu einer Marmelade oder zu einem Gelee verarbeiten und man kann ein Destillat daraus herstellen.
Die Frage, die ich habe ist die: ist es gleichwirksam, wenn ich mir ein künstliches Vitamin C - Präparat mit dem Vitamin C - Gehalt von Sanddorn kaufe und es in Wasser aufgelöst konsumiere, oder aber Alternative B: mir ein Säckchen nehme oder ein Körbchen, in die Natur gehe und mir Beeren pflücke, und diese dann verarbeite, um mir meine Vitamin C - Präparate für den Winter selber herzustellen?
Ich behaupte: nein. Es ist nicht gleichwirksam. Und zwar nicht nur körperlich nicht gleichwirksam, sondern vor allem haptisch, taktil, olfaktorisch, gustatorisch, optisch-visuell und akkustisch, kinaesthetisch und visceral eine vollkommen andere Geschichte. Und diese Geschichte zu erleben, das macht und hält gesund. (...sandig und dornig ... tja, steht schon in der Bibel, daß das wohl so sein sollte und eben nicht per Pille/Geld.)
Man kann ein gesundes Leben nicht durch das Schlucken von Künstlichem ersetzen. Daß man das könne ist der Kern des Märchens, den die "moderne" Medizin erzählt.
Die hippokratische Medizin war da komplett anders. Die erkannte den Menschen in seiner Gesamtheit als ein Individuum in einer Umgebung, das zur Gesundheit fähig ist und das durch Erziehung und gesundheitsförderliches Wissen zu einem gesunden Leben hinzivilisiert werden kann.
Die moderne Medizin scheint anders zu verfahren: sie erkennt das Individuum als anpassungsunfähig in seiner Umgebung und erkennt die Konsequenz dieser Anpassungsunfähigkeit als körperliche, geistige oder seelische Zivilisationskrankheit. Und die Defizite in der Anpassungsfähigkeit, die ja Auslöser von Krankheitssymptomen sind, werden medikamentös oder anders therpeutisch sublimiert, ersetzt oder wenn möglich operativ oder verhaltenstherapeutisch korrigiert.
Die moderne Medizin macht also den Fehler - was ihr übrigens zu verzeihen ist, da sie die (geringere als angenommene) Bedeutung genetischer Faktoren erst seit der Jahrtausendwende kennt - nicht das Wesentliche zu tun, was sie eigentlich tuen müsste, und das ist mit geschlossener Stimme die Lebensbedingungen unserer Bevölkerungen zu kritisieren und offenzulegen, was diese Zivilisationskrankheiten tatsächlich verursacht. Stattdessen doktort sie am Individuum herum, weil das die Kasse zahlt.
Und anonsten läuft aber Vieles ziemlich richtig seit einigen Jahren, eben seit der Jahrtausendwende. Die gesamte Lehre zur Gesundheitspflege hat sich verändert, seit man weiß, welche Rolle die Gene bei der Krankheitsentstehung spielen und welche nicht. Und es gibt unendliche viel Angebot an Förderungsprogrammen zur Gesundheitsförderung an Versichterte, Arbeitgeber, Vereine, Gruppen, Verbände - die aber beklagenswerterweise noch nicht ausgeschöpft werden, weil die "alte Denke" zur Gesundheit so tief im Menschen drin sitzt.
Heute kann man einem dickleibigen Diabetiker ohne Androhung von Beleidungsklagen sagen, daß er Diabetiker ist, weil er zu dick ist. Und er ist zu dick, weil er sich für seine individuelle genetische Veranlagung zur Verstoffwechslung und Speicherung von Energie falsch ernährt und weil er sich darüberhinaus zu wenig bewegt.
Man kann einem Vierzigjährigen Herzinfarktpatienten getrost sagen, daß er es wohl zu dolle getrieben hat mit dem Streß und das Rauchen und der Alkohol, der anstelle eines Stressbewältigungsprogramms zur Bewältigung eingesetzt wurde, hat das Übrige getan. Und natürlich zu wenig Bewegung.
Und so wird man es vermutlich irgendwann einmal bei allen unseren Zivilisationskrankheiten jedem Einzelnen sagen können zu seiner Krankheit, egal welche es ist. Das Wesen einer Zivilisationskrankheit ist: der Einzelne hat sie nicht. Sondern der Einzelne entwickelt nur die Symptome. Die Krankheit aber liegt in der Zivilisation, also an Einstellung, Bildung, Verhalten, Gewohnheit und Glaube des Teils der Menschheit, von der man umgeben ist.
Neben der Tatsache, daß man ein gesundes Leben nicht durch etwas Künstliches ersetzen kann ist also auch noch die Tatsache, daß die moderne Medizin ihr tatsächliches Wissen überhaupt nicht anwendet, weil sie ihre eigenen Grundlagen nicht versteht oder aus den Augen verloren hat, mal das zweite "Märchen", das da offensichtlich ist: daß wir alle "Patienten", also "Duldsame" wären, die das Krankheitssymptom unserer Zivilisation in uns gesuldig zu ertragen hätten und nicht wüssten, warum wir eigentlich krank geworden sind.
Und ein drittes Märchen liegt, würde ich sagen, in dem Bereich des Arm-Hochhebens rechts und beim Wort "heil". In der Massenanpassung und Einnordung in diagnosespezifisches Verhalten, sowohl im Bereich des Therapeuten als auch für den Patienten selber. Es gibt keine individuelle Krankheit, es gibt keine individuelle Gesundheit, sondern Gesundheit entsteht durch zivilisiertes Verhalten. Durch Volkssport, Massenpädagogik, Zwangsbehandlung und Euthanasie.
Der Hitler hat das gut gemacht, organisatorisch gesehen. Beziehungsweise: dieser Österreicher hat den deutschen Ordnungssinn zu nutzen gewusst, der in Kraft tritt, sobald Du einem Deutschen sagst, was er zu tun hat und wie. Er ist dann um Akuratesse bemüht und macht es so gründlich wie möglich. Und von daher gab es in der Zeit des dritten Reiches ein hochfähiges Ministerium für Volksgesundheit, das Vereinssport förderte, Schulsport einführte, Gruppengymnastik und sonstigen Sport in der Freizeit förderte, und das in allen Altersgruppen. Und es gab eindeutige Aufklärung, was Gesundheit in der Familie ist, am Arbeitsplatz ("Arbeiterpartei"), im Urlaub, im Hobby, in der Freizeit. Und die gesamte Bevölkerung wurde mobilisiert und ein grosser Teil wurde erreicht in diesem Bemühen um Volksgesundheit. ("Volksgesundheit" - ein Begriff, den man sich ja auch heute noch in Deutschland kaum in den Mund zu nehmen traut, so gründlich hat diese Idee das deutsche Volk durchdrungen gehabt. Auch dann natürlich bezüglich genetischen Einflüssen, ein damals mordernes wissenschaftliches Wissen, das aus der Eugenik stammte wurde da verarbeitet und führte zur Überprüfung der arischen Herkunft. Der Jude dagegen war ein genetisch degenerierter Finanzschmarotzer, der keine genetische Identität als Volk besaß, da sich das genetische jüdische Material durch die 2000 Jahre währende Diaspora nicht erhalten habe. So glaubte man damals zu wissen - nicht nur in Deutschland übrigens. Aber das nur am Rande, denn hier geht es ja um Gesundheit - aber der gesamte Holocaust an Juden, Behinderten, Kranken und Alten entstammt medizinischem Gedankengut. Ist nicht jedem klar, daher erwähne ich's.)
Heute nennt man das mehr oder minder Gleiche aber in anderer Ausführung "Gesundheitsvorsorgeprogramm" der Gesundheitskasse. Sie bezahlen alles Mögliche, aber Volksgesundheit erreichen sie so nicht. Nur mehr Gesundheit zu günstigeren Preisen für die Willigen, die sich eh bewusst sind, daß sie selbst Verantwortung für ihre Gesundheit tragen und die die Kassen eh weniger belasten.
Tja. Und da, finde ich, verbirgt sich ein drittes Märchen: nämlich daß überhaupt Gesundheit durch ein Eingreifen im Rahmen eines mechanistischen Weltbildes entstehen kann. Ob's Curcuma, grüner Tee oder ein Medikament: es kommt drauf an, was ein ganzer, einzelner Mensch daraus macht. Erlerne die Teezeremonie und führe sie ein Leben lang aus: Du bleibst gesund. Koche mit Curcuma und ganz vielen anderen Gewürzen, wisse um ihre individuelle Heilkraft und auf die individuelle Wirkung auf Deinen Körper und setze sie gezielt ein - und Kräuter werden Dich gesund halten. (Das gilt aber auch für ganz einfache Nahrungsmittel!)
Nimm ein Medikament und wisse, was es bewirkt und beobachte dies: es nimmt Dir dein Symptom. Das ist der Unterschied. Die Krankheit bleibt Dir - falls Du sie überhaupt hast, denn wie oben erwähnt hast Du die Krankheit ja nicht, sondern Du hast höchstens eine Diagnose. Also eine Ähnlichkeit mit den Symptomen Deiner Artgenossen in ähnlichen Situationen, denen ein Arzt eine Bezeichnung gönnte.
lg