Licht und Schatten

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Placebo schrieb:
Ich werde das schon irgendwann mal hinkriegen mit der Wut....sie ist schon so alt, jahrzehnte alt, und ich zweifle manchmal schon daran, ob ich die Ursache überhaupt richtig erkannt habe.
Und ich habe mich schon soviel abgerackert um die Wut endlich aufzulösen, und geforscht und gesucht und analysiert. Ich bin schon müde in der Hinsicht.
Aber ich will diese Wut nicht an anderen Menschen ablassen.
Ich habe das Gefühl dass sie sich irgendwann einmal einfach so auflösen wird.....mit einem Riesenknall...oder auch ganz sanft, das wäre mir natürlich viel
Ach, Placebo, ich brauchte 3.5 Jahre Meditation für ein Satori, aber ich brauchte 20 Jahre Leben, um der Wut auf die Schliche zu kommen. Ich kann nicht sagen, welche Erfahrung die härtere war. Beide zusammengenommen haben mich reingewaschen, lange nicht blitzsauber, aber doch ganz ansehnlich weiss.

Meine wichtigste Erkenntis war: Dass nicht "die anderen mich nicht verstehen", sondern dass ich selbst es bin, der sich nicht versteht, der von sich selbst ein Fremder ist, befremdend, zerrissen und gespaltet. Ich hatte diese Zerrissenheit so gedeutet, als wären es die anderen, als wären die andern die, die "mich nicht richtig erkennen und verstehen würden, weil sie es gar nicht wollen würden" - dabei war ich das immer selbst gewesen. Viele andere wollten mich durchaus verstehen, und sie taten es oft auch, sogar oft besser als ich mich selbst verstand, aber ich verstand mich nicht. Und diese Entfremdung, die projizierte ich dann nach Aussen. Ich unterstellte den Menschen Unwillen, Interesselosigkeit an sich/mir/der Welt, ich unterstellte ihnen letztlich grenzenlose, an Idiotie nicht zu überbietende Dummheit - alles, weil ich mich selbst nicht verstand und damit nicht leben konnte, das als Kind nie hatte akzeptieren können (und später verdrängt hatte), dass ich mir selbst ein Fremder bin.

So hatte ich dann immer Ausschau gehalten. Ausschau nach Verletzungen durch andere, nach Beweisen für ihre Dummheit. Natürlich alles ganz unbewusst, ich merkte das ja gar nicht. Und so begann ich ein paar besonders üble Gestalten in meinem Leben zu hassen und zu verachten. Nicht ein bisschen-und-dann-ok, sondern tief, richtig aus dem Herzen heraus. Ich hätte sie sang- und klanglos umbringen können.
Und dieser Hass/Verachtung war, wie ich anmerken muss, völlig ok. Ich hatte einfach jedes verdammte Recht, diese miesen Kerle zu hassen und zu verachten, für alles, was ich von ihnen "geschenkt bekommen" hatte. Aber sofort geriet ich natürlich in weitere Schuldzuschreibungen: In unserer Gesellschaft darf nicht gehasst oder verachtet werden. Oh, erzähl mal jemandem, dass du hasst. Sofort wollen dich alle therapieren. Ich musste mühsam erst diesen Punkt finden, dieser Punkt war die wahre Knacknuss, ein richtiges Heiteres-Rätselraten. Bis ich endlich erkannte, dass der Hass und die Verachtung völlig in Ordnung sind. Es sind Notwendigkeiten, man kommt nicht darum herum. Hass und Verachtung sind menschliche Seiten, warum also sollte man sie leugnen? Das erst, diese Erkenntnis, brachte mir den Frieden. Ich konnte mir den Hass und die Verachtung verzeihen - ohne dass indessen die beiden verstummt wären. Sie brennen nun einfach offen weiter, bis sie sich ausgebrannt haben. (Übrigens wurde mir auch klar, welche Phantome ich jagte, niemand anderen als mich selbst nämlich. Diese "Personen" als Zielobjekte des Hasses gab es schon lange nicht mehr, es waren nur noch blasse Gespenster in mir selbst, Laststeine aus der Vergangenheit, die ich hasste. Ich hasste im Endeffekt mich selbst, Teile meiner Vergangenheit, und konnte mich nicht für diesen Hass annehmen, weil ich ihn nicht einfach sein lassen durfte. Einfach sein lassen, loslassen, aufgeben...)

Ich weiss nicht. Vielleicht hilft das weiter.

An dieser Stelle ein grosses Dankeschön nochmal an Augen und Mara. :kiss4:
 
Seelenflügel schrieb:

Die ganze Zeit. Ich sehe und spüre die Schwingungen auch. Ob Tier oder Mensch. Ich kann auf meinen eigenen Resonanzkörper und meinen eigenen Zustand schließen. Doch, ich sehe es, schon immer. Ich habe da schon die merkwürdigsten Entdeckungen gemacht. Schwer, darüber zu sprechen. Ok... Aber ich will nachhaken, eins nach dem anderen.

Ich habe nämlich Schwierigkeiten mit der Akzeptanz einiger Aspekte Deiner Interpretation von zwischenmenschlichen Erfahrungen. Ich habe Schwierigkeiten damit, immer alles, was gerade geschieht, auf mich selbst zu beziehen, und über jede unangenehme (äußere) Erfahrung nachzugrübeln hinsichtlich irgendeines inneren Fehlers oder Schattens. Wohl bin ich verantwortlich für meine eigenen, negativen Gefühle und dafür, wie ich mich zu einer Situation stelle, und mir ist klar, daß die eigene Einstellung Situationen positiv beeinflussen kann, aber ich sehe nicht, daß ich die Ursache für jeden äußeren Konflikt bin. Eine solche Schuld lade ich mir nicht auf. Nur für den inneren Konflikt bin ich verantwortlich, aber nicht (immer) für den äußeren.

Der Nachbar z.B. (den ich nie sah) hörte laut Musik, weil er eben schon immer gern laut Musik hörte. Das hat nichts mit mir zu tun. Wahrscheinlicher ist, daß er sein Verhalten entsprechend der Resonanz änderte oder modifizierte. Aber Musik war schon immer. Es ist ja nicht so, daß er ließe, wenn ich mich nicht mehr über ihn ärgern würde. Im übrigen ließ er es dann tasächlich irgendwann plötzlich sein... hm...

Seelenflügel schrieb:
Warum gibst Du Dich mit Menschen ab, die Dich verkennen und reduzieren?
Tue ich nicht mehr. Ich sprach eigentlich von vergangenen Erlebnissen, die keine Gültigkeit mehr haben.

Augen schrieb:
Das ist ein Muster.

Du hast recht. Aber nur, wenn man den Begriff auf's Allgemeinste reduziert und relativiert. Ansonsten kann man unterscheiden zwischen der Art der Muster. So betrachtet hast Du aber natürlich recht.

@fckw
Es gab auch bei mir eine Zeit der nicht ganz ernst gemeinten Misanthropie, als ich entdeckte, daß die Welt ein einziger Haufen Elend ist, voll Lug und Trug. Aber das war mehr im Verstande, eine Rechtfertigung, an die ich selbst nie wirklich glaubte. Ich spürte, daß ich auf dem Holzweg war, immer schon. Heute kritisiere ich niemanden mehr, ohne nicht auch zu versuchen, daß Ganze zu sehen. Ich urteile nicht, weder über einen Politiker noch einen Nachbarn. Es scheint manchmal, als ob einfach die Luft raus wäre, der Haß oder die Wut haben manchmal einfach keine Energie mehr. Dann werde ich ganz ruhig, ein Anflug von Traurigkeit vielleicht, aber ich bin völlig neutral und leer. Es fällt einfach ab von mir. Aber ich bin nicht frei von Schmerz und vielleicht auch Wut und Haß. Daß ich Phantome aus der Vergangenheit jage, spüre ich schon. Nun, wir werden sehen, wie sich das so entwickelt.

Meine Familie, sie existiert nicht mehr. Schwierig, sehr schwierig... Denn ich habe ja nur noch eine Erinnerung, die ich hassen oder umarmen oder loslassen kann. Aber ich spüre, wie sich in mir etwas regt, wie sich allmählich etwas wendet, während ich hier sitze und schreibe ;).



Also über diesen Thread werde ich bestimmt noch lange nachdenken.

Vielen Dank dafür,
Metanoia :)
 
Diese "Personen" als Zielobjekte des Hasses gab es schon lange nicht mehr, es waren nur noch blasse Gespenster in mir selbst, Laststeine aus der Vergangenheit, die ich hasste. Ich hasste im Endeffekt mich selbst, Teile meiner Vergangenheit, und konnte mich nicht für diesen Hass annehmen, weil ich ihn nicht einfach sein lassen durfte. Einfach sein lassen, loslassen, aufgeben...)

Hi fckw,

ja das empfinde ich genauso...schon vor Jahren habe ich begriffen dass es nicht die anderen sind, dass meine Wut nichts mit anderen Menschen zu tun hat. Auch dieses Zerissenheitsheitsgefühl kenne ich sehr gut.
Mir gelingt es oft diese Wut einfach daseinzulassen wie sie ist. Doch gestern war die Wut so heftig, wie schon lange nicht. Einfach so, ohne besonderen äusseren Anlass.
Und ich habe es nicht verstanden. Mein Verstand hat wieder gesucht, er wollte mal wieder wissen woher sie kommt. Natürlich ist bei dieser Suche nichts neues dabei rausgekommen. Und heute ist sie wieder weg die Wut.

Beide zusammengenommen haben mich reingewaschen, lange nicht blitzsauber, aber doch ganz ansehnlich weiss.

Ja ich sehe es auch als eine Katharsis an. Doch als "ansehnlich weiss" würde ich mich nicht bezeichnen. Es kommt ja doch immer wieder etwas zum Vorschein mit dem man nicht rechnet, meistens dann wenn ich glaube ja doch schon ganz ansehnlich weiss zu sein :).

Liebe Grüsse

Placebo
 
Clinamen schrieb:
Das mit dem Umarmen und lieb haben in der Vorstellung habe ich auch schon ausprobiert. Manchmal hats geklappt aber manchmal auch nicht. Ich glaube es ist sehr wichtig die Gefühle die man hat als solche anzuerkennen. Wut will nicht umarmt und geliebt werden. Wut will rausgelassen werden und explodieren. Und genau das ist es was ich aus Seelenflügels Text entnommen habe. Wenn dich jemand verletzt, würde ich nicht gleich affimieren: "Ach, ich liebe dich! Komm her und lass dich umarmen." Das würde ich erst nachdem ich die Gefühle losgelassen habe machen. Ansonsten wäre das nur eine Form von Unterdrückung. Durch die Schatten in das Licht, nicht weg von den Schatten in das Licht. Die gehen sonst nicht weg.
So abe ich das auch nicht geschrieben. Ich meinte es ehrlich und auch ehrlich zu tun "im Geiste", ohne sich selbst zu belügen. Echtes Wissen über die Schatten und deren Akzeptanz gehen damit einher.

Liebe Grüße,
Marco
 
Mara schrieb:
ps: ... und marco ... schatten ist schatten, licht ist licht ... yin/yang ... du kennst sicher das symbol... es ist beides in beidem enthalten ... es ist eins ...
Das sehe ich genauso. :kiss4:
Wegen des ps sind wir uns ebenso einig, du hast es nur in anderen Worten ausgedrückt. Die Existenz oder Nicht-Existenz von Licht und Schatten (nicht zu beschreiben mit Relationen) beider habe ich nicht abgestritten

Liebe Grüße,
Marco
 
Clinamen schrieb:
Das mit dem Umarmen und lieb haben in der Vorstellung habe ich auch schon ausprobiert. Manchmal hats geklappt aber manchmal auch nicht. Ich glaube es ist sehr wichtig die Gefühle die man hat als solche anzuerkennen. Wut will nicht umarmt und geliebt werden. Wut will rausgelassen werden und explodieren. Und genau das ist es was ich aus Seelenflügels Text entnommen habe. Wenn dich jemand verletzt, würde ich nicht gleich affimieren: "Ach, ich liebe dich! Komm her und lass dich umarmen." Das würde ich erst nachdem ich die Gefühle losgelassen habe machen. Ansonsten wäre das nur eine Form von Unterdrückung. Durch die Schatten in das Licht, nicht weg von den Schatten in das Licht. Die gehen sonst nicht weg.
Es klappt immer wenn du ehrlich zu Dir selbst bist (das ist wichtig), was Unterdrückung von vornherein ausschließt. Wut will erst akzeptiert werden, sonst wäre es Selbstverleumdung.

Liebe Grüße,
Marco
 
bluem schrieb:
Schatten ist ganz ganz wenig Licht. Das Licht will gelebt sein, ob es nun viel ist oder nicht, sonst nimmt es ab. So ist es in seiner Summe dennoch ein licht-er Schatz an Gefühlen.
Kein Licht ist alles-was-nicht-ist (Anti-Materie).

Alles Liebe,
Marco


ja - stimmt ... wenn ich mir das yin/yang so vorstelle, hast du absolut recht.
es ist immer ein wenig vom anderen ...

trotzdem gefällt es mir noch nicht so wirklich... der schatten kommt mir da zu kurz ...

je mehr licht, desto mehr schatten ... in diesem sinne ...
 
Mara schrieb:
ja - stimmt ... wenn ich mir das yin/yang so vorstelle, hast du absolut recht.
es ist immer ein wenig vom anderen ...

trotzdem gefällt es mir noch nicht so wirklich... der schatten kommt mir da zu kurz ...

je mehr licht, desto mehr schatten ... in diesem sinne ...
Hmm, ich verstehe. Die Existenz dessen was man nicht ist, um erkennen zu können, wer man ist ist immer gewährleistet, sonst könnte man ja garnicht erkennen wer man ist. Was von vornherein ausschließt, daß man ist, was man nicht ist. Was man nicht ist muß demzufolge außerhalb von Dir existieren. Dies ist wiederum eine Illusion, zu erkennen wer wir wirklich sind. Wenn wir das erstmal erkannt, akzeptiert und umarmt haben, verschwindet diese Illusion. :trost:

Liebe Grüße,
Marco
 
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Mara schrieb:
... der schatten kommt mir da zu kurz ...

fckw schrieb:
mir selbst ein Fremder

Heiteres-Rätselraten

Hass und die Verachtung völlig in Ordnung
Ich habe gerade so eine Idee - - - die mich irgendwo zwischen Faszination und Tränen zurücklässt...

Ich (vielleicht ihr auch) habe so eine gewisse Palette an bevorzugten Gefühlen; und dann gibt es Gefühle, die haben keine so gute Reputation bei mir.
Für mich sind das: Trauer, traurig-sein, sich schwach fühlen (körperlich vor allem; aber eigentlich weiß ich nicht wo es beginnt; vielleicht ist der Ursprung ja gar nicht der Körper; Fakt ist, dass ich mich oft körperlich sehr schwach fühle - und dann Angst bekomme: Oh Gott, jetzt kann ich ja nichts mehr tun!)
weitere Gefühle mit niedrigem Stellenwert sind: Rückzug/ AlleinseinWollen/nichtrauskommenwollen (habe ich jahrelang überhaupt nicht mehr als das gespürt, was es ist; nämlich, ein einfach in Ruhegelassenwerdenwollen; >statt dessen: ein immer Verfügbar bleiben),
innere Panik ist auch so ein 'schlechtfühl'-Gefühl, wie auch, absolute Hoffnungslosigkeit (vielleicht ist Hoffnungslosigkeit nicht das richtige Wort; denn 'Hoffnung' kommt darin gar nicht mehr vor. Es ist wie ein dunkles auf-den-Grund-sinken).

Jetzt, zu der Anfangs-Idee zurück(sie rutscht mir andauernd wieder zwischen den Fingern durch):
hhhhhhhmmmm
wir erwarten eine gewisse Gefühls-Range von uns (also bei mir ist das so) - ich erwarte von mir, in einem gewissen Maße witzig zu sein (und dieses Level auch zu halten), gepaart mit spitzfindigkeit, gepaart mit feingefühl...("ThatsMEEE") - - - und dann, aber, hoppla::: fühle ich mich traurig - und vielleicht auch kraftlos. >Das geht jetzt natürlich nicht zusammen.
Dann entsteht ein Kampf. mein Kampf. - Wegen dieser Erwartungshaltung.


Dabei !!! -
es ist gar nichts zu tun.
Ich könnte mich auch einfach entspannen - und kraftlos daliegen. Und zwar genau SO LANGE, wie es eben dauert.




(Darf ich das denn?

Wiirklich??)
 
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