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opti
Guest
Ich las soeben in dem Buch "Wege zum inneren Frieden" von Gräfin Sophie von Schwerin aus ihrem Buch von 1863. Da mich das Geschriebene sehr beindruckte, möchte ich es hier gerne einmal wiedergeben. Es könnte uns alle vielleicht ein wenig zum Nachdenken anregen.
Eines nur gibt den Frieden, aber so viel und Vielerlei stört ihn. Merke auf dies Alles, was das Leben um dich her noch an dem Gleichgewicht deiner Seele stört, und sieh achtsam zu, was du davon vermeiden oder dir zum Heile kehren kannst.
Vor allem halte dich von Außen hin still und ruhig, daß von dem Geräusch, was deine Worte und dein Bewegen macht, nicht der Nachhall in dein Inneres dringe und dort die Seele störe, die in sich und in Gott ruhen will. Nicht, als ob du das Geräusch um dich her vermeiden solltest. Das schadet dir nie. Es gereicht dir vielmehr zur besten Prüfung, die du haben kannst. Nur das Geräusch, dass du dir selber machst, schadet dir. Du glaubst das aber nicht, oder du vergisst es viel zu oft, wie leicht ein Lärm von Außen her dich aufweckt, und wie störend du dir so selbst werden kannst. Wird um dich her gesprochen, gestritten, so gib doch wohl acht, ehe du mitsprichst, ob du nicht wohl schweigen könntest, oder warten, bis man gerade dich fragt.
Man ist gar zu schnell bei der Hand, sich in das einzumischen, was uns nichts angeht. Wenn wir genau überlegen, welches die Dinge sind, in die wir uns von Gottes wegen mischen müssen, wir würden uns wundern, wie erstaunlich wenig deren sind, und wie für diese Wenigen unser Unheil immer wie von selbst sich fügt. Wie eben darum, dass es deine Sache ist, sie dir sowohl läßt und dich nirgends hindert und keinen anderen drängt und stößt und wider dich in Waffen bringt. Vergiß also nie, sowie du versucht sein magst, dich in irgendetwas einzumischen, zuerst zu überlegen, ob es deines Amtes ist oder nicht. Welchen Nachteil dein Schweigen haben könnte, aber vor Allem dein Reden. Es ist leicht etwas aufgeregt, aber schwer wieder zur Ruhe gebracht. Ungeschehen kann ja hinterher nichts gemacht werden und ungesagt kein Wort. Messe und wiege alles vor dem Tun.
Was ist es denn am Ende, was dich zur Einmischeng reizen kann? Kannst du es nicht ertragen, für dich allein Recht zu haben, wenn du einen anderen fehl sprechen, richten, urteilen hörst? Oder wird ihm dieser Irrtum gleich ans Leben geh'n, daß du ihn schnell eines Besseren überführen müßtest? Ich glaube aber, ihm ist seine Wahrheit lieber als deine, und er weist dir eher Dank, ihn seine Überzeugung, durch deine Einwände nicht gestört zu haben.
Und wie ruhig fühlst du dich, wenn du eine solche Klippe umgangen hast, wenn du dir denkst, in welche Verdrießlichkeit du nun verwickelt sein könntest und wie du nun für Nichts in der Sache bist (schweigst). Vergiß dies wohltuende Gefühl nicht und verschaffe es dir recht oft. Was für ein Opfer hast du auch dabei zu bringen? Wenn du wirklich so hohen und vornehmen Geistes bist, wie du es doch gern zu glauben scheinst, was kann da dies armselige Treiben für Interesse für dich haben, denn ich spreche jetzt von dem Treiben der Familie, der Hauses, der Wirtschaft, der Gesellschaft. Es ist da nichts, wo dein Geist sich groß und liebenswürdig zeigen könnte, nichts, wo deine Eitelkeit bereuen könnte, nicht dabei gewesen zu sein.
Ein ganz anderes ist es mit dem freieren, bezugsloseren Wesen der eigentlichen Unterhaltung (also z.B. im Forum). Da reizt dich dein Geist, mitzureden, da ist der Wunsch, deine eigene Meinung zu hören, dein Urteil mit im Spiel zu haben, zu groß. Und warum solltest du auch hier Feindliches fürchten? Ist nicht das Plan- und Absichtslose, das Unpersönliche, das Allgemeine und Abstrakte echter Unterhaltung, Bürgschaft genug gegen jede Verwunderung?
Sieh' dich dennoch vor. Ein Wort und das Gleichgewicht deiner Seele schwankt. Warum sich aus dem sicheren Hafen wagen, wo die fremden Meinungen wie Wellen an dir vorüberziehen und du die innere Meinung so friedlich, so ungestört, mit ihnen vergleichen kannst? Mit der ersten ausgesprochenen Meinung bist du mit im Kampf der Wellen und wer sagt dir, wohin sie dich treiben können? Jede Meinung, welches auch ihr Gegenstand sei, hängt an irgendeiner Fiber (Faser) mit unserer Seele zusammen. Diese Fiber erregt ein Widerspruch in deinem Gegner, der seinige in dir. Ist aber einmal, deine Überzeugung als solche ausgesprochen, dann wäre es schon wahrhaft und selten groß, sie um des Frieden Willens gern sein zu lassen, sie ruhig hinzugeben und sich ohne Kampf für überwunden zu halten. Wer aber ist dem gewachsen? Da drängt dich dann ein unwillkürlicher Instinkt, du wirst es Wahrheit, Festigkeit der Sinne nennen, vielleicht ist's doch bloß Eitelkeit, die Furcht, inkonsequent oder wankelmütig oder seicht zu erscheinen. Es drängt dich Alles, was du an Geist und Einsicht und Ansicht hast, für deinen Satz aufzustellen. Es überkommt dich ein Eifer, wie du ihn für Tat und Leben nicht mehr hast.
O wie leicht ist ein Unglücklicher verwundet, wie viel leichter verwundet er sich selbst. Ein lautes Wort ist hinreichend, ihn aus dem sanften Schlummer zu wecken, in den er seine Schmerzen versenkt hat... Versuche, statt aller Grübelei, ein äußerst einfaches Mittel: Versuche zu schweigen, wenn du zu reden wünschest. Halte zurück, was du sagen willst. Versuche es einmal, zweimal, öfter, betreibe es wie eine Übung. Fange bei unnützen, gleichgültigen Veranlassungen, also bei den leichten an, dich für die schwereren zu üben. Dir wird immer wohler sein, wenn du geschwiegen, als wenn du gesprochen hast. Worte reden aus dir heraus, aber in die Leidenschaft deines Herzens hinein. Sie rühren den Jammer deiner Schmerzen von Neuem auf, wenn es Worte aus der Tiefe deiner Seele sind. Sie zerstreuen dich von deinem besseren Selbst, wenn es Worte von der Oberfläche deines Geistes sind. Es gibt wenig Worte, die viel taugen, am wenigsten die gesprochenen. Jeder Gedanke, jedes Gefühl ist besser, als das Wort, was sie aussprechen will. Nur zwischen zwei Wesen, die ganz eins sind, tun die Worte gut und sagen das, was sie sollen. Und gerade da sind sie nicht vonnöten. Man versteht sich auch gut ohne sie.
Quelle: Wege zum inneren Frieden von Gräfin Sophie von Schwerin (!863)
Eines nur gibt den Frieden, aber so viel und Vielerlei stört ihn. Merke auf dies Alles, was das Leben um dich her noch an dem Gleichgewicht deiner Seele stört, und sieh achtsam zu, was du davon vermeiden oder dir zum Heile kehren kannst.
Vor allem halte dich von Außen hin still und ruhig, daß von dem Geräusch, was deine Worte und dein Bewegen macht, nicht der Nachhall in dein Inneres dringe und dort die Seele störe, die in sich und in Gott ruhen will. Nicht, als ob du das Geräusch um dich her vermeiden solltest. Das schadet dir nie. Es gereicht dir vielmehr zur besten Prüfung, die du haben kannst. Nur das Geräusch, dass du dir selber machst, schadet dir. Du glaubst das aber nicht, oder du vergisst es viel zu oft, wie leicht ein Lärm von Außen her dich aufweckt, und wie störend du dir so selbst werden kannst. Wird um dich her gesprochen, gestritten, so gib doch wohl acht, ehe du mitsprichst, ob du nicht wohl schweigen könntest, oder warten, bis man gerade dich fragt.
Man ist gar zu schnell bei der Hand, sich in das einzumischen, was uns nichts angeht. Wenn wir genau überlegen, welches die Dinge sind, in die wir uns von Gottes wegen mischen müssen, wir würden uns wundern, wie erstaunlich wenig deren sind, und wie für diese Wenigen unser Unheil immer wie von selbst sich fügt. Wie eben darum, dass es deine Sache ist, sie dir sowohl läßt und dich nirgends hindert und keinen anderen drängt und stößt und wider dich in Waffen bringt. Vergiß also nie, sowie du versucht sein magst, dich in irgendetwas einzumischen, zuerst zu überlegen, ob es deines Amtes ist oder nicht. Welchen Nachteil dein Schweigen haben könnte, aber vor Allem dein Reden. Es ist leicht etwas aufgeregt, aber schwer wieder zur Ruhe gebracht. Ungeschehen kann ja hinterher nichts gemacht werden und ungesagt kein Wort. Messe und wiege alles vor dem Tun.
Was ist es denn am Ende, was dich zur Einmischeng reizen kann? Kannst du es nicht ertragen, für dich allein Recht zu haben, wenn du einen anderen fehl sprechen, richten, urteilen hörst? Oder wird ihm dieser Irrtum gleich ans Leben geh'n, daß du ihn schnell eines Besseren überführen müßtest? Ich glaube aber, ihm ist seine Wahrheit lieber als deine, und er weist dir eher Dank, ihn seine Überzeugung, durch deine Einwände nicht gestört zu haben.
Und wie ruhig fühlst du dich, wenn du eine solche Klippe umgangen hast, wenn du dir denkst, in welche Verdrießlichkeit du nun verwickelt sein könntest und wie du nun für Nichts in der Sache bist (schweigst). Vergiß dies wohltuende Gefühl nicht und verschaffe es dir recht oft. Was für ein Opfer hast du auch dabei zu bringen? Wenn du wirklich so hohen und vornehmen Geistes bist, wie du es doch gern zu glauben scheinst, was kann da dies armselige Treiben für Interesse für dich haben, denn ich spreche jetzt von dem Treiben der Familie, der Hauses, der Wirtschaft, der Gesellschaft. Es ist da nichts, wo dein Geist sich groß und liebenswürdig zeigen könnte, nichts, wo deine Eitelkeit bereuen könnte, nicht dabei gewesen zu sein.
Ein ganz anderes ist es mit dem freieren, bezugsloseren Wesen der eigentlichen Unterhaltung (also z.B. im Forum). Da reizt dich dein Geist, mitzureden, da ist der Wunsch, deine eigene Meinung zu hören, dein Urteil mit im Spiel zu haben, zu groß. Und warum solltest du auch hier Feindliches fürchten? Ist nicht das Plan- und Absichtslose, das Unpersönliche, das Allgemeine und Abstrakte echter Unterhaltung, Bürgschaft genug gegen jede Verwunderung?
Sieh' dich dennoch vor. Ein Wort und das Gleichgewicht deiner Seele schwankt. Warum sich aus dem sicheren Hafen wagen, wo die fremden Meinungen wie Wellen an dir vorüberziehen und du die innere Meinung so friedlich, so ungestört, mit ihnen vergleichen kannst? Mit der ersten ausgesprochenen Meinung bist du mit im Kampf der Wellen und wer sagt dir, wohin sie dich treiben können? Jede Meinung, welches auch ihr Gegenstand sei, hängt an irgendeiner Fiber (Faser) mit unserer Seele zusammen. Diese Fiber erregt ein Widerspruch in deinem Gegner, der seinige in dir. Ist aber einmal, deine Überzeugung als solche ausgesprochen, dann wäre es schon wahrhaft und selten groß, sie um des Frieden Willens gern sein zu lassen, sie ruhig hinzugeben und sich ohne Kampf für überwunden zu halten. Wer aber ist dem gewachsen? Da drängt dich dann ein unwillkürlicher Instinkt, du wirst es Wahrheit, Festigkeit der Sinne nennen, vielleicht ist's doch bloß Eitelkeit, die Furcht, inkonsequent oder wankelmütig oder seicht zu erscheinen. Es drängt dich Alles, was du an Geist und Einsicht und Ansicht hast, für deinen Satz aufzustellen. Es überkommt dich ein Eifer, wie du ihn für Tat und Leben nicht mehr hast.
O wie leicht ist ein Unglücklicher verwundet, wie viel leichter verwundet er sich selbst. Ein lautes Wort ist hinreichend, ihn aus dem sanften Schlummer zu wecken, in den er seine Schmerzen versenkt hat... Versuche, statt aller Grübelei, ein äußerst einfaches Mittel: Versuche zu schweigen, wenn du zu reden wünschest. Halte zurück, was du sagen willst. Versuche es einmal, zweimal, öfter, betreibe es wie eine Übung. Fange bei unnützen, gleichgültigen Veranlassungen, also bei den leichten an, dich für die schwereren zu üben. Dir wird immer wohler sein, wenn du geschwiegen, als wenn du gesprochen hast. Worte reden aus dir heraus, aber in die Leidenschaft deines Herzens hinein. Sie rühren den Jammer deiner Schmerzen von Neuem auf, wenn es Worte aus der Tiefe deiner Seele sind. Sie zerstreuen dich von deinem besseren Selbst, wenn es Worte von der Oberfläche deines Geistes sind. Es gibt wenig Worte, die viel taugen, am wenigsten die gesprochenen. Jeder Gedanke, jedes Gefühl ist besser, als das Wort, was sie aussprechen will. Nur zwischen zwei Wesen, die ganz eins sind, tun die Worte gut und sagen das, was sie sollen. Und gerade da sind sie nicht vonnöten. Man versteht sich auch gut ohne sie.
Quelle: Wege zum inneren Frieden von Gräfin Sophie von Schwerin (!863)