Lebensaufgaben versus freier Wille

"Genau ...!" :thumbup:
Eventuell liegt es ja aber auch daran, dass deren Türsteher gerade das Outfit des Gedankens nicht gefällt? Für eine Diskussion wäre es zudem schöner, wenn nicht nur Pingpongbälle hin und her flögen, sondern auch Argumente.

Merlin

Ich habe von dir noch kein Argument gelesen. Und mal ernsthaft, wozu auch? Jeder gibt das wieder, was er irgendwo gelesen hat inkl. der Schlüsse, die da gezogen werden.
Und geklärt wird diese Frage hier ganz sicher nicht werden. Hellequin hat sehr Recht mit seinem Hinweis und auch "die Neurowissenschaften", wie sie hier genannt werden, weil man damit Kompetenzen simulieren kann rudern da wieder zurück. Zumindest mussten Roth und Co durchaus berechtigte Kritiken einstecken, weil sie sich zu verfrühten Aussagen über ein Feld hinreißen ließen und lassen, wozu ihr Kenntnissstand sie eigentlich nicht wirklich berechtigt.

Letztlich ist Freiheit das Fehlen von Determinismen und je mehr Determinismen vorhanden sind, desto weniger sind wir frei und umgekehrt.
 
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Und da sieht man, dass der Reiz, der zu der Motorik führt, bevor er im Telecephalon ankommt und sozusagen von uns als Entscheidung wahrgenommen wird mehrere Stationen im Gehirn bereits durchlaufen hat, die mit unserer Bewusstseinsbildung (nach obiger Definition) nichts zu tun haben.
An dieser Stelle kommt jetzt der Einwand, es gebe eine Instanz, die dazu fähig sei, diesen Reiz abzuwehren.

Gibt es Hinweise für eine Art negatives Bereitschaftspotenzial, also einen übergelagerten Reiz, nichts zu tun? Logisch klänge auch, dass ein Bereitschaftspotenzial deswegen ungenutzt bleibt, weil gleichzeitig ein widersprüchliches Bereitschaftspotenzial aktiv ist, dass sich das Gehirn also angesichts zweier inkompatibler gleichzeitig angestrebter Handlungen für keine von beiden entscheidet.

Und sind Handlungen ohne vorhergehendes Bereitschaftspotenzial beobachtet worden?

(Dass ich den Schluss, Bewusstsein gehe aus Materie hervor, aus erkenntnisphilosophischen Gründen ablehne und um's Verrecken nicht über ein agnostisches "so oder so oder ganz anders" hinauskomme, auch wenn ich da durchaus bestimmte Vorlieben hätte, weißt du ja.)

Daraus allerdings (oder aus den Bereitschaftspotenzialen) einen freien Willen zu negieren finde ich persönlich sehr vorschnell. Mir scheint aber auch offensichtlich, dass wir nicht so frei sind, wie wir denken, dass wir unser Maß an Freiheit aber ausbauen können.

Eine Lebensaufgabe setzt eine Instanz voraus, die Aufgaben verteilt, uns also übergeordnet ist. Derartige Vorstellungen zurückzuweisen sind meiner Ansicht nach schonmal ein Schritt weg vom Schaftum.
Das sehe ich auch so.
 
An dieser Stelle kommt jetzt der Einwand, es gebe eine Instanz, die dazu fähig sei, diesen Reiz abzuwehren.

Das sehe ich persönlich immer mehr ganz genau so. Ich habe einen gewissen inneren Widerstand gegen diesen Gedanken und zumindest auf den ersten Blick mag es absurd sein, aber wahrscheinlich ist ein wirklicher Asket, also keiner der ein Verlangen unterdrückt, sondern es nicht verspürt, der Freiheit näher als wir.
Das geht vielleicht in Richtung der stoischen Ataraxie.

Da kommt man wahrscheinlich zu dem Punkt, dass (diese) Freiheit nicht glücklich macht, aber vielleicht sowas wie eine Zufriedenheit herstellt.

Gibt es Hinweise für eine Art negatives Bereitschaftspotenzial, also einen übergelagerten Reiz, nichts zu tun? Logisch klänge auch, dass ein Bereitschaftspotenzial deswegen ungenutzt bleibt, weil gleichzeitig ein widersprüchliches Bereitschaftspotenzial aktiv ist, dass sich das Gehirn also angesichts zweier inkompatibler gleichzeitig angestrebter Handlungen für keine von beiden entscheidet.

Grundsätzlich muss eine Depolarisierung über einen bestimmten Schwellenwert hinaus erfolgen, um überhaupt zu einem Aktionspotenziel, also einem Reiz zu führen. Soweit ich es verstanden habe bzw. noch im Kopf habe erfolgt die Negation eines Handlungsimpulses nicht über ein Ausbleiben von Reiz, sondern darüber, dass der Reiz eine andere Bahn nimmt.

(Ich habe auf FB in meinen Bildern eine ältere Skizze von mir, wie Motorik neurophysiologisch funktioniert. Da wird erkenntlich, dass es zwei Pfade gibt - einen direkten und einen indirekten Pfad. Der eine führt schließlich zu einer Handlung, der andere nicht. Der nicht zu einer Handlung führende Pfad (indirekt) ist normalerweise dominierend(er) Bitte die Skizze nicht ins Forum stellen.)

Und sind Handlungen ohne vorhergehendes Bereitschaftspotenzial beobachtet worden?

Ich wäre sehr überrascht, wenn dem nicht so wäre. Ohne jetzt wirklich tief überlegt zu haben würde ich meinen, dass dies bei jedem Reflex z.B der Fall ist. Allerdings täuschen uns Reflexe auch keine Wahlmöglichkeit vor.

(Dass ich den Schluss, Bewusstsein gehe aus Materie hervor, aus erkenntnisphilosophischen Gründen ablehne und um's Verrecken nicht über ein agnostisches "so oder so oder ganz anders" hinauskomme, auch wenn ich da durchaus bestimmte Vorlieben hätte, weißt du ja.)

Ja, da habe ich ebenfalls Probleme mit. Als ich sagte, dass Bewusstsein auf dem Telencephalon fußen würde, wollte ich keine Diktatur der Materie implizieren. Allerdings ist genau das, soweit ich das überhaupt sehe schon wissenschaftlicher Konsens, weil es im Moment die einfachste Erklärung ist und dieser ist nach dem Sparsamkeitsprinzip bzw. Ockham der Vorzug zu geben. Allerdings bedeutet das ja auch wieder, dass dies zwar eine Maxime ist, allerdings ist auch nicht immer die einfachste Erklärung automatisch die richtige.

Ich möchte noch zu bedenken geben, dass, wenn wir über Motorik sprechen, wir Freiheit auf eine körperliche Handlungsfreiheit reduziert betrachten und ich glaube schon, dass dies nur ein Teil "der Freiheit" ist.

Eigentlich weiß ich zu wenig und sollte vielleicht schweigen, wozu ich nicht wirklich etwas sagen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Mensch verfügt über keinen freien Willen, denn dieser müsste frei von einer Motivation sein.
ein Wille ohne Motivation? Sozusagen ein Willenloses Geschöpf? Nö, Irrtum Nr. 1.

Eine Erkenntnis, zu der schon Schopenhauer und Einstein gefunden hatte und die wird auch durch die Neurowissenschaften unterstrichen. Entscheidungen werden bereits getroffen, noch ehe sie überhaupt das Bewusstsein erreichen.
Wenn die beiden eine solche Erkenntnis gefunden haben, dann frag ich mich erstens, wie so eine Erkenntnis anhand dieser - eigens von denen gefundenen Theorie zustande kommt?
Wobei so falsch ist das gar nicht, hängt davon ab, welche Entscheidungen man hier meint. Man kann es sogar trainieren, das man Entscheidungen ganz wie von selbst trifft, bzw. Handlungen - wie zb. bei der Cobra usw.. aber niemand wird hier unbewusst gezwungen, zur Cobra zu gehen. Was hier zusammengewürfelt wird, sind instinktive Entscheidungen, die natürlich selten bis gar nicht einem freien Willen unterliegen - wenn es aber um ganz was allgmeines geht, wie zb. einen Autokauf, dann obliegt das dem freien Willen, ob ich ein neues Auto kaufe, ob ich ein gebrauchtes auto kaufe, welches Auto ich kaufe, ob ich es bar zahle oder Lease, ob ich auf´s Auto verzichte, und mit dem bus fahre, wenn möglich, oder ob ich mein jetziges Auto behalte und reparieren lasse. Eines von den vielen freien Entscheidungen.

Unfrei ist man aber auch, wenn man einer starken Sucht fröhnt, ob´s nun das Rauchen ist, Drogen oder Alkohol... in diesem Falle ist man nicht mehr frei, und somit stimmt diese obige Theorie, das die Entscheidungen schon getroffen werden, zur Zigarette , Zur Flasche oder zur Spritze zu greifen.. Wobei auch hier die Möglichkeit besteht, aus freiem Willen dagegen anzukämpfen, und das geht nicht unbewusst..

Was uns als "freier" Wille erscheint, ist ist lediglich die Wahl zwischen Lösung A oder B und selbst da melden sich noch die Lobbyisten aus dem Hintergrund zu Wort. Der freie Wille ist eine Illusion der menschlichen Selbstüberschätzung.


Merlin
Naja, Selbstüberschätzung könnte man es auch nennen, den Menschen einen freien Willen abzusprechen.

Es ist aber deine Meinung, die ich aktzeptiere, aber nicht teile und nicht so ganz einverstanden bin.

Letztlich stellt sich mir die Frage: Wie entscheidest du ich, hier zu schreiben, ob du schreibst und antwortest, und welchen Inhalt das Geschriebene hat? Ist es eine Entscheidung, die du nicht beeinflussen kannst, vielleicht gar zuerst unbewusst tätigst? Mag bei Dir vielleicht zu sein, ich aber entscheide mich immer bewusst.. :D
Genauso wie ich mich bewusst frei entscheide, was ich lese, ob und wann ich ins Forum schaue usw...

Bei Tieren mag das z.T. wirklich so zutreffen, das sie keinen freien Willen haben.. zumindest je niederer das Tier, destwo weniger frei ist der Wille, ein Affe zb. kann schon ein wenig freier Entscheiden.
Eine Spinne tut sich da schon schwerer - wenn es eine Netzwebende Spinne ist, wird sie immer ihr Netz weben, und sicher nie auf die Idee kommen, das sie anstatt des Netzes mal eine Fliegenfalle aufstellt ;)


Gut, wenn die Sache mit den Freien Willen nicht stimmen würde, so frag ich mich glatt, wer da entscheiden würde? Nur das "Unterbewusstsein?" Da stellt sich dann wieder die Frage : Was ist das unterbewusstsein, kann man es messen, und warum entscheidet dann das Unterbewusste - und entscheidet das Unterbewusste dann unfrei oder frei?

Was aber hat der Wille überhaupt mit Entscheidungen allein zu tun?
 
Ich habe einen gewissen inneren Widerstand gegen diesen Gedanken und zumindest auf den ersten Blick mag es absurd sein, aber wahrscheinlich ist ein wirklicher Asket, also keiner der ein Verlangen unterdrückt, sondern es nicht verspürt, der Freiheit näher als wir.
Das geht vielleicht in Richtung der stoischen Ataraxie.

Da kommt man wahrscheinlich zu dem Punkt, dass (diese) Freiheit nicht glücklich macht, aber vielleicht sowas wie eine Zufriedenheit herstellt.
Erinnert mich an Cioran. Sehr angenehme Lektüre für depressive Stunden, sehr realistisch. In weniger realistischen Phasen träume ich von zwangloser Abhängigkeit als höchster Form von Freiheit, aber auch die verlangt die Entthronung von sowohl ES als auch Über-Ich.

Soweit ich es verstanden habe bzw. noch im Kopf habe erfolgt die Negation eines Handlungsimpulses nicht über ein Ausbleiben von Reiz, sondern darüber, dass der Reiz eine andere Bahn nimmt. (...) Da wird erkenntlich, dass es zwei Pfade gibt - einen direkten und einen indirekten Pfad. Der eine führt schließlich zu einer Handlung, der andere nicht. Der nicht zu einer Handlung führende Pfad (indirekt) ist normalerweise dominierend(er)
Hm, ich hätte Irrläufer erwartet. Oder spontane Kurswechsel auf Anordnung. Die Pfade klingen nach einer Art Impulsfilter.

Ich wäre sehr überrascht, wenn dem nicht so wäre. Ohne jetzt wirklich tief überlegt zu haben würde ich meinen, dass dies bei jedem Reflex z.B der Fall ist. Allerdings täuschen uns Reflexe auch keine Wahlmöglichkeit vor.
Sie nehmen auch gar nicht erst den Umweg über unsere bewusste Wahrnehmung. Denkbar, dass sie deswegen kein Bereitschaftspotenzial brauchen, weil sie unmissverständlich programmiert sind, also unmittelbar von bestimmten Umständen ausgelöst werden.

Ja, da habe ich ebenfalls Probleme mit. Als ich sagte, dass Bewusstsein auf dem Telencephalon fußen würde, wollte ich keine Diktatur der Materie implizieren.
Das klang schon in deiner Wortwahl an. Ich habe dich nicht falsch verstanden, wollte es nur mal wieder erwähnen, damit es gar nicht erst jemand anspricht. In letzter Zeit kommt mir das Angstargument wieder etwas zu oft.

Allerdings ist genau das, soweit ich das überhaupt sehe schon wissenschaftlicher Konsens, weil es im Moment die einfachste Erklärung ist und dieser ist nach dem Sparsamkeitsprinzip bzw. Ockham der Vorzug zu geben. Allerdings bedeutet das ja auch wieder, dass dies zwar eine Maxime ist, allerdings ist auch nicht immer die einfachste Erklärung automatisch die richtige.
Ganz meine Meinung. Ich sagte ja, es sei durchaus rational, davon auszugehen.

Ich möchte noch zu bedenken geben, dass, wenn wir über Motorik sprechen, wir Freiheit auf eine körperliche Handlungsfreiheit reduziert betrachten und ich glaube schon, dass dies nur ein Teil "der Freiheit" ist.
Dahin tendiere ich auch. Der Ansatz, bis hin zur abstraktesten Gedankengang ausnahmslos alles Bewusstsein auf animalisches Triebleben zurückzuführen, ist m.E. noch viel zu populär für so eine differenzierte Betrachtung. Bereits die Andeutung geistiger Freiheit könnte dir den Vorwurf des Dualismus einbringen, der heutzutage einem Rufmord gleichkommt.

Eigentlich weiß ich zu wenig und sollte vielleicht schweigen, wozu ich nicht wirklich etwas sagen kann.
Klar, und den Usern das Feld überlassen, die sich für erleuchtet halten, weil sie es geschafft haben, Plattitüden mystisch zu verbrämen.
 
früchtle;4372663 schrieb:
Inwiefern haben wir wirklich Lebensaufgaben zu lösen und bestimmte Erfahrungen zu durchleben? Oder wie groß ist der Einfluss des freien Willens auf unser Leben? Gibt es dann überhaupt irgendwelche Eckpunkte die vor der Geburt geplant wurden?

Ich hab' dazu mal ein Schaubild entworfen; in dem Beides zusammengebracht ist: die Freiheit der eigenen Lebensgestaltung und die vorgegebene karmische Lernaufgabe.

Siehe mal hier.
 
Polarfuchs
Ich wäre sehr überrascht, wenn dem nicht so wäre. Ohne jetzt wirklich tief überlegt zu haben würde ich meinen, dass dies bei jedem Reflex z.B der Fall ist. Allerdings täuschen uns Reflexe auch keine Wahlmöglichkeit vor.
Für Eigenreflexe (über Reflexbogen) stimmt das, bei bedingten Reflexen (erlernte Refl. – siehe Pawlow) wird ein Bereitschaftspotential angenommen bzw. verschärft ins Auge gefasst.

Polarfuchs
Soweit ich es verstanden habe bzw. noch im Kopf habe erfolgt die Negation eines Handlungsimpulses nicht über ein Ausbleiben von Reiz, sondern darüber, dass der Reiz eine andere Bahn nimmt.

Es gibt im Cortex hemmende Systeme (Hauptbotenstoffe Glutamat und GABA) v.a. orbito-frontal, temporal, entorhinal und im anterioren cingulären Bereich.
Inhibition ist eine enorm wichtige Fähigkeit des Gehirns. Wenn sie beeinträchtigt ist (kommt z.B. bei Frontalhirnschäden vor) führt das zu erstaunlichen Defiziten – Logorrhoe, Echolalie, Bewegungsperseverationen uäm.

Polarfuchs
Ich möchte noch zu bedenken geben, dass, wenn wir über Motorik sprechen, wir Freiheit auf eine körperliche Handlungsfreiheit reduziert betrachten und ich glaube schon, dass dies nur ein Teil "der Freiheit" ist.

Das sehe ich ähnlich. Libet wurde, wie schon angeführt, für die überschießende Interpretation seiner Arbeit, zu Recht kritisiert. Wir haben deutlich mehr Facetten als nur basale motorische Entscheidungen.

Bei der Diskussion um den freien Willen stellt sich mir aber die Frage, ab wann etwas als wirklich FREI interpretiert werden kann.
Ein Aufsatz zu diesem Thema, der mich sehr beeindruckt hat, stammt von A. Schopenhauer.
Er schrieb 1839 in der „Preisschrift über die Freiheit des Willens: Ich kann tun was ich will, aber nicht einfach wollen was ich will.
Er sieht also nicht primär die Handlung als unfrei, sondern das Wollen.
Kann ich wollen, was ich will? Wird es beeinflusst von äußeren oder inneren Umständen, Bedürfnissen, Notwendigkeiten?
Schopenhauers Definition über den freien Willen: ” Der freie Wille ist demnach ein Wille „ohne vorhergegangene Ursache", "ohne Nothwendigkeit", der "nicht durch Gründe", ja der damit "durch gar nichts bestimmt würde”. Er schreibt weiter: „Unter Voraussetzung der völligen Willensfreiheit wäre jede menschliche Handlung ein unerklärliches Wunder, - eine Wirkung ohne Ursache.“
Unter dieser strengen Sicht sehe ich tatsächlich kaum einen Wirkbereich oder eine Möglichkeit für freien Willen, zumal mir Handlungen, frei von Ursachen oder Motiven (ob nun äußere oder innere), höchst sinnlos vorkämen.


Lightofmylife
Ein grauslicher Gedanke, wenn wir keinen freien Willen hätten -den dann müsste ich davon ausgehen, das ich alles was ich tu und zb. hier schreibe, nicht wirklich freiwillig mach, sondern irgendwer mich dazu entweder zwingt, oder mich programmiert hat..

Diesen Konnex mit Zwang bzw. Fremdbestimmung / Programmierung verstehe ich nicht ganz (es sei denn, Du includierst hier tatsächlichen äußeren Zwang oder „innere“ Zwangshandlungen).
Auch wenn es (völlig) freien Willen möglicherweise nicht gibt, so basieren meine Entscheidungen und Handlungen doch auf meinen Motiven, Bedürfnissen oder Vorlieben (sofern sie eben nicht durch äußeren „Zwang“ bedingt sind, oder es sich um Zwangsstörungen handelt). Ob mir diese nun bewusst sind oder nicht, sie sind Bestandteil meiner Person, geformt im Laufe meiner Lebensgeschichte.
 
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Für Eigenreflexe (über Reflexbogen) stimmt das, bei bedingten Reflexen (erlernte Refl. – siehe Pawlow) wird ein Bereitschaftspotential angenommen bzw. verschärft ins Auge gefasst.

Hm, guter Punkt. An erlernte Reflexe habe ich garnicht gedacht. Ich hätte es aber, ehrlich gesagt auch nicht gewusst.

Es gibt im Cortex hemmende Systeme (Hauptbotenstoffe Glutamat und GABA) v.a. orbito-frontal, temporal, entorhinal und im anterioren cingulären Bereich.
Inhibition ist eine enorm wichtige Fähigkeit des Gehirns. Wenn sie beeinträchtigt ist (kommt z.B. bei Frontalhirnschäden vor) führt das zu erstaunlichen Defiziten – Logorrhoe, Echolalie, Bewegungsperseverationen uäm.

Ja, ich weiß. In der Skizze, auf die ich verwiesen habe werden der direkte und der indirekte Weg, inklusive beteiligter Strukturen und Botenstoffe, sowie der Ablauf (Hemmung der Hemmung usw) deutlich.

Bei der Diskussion um den freien Willen stellt sich mir aber die Frage, ab wann etwas als wirklich FREI interpretiert werden kann.
Ein Aufsatz zu diesem Thema, der mich sehr beeindruckt hat, stammt von A. Schopenhauer.
Er schrieb 1839 in der „Preisschrift über die Freiheit des Willens: Ich kann tun was ich will, aber nicht einfach wollen was ich will.
Er sieht also nicht primär die Handlung als unfrei, sondern das Wollen.
Kann ich wollen, was ich will? Wird es beeinflusst von äußeren oder inneren Umständen, Bedürfnissen, Notwendigkeiten?
Schopenhauers Definition über den freien Willen: ” Der freie Wille ist demnach ein Wille „ohne vorhergegangene Ursache", "ohne Nothwendigkeit", der "nicht durch Gründe", ja der damit "durch gar nichts bestimmt würde”. Er schreibt weiter: „Unter Voraussetzung der völligen Willensfreiheit wäre jede menschliche Handlung ein unerklärliches Wunder, - eine Wirkung ohne Ursache.“
Unter dieser strengen Sicht sehe ich tatsächlich kaum einen Wirkbereich oder eine Möglichkeit für freien Willen, zumal mir Handlungen, frei von Ursachen oder Motiven (ob nun äußere oder innere), höchst sinnlos vorkämen.

Danke für diese Ausführungen, Kallisto.

"Unter dieser strengen Sicht sehe ich tatsächlich kaum einen Wirkbereich oder eine Möglichkeit für freien Willen, zumal mir Handlungen, frei von Ursachen oder Motiven (ob nun äußere oder innere), höchst sinnlos vorkämen."

So wie ich das verstehe müssten sie (die Handlungen) sogar sinnlos sein, um frei zu sein. Ich glaube, dass uns die Philosophie hier schon aufzeigt, dass man als Mensch eine absolute Freiheit kaum wollen kann.
Ich bin relativ überzeugt davon, dass Freiheit umgangssprachlich mit Wahlmöglichkeit gleichgesetzt wird. Erich Fromm verstand unter Willensfreiheit eine natürliche Aktivität aus sich selbst heraus. (Erich Fromm - Was der Mensch braucht)

Es gibt im tibetischen Buddhismus dazu eine ganz interessante Vorstellung.
Die sieht so aus:

Phänomene existieren nicht aus sich selbst heraus, sondern erscheinen bedingt durch ihre Umgebung -> also vorwiegend andere Phänomene.
(Dass Phänomene nicht aus sich selbst heraus existieren meinen die Buddhisten, wenn sie davon sprechen, dass alles Illusion sei. Das hat also nix mit Leugnung von Realität zu zun, wie es in der Esoterik der Fall ist.)
Die Phänomene existieren also weniger, wie wir es wahrnehmen aus der Vergangenheit kommend, über die Gegenwart in die Zukunft gehend, sondern die Vorstellung sieht so aus, dass die Phänomene kurz erscheinen und wieder verschwinden, allerdings so schnell, dass wir diesen Prozess nicht beobachten können.
Dass die Phänomene relativ konstant sind liegt daran, dass es die Umgebung, also die Rahmenbedingung für das Phänomen auch sind.

Unabhängig, ob ich diese Vorstellung teile oder nicht finde ich den Gedanken sehr interessant. Er begründet ebenfalls eine fundamentale Bedingtheit der Existenz durch Einbindung in und Verbindung zu anderen Existenzen und ist damit absolut unfrei. Verschiedene philosophische Richtungen (ich zähle den Buddhismus dazu) kommen scheinbar zu den selben Ergebnissen in dieser Frage.
 
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