Leben wegschmeißen?

Ich habe gerade wenig Zeit und es kann sein, dass das die nächsten Tage ähnlich ist. Würde gerne ausführlicher drauf eingehen und etwas genauer erklären wie ich es meine. Geht wahrscheinlich erst in einigen Tagen. Mal sehen...

Anscheinend hast du jetzt wieder etwas mehr Zeit...zumindest lässt deine rege Beteiligung im Forum, diese Vermutung zu...:D

Bin auf eine ausführliche Erklärung gespannt. ;)

Was mich allerdings noch interessieren würde: Warum soll der Charakter festgelegt sein? Und wie ist er wann entstanden?
.

Im Sinne der Intersubjektivität, verweise ich dich zunächst mal auf meine Quelle, in der du nachlesen kannst, was Schopenhauer über den Charakter des Menschen schreibt.:

Schopenhauer, Arthur (1977): Über die Freiheit des menschlichen Willens, in: Die beiden Grundprobleme der Ethik, Diogenes: Zürich, S. 87-101.

Ich werde auch gleich passende Textstellen zitieren, nur vorab muss ich etwas klarstellen:

Du fragst:

Warum soll der Charakter festgelegt sein?

Von einem Sollen war nie die Rede, das hast du missverstanden.
Schopenhauer geht nicht präskriptiv vor, sondern er beschreibt lediglich, was ist.
Der Unterschied liegt darin, dass bei einem Sollen die Begründung, warum es so sein soll, ganz anders ausfallen würde, als wenn ich schlicht beschreibe, wie etwas ist.

Es wird hier also kein Anspruch darauf erhoben, dass etwas die Pflicht dazu hat, so zu sein und nicht anders.
Die Beschreibung einer Beobachtung kann hingegen zwar auch etwas Absolutes haben, je nach dem, wie stark man seiner eigenen Wahrnehmung traut, aber diese Beschreibung dient vielmehr der Erklärung, wie man zu einer Feststellung, auf Grund von Beobachtungen, kommt.


Also noch mal die Frage:

Warum ist der Charakter, laut Schopenhauer, festgelegt?

Seine Feststellung, S.89:

„Der Charakter des Menschen ist k o n s t a n t : er bleibt der selbe, das ganze Leben hindurch. Unter der veränderlichen Hülle seiner Jahre, seiner Verhältnisse, selbst seiner Kenntnisse und Ansichten, steckt, wie ein Krebs in seiner Schaale, der identische und eigentliche Mensch, ganz unveränderlich und immer der selbe. Bloß in der Richtung und dem Stoff erfährt sein Charakter die scheinbaren Modifikationen, welche Folge der Verschiedenheit der Lebensalter und ihrer Bedürfnisse sind. D e r - M e n s c h - ä n d e r t - s i c h - n i e* : wie er in einem Falle gehandelt hat, so wird er, unter völlig gleichen Umständen (zu denen jedoch auch die richtige Kenntniß dieser Umstände gehört) stets wieder handeln.“

* Doppelte Leerstellen werden leider nicht angezeigt, daher verwende ich Bindestriche zwischen den Wörtern, die Schopenhauer nicht verwendet hat.

Seine Begründung, S.89f:

(Er führt mehrere Beispiele an, die laut ihm, aus der täglichen Erfahrung entnommen sind.)

„[…] wenn man einen Bekannten nach 20 bis 30 Jahren wiederfindet und ihn nun bald genau auf den selben Streichen betrifft, wie ehemals.“

und:

(Hier geht es jetzt ums Gewissen, dass uns oft sehr lange plagen kann...)

„[...] wie z.B. dem J. J. Rousseau, nach 40 Jahren, daß er die Magd Marion eines Diebstahls beschuldigt hatte, den er selbst begangen. Dies ist nur unter der Voraussetzung möglich, daß der Charakter unverändert der selbe geblieben; da, im Gegenteil, die lächerlichsten Irrthümer, die gröbste Unwissenheit, die wunderlichsten Thorheiten unserer Jugend uns im Alter nicht beschämen.“



Und wie ist er wann entstanden?

Ich meine mich zu erinnern, dass ich darüber schon etwas geschrieben habe.
War glaube ich im Zusammenhang mit der Tabula rasa.

Der individuelle Charakter ist laut Schopenhauer angeboren.

Seine Feststellung, S.92:

"Der individuelle Charakter ist a n g e b o r e n : er ist kein Werk der Kunst, oder der dem Zufall unterworfenen Umstände; sondern das Werk der Natur selbst.“


Seine Begründung, S.92:

„Er offenbart sich schon im Kinde, zeigt dort im Kleinen, was er künftig im Großen seyn wird. Daher legen, bei der allergleichsten Erziehung und Umgebung, zwei Kinder den grundverschiedensten Charakter aufs deutlichste an den Tag: es ist der selbe, den sie als Greise tragen werden."



Wie du sehen kannst, liefert Schopenhauer eine Begründung seiner Beobachtung.
Ein Sollen hat immer den Beigeschmack von Pflicht, also von etwas vorschreibenden. Es wird aber nicht vorgeschrieben, wie der Charakter sein soll, sondern es wird beschrieben, wie er ist. (Ich weiß, ist jetzt ne Wiederholung, aber vielleicht wirds dann dadurch noch mal klarer.)

So, mit diesem Post wollte ich nur eine Klarstellung und die Beantwortung deiner Frage vornehmen. Wenn du ein Zitat nicht verstehst, dann werde ich noch mal näher darauf eingehen. Ich habe es in diesem Post nur nicht gemacht, weil ich denke, dass der Inhalt bzw. die Aussagen der jeweiligen Zitate, selbsterklärend sind. Außerdem ist der Post eh schon wieder länger geworden, als ich anfangs dachte...

Jetzt kannst du gerne dort einsteigen, wo du aufgehört hast. :)
Bisher bin ich auf deine Punkte aus dem letzten Post noch nicht eingegangen, weil ich dir die Möglichkeit zu einer ausführlichen Erklärung nicht nehmen wollte.
 
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Anscheinend hast du jetzt wieder etwas mehr Zeit...zumindest lässt deine rege Beteiligung im Forum, diese Vermutung zu...:D

Jep... präzise Beobachtung. :D

Bin auf eine ausführliche Erklärung gespannt. ;)
Okay... muss mich noch mal ein bisschen einlesen. Das Schlimme war, dass ich da echt ne Menge im Kopf aber keine Zeit hatte. Momentan habe ich Zeit, aber weiß gerade nicht mehr genau was ich da so alles zusammengedacht habe. Aber glaub mir... Es war genial! :D

Aber ernsthaft... and back to topic:

Wir waren ja beim Thema Charakter und Motive, meiner falschen Benutzung des Begriffs Motive im Kontext dessen was Du geschrieben hast. Aber ich erklärte, auch wenn ich das natürlich zugebe, dass es für die Praxis nicht entscheidend ist. Ich hatte ja gesagt, man könne Motive an Handlungen erkennen. Ich benutze, wie ich vorher schon sagte, das Wort anders als Schopenhauer. Er benutzt es, wie ich das Wort Reiz benutze... auf den (bei ihm) der Charakter dann reagiert. Diese Reaktion basiert also auf einer Charaktereigenschaft. Die nenne ich, sofern daraus ein Streben resultiert, Motiv.

Zu Deinen Beispielen:

Bsp. Gegenstand als Motiv, welches auf den Charakter mit Notwendigkeit einwirkt:

Gegenstand:
Auto, für das kein Geld zur Verfügung steht, weil es den finanziellen Rahmen der Person A und Person B, sprengt.

Person A:
Vorhandene Charaktereigenschaft ist bei ihr die Sparsamkeit.

Person B:
Vorhandenen Charaktereigenschaft ist bei ihr das Verschwendertum.

Handlung der Person A:

Nehmen wir an, diese Person geht an einem Autohaus vorbei, und entschließt sich, mal zu schauen, was für Autos dort im einzelnen herumstehen.
Nacheinander betrachtet sie Autos, die ihr nicht wirklich gefallen. Plötzlich aber steht sie vor einem, das ihr Herz höher schlagen lässt.
Nun schaut sie auf den Preis und stellt fest, dass der Preis bei weitem ihren finanziellen Rahmen übersteigt.
Augenblicklich kommt ihre Charaktereigenschaft, nämlich die Sparsamkeit, zum Tragen, indem sie einsieht, dass das Auto viel zu teuer ist und sie es sich nicht leisten kann. Die daraus resultierende Handlung ist nun die, dass Person A das Autohaus verlässt, ohne ein neues Auto gekauft zu haben.

Handlung der Person B:

Nehmen wir an, auch Person B kommt an genau dem gleichen Autohaus vorbei, und entschließt sich mal zu schauen, was für Autos dort im einzelnen herumstehen.
Nacheinander betrachtet sie Autos, die ihr nicht wirklich gefallen. Plötzlich aber steht sie vor einem, das ihr Herz höher schlagen lässt. Es handelt sich hierbei um genau das Auto, vor dem Person A auch gestanden hat.
Nun schaut sie auf den Preis und stellt fest, dass der Preis bei weitem ihren finanziellen Rahmen übersteigt.
Augenblicklich kommt ihre Charaktereigenschaft, nämlich das Verschwendertum, zum Tragen, indem sie zwar einsieht, dass der Kauf erneute Schulden bedeuten würden, aber sich im Stillen sagt, dass es auf 20 000 Euro mehr oder weniger, die sie eh nicht hat, nun auch nicht mehr ankommt.
Die daraus resultierende Handlung ist nun die, dass Person B das Autohaus mit einem neuen Auto verlässt.


Das Motiv war bei beiden fiktiven Beispielen das gleiche, nämlich ein Auto, dass die Herzen beider Personen höher schlagen lassen hat.

Doch das gleiche Motiv, hat zwei völlig unterschiedliche Handlungsweisen hervorgerufen. Die sparsame Person A verließ das Autohaus, ohne ein neues Auto zu kaufen.
Die verschwenderische Person B verließ das Autohaus, mit einem neuen Auto, dass sie dort erstanden hat.

Kurz:

Motiv trifft auf Charakter, und je nach Beschaffenheit des Charakters, erfolgen aus dem Charakter heraus entsprechende Handlungen. Die Motive stellen lediglich den Stoff des Willensaktes dar. Wie ein Motiv wirkt, liegt einzig und allein im Charakter, auf das es mit Notwendigkeit einwirkt.

Mir ist durch das Beispiel zwar das Prinzip klar geworden... im Sinne von "äußeres Motiv" trifft auf Charakter, der dann Charaktergemäß reagiert, aber es ist letztlich sehr oberflächlich.

Wir haben als Fakten:
1. Beide haben zu wenig Geld.
2. Person A kauft nich, Person B kauft trotzdem (und macht in dem Kontext vermutlich Schulden)

Du nennst das kurz verschwenderisch. Person B nennt es vielleicht zuversichtlich... optimistisch. Egal, ob sie damit Recht haben würde oder nicht, könnte diese Eigenschaft sogar das kämpferische sein, dass Du im Grunde zu schätzen scheinst... sich nicht in ein Schicksal fügen und sagen: "Ich hab eben zu wenig Geld, ist so, bleibt so." Sondern sowohl Wille als auch Hoffnung, dass sich das ändern wird, und das Auto in einem Jahr nicht nur abbezahlt ist, sondern sie auch noch 50.000 Euro mehr auf der Kante hat.

Mitentscheidend wäre da das Resultat, welches man in einem solchen Szenario aber nicht festlegen kann. Die Eigenschaften Verschwenderisch oder Sparsam reichen jedenfalls nicht. Ich weiß z.B. schon von mir, aber auch von mir nahestehenden Personen, dass solche Eigenschaften extrem variieren, je nachdem für wie wichtig jemand etwas im Gesamtkontext hält oder eben nicht, was eben sehr individuell ist und durch Erfahrungen sehr geprägt werden kann. Und das kann sich über die Jahre sehr verändern. Ich will da jetzt keine Beispiele bringen. Die guten wären mir zu persönlich. Aber ich kann Dir garantieren, dass das ein sehr komplexes Thema ist, und Erfahrungen da sehr verändern können. Alleine schon das Gefühl vielleicht nicht mehr lange zu leben, kann sehr vieles verändern.

Ich sagte ja, man könne am Ausdruck (Handlungen) die Motive erkennen. Du sagst, wenn ich mich richtig erinnere, man könne daran den Charakter erkennen. Und das was Du Charakter nennst, besteht für mich aus einer Zusammenballung von Motiven. Da gibt es m.A.n. sehr grundlegende Motive... Jeder Mensch will geliebt werden, angenommen werden, das Gegenteil, also Ablehnung, vermeiden. Das kann deutlich erkennen. Die Strategien, die zu Motiven werden, können aber natürlich sehr unterschiedlich sein. Der eine glaubt vielleicht sogar, ein schickes Auto zu brauchen, damit er ein bestimmtes Image ausfüllen kann... wovon er ausgeht, dass es Mängel die er hat oder glaubt zu haben, überdecken kann. Solche Strategien haben wir alle... Identifikationen mit Dingen oder Eigenschaften, die wir für bedeutsam halten, betreffend unserer Wirkung auf andere.

Frag Dich einfach mal selbst, was Du in verschiedenen Szenarien verbergen "musst"/willst, also nicht von Dir aus zeigen würdest, und wie Du erscheinen möchtest und was Du dafür tust. Und unterscheide die Szenarien z.B. nach der Bedeutung derer die Dich (wie auch immer) wahrnehmen. Du wirst dann feststellen, dass es für Dich ein großer Unterschied ist, was etwa eine Kassiererin einer Tankstelle in Wolfsburg über Dich denkt, die Du nie wieder sehen wirst, oder der nette und attraktive Typ, dem Du vielleicht jeden Tag irgendwo begegnest und von dem Du Dir wünscht, dass er Dich um ein Date bittet... nur als Beispiel. Jedes dieser Szenarien kannst Du mit Schopenhauer in Einklang bringen. Es darf nur nicht auf einzelne Schlagworte reduziert werden. Denn wenn man sagt, es seien Charaktereigenschaften die da reagieren, dann sind bei der Kassiererin schon mehr als nur eine am Werk, und bei dem attraktiven Typen vermutlich noch mal deutlich mehr.

Unser Dissenz besteht m.A.n. nur in einem Aspekt: Ich bin sicher, dass Charakter nichts festgelegtes ist. Schopenhauer (und Du anscheinend ebenfalls) glaubt an einen angeborenen und festgelegten Charakter.

Deine Ausführungen über "soll" und "ist" lasse ich mal weg. Das war vielleicht nicht superpräzise formuliert, aber Du hast schon verstanden. ;)


Warum ist der Charakter, laut Schopenhauer, festgelegt?

Seine Feststellung, S.89:

„Der Charakter des Menschen ist k o n s t a n t : er bleibt der selbe, das ganze Leben hindurch. Unter der veränderlichen Hülle seiner Jahre, seiner Verhältnisse, selbst seiner Kenntnisse und Ansichten, steckt, wie ein Krebs in seiner Schaale, der identische und eigentliche Mensch, ganz unveränderlich und immer der selbe. Bloß in der Richtung und dem Stoff erfährt sein Charakter die scheinbaren Modifikationen, welche Folge der Verschiedenheit der Lebensalter und ihrer Bedürfnisse sind. D e r - M e n s c h - ä n d e r t - s i c h - n i e* : wie er in einem Falle gehandelt hat, so wird er, unter völlig gleichen Umständen (zu denen jedoch auch die richtige Kenntniß dieser Umstände gehört) stets wieder handeln.“

* Doppelte Leerstellen werden leider nicht angezeigt, daher verwende ich Bindestriche zwischen den Wörtern, die Schopenhauer nicht verwendet hat.

Seine Begründung, S.89f:

(Er führt mehrere Beispiele an, die laut ihm, aus der täglichen Erfahrung entnommen sind.)

„[…] wenn man einen Bekannten nach 20 bis 30 Jahren wiederfindet und ihn nun bald genau auf den selben Streichen betrifft, wie ehemals.“

und:

(Hier geht es jetzt ums Gewissen, dass uns oft sehr lange plagen kann...)

„[...] wie z.B. dem J. J. Rousseau, nach 40 Jahren, daß er die Magd Marion eines Diebstahls beschuldigt hatte, den er selbst begangen. Dies ist nur unter der Voraussetzung möglich, daß der Charakter unverändert der selbe geblieben; da, im Gegenteil, die lächerlichsten Irrthümer, die gröbste Unwissenheit, die wunderlichsten Thorheiten unserer Jugend uns im Alter nicht beschämen.“

Das Problem dabei ist aber: Es gibt sicherlich massenhaft gegenteilige Beispiele. Es gibt Menschen, die nach 20 Jahren endlich zugeben, was sie taten... zeigen, wie sehr sie sich schämen... und nie wieder tun würden was sie taten. Mir fallen bei mir selbst einige Beispiele ein, die ich nicht nur resultierend aus mehr Wissen, sondern einer Veränderung meines Charakters heute ganz anders oder gar nicht tun würde als vor z.B. 15 Jahren. Und das hat nicht mal unbedingt etwas mit Ego-Strategie zu tun... Das bedeutet nicht, dass sich mein Charakter komplett grundlegend verändert hat. Aber in einigen Aspekten durchaus. Ich finde das keine schlüssige Argumentation. Die Theorie von Charakter und auf den Charakter einwirkenden "Motiven" (ich finde das Wort nicht gelungen... würde da wirklich eher das Wort "Reize" bevorzugen) finde ich nicht schlecht. Aber die Unveränderlichkeit des Charakters... sehe ich als falsch an.




Zitat von Condemn :
Und wie ist er wann entstanden?


Zimmer72:
Ich meine mich zu erinnern, dass ich darüber schon etwas geschrieben habe.
War glaube ich im Zusammenhang mit der Tabula rasa.

Der individuelle Charakter ist laut Schopenhauer angeboren.

Seine Feststellung, S.92:

"Der individuelle Charakter ist a n g e b o r e n : er ist kein Werk der Kunst, oder der dem Zufall unterworfenen Umstände; sondern das Werk der Natur selbst.“


Seine Begründung, S.92:

„Er offenbart sich schon im Kinde, zeigt dort im Kleinen, was er künftig im Großen seyn wird. Daher legen, bei der allergleichsten Erziehung und Umgebung, zwei Kinder den grundverschiedensten Charakter aufs deutlichste an den Tag: es ist der selbe, den sie als Greise tragen werden."
Ich habe nix gegen das "angeboren"... wobei ich eher davon ausgehe, dass er sozusagen "mitgebracht" wurde, und während des Lebens dann weiterhin geprägt ist und sich dann auch verändert.

Aber "angeboren" ist etwas anderes als "entstanden"! Wenn ein Kind mit einer Missbildung auf die Welt kommt, kann man sagen: Ist angeboren... das ist sogar offensichtlich. Aber das klärt die Ursache ja kein bisschen. Wenn es aber zu vielen Missbildungen bei Babys kommt, deren Mütter während der Schwangerschaft ein bestimmtes Medikament nahmen.... liegt zumindest die Vermutung nahe, das Medikament könne an der Entstehung beteiligt sein.

Wenn ein Kind nun mit einem bestimmten Charakter geboren wird, der dann auch noch unveränderlich ein Leben lang sein soll... dann bleibt die Ursache komplett unklar. Entsteht er durch Zufall? War da vorher rein gar nichts und auf einmal ist er da? Oder ist da eine Persönlichkeit, die über viele Leben (Reinkarnation) einen gleichbleibenden Charakter behält? Vor 5000 Jahren irgendein Typ im Orient mit gleichem Charakter wie heute eine Frau in der Bronx?


Wie du sehen kannst, liefert Schopenhauer eine Begründung seiner Beobachtung.
Ein Sollen hat immer den Beigeschmack von Pflicht, also von etwas vorschreibenden. Es wird aber nicht vorgeschrieben, wie der Charakter sein soll, sondern es wird beschrieben, wie er ist. (Ich weiß, ist jetzt ne Wiederholung, aber vielleicht wirds dann dadurch noch mal klarer.)
Bisher liefert Schopenhauer in meinen Augen nur die Feststellungen: Der Charakter ist angeboren und unveränderlich. Mehr nicht.

Meine Ansicht, mein persönlicher Glaube ist: Bewusstsein manifestiert sich in die Form z.B. eines entstehenden Babys, bringt Eigenschaften mit, die sich durch Erfahrungen mehr oder weniger verändern. Je größer die Dauer, desto größer die Veränderung. Es gibt ein paar sehr grundlegende Eigenschaften, die auch m.A.n. unveränderlich sind, aber die gelten nicht als Charaktereigenschaften:

1. Der ständige Wille sich auszudrücken (Wahrnehmbarkeit ist schon ein Ausdruck... Körperlichkeit)

2. Der Wunsch sich zu verbinden... nicht isoliert zu sein (hat mit Punkt 1 zu tun)

3. Der Wunsch nach Wandel... Bewegung... Schöpferisch tätig sein ist Wandel und kein Mensch schafft einen Zustand, der ihn in Starrheit zufrieden stellt und auf dem nicht aufgebaut werden möchte.. selbst, wenn dieser Zustand ideal sein sollte.


Insofern, unabhängig von dem wie ich das sehe, interessiert mich nach wie vor die Frage nach der "Entstehung"... der Ursache des Charakters wie Schopenhauer sich das vorstellt. Und... ob Du seine Philosophie komplett glaubst...?
 
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Aus Zeitgründen kann ich jetzt nicht auf deinen gesamten Post eingehen.

Wie ich aber sehe, sind noch weitere Beispiele nötig.
Ich erwähnte an anderer Stelle, dass ich noch ein Beispiel mit Ablehnung ausführen wollte.
Darüber hinaus habe ich mich eben dazu entschlossen, auch noch ergänzend ein Beispiel anzubringen, in dem deutlich wird, wie unsere Gedanken (als Motive, die man sich vergegenwärtigen kann) auf unseren Willensakt einwirken.
Dann wird das Bild komplett. Bisher scheint es mir, dass bei dir nur ein verkürztes Bild von Schopenhauer angekommen ist.
Liegt sicher auch an mir, weil ich das andere Beipsiel nicht ausgeführt habe.


Bisher liefert Schopenhauer in meinen Augen nur die Feststellungen: Der Charakter ist angeboren und unveränderlich. Mehr nicht.

Nein, über den Charakter sagt er aus, dass dieser angeboren, unveränderlich (konstant), individuell und empirisch ist.
Darüber hinaus gibt es noch den intelligiblen Charakter. (Hat Schopenhauer von Kant entlehnt.)

Ich erwähnte in vergangenen Posts bereits, was Schopenhauer unter empirisch und individuell versteht. ;)



Und... ob Du seine Philosophie komplett glaubst...?

Siehe dazu Post #14. Nuss hats gleich herausgelesen...;):D

Ich nehme gerne aus Übungszwecken Standpunkte ein, die nicht mit meinem 100% konform gehen. Nur dadurch kann ich mich dazu zwingen, das, was meiner Auffassung zuwiderläuft, genauer zu betrachten bzw. zu durchdenken, ohne der Versuchung zu erliegen, sie von vornherein als abwegig bei Seite zu schieben.


Mal sehen, wann ich die Zeit finde, ausführlicher zu antworten. Musst ein bisschen Geduld haben...:)
 
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