Du hast auf meinen Einwand nicht geantwortet. Hat es außergewöhnliche Beweise gegeben? Also, die jenseits des definierten und allgemein anerkannten Wahrheitsbegriffes der Naturwissenschaften liegen? Wenn ja, welche?
Du verstehst bisher nicht, was ich mit "außergewöhnlichen" Belegen meine. Ich meine damit, dass man als Behaupter - je "außergewöhnlicher" die Behauptung ist, stärker nach systematischen Fehlern suchen muss - habe ich immer so geschrieben.
Als Beispiel hier habe ich Dir die Neturinos von CERN nach OPERA genannt. Wenn die Zeitmessung von fornherein das Tempolimit Lichtgeschwindigkeit nicht überschritten hätte, wären nicht ettliche Veröffentlichungen erschienen, wie das Ergebnis noch erklärt werden kann ohne die Relativitätstheorie zu verletzen und hätte man nicht geradezu paranoid nach lockeren Kabeln gesucht. Das lockere Kabel wäre evtl. später aufgefallen - oder auch nicht - und hätte schlimmstenfalls ein errata in einem Fachjournal bewirkt.
Je außergewöhnlicher die Behauptung, desto größer ist der Verdacht auf systematische Fehler. Und bei vielen angeblich positiv ausgegangenen Experimenten mit außergewöhnlichen Behauptungen, findet man eben diese systematischen Fehler.
Übrigens nicht nur da, sondern auch bei vielen Experimenten über "gewöhnliche" Behauptungen.
Warum bestehen beispielsweise Wünschelrutengänger so herzlich wenig Doppelblind-Tests aber, wenn sie wissen, wo der gesuchte Gegenstand steckt, schlägt ihre Rute verlässlich aus?
Die Überprüfungsmethoden, die angewandt wurden, waren alle stinknormal.
Und sie wurden wiederholt und verbessert - Systematische Fehler wurde nach und nach entdeckt und so gut es geht ausgeschlossen. Da hat sich niemand drauf ausgeruht und gesagt: "Wir haben eine Messung mit der Atomuhr, das muss ausreichen."
Im Gegensatz zu einigen Anhängern anderer Theorien, die auf alle positiven Ergebnisse verweisen (unabhängig der wissenschaftlichen Qualität) aber alle negativ ausgegangenen Experimente dann ignorieren... und ebenfalls ignorieren, welche systematischen Schwächen man ihnen vorhalten kann. Bei medizinischen Studien gibt es beispielsweise als grobes Richtmaß die
http://de.wikipedia.org/wiki/Jadad-Skala, die man auch anlegen kann, BEVOR man das Ergebnis einer Studie kennt.
Wenn einer behauptet, es gäbe meßbare Zeitdifferenzen in bewegten System in Relation zu unbewegten Systemen, dann ist es eine stinknormale Operation, dies mit Hilfe von Uhren zu überprüfen. Wäre dein Prinzip "Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise" ein sinnvolles und gültiges wissenschaftstheoretisches Prinzip, hätte Einsteins SR und AR nicht die Pforten einer anerkannten Theorie passieren können. Zum wiederholten Male weichst du der Frage aus, die ich dir schon mehrmals gestellt habe:
Ich habe schon einige Male Kriterien für "außergewöhnliche Behauptungen" genannt. Um die wichtigsten zu nennen:
- Wie stark widerspricht die Behauptung dem aktuellen Stand des Wissens? Wodurch ist der aktuellen Wissensstandes überprüft?
- Wieviele Zusatzannahmen stecken in der Behauptung?
- Ist die Theorie "intersubjektiv nachvollziehbar"?
- nicht-falsifizierbare Theorien - d.h. auch welche, bei der dann alle möglichen Zusatzannahmen gemacht werden, damit sie ja wahr bleiben kann.
Das meiste (nis auf die nicht-falsifizierbarkeit) sind natürlich keine absoluten nogo-Kriterien, denn eine wahre Theorie kann durchaus auch eines oder mehrere dieser Kriterien zumindest anfänglich verletzen. Aber da muss man dann eben genauer hinschauen und nicht bei jedem positiven Ergebnis jubeln, dass die Theorie bestätigt wäre, weil sich eben sehr leicht systematische Fehler, Fehlbeobachtungen, Fehlbeurteilungen etc. einschleichen. Der Verdacht ist bei Theorien, die diese Kriterien verletzen, größer.
Ich ergänze: Schon bei der Festlegung, was eine *außergewöhnliche Behauptung* ist, fängt die Subjektivität uind letztlich Willkür schon an.
Aber laß doch einfach mal wissen, was du unter *außergewöhnliche Belege* verstehst. Und wer legt die fest? Nur mal ein Beispiel, damit sich jeder unter dieser abstrakten und inhaltslosen Formel etwas vorstellen kann.
Oh, ich kann Dir viele Beispiele nennen - und habe es in den verschiedenen Threads über außergewöhnliche Behauptungen schon mit der entsprechenden Begründung getan:
Die
Merkwürdigen Laute Weltweit sind eine außergewöhnliche Behauptung, die Du selbst als solche entlarvt hast, indem Du gezeigt hast, wie sich die (angeblichen) Beweisviedeos einfach herstellen lassen.
Chemtrails verletzen schon zwei der Kriterien: Zum einen ist es intersubjektiv nicht nachvollziehbar, wieso sich auch die Initiatoren selbst vergiften. Patana argumentierte damit, dass die ja wüssten, wo gesprüht würde, was mit der Verweildauer von Sprühungen in der Atmosphäre und der unberechenbarkeit des Wetters sehr leicht widerlegt werden kann Aquanaut faselte irgendetwas über Reinkarnation... Paradebeispiel einer Zusatzbehauptung , nur um Krampfhaft an einer Theorie festhalten zu können. Hinzu kommt, dass ALLE Beobachtungen - all die Videos, in denen jemand "Chemtrail an... aus..." schreibt, weil er einen unterbrochenenen Kondensstreifen sieht, sich zwanglos mit gut bekannten Wetterphänomenen sowie Luftfahrt erklären lassen (Flugzeuge fliegen nicht immer nur stur geradeaus). D.h. hier haben wir eine Theorie mit Zusatzbehauptung, die noch nicht einmal intersubjetiv nachvollziebar ist.
Der
Alien-Ursprung von Kornkreisen ist eine außergewöhnliche Behauptung wegen der Zusatzannahmen. Wieso von einem nicht-irdischen Ursprung ausgehen, wenn es eben nachweislich viele von Menschen getrampelte Piktogramme gibt? Weil man sich nicht vorstellen kann/will, wie sie das in der kurzen Zeit nachts so kunstvoll hibekommen haben? Ich kann mir vieles nicht vorstellen, was dennoch Menschen vollbracht haben. Weil sich (angeblich) Besonderheiten in "echten" Kornkreisen zeigen? Da kommen dann manchmal solche Begründungen wie: "Es wurden keine Fußspuren gefunden." - als wenn Fußspuren nie verwittern würden - je nach Bodenbeschaffenheit sogar in weniger als einem Tag. Wieso von einem Alien-Ursprung ausgehen?
Homöopathie ist NICHT intersubjektiv nachvollziehbar. Warum, habe ich im entsprechenden Thread mehrfach erklärt. Hier eine Zusammenfassung:
- Es wird behauptet, dass ein auf spezielle Art (Potenzieren) extrem stark verdünntes Mittel eine Wirkung ausübt. D.h. es wird behauptet, dass es einen Unterschied macht, ob man einem Patienten beim Homöopathen nun die Globuli gibt oder nur Wasser (oder unbehandelte Globuli) neben dem Anamnesegespräch etc.
- Ab einer Verdünnung von ungefähr D20-D25 ist höchstwahrscheinlich kein Molekül des ursprünglichen Wirkstoffes mehr enthalten. Homöopathen begründen eine Wirkung daneben manchmal mit einem "Gedächtnis des Wassers (oder des jeweiligten Lösungsmittels)" z.B. durch intermolekulare Strukturen. Dieses gedächtnis ist bei der ständigen Wechselwirkung und der starken Bewegung der Moleküle untereinander und der ständigen Wechselwirkung des Lösungsmittel mit der Umwelt allerdings sehr unplausibel.
- Unvermeidbare Veruneinigungen werden scheinbar nicht mit-potenziert. Warum nicht? Was unterscheidet die Ursprungssubstanz von den Verunreingungen ab der Verdünnungsstufe von ungefähr D10?
- Einige Homöopathen bemühen dann die Quantenmechanik, indem sie z.B. eine Verschränkung des Wassers mit dem Lösungsmittel oder Verschränkungen mit "dem Symptom" oder ähnliches postulieren. Verschränkungen sind hoch-filigrane Quantenzustände, die im Makrokosmos bisher nicht beobachtet werden konnten, und auch im Mirkokosmos einen ziemlichen Aufwand benötigten, um hergestellt und aufrecht erhalten zu werden.
DAS macht die Homoöopathie intersubjektiv NICHT nachvollziehbar und damit zu einer außergewöhnlichen Behauptung. Sie könnte natürlich dennoch wahr sein. Bei einer positiv verlaufenden Studie liegt dann aber der Verdacht von systematischen Fehlern näher. Und in der tat zeigt sich, dass, wenn man homöopathische Studien BEVOR man ihr Ergebnis kennt in die
http://de.wikipedia.org/wiki/Jadad-Skala einsotiert, dass dann die qualitativ schlechteren Studien anteilmäsßig öfter positiv ausfallen als die qualitativ schlechteren Studien. (Dazu siehe z.B. das Buch "Die Wissenschaftslüge" - darin bekommt auch die "Schulmedizin" ihr Fett weg - es könnte Dir also gefallen). Homöopathen jubeln aber immer bei hjeder positiven Studie, die sie haben, sagen "Wir haben positive Ergebnisse, also muss es wahr sein!!!!" Ignorieren dabei aber, dass es eben auch sehr viele negative Ergebnisse gibt - vor allem im oberen Bereich der Skala ist das Ungleichgewicht sichtbar.
Welchen Belegwert all die schönen Geschichten "Mir hat Homöopathie aber geholfen!!!!!!" haben, habe ich schon erläutert.
Da es so schön ist, auch ein Beispiel einer (wahrscheinlich) wahren anfänglich außergewöhnlichen Behauptung, und wieso sie dennoch in den Wissenschaftsalltag aufgenommen wurde: Die
dunkle Materie. Als erster wurde Fritz Zwicky darauf aufmerksam, als er die Geschwindigkeitsverteilung in Gravitationshaufen vermaß und feststellte: Die dürften gravitativ nicht gebunden sein. Als Problemlöser postulierte er die dunkle Materie. Damals gab es noch Zweifel daran, weil er das sog. Virialtheorem angewendet hat, was für gase gilt... man weiß aber nicht, wie weit es für Galaxienhaufen (die galaxien stellen dann die Gasatome dar) anwendbar ist. Das blieb lange Zeit am Rand der Wissenschaft, bis Vera Rubin die Rotationsgeschwindigkeit von Spiralgalaxien vermessen hat. Auch die war zu schnell; wenn nur die ichtbare leuchtende Materie da wäre, würden Spiralgalaxien auseinanderfliegen und niemals so stabil sein, wie sie sind. Da wurde die dunkle Materie schon interessanter. Es mehrten sich weitere Hinweise - z.B. wenn man die Masse berechnet aus dem Gravitationslinsen-Effekt mit der Masse der leuchtenden Materie vergleicht. Ein sehr spannendes Feld.
2. ist die außergewöhnliche Beweislast, die von einer ungewöhnlichen Behauptung gefordert wird, nie Bestandteil eines wissenschaftstheoretischen Ansatzes gewesen. Im gegenteiligen Falle nenne Namen, außer Hume, auf den ich noch zu sprechen komme. Habs nachgelesen und wie vermutet: genauso läufts, wenn sich Dilettanten über philosophische Texte hermachen und dann irgendwelche Sätze aus dem Zusammenhang herausbrechen. Und bitte nicht wieder *Carl Sagan* bemühen, Joey. Sagan ist Wissenschaftler, aber kein Wissenschaftstheoretiker.
Nehmen wir z.B. Poppers Ächtung nicht-falsifizierbarer Theorien. Wenn man, um eine Theorie zu retten, in ausufernder Weise ständig neue Postulate dazu einfügt, wird sie umso mehr zur außergewöhnlichen Beuhauptung.
3. Das alleinige Kriterium, das über das Prädikat "wissenschaftlich wahr" entscheidet, ist, ob eine Behauptung nach Maßgabe experimentellen Beobachtens in seinen vorhergesagten Ergebnissen reproduzierbar ist.
Gilt das denn für die Homöopathie? Nein. Ich verweise auf viele gute Studien, die negativ für sie ausgehen, und auf die bekannte Schieflage der Studien-Qualitäten (Grafik findest Du u.a. in besagtem Buch "Die Wissenschaftslüge").
Erfüllen Kornkreise dieses Kriterium? Wenn ja, warum?
In dieser Lesart:
Außergewöhnliche Behauptungen verlangen außergewöhnlich gründliche Prüfungen
würde ich sogar zustimmen.
Ob Du es glaubst oder nicht: So meinen es auch die Skeptiker, die z.B. auf methodische Schwächen in positiven Studien zur Homöopathie hinweisen. Aber stattdessen interpretierst Du da alles mögliche in Deinem Beißreflex gegen die GWUP rein, nur um ihnen "dogmatischen Skeptizismus" vorwerfen zu können.
Ich habe nie etwas anderes geschrieben, wenn ich z.B. auf die paranoide Suche nach systematischen Fehlern - doppelblind, gut randomisiert, hohe Anzahl an Studienpatienten etc. - hinwies was Du auch schon als Anzeichen für "dogmatischen Skeptizismus" und Weltbildverteidigung gesehen hast. Wenn Du da nicht sinnverstehend lesen kannst und Dir jetzt erst klar wird, dass alle Skeptiker "außergewöhnlich Gründlich" meinen ist das Dein Problem, nicht meins. Das ist dann auch kein Logikfehler meinerseits sondern ein Verständnisfehler Deinerseits.
Ist dies die übereinstimmende Aussage aller Zeugen am Tatort, dann muß die Beobachtung als wahr gelten, wenn nicht gezeigt werden kann, daß die Zeugen in irgendeiner konspirativen Art miteinander verbunden sind (etwa Verwandte des Angeklagten oder sedine Kumpels, Mafiamitkollegen -whatever) und einen guten Grund haben könnten, kollektiv zu lügen.
Zufrieden?
Aha, Du bräuchtest also schon mehr Zeugen? Und Du würdest Dich fragen, wie wahrscheinlich ist es, dass die Zeugen kollektiv lügen. Du setzt da schon - ohne es zu merken - ein gründlicheres Kriterium an.
Wenn, wie gesagt, alle Möglichkeiten, daß kollektiv gelogen wird, ausgeschlossen sind, ja.
Und wie willst Du das ausschließen? Gehen wir mal einen Schritt weiter.
Fall 1: Mehrere Zeugen berichten, dass der Angeklagte zur Tatzeit mit ihnen zusammen ausgeritten ist.
Fall 2: Besagte UFO-Geschichte.
Wie wären Deine Kriterien jeweils dafür, dass ausgeschlossen ist, dass mehrere Zeugen kollektiv lügen? Wären sie in Fall 2 stärker?
Ja, gebongt. Und nu? Was hat das mit dem Satz, den du hier als *Wissenschaftstheorie* verkaufen willst? Bei Popper findest du ihn nicht, auch nicht bei Habermas, eigentlich bei keinem zeitgenössischen Wissenschaftstheoretiker. Es ist einfach nur grober Unfug.
Wie Popper den Satz sinngemäß benutzt hat, habe ich schon beschrieben.
(...) Deshalb ist ein Verweis auf Hume, selbst wenn er das behauptet hätte, was Truzzi und Sagan von ihm behauptet haben, daß er es gesagt hätte, albern. Genauso albern, als wenn einer deiner Kollegen angewackelt käme und *argumentieren* würde:
Der Verweis auf Hume zeigt nur, dass Deine Ansicht, der Satz hätte keinerlei Bezug zur Wissenschaftstheorie, falsch ist.
Und Deine Erläuterungen zu Hume sind da ein red hering. Hume wägt da verschiedene Wunder - ein oder mehrere Zeugen lügen oder irren sich, gegen das Wunder der Wahrheit der Aussagen - gegeneinander ab. Was anderes machst Du auch nicht, wenn Du sagst: "Wenn ausgeschlossen ist, dass alle zeugen kollektiv lügen."